Original Gangstas. Ben Westhoff

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Original Gangstas - Ben Westhoff

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„Schon liefen sie davon.“

      Sie und Andres Vater, Theodore Young, besuchten noch die High School, als er zur Welt kam, nur wenige Monate vor den Watts-Unruhen von 1965. Auf Vernas Mutters Drängen hin heirateten die beiden schnell und mieteten von Theodores Stiefvater ein Apartment in der 135th Street. Die wöchentliche Miete, 18 Dollar, war in Ordnung, doch die Arbeitslosigkeit zwang Theodore, mit Drogen zu dealen. Sehr zu Vernas Leidwesen, berauschten sich seine Klienten bei ihnen zu Hause. „Der abgestandene Marihuana-Geruch war so intensiv, dass es nicht einmal half, jeden Tag zu putzen“, schrieb sie. Nur kurze Zeit später zogen sie und Andre zurück zu ihren Eltern in ein gemeindefreies Gebiet im L.A. County nahe Compton. Theodore wurde hingegen schon bald bei einer Drogenrazzia festgenommen.

      Sie behauptete, er hätte sie während ihrer turbulenten Ehe geschlagen. „Wenn ich in den Laden an der Ecke ging und zu lange fort blieb, ging er auf mich los“, schrieb Verna. „Wenn ich eine – wie er fand – ausgedehnte Unterhaltung mit einem seiner Kumpel führte, ging er auf mich los.“ (Leider konnte ich Theodore Young nicht für eine Stellungnahme erreichen.) Verna fügte noch hinzu, dass er sie auch schlug, als sie mit ihrem zweiten Kind, Jerome La Vonte Young, schwanger war, der als Kleinkind an einer seltenen Darmerkrankung starb. Er begann, ihr so heftig nachzustellen, dass sie Angst hatte, das Haus zu verlassen.

      Obwohl sie nach der neunte Klasse von der Schule abgegangen war, war Verna smart und erfinderisch. Sie arbeitete in schlecht bezahlten Jobs für Handelsketten wie National Dollar, Sears und K-Mart. Ihre junge Familie bewegte sich stets scharf an der Armutsgrenze und hatte nicht immer Zugang zu Telefon, Auto oder Gas. Ein weiterer Sohn Vernas starb als Kleinkind, und nach der Geburt von Andres Bruder Tyree wäre sie fast selbst gestorben, als es den Ärzten misslang, ihre Plazenta zu entfernen. Später gebar sie noch ein gesundes Mädchen namens Shameka.

      Andre Youngs Kindheit war von ständigen Umzügen geprägt. Einmal lebte die Familie nahe des Flughafens von Compton in der Sozialwohnsiedlung Wilmington Arms, die die L.A. Times später einen „berüchtigten Drogenbasar“ nannte, der laut einem Stadtrat am besten „plattgemacht werden sollte“. Verna und ihre Sprösslinge zogen über ein Dutzend Mal um und wohnten in Häusern und Apartments in South Central, Watts, Carson, Long Beach und Compton, wo sie in der Thorson Avenue nur ein paar Blocks entfernt von Eric Wright lebten. Diese Viertel waren ein raues Pflaster. Brutale Grobiane trieben dort ihr Unwesen und Einbrecher lauerten vor der Tür. Einmal wurde ein Mann direkt vor ihrem Haus ermordet. Ein anderes Mal, so erinnerte sich Verna, führte ein Streit zwischen zwei Kindergartenkindern zu einem Messerkampf zwischen ihren Müttern. Manchmal bezogen sie Notstandshilfe und als Andre 11 war, geriet die Familie in einen schweren Autounfall. Andres Gesicht war von Glasscherben übel zerschnitten worden. Er jammerte nur wenig, obwohl über einen Monat später festgestellt wurde, dass er sich auch noch das Schlüsselbein gebrochen hatte. „Er ging so tapfer mit dem Schmerz um“, schrieb Verna. „Ich fragte mich, ob es daran lag, dass ich ihm beigebracht hatte, wie wichtig es war, Schmerz zu ertragen.“

      Tyree und Little Warren

      Nach der endgültigen Trennung von Theodore traf Verna ihren zukünftigen Ehemann Curtis Crayon bei einer Strandparty. Doch auch diese Beziehung verlief schon bald in unrunden Bahnen. Nach ihrer Scheidung „drangsalierte er mich mit Gewaltandrohungen“, schrieb sie und erreichte schließlich eine einstweilige Verfügung.

      Doch das Resultat ihrer Ehe, der gemeinsame Sohn Tyree Du-Sean Crayon, der drei Jahre jünger als Andre war, sollte dessen größter Unterstützer und Vertrauter werden. Tyree spielte Football, Basketball und betrieb Leichtathletik – und wurde schließlich das erste Familienmitglied, das die High School abschloss. Er fand Arbeit in einem Raumfahrtunternehmen und wurde Vater eines Jungen. „Mein Bruder war mein bester Freund und wir unternahmen alles zusammen. Es war einfach immer lustig mit ihm. Wenn er zur Tür hereinkam, nahm die Party Schwung auf“, erklärte Andre einmal. Verna heiratete noch ein drittes Mal, einen Angestellten eines Luftfahrtkonzerns aus Long Beach namens Warren Griffin Jr. Ihre Familien zogen unter ein Dach, ganz im Stil von Drei Mädchen und drei Jungen, nur dass hier nun gleich acht Kids sich ein Zuhause teilten. In dieser Kinderschar befand sich auch Warren Griffin III, ein ruhiger Junge mit Brille, der später als Rapper und Produzent Warren G zu Ruhm gelangen sollte.Warren Griffin Jr. war Freimaurer und ein Karate-Meister, der Andre, Warren und Tyree in Selbstverteidigung unterwies. An manchen Wochenenden lud Big Warren die ganze Rasselbande in seinen Ford-Kombi und führte sie ins Autokino aus. Verna entwickelte hingegen ein Interesse an Modedesign und rekrutierte die Kids für ihre Präsentationen. Zurechtgemacht in Klamotten à la Miami Vice alberte Tyree über den Laufsteg, während Andre R&B und Jazz auflegte. „Wir alle modelten“, erzählt Warren G. Verna eröffnete schließlich ihre eigene Boutique in der Mall von Carson und Andres neue Freundin, die aufstrebende R&B-Sängerin Michel’le, kamen, um sie zu bewerben und Autogramme zu schreiben.

      Die Familie hielt zusammen, auch in schwierigen Zeiten, etwa während eines Streiks beim Flugzeughersteller in Long Beach, als des Öfteren Eipulver auf dem Speiseplan stand. Warren G verehrte seine älteren Stiefbrüder. Andre und Tyree nannten ihn „Kibbles“, weil sein Haar sie an das Hundefutter Kibbles ’N Bites erinnerte. Sie trieben sich auch im nahegelegenen Kelly Park herum, der zum Stammesgebiet von Eric Wrights Gang zählte. Die Kids zogen den kleinen Warren auf, weil er ursprünglich aus Long Beach war – und so zeigten ihm seine Stiefbrüder, wie er sich wehren konnte. Nicht nur ein wenig balgen, nein, richtig kämpfen, wie er betont. „Sie ließen mich auf die kleinen Jungs los, wenn einer von ihnen mal wieder losplapperte“, sagt Warren G. „‚Hol ihn dir, Kibbles!‘“

      Rap Talker

      Wegen seiner schlechten Noten verließ Andre die Centennial High School in Compton und wechselte an die Fremont in South Central. Doch auch nach dieser Luftveränderung verbesserten sich seine schulischen Leistungen nicht, weshalb er auch aus dem Team für Wasserspringen flog. Und doch sahen seine Pädagogen etwas in ihm. „Sein Englischlehrer sagte: ‚Ich weiß, dass er kein Dummkopf ist. Ich sehe ihn in der Mittagspause beim Schach und er schlägt jeden‘“, schrieb Verna. Als begabter Zeichner fand er auch Gefallen an technischem Zeichnen. Ein Lehrer ermutigte ihn, sich intensiver damit zu beschäftigen, aber letzten Endes brach er die Fremont ab. Er stritt sich mit seiner Mutter über seine Zukunft. Sie bestand darauf, dass er zurück an die Schule gehen oder sich einen geregelten Job suchen sollte.

      Aber Andres große Leidenschaft war die Musik. Auf alles andere pfiff er. Verna hätte es besser wissen müssen, schließlich war das ihre größte Gemeinsamkeit. Sie trat als Mitglied der Gruppe Four Aces auf, die selbst Kompositionen fürs Klavier schrieben, und Andres zweiter Vorname Romell bezog sich auf die Gesangsgruppe seines Vaters, The Romells. Verna hatte eine überbordende Plattensammlung und schon als Kind setzte Andre bei ihren Partys die Nadel auf die Vinyl-Scheiben. Noch bevor er lesen konnte, wusste er die einzelnen Singles anhand der unterschiedlichen Label-Farben zu unterscheiden. „Jeder in meinem Viertel liebte Musik“, erzählte er einmal. „Wenn ich über den Zaun hinterm Haus sprang, war ich schon im Park, wo es überall Ghettoblaster gab.“

      Verna fuhr besonders auf den Funk der Siebzigerjahre ab: Earth Wind and Fire, Parliament-Funkadelic, James Brown, Isaac Hayes und so weiter. Und so wuchs auch Andre damit auf. Ein Konzert von Parliament-Funkadelic, das er als 14-Jähriger im L.A. Coliseum besuchte, haute ihn total aus den Socken. Er stand mit offenem Mund da, als ein Funk-Raumschiff von oben herabschwebte und George Clinton seine Band auf seine extravagante, ausgeflippte Weise auf die Bühne führte. An Ort und Stelle beschloss Andre, sein Leben der Musik zu widmen. „Bevor ich von ihnen gehört hatte, wollte ich noch technischer Zeichner werden“, schrieb er später in der Los Angeles Times. „Aber die Musik von P-Funk [Parliament Funkadelic] öffnete meinen Verstand für die Idee, dass es keine Grenzen gab, außer jenen, an die man glaubte.“ Der Funk wurde zum prägenden Sound seines Lebens, zur Grundlage seines Schaffens.

      Andre lernte Klavier zu spielen und Noten zu lesen. Doch vor allem war er mit einem ausgezeichneten Gehör für zusammenpassende Sounds gesegnet.

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