Bon - Der letzte Highway. Jesse Fink

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Bon - Der letzte Highway - Jesse Fink Musiker-Biographie

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in Bons Leben unter Verschluss gehalten werden konnte. Mein Ziel war von Anfang an, Bons Geschichte völlig unvoreingenommen niederzuschreiben und dabei keine Rücksicht auf irgendjemandes Interessen zu nehmen. Vor allem wollte ich mich dem Thema völlig offen nähern.

      Bon gehört zu den umjubeltsten Rockmusikern aller Zeiten, vor allem auch außerhalb Australiens, wo er womöglich mehr als jeder andere australische Entertainer – tot oder lebendig – gefeiert wird. 2004 setzte ihn das Magazin Classic Rock auf Platz #1 seiner Hitparade der „100 Greatest Frontmen of All Time“, noch vor Freddie Mercury von Queen, Jim Morrison von den Doors und Robert Plant von Led Zeppelin.

      Doch Bon war nicht der Danny Kaye der Rockmusik, wie uns Figürchen aus Zinn und diverse andere Devotionalien, die auf eBay erhältlich sind, vielleicht vorgaukeln wollen.

      Doug Anderson vom Sydney Morning Herald beschrieb ihn einst als „gefährliches Individuum, das den Eindruck machte, nicht zu wissen, wer es war und wohin es gehörte“. Schon 1984 gab derselbe Journalist den Hinweis, dass nicht nur Alkohol zu Bons Untergang beigetragen hätte: „Bon Scott ist an Rauschgift zugrunde gegangen.“

      Anderson lag damit näher an der Wahrheit, als er sich selbst vielleicht gedacht hätte. Bon konnte unberechenbar und zerstörerisch sein. Er konsumierte Drogen, etwa Kokain, Quaaludes und Heroin. Wenn diese Feststellung AC/DC oder ihr Management, die Fans der Band oder die Nachlassverwalter von Bon Scott irritiert, ist das natürlich schade, aber die Beweise dafür liegen auf dem Tisch. Es kann doch nicht als Verrat gewertet werden, wenn man die Wahrheit berichtet. Vielmehr ist es ein Privileg und eine Pflicht. Biografien können mitunter unbequeme Fakten über unsere Helden ans Tageslicht fördern.

      Unter Bons Freunden und Bekannten in Australien ist es zu einer Art Trend geworden, damit anzugeben, ihn am besten gekannt zu haben. Und doch verbirgt sich dahinter zumeist nur leere Rhetorik. Live Wire: Bon Scott, a Memoir by Three of the People Who Knew – Mary Renshaws Buch über Bon – ist ein gutes Beispiel dafür. Renshaw lernte Bon 1968 kennen und blieb bis zu seinem Tod mit ihm befreundet. Sie behauptet, ihr Buch – 2015 in Australien erschienen und in Zusammenarbeit mit Bons Freunden John und Gabby D’Arcy entstanden – wäre „ein Weg, sich an den echten Bon zu erinnern, geschrieben von den Leuten, die ihn am besten kannten, um mit dem ganzen Mist, der da draußen kursiert, aufzuräumen“. Mary mag Bon zwar gekannt haben, doch meiner Meinung nach schaffte ihr Buch es nicht einmal ansatzweise, den „echten Bon“ abzubilden oder Mythen bezüglich Bon und AC/DC, die sich hartnäckig halten, aus der Welt zu schaffen.

      In einem Interview mit der schottischen Presse sagte Mary, dass Bons verschollenes Notizheft, in dem er seine Lyrics niederschrieb, „vielleicht“ seiner Familie zurückgegeben worden war, wofür es jedoch keinerlei Beweise gibt. Mary wurde rund um die Buchveröffentlichung als Bons Geliebte, seine Seelenpartnerin oder auch schlicht als seine „Ex“ tituliert. Sie selbst schreibt sogar, dass ein Freund von ihr von Bon kurz vor dessen Tod darüber aufgeklärt wurde, dass es in seinem Leben nur drei Frauen gegeben hätte, die er wirklich geliebt hat: „Seine Mutter, [seine Exfrau] Irene [Thornton] und mich.“

      Bei allem Respekt glaube ich dennoch nicht, dass das der Wahrheit entspricht. Aber wer waren die Frauen, zu denen sich Bon wirklich hingezogen fühlte? Wer diente ihm als Inspiration für seine Songs? Falls er tatsächlich – wie viele vermuten – Texte zu Back In Black beisteuerte, stellt sich die Frage, ob er über echte Menschen und reale Vorkommnisse schrieb. Wenn der Songtext zu „You Shook Me All Night Long“ nicht von Brian, sondern, wie ich fest glaube, von Bon stammte, musste es doch eine Vorgeschichte dazu geben.

      Wer aber war diejenige, die ihn mit „those American thighs“ ausknockte?

      * * *

      Während der Arbeit an diesem Buch lernte ich zwei von Bons Geliebten kennen. Diese Liebesbeziehungen waren von prägender Bedeutung für ihn. Beide Frauen waren Amerikanerinnen, beide bis dato unbekannt. Es handelt sich um die Frisörin Pattee Bishop und um Holly X, Model und Fotografin, die aus persönlichen und beruflichen Gründen darum gebeten hat, nur mit Pseudonym und veränderten Personendaten im Buch genannt zu werden. Bon hatte noch eine Reihe weiterer Freundinnen in den Vereinigten Staaten. Manche ihrer Geschichten sind verloren gegangen und werden vermutlich auch niemals erzählt werden. Aber am wichtigsten von allen war vielleicht seine quälende On/Off-Beziehung mit der Australierin Margaret „Silver“ Smith, die durch die Geschichten um Bon geistert und die in den letzten 24 Stunden seines Lebens eine entscheidende Rolle spielen sollte. Silver verstarb am 12. Dezember 2016. Die Interviews, die sie mir für dieses Buch gewährte, sollten ihre letzten sein.

      Hier werden zum ersten Mal die Geschichten aller drei Frauen einbezogen. Sie teilten das Bett mit ihm und kannten seine Geheimnisse. Sie kannten den Mann abseits der Bühne und all des Drucks auf Tour. Vieles deutet auch darauf hin, dass Bon einige seiner besten Songs über sie schrieb.

      Silver, die gemeinsam mit ihrem erwachsenen Sohn und ihren Hunden im südaustralischen Jamestown ein beinahe einsiedlerisches Leben führte, gab freimütig zu, dass sie mit Heroin dealte und es auch selbst konsumierte. „Doch nicht im heutigen Sinne … die Bezeichnung bedeutet inzwischen etwas völlig anderes als damals. Ich mochte Heroin. Es tut mir nicht leid, dass ich es genommen habe … Solange man vernünftig und bemessen damit umging, konnten die Drogen, die damals angesagt waren, nicht viel Schaden anrichten. Heute ist das was anderes. Da kenne ich mich nicht gut genug aus und möchte es auch gar nicht.“

      Ein Jahr vor Bons Tod wurde sie von der Londoner Polizei festgenommen. Phil Lynott von Thin Lizzy, mit dem sie befreundet war, wurde am selben Tag wie sie aufs Korn genommen. Silver wurde wegen Besitzes von Heroin, Kokain und Haschisch sowie der Absicht, es zu verkaufen, angeklagt. (Die Mengen waren jedoch gering: „Zwei Gramm Koks, ein Gramm Heroin und weniger als eine halbe Unze Hasch.“) Sie bekannte sich in Bezug auf den Besitz von Drogen schuldig, bestritt jedoch, geplant zu haben, sie weiterzuverkaufen. In zweiter Instanz wurde sie schließlich freigesprochen. Dieser schillernde Background bedeutet jedoch nicht, dass sie verantwortlich für Bons Tod war. Bon war für sich selbst immer noch am gefährlichsten.

      „Bon wurde nicht ‚Ronnie Roadtest‘ genannt, weil er auf Motorräder abfuhr“, erklärte sie mir und bezog sich damit auf ein aktuelles Buch, in dem diese lachhafte Behauptung aufgestellt worden war. „Wenn irgendjemand bei einem Tierarzt oder so eingebrochen war und sich nun nicht sicher war, was er hatte mitgehen lassen, fand Bon es für ihn auf die harte Tour heraus. Ich habe es einfach so satt, als Junkie hingestellt zu werden, der Bon Heroin verschafft hat. Das macht mich und viele andere Leute echt sauer. Ich habe ihm definitiv niemals Heroin gegeben, nie.“

      * * *

      Bons Rang als Legende steigert sich immer weiter. Das beschränkt sich mittlerweile nicht nur auf die Musik; inzwischen gilt er als Inbegriff eines Menschen, der sein Leben auszukosten versteht. 2016 wurde sein 70. Geburtstag in Australien wie eine Art nationaler Event begangen. 1980 jedoch stuften ihn Zeitungen von Australien über Großbritannien bis hin zu Kontinentaleuropa und Nordamerika nicht einmal als wichtig genug ein, um seinen Namen in ihren Schlagzeilen zu erwähnen. „ROCKSÄNGER TOT AUFGEFUNDEN“ in der australischen Canberra Times war ein typisches Beispiel dafür. Der Artikel, ganze sechs Zeilen lang, fand sich fernab der Titelseite direkt unter einer Story über den Boykott der Olympischen Spiele in Moskau durch die Vereinigten Staaten. Es war einfach keine große Sache, ganz anders als etwa John Lennons Ermordung im Dezember desselben Jahres in New York.

      Doch Bons Musik aus dieser Zeit gehörte zum Besten, was das Jahrzehnt zu bieten hatte. Weshalb erhielt er damals dafür kein

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