Bon - Der letzte Highway. Jesse Fink

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Bon - Der letzte Highway - Jesse Fink Musiker-Biographie

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      Holly X widerspricht. „Bon liebte alles, was mit dem [amerikanischen] Süden und Westen zu tun hatte: Cowboys und den Wilden Westen etwa“, sagt sie. „Meine Mom war eine echte Südstaatenschönheit aus Georgia und das schien ihm zu gefallen. Ich erinnere mich, wie ich ihn zum Lachen brachte, indem ich manchmal mit starkem Südstaaten-Akzent sprach. Angesichts der offenkundigen Spannungen zwischen Bon und Malcolm hätte es mich nicht überrascht, wenn das sein Plan B gewesen wäre für den Fall, dass Malcolm ihn wegen seiner unkontrollierten Trinkerei gefeuert hätte.“

      * * *

      Bons unsterbliche Worte in „Rock ’N’ Roll Damnation“ – Take a chance while you still got the choice – stellen für Millionen von Menschen eine Lebensanleitung dar. Und doch waren die Umstände seines Niedergangs weder heroisch noch tragisch und entsprachen somit nicht diesen allergrößten Klischees. Vielmehr lief alles in Zeitlupe ab. Sein Tod hatte sich schon seit Jahren angekündigt, wie diese Touren durch Nordamerika jedem aus seinem direkten Umfeld verdeutlichten. Warum halfen ihm weder seine Bandkollegen noch das Management der Band? Warum hielt ihn keiner dabei auf, sich selbst zu zerstören? War Alkohol sein Gegengift für all die Drucksituationen, die das Leben auf Tour für ihn bereithielt? Waren es AC/DC und die Persönlichkeiten, die die Band ausmachten, die ihn so ruinierten?

      Back In Black, das meistverkaufte Hardrock-Album aller Zeiten, war viel mehr als eine „Hommage“ an Bon, denn ohne ihn wäre es wohl nie zustande gekommen, egal ob es nun seine Lyrics auf dem Album sind oder nicht. Auch Aussagen seitens der Band, denen zufolge sie mit dem Gedanken spielten, nach Bons Tod das Handtuch zu werfen, sind sehr fragwürdig. Diese Darstellung des Sachverhalts hat AC/DC sehr geholfen und ist so allgegenwärtig, so eingebettet in das kollektive Bewusstsein der Musikmedien und der Fans, dass es niemand wagen würde, von etwas anderem auszugehen.

      Als 2016 Bons Nachfolger Brian Johnson nach 36-jähriger Dienstzeit völlig überraschend von AC/DC vor die Tür gesetzt wurde, veröffentlichte die Band eine Pressemitteilung, in der sie Brian „für seine Beiträge und Hingabe zur Band über all die Jahre hinweg“ ihren Dank aussprach. Das fühlte sich an, als wäre er gerade in der Autofabrik wegrationalisiert worden. Die Fans reagierten jedenfalls fast ausnahmslos mit großer Verwunderung und verächtlichem Kopfschütteln. Wie konnte irgendjemand nur so gefühllos sein? Malcolms Brüder Angus und George – der etwas älter war und seit jeher hinter den Kulissen eine Schlüsselrolle eingenommen hatte – mussten den Verstand verloren haben.

      Bon mag zwar zweifellos sehr begabt gewesen sein, doch letztlich muss man sagen, dass er es vergeigt hat. Aber trotz all seiner reichlich vorhandenen charakterlichen Mängel belegt seine grundlegende Anständigkeit – seine Gesten gegenüber Menschen (Briefe, Postkarten, Geschenke), die Verbindung mit seinen Fans, seine überraschende Sanftmut, an die man sich gern erinnert – auch nachhaltig seine Menschlichkeit. Sie ist auch der Grund, warum seine Geschichte auch heute noch bewegt. Was die Angelegenheit umso schmerzlicher macht, ist die Tatsache, dass er einfach viel zu früh von uns ging beziehungsweise unter Umständen, die nie ganz geklärt wurden.

      „Die olle Kamelle vom Rockstar, der an seiner eigenen Kotze erstickt, degradiert ihn einfach in eine Kategorie, die er sich nicht verdient hat“, sagt Larry Van Kriedt, AC/DCs erster Bassist und Freund der Youngs aus Kindertagen.

      * * *

      Der mittlerweile verstorbene Vince Lovegrove erzählte dem australischen Autor Clinton Walker für seine 1994 erschienene Bon-Biografie Highway to Hell, dass der AC/DC-Frontmann, sein alter Freund und Bandkollege bei der Sixties-Bubblegum-Popband The Valentines, stets gewirkt hätte, als würde ihn etwas belasten, „egal ob es nun sein kreatives Verlangen war oder auch seine vermeintliche Unzulänglichkeit, die ihn vielleicht wegen seiner Herkunft aus der Arbeiterschaft oder seiner mangelnden Bildung plagte. Keine Ahnung. Allerdings gab es da einen inneren Konflikt, eine gewisse Unsicherheit bezüglich seiner selbst. Er ließ zwar gerne den großen Macker raushängen, aber dahinter verbarg sich ein Softie.“

      Jahre später fragte Dr. Volker Janssen, ein AC/DC-Fan, Lovegrove nach seiner Meinung zu Clinton Walkers Buch. „Ich halte es für einen ehrlichen Versuch eines Fans, den echten Bon Scott zur Sprache kommen zu lassen, indem seine Persönlichkeit laut der Einschätzung seiner Freunde nachgezeichnet wird“, antwortete er. „Ich glaube, dass Walker die Essenz eines Teils von Bon, nämlich den guten, zu dem sich jeder hingezogen fühlte, gut wiedergibt. Allerdings scheitert er an Bons dunkler Seite.“

      Es ist diese dunkle Seite, für die ich mich interessierte. Ich bewundere das, was Walker mit seinem Buch über Bon versucht hat. Es entstand vor dem Zeitalter von Google, als alle Fakten rigoros überprüft werden mussten – und gegen den Widerstand von AC/DC und ihrer langjährigen australischen Plattenfirma Albert Productions (auch Alberts genannt). Doch durch meine eigenen Nachforschungen habe ich begriffen, dass viele seiner Aussagen und Schlüsse zu Bon schlichtweg falsch waren.

      Silver Smith bezeichnete ihre Beteiligung an Walkers Buch mir gegenüber als „Fehler … Ich habe schon eine Menge Mist gelesen. Nach Walkers erstem Versuch [einer Bon-Biografie] begriff ich, dass die Leute sich mehr für Mythen als für die Wahrheit interessieren“.

      Mary Renshaw behauptete, dass Bons Bruder Graeme Scott das Buch „in die Mülltonne warf“. Das kann allerdings – so fair muss man gegenüber Walker sein – sowohl gegen als auch für das Buch sprechen. Schließlich geht es bei einer guten Biografie nicht darum, die Familie der porträtierten Person glücklich zu machen.

      Auf jeden Fall war Walkers Buch um Längen besser als Ren­shaws. Auch gebührt ihm große Anerkennung dafür, die erste echte Biografie von Bon vorgelegt zu haben. Highway to Hell ist aber auch auf keinen Fall das ultimative Porträt dieses Mannes – ebenso wenig wie all die anderen Bücher über Bon und AC/DC. Obwohl ich dies auch nicht für Bon – Der letzte Highway in Anspruch nehmen möchte, glaube ich doch, dass mein Buch ein völlig neues Bild zeichnet, das der Wahrheit viel eher entspricht als alle anderen bisher zu diesem Thema veröffentlichten Bücher.

      * * *

      Es wurde noch nicht annähernd genug über die letzten drei Jahre in Bons Leben geschrieben, als er der Frontmann jener Band war, die bald schon zur aufregendsten Rockband der Welt avancieren sollte. Den Großteil dieser Zeit verbrachte er in Nordamerika.

      Zweifellos gibt es eine Menge Leute, die Bon persönlich kannten, Bücher schrieben und Bons Geschichten zum Besten gaben. Die Bandbreite reicht von Bandkollegen und Managern bis hin zu Exfrauen und Freunden. Dann gibt es noch jene Leute, die von anderen Biografen ausführlich für Bücher interviewt wurden oder in Dokumentarfilmen auftraten. Ihre Geschichten wurden immer wieder und wieder durchgekaut und führten letztlich zur Entstehung eines Mythos rund um Bon, mit dem wir alle nur zu gut vertraut sind.

      Da, wo ich der Ansicht war, diese Quellen zu Wort kommen lassen zu müssen, habe ich aus bereits erschienenen Büchern und Presse-Interviews zitiert. Außerdem griff ich auf bisher unveröffentlichte Kommentare aus meinem eigenen Interview-Archiv zurück und stieß auch auf bis dato unbekannte Audio-Interviews mit Bon selbst. Zusätzlich führte ich noch Hunderte neuer Interviews. Viele meiner Gesprächspartner waren selbst Musiker, die zwischen 1977 und 1979 mit AC/DC in Nordamerika auf Tour gingen.

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