Möglichkeiten. Lisa Dickey

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Möglichkeiten - Lisa Dickey

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alt geworden und dort mit Jeans und Hemd, aber ohne Jackett aufgetaucht. Wahrscheinlich sah ich wie jemand aus, dessen Budget so ein schnittiges, teures Cabrio tatsächlich weit überstieg, doch es gab überhaupt keinen Grund, mich so geringschätzig zu behandeln. Als ich zum Wagen schlenderte, spürte ich regelrechte Hitzewellen.

      Ich hatte mir noch nie einen fahrbaren Untersatz zugelegt und wusste somit nicht, auf was man achten musste. So umkreiste ich den Wagen, tippte vorsichtig mit dem Fuß gegen einen Reifen und bückte mich, um die Scheinwerfer zu inspizieren. Doch statt mich zu beruhigen, wurde ich wütender und wütender. Ich schlenderte zurück zum Schreibtisch des Verkäufers und sagte: „Mich interessiert der Cobra.“

      Endlich blickte der Mann auf. „Wissen Sie, wie viel der Wagen kostet?“

      „Yeah“, schnappte ich zurück. „Er kostet 6.000 Dollar, und ich werde ihn kaufen. Ich bringe Ihnen morgen das Geld in Cash.“ Ich raste innerlich. Mir war es in dem Moment egal, was ich kaufte – ich wollte es dem Kerl nur zeigen.

      Am nächsten Tag fuhr ich mit Donald im Jaguar seiner Freundin zu dem Händler und betrat den Laden in einem schicken Sportmantel, mit dabei die 3.000 Dollar für die Anzahlung. Nun wurde ich natürlich von allen sehr zuvorkommend behandelt. Während ich den Papierkram unterschrieb, sah ich den großartigen Saxofonisten Jimmy Heath, der mit einigen mir bekannten Musikern den Broadway entlangspazierte. Als sie sahen, was hier gerade vor sich ging, zeigte sich auf ihren Gesichtern ein breites Grinsen, woraufhin sie rüberkamen, um sich den Schlitten anzusehen. Jimmy machte tatsächlich die erste Fahrt, denn ein Mechaniker fuhr mit ihm eine Runde um den Block, während ich die letzten Unterschriften unter die Verträge setzte – mit einem Lächeln im Gesicht.

      Mir war es nur recht, dass Jimmy die erste Runde mit dem Mechaniker drehte, denn ehrlich gesagt hatte ich eine Höllenangst, den Cobra zu fahren.

      Am Morgen hatte mich der Verkäufer schon zu einer kurzen Probefahrt mitgenommen, und ich konnte kaum glauben, wie schnell der Wagen war. Ich hatte zudem Bedenken, da die Kupplung wegen des Drehmoments des Motors hart ansprach. Den Papierkram hinter mich gebracht, warf mir Donald dann die Schlüssel des Jaguars zu, und ich gab ihm die des Cobra, damit er ihn für mich in die Bronx fuhr.

      Ich hatte dort eine Garage angemietet. Die nächsten zwei Wochen ging ich ständig dorthin, setzte mich in den Wagen und tat so, als würde ich fahren. Ich übte mit der Gangschaltung, drückte mich in den Sitz und fühlt mich schließlich mutig genug für eine Spritztour.

      Ich machte mir in der Anfangszeit große Sorgen vor eventuellen Kratzern oder Beulen, doch ironischerweise war es Donald, der den Wagen ungefähr sechs Wochen nach dem Kauf schrottete. Der Unfall war nicht seine Schuld und ich wiederum froh, dass ihm nichts zugestoßen war, doch es kostete eine ganze Stange Geld, ihn wieder zu reparieren.

      Wie bereits die anderen Ratschläge Donalds – meine Kompositionen im eigenen Verlag zu publizieren und Mongo Santamaria „Watermelon Man“ vorzuspielen – erwies sich auch der Tipp zur Anschaffung des Cobra letztlich als finanziell lukrativ. Jahre später fand ich nämlich heraus, dass ich der Erste an der Ostküste gewesen war, der sich einen Cobra zugelegt hatte. Zudem war es der sechste der Produktionsreihe. Da die Modelle zwischenzeitlich unglaublich selten sind, hat sich der damalige Preis von exakt 5.825 Dollar um einiges vervielfacht.

      Und: Ich besitze ihn immer noch.

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      Im Frühjahr 1963 hörte ich zum ersten Mal, dass Miles Davis nach mir Ausschau halte.

      Miles hatte sein jüngstes Quintett aufgelöst, und ein Gerücht machte die Runde, dass er ein neues formieren wolle. Schon seit Mitte der Vierziger hatte er Platten gemacht und dabei mit einigen der besten Musiker gespielt oder als Leader agiert – Charlie Parker, Dizzy Gillespie, Thelonious Monk, eine Liste, die sich lange fortsetzen lässt. Mitte der Fünfziger stellte er dann die Formation zusammen, die man als das „große Quintett“ kennt, das mit Musikern wie John Coltrane, dem Pianisten Red Garland, dem Bassisten Paul Chambers und Drummer Philly Joe Jones die Messlatte für den Post-Bebop sehr hoch legte. 1959 veröffentlichte er Kind Of Blue, eines der großartigsten Jazz-Alben aller Zeiten. Für seine musikalische Kunstfertigkeit und die rasiermesserscharfe Coolness, die ihn legendär gemacht hatten, kannte man ihn auch außerhalb der Welt des Jazz.

      Ich hatte Miles schon einmal kurz getroffen, ungefähr ein Jahr zuvor. Donald betrachtete mich als seinen Schützling und wollte, dass Miles mich kennenlernte, woraufhin er ein Treffen in Davis’ Haus arrangierte. Als wir auf die Haustür zugingen, dachte ich nur noch: Scheiße! Ich werde Miles Davis treffen! Zweifellos war er mein Lieblingsmusiker, denn ich besaß all seine Platten. Mich verblüfften die Innovationen und die Abenteuerlust, die seine Soli kennzeichneten. Miles stand für alles, was ich im Jazz erreichen wollte, doch mit zweiundzwanzig Jahren konnte ich mir kaum vorstellen, es je so weit zu bringen.

      Miles zu treffen, bedeutete für mich einen Nervenkitzel. Doch ihn interessierte anderes als der Austausch irgendwelcher Nettigkeiten. Ungefähr fünf Minuten nach meiner Ankunft schaute er mich an und sagte: „Spiel was.“ Und so setzte ich mich an das kleine im Wohnzimmer stehende Spinett-Piano und spielte den sichersten Song, der mir gerade einfiel, eine Ballade mit dem Titel „Stella By Starlight“. Ich war nervös, doch es muss ganz gut geklungen haben, denn als ich aufhörte, meinte Miles: „Netter Anschlag.“

      Als ein Jahr darauf die Gerüchte die Runde machten, dass er nach mir Ausschau halte, konnte ich es trotz des Kompliments von damals nicht glauben. Jeder wollte mit Miles spielen, und so schien es mir unvorstellbar, dass er es von allen Pianisten dieser Welt gerade auf mich abgesehen hatte. Ich machte mir nicht viel aus dem Gerede, doch der Tratsch riss nicht ab.

      Donald muss daran geglaubt haben, denn eines Nachtmittags Anfang Mai saßen wir zusammen im Apartment, und er meinte: „Okay, Herbie! Wenn Miles anruft, musst du ihm unbedingt sagen, dass du momentan mit niemandem arbeitest.“

      „Lass mal, Donald. Ich weiß nicht, ob er mich anrufen wird, aber auch, wenn er es macht, könnte ich dir das nicht antun.“ Donald hatte mich nach New York geholt, und seit dem Zeitpunkt war ich immer ein festes Mitglied seiner Gruppe gewesen. Er war wie ein Bruder für mich, und dessen versicherte ich ihm. „Du hast mir so viel geholfen, mit dem Plattenvertrag und dem Verleger-Deal …“

      „Halt die Klappe, Mann“, fuhr er mich an. „Stünde ich dem Job im Weg, könnte ich mich nicht mehr im Spiegel ansehen.“ Donald machte gerne einen Witz, doch jetzt gab er sich verdammt ernst. „Falls Miles fragt, machst du genau das, was ich gesagt habe.“

      Am nächsten Nachmittag klingelte das Telefon in unserem Apartment. Ich nahm ab und hörte die unverkennbare raue Stimme von Miles Davis. „Hallo, Herbie. Du arbeitest doch im Moment mit niemandem?“ Miles war keiner, der zu viele Worte verlor.

      „Nein, momentan nicht“, lautete meine Antwort.

      „Gut, komm morgen um halb zwei Uhr zu mir nach Hause.“

      Ich setzte gerade an zu antworten: „Okay, Miles …“, da hörte ich schon ein Klicken – sofort nach dem Satz hatte er aufgelegt. Er gab mir nicht mal die Adresse! In der Aufregung und bei meiner Nervosität kam es mir nicht in den Sinn, Donald zu fragen – ich dachte nur noch daran, dass Miles mich zum Spielen eingeladen hatte und ich mich nicht mehr erinnerte, wo er wohnte! Als das Telefon erneut läutete, riss ich den Hörer von der Gabel, darauf hoffend, dass es Miles war, doch stattdessen hatte ich Tony Williams am anderen Ende der Leitung.

      Kurze Rückblende:

      Tony war gerade erst siebzehn

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