Es begann in der Abbey Road. George Martin

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Es begann in der Abbey Road - George Martin

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dem alles Technische eine Riesenfreude bereitete, besonders Motorräder – und das mit einer beispiellosen Leidenschaft. Er besaß eine alte, zerbeulte Maschine, die er mit viel Liebe pflegte. Seine Lieblingsbeschäftigung, mal abgesehen von seiner Musik, die er sehr wichtig nahm, bestand darin, auf dem Motorrad mit einer Geschwindigkeit von vielleicht 90 Meilen die Stunde durch die ländlichen Gefilde Schottlands zu flitzen, dabei die Mütze tief ins Gesicht gezogen.

      Dann gab es noch unseren „lateinamerikanischen“ Schotten Roberto Inglez, der tatsächlich Bob Ingles hieß. Er hatte seine Lektionen gelernt und war der umsatzstärkste Interpret des Latin in Lateinamerika! Er spielte „Einfinger-Piano“ (wie wir es scherzhafterweise nannten) vornehmlich auf den tiefen Tönen und achtete stets auf luxuriöse Orchestrierungen, die im Vergleich zu Edmundo Ross geschickter gesetzt waren, aber auch kitschiger klangen. Er setzte Streicher ein, ja sogar ein Horn, welches Dennis Brain für ihn einspielte.

      Seine exotische Tarnung hätte nicht besser sein können. Eines Tages spielte er im Studio 2, als uns einige Vertreterinnen besuchten, die einen Eindruck von der Plattenproduktion gewinnen wollten. Sie standen mit offenen Augen und Mündern im Regieraum, als Bobs Stimme mit einem starken Glasgower Akzent über das Raummikro erklang.

      „Oh“, meinte eins der Mädchen erstaunt. „Das ist ja tatsächlich ein Ausländer, nicht wahr?“

      Bob gehörte zu den ersten Künstlern, deren Platten ich „pflanzen“ wollte – zumindest versuchte ich das. Oscar hatte sich entschieden, dass das ein Teil meiner Ausbildung sei. Ich musste also die Platte bewerben, was bedeutete, die BBC zu besuchen, damit sie dort gespielt wurde. Es wurde leider kein atemberaubender Erfolg. Ich schnappte mir eine von Bobs Platten und traf mich mit Jack Jackson, der sie in seiner Saturday Night Show spielen sollte, der Sendung mit Tiddles the Cat. Er zeigte sich sehr zuvorkommend, aber unbeeindruckt von meinen Überzeugungsversuchen. „Bringen Sie mir doch Platten von Guy Mitchell, Mitch Miller oder ähnlichen Interpreten. Das interessiert mich.“ Ärgerlicherweise konnte ich ihm keine vergleichbaren Künstler anbieten.

      „Sehen Sie mal, mein Sohn“, erklärte er mit nachgiebiger Stimme. „Ich möchte mich Ihnen gegenüber nicht unhöflich verhalten. Wenn Sie mir eine für mein Programm passende Platte bringen, werde ich sie gerne vorstellen. Aber Roberto Inglez! Na, hören Sie mal …!“

      Ich war am Boden zerstört.

      Godfrey Winn war einer der Männer, die meine Platten in ihrer Sendung spielten, und zwar bei Housewives’ Choice. Über die Zeit entwickelte sich zwischen uns eine angenehme Beziehung. Eines Tages lud ich ihn zum Mittagessen in ein nobles Restaurant in der Ebury Street ein. Zuvor hatte ich mir 5 £ Spesen geben lassen. Wie üblich fuhr ich mit dem Motorrad zum Treffpunkt, um die Taxikosten zu sparen.

      Nach der Mahlzeit bot er mir an, mich in seiner Edelkarosse, ich glaube, es war ein Bentley oder ein anderes Gefährt gleichen Kalibers, zum Studio zurückzubringen. Was sollte ich jetzt bloß machen? Ich hatte, ohne mit der Mine zu zucken, die 5 £ hingeblättert. Meine Bestrebungen, ihn zu beeindrucken, wären zunichtegeworden, hätte ich ihm von meiner Ankunft auf dem Motorrad erzählt – obwohl das heutzutage natürlich einen gewissen Schick ausdrücken würde. „Nein, mach dir keine Mühe. An der Ecke kann ich problemlos ein Taxi heranwinken. Trotzdem vielen Dank.“ Doch ich konnte ihn nicht abhalten. Höflicher Mensch, der er nun mal war, bestand er darauf, mir ein Beförderungsmittel zu organisieren. Und er wartete sogar, bis ich Platz nahm. Ich stand nun vor der peinlichen Aufgabe, ans Glas zu klopfen und den Fahrer zu bitten: „St. John’s Wood Studios, bitte.“

      Hundert Yards die Straße hinunter – Godfrey befand sich nun in sicherer Entfernung – klopfte ich wie ein Wahnsinniger an die Scheibe und schrie: „Lassen Sie mich bitte raus. Bitte lassen Sie mich raus!“ Zweifellos dachte der Fahrer, ich sei übergeschnappt. Was macht man nicht alles, um das gute Image der Firma aufrechtzuerhalten!

      Das stand für mich an erster Stelle und mag einer der Gründe dafür gewesen sein, warum ich mich beim Platten-Pflanzen nicht sonderlich geschickt anstellte. Ich war ein Schaf unter Wölfen und bemerkte das nicht. Damals gab es einige große Skandale in Bezug auf der Verhältnis Plattenindustrie/Radiomoderatoren, und so setzte die meisten Firmen Strohmänner ein, die den Job für sie erledigten, doch das war niemals Oscars Stil. Er zählte zu den rechtschaffenen Menschen, und somit dachte er nicht im Entferntesten daran, mithilfe zwielichtiger Gestalten zu arbeiten. Dadurch erfuhr ich erst relativ spät von diesen fragwürdigen Zuständen. Und mal ganz davon abgesehen, empfand ich die EMI als hoch seriös.

      Für die Firma zu arbeiten ließ sich wohl mit einer Anstellung bei Rolls Royce in den Dreißigern vergleichen. Sie waren unglaublich stolz auf ihr „By Appointment“-Zeichen, auf das Hund-und-Grammophon-Label von HMV und weitere unverkennbare Charakteristika. Die Entlohnung bei der EMI kann nur als abgrundtief schlecht bezeichnet werden, aber man durfte sich des Privilegs rühmen, zu einer solchen Firma zu gehören, vergleichbar mit der Zugehörigkeit zur BBC heutzutage, allerdings noch ausgeprägter.

      Was die Formalitäten anbelangte – da gab es keinen großen Unterschied zum öffentlichen Dienst. Jeder musste einen Anzug mit Krawatte tragen und konnte sich nicht erlauben, in schlabberigen Jeans aufzutauchen. Sogar im Studio durfte die Krawatte nicht abgelegt werden, und die Tontechniker arbeiteten in weißen Kitteln, wodurch sie wie OP-Assistenten aussahen. Ich kann mich gut an Peter Brown erinnern, einen Mitarbeiter, der es mittlerweile bis ganz nach oben geschafft hat. Er besaß nur einen Anzug, und zwar das Ausmusterungskleidungsstück, das ihm die dankbare Nation spendierte! Er kam Tag für Tag in dieser schäbigen Kluft zur Arbeit.

      Der Kleidungskodex galt auch für Musiker. Sogar die Jazz-Schlagzeuger spielten in einem Anzug mit einer eng geschnürten Krawatte. Es war schon eine recht dümmliche Form des Snobismus, die zu lächerlichen Zwischenfällen führte. Eines Tages wollte Eddie Fisher, damals ein Riesenstar, die Studios durch den Haupteingang betreten. An dem Tag standen Plattenaufnahmen auf dem Programm, doch er trug seine amerikanische Uniform. Unglücklicherweise bekleidete er nicht den Rang eines Offiziers, und so bat ihn der Portier, die Studios bitte doch durch den Hintereingang zu betreten. So bewertete man also nach dem Krieg den Dienstgrad einer Person!

      Allerdings behandelte man die ganz großen Stars in der Regel zuvorkommend, denn sie umgab Glamour und der Hauch der großen, weiten Welt. Sie wurden in Limousinen zum Studio gebracht, und man reichte ihnen neben geräuchertem Lachs zur Erfrischung Champagner. Die Ankunft eines Stars war beinahe körperlich zu spüren, denn die Atmosphäre des Studios schien sich elektrisch aufzuladen. Und wenn sich eine Künstlerin wie Jane Morgan zeigte, war das auch gerechtfertigt, denn sie sah fantastisch aus. Jane Morgan hatte einen unvergleichlichen und tadellosen Stil und trug einen mit Diamanten besetzten, glitzernden Pelz. Doch daran erinnert sich heute anscheinend niemand mehr. Die großen Stars tragen alte und ausgebeulte Jeans und unterscheiden sich nicht von anderen Personen.

      Meist wurden die Stars bei ihrer Ankunft von Oscars Sekretärin Judy Lockhart-Smith unterhalten. Der schottische Tenor Robert Wilson erwartete immer ein Glas Whiskey. Unglücklicherweise mochte unser Nachtwächter auch einen guten Schluck, bediente sich an der Flasche und füllte sie wieder mit Wasser auf. Judy wusste nichts davon und reichte Wilson eines Tages ein Glass des verdünnten Drinks. Er trank ein wenig und spuckte den Whiskeyverschnitt sofort aus. Wilson konnte kaum glauben, was seine Geschmacksknospen da ertragen mussten.

      Judy, wie schon erwähnt, verhielt sich mir gegenüber eine lange Zeit äußerst unterkühlt. Ich fand sie attraktiv, jedoch leicht arrogant und eindeutig überheblich. Als Judy mich das erste Mal sah, musterte sie mich wie einen Hund, den jemand mitgebracht hatte. Trotz ihrer Jugend zählte sie zu den „Oldtimern“, und ich war das kleine Balg. Wir arbeiteten in einer angespannten Atmosphäre, begleitet von gegenseitiger Antipathie, was sicherlich ein recht ungewöhnlicher Beginn für zwei Menschen war, die später eine wunderbare Ehe führen sollten.

      Judy verstand

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