Es begann in der Abbey Road. George Martin

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Es begann in der Abbey Road - George Martin

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dirigierte.

      Ich kann mich noch gut an Charles erinnern, der „The Dream Of Olwen“ schrieb, da das Schicksal ihn mit einem überraschenden Geld­regen erfreute. Er schrieb einige Stücke, eher als Hintergrundmusik gedacht, und erhielt dafür regelmäßige Zahlungen der Performing Rights Society, einer Organisation, vergleichbar mit der deutschen GEMA, die die mechanischen Vervielfältigungsrechte, Aufführungsrechte und Senderechte von Komponisten und Textern wahrnimmt. Plötzlich – ohne einen ersichtlichen Grund – betrug eine der Zahlungen die für damalige Zeiten exorbitante Summe von 5.000 £. Wie sich herausstellte, benutzte eine TV-Station in den USA eine seiner Kompositionen, ein Stück mit einer religiösen Grundstimmung, als Erkennungsmelodie. Und niemand hatte ihm davon berichtet!

      Gelegentlich nahm ich auch Freddie Randall und seine Jazz-Band auf, denn mittlerweile hatte ich mich weit von den altehrwürdigen Klangkathedralen des Klassik entfernt und produzierte – trotz meiner früheren Zusammenstöße mit Humph – alle Jazz-Künstler von Parlophone, also Graeme Bell and his Dixieland Jazz Band, Joe Daniels and his Hotshots, Jack Parnell und Johnny Dankworth and his Seven.

      Mit Johnny nahm ich einer meiner ersten Hits auf. Das Stück nannte sich „Experiments With Mice“ und basierte auf dem Liedchen „Three Blind Mice“. Er und Cleo Laine wurden schon bald gute Freunde, mit denen ich häufig arbeitete. Cleo, die damals noch nicht mit ihm verheiratet war, sang in der Band. Ich finde es erfreulich, dass John und Cleo genauso lange im Geschäft sind wie ich. Auch sie haben die harten Seiten und unangenehmen Aspekte kennengelernt: Tourneen, finanziell schwierige Zeiten, das ständige Auf und Ab sowie andere Problematiken – und nun betraten sie die Weltbühne als große Künstler. Eine mich immer wieder erheiternde Ironie besteht in der Tatsache, dass man Cleo ständig eine erfolgreiche Karriere absprach, da sie eine zu gute Stimme habe. Umso mehr erfreut mich der Erfolg einer nun von allen Seiten anerkannten Künstlerin.

      John engagierte sich wahnsinnig, angetrieben durch einen regelrechten Fanatismus, und das konnte mitunter lustige Konsequenzen haben. Einmal bereitete er ein Jazz-Konzert für Matyas Seiber in der Festival Hall vor und arbeitete dabei mit seinem Arrangeur Dave Lindup, der mit der Band immer auf Tour ging. Da die Arrangements unbedingt fertig gestellt werden mussten, buchte John eine Hotelsuite und fragte ausdrücklich, ob er sich mit Dave ein Zimmer teilen könne, um den Großteil der Nacht durchzuarbeiten. Der Empfangschef reagierte mit einem zweifelnden Gesichtsausdruck, wobei ihm wahrscheinlich Vorurteile über das Musikerleben durch den Kopf gingen. Die beiden ließen sich davon nicht aus der Ruhe bringen, gingen auf ihr Zimmer und dachten nicht mehr darüber nach.

      Als sie von dem Gig zurückkehrten, begannen sie unverzüglich mit der Arbeit. Um 4 oder 5 Uhr morgens drehte sich Dave zu John und meinte: „Mir fallen die Augen zu. Ich kann nicht mehr und brauche unbedingt Schlaf.“ Er entkleidete sich und fiel auf das eine Bett, während John mit ungebrochener Kraft weiter arrangierte.

      Um 7 Uhr holte auch ihn die Müdigkeit ein, doch es war schon viel zu spät, um noch ins Bett zu gehen. Er legte die Arbeit beiseite, duschte, zog sich an und ging zum Frühstück. Als er sich den Marmeladentoast schmecken ließ, kam ihn in dem Sinn, dass er nicht nur um ein Doppelzimmer gebeten hatte, sondern dass die Zimmermädchen sofort sehen würden, dass nur ein Bett benutzt war. Als die beiden das Hotel verließen, zogen sie einige hochgradig suspekte Blicke auf sich.

      Aus verständlichen Gründen empfand John rassistische Bemerkungen als abgrundtiefe Beleidigung und legte sich mit jedem an, der sich abfällig über eine andere Hautfarbe äußerte. Allerdings amüsiert er sich immer noch über einen Zwischenfall beim lokalen Obst- und Gemüsehändler, wo er sich etwas Obst kaufen wollte. Er entdeckte vielversprechende Weintrauben und sagte zum Verkäufer: „Ich hätte gerne einige Pfund dieser Trauben. Sie sehen ja äußerst schmackhaft aus.“

      Doch als die Bedienung die Kiste von der Anrichte zog, bemerkte er das Etikett „Südafrika“. Er sah plötzlich keinen Grund mehr, sich die Früchte zuzulegen, und meinte: „Moment mal. Die Trauben kommen aus Südafrika, oder? Ich habe es mir überlegt und möchte sie nun doch nicht.“

      Der Mann schaute ihn ein wenig unterkühlt an und antwortete: „Tja, vielleicht haben Sie ja recht. Man kann ja nie wissen, was für Nigger die angepackt haben.“

      Nach dem Erfolg von „Experiments With Mice“ folgte Johns nächster Riesenhit „African Waltz“. Er wurde von dem aufstrebenden Songwriter Galt McDermott verfasst, den damals kaum jemand kannte. Wir nahmen später noch einige seiner Stücke auf, wie zum Beispiel „I Know A Man“ mit Rolf Harris. Das war noch lange vor der Zeit, in der er das berühmte Musical schrieb, das ihm zum Millionär machte – Hair. McDermott gehörte zu den Songschreibern, die sich in den Büros der Verleger in der Denmark Street rumdrückten und dabei versuchten, ihre Stücke zu verkaufen.

      Ich musste kontinuierlich Komponisten abweisen, was sich bis jetzt nicht geändert hat. Hörte ich mir tatsächlich alle angebotenen Stücke an, dann bliebe mir keine Zeit mehr zur Plattenproduktion. Unsere heutige Vorgehensweise besteht darin, dass sich ein Gremium durch das Material arbeitet und ausgesuchte Stücke empfiehlt. Wenn der Song womöglich etwas Besonderes darstellt, hören wir ihn uns selbst an.

      Ein Grund für die damalige Stärke und Position der Verleger lag im Defizit der Singer/Songwriter, da damals weniger Menschen dieser Berufung nachgingen. Zudem gab es noch die klare Unterscheidung zwischen dem Interpreten und dem Komponisten. Die Interpreten befanden sich auf ständiger Suche nach gutem Material, und die Komponisten taten ihr Möglichstes, ihre Stücke vorzugsweise bei den bekanntesten Interpreten unterzubringen. Und so versuchte der Songwriter die Akzeptanz eines Verlegers zu gewinnen, der den notwenigen Kontakt zu einem populären Künstler unterhielt.

      Natürlich wollten alle Künstler einen Nummer-1-Hit landen. Falls ein Konkurrent ein Stück ergatterte (das nach ihrer Meinung ihnen selbst zugestanden hätte) und es damit schaffte, schob man uns die Schuld dafür in die Schuhe. Zum Beispiel: Norman Newell, der für den Pop-Katalog von Columbia zuständig war, landete mit Danny Williams’ Version von „Moon River“ einen Riesenhit. Wir von Parlophone nahmen das Stück nicht auf, und so war es gut möglich, dass eine Eve Boswell (sie stand bei uns unter Vertrag) mich anmeckerte und mir vorwarf: „Wieso habe ich ‚Moon River‘ nicht gehört? Und warum habe ich die Nummer nicht aufgenommen?“ Zu so einem Wutausbruch hätte die gute Frau leider jegliche Berechtigung gehabt.

      „Moon River“ stellte sich für meinen Assistenten Ron Richards als großes Fiasko heraus. Ich entsandte ihn ins Kino und erwartete einen Bericht und eine Einschätzung der Musik. Er schaute sich den kompletten Film an und schickte ein Memo: Er habe sich die Hintergrundmusik angehört, aber nichts Lohnenswertes entdecken können! Doch wir alle machen solche Fehler. Ich vertiefte mich immer mehr in das Geschäft und lernte die Journalisten, die Rundfunkmoderatoren, eigentlich die gesamte Branche kennen. Mit Noel Whitcomb vom Daily Mirror verband mich eine innige Freundschaft. Wie ein Lauffeuer hatte eine Nachricht die Runde gemacht, die auch uns nicht kaltließ. Einige Kids spielten erfolgreich in den sogenannten Coffee Bars, und so entschieden wir uns, dieses Phänomen genauer unter die Lupe zu nehmen. Eines Abends im Jahr 1957 besuchten wir die Two ’I’s Coffee Bar in Soho, um uns den neuen

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