Pink Floyd. Mark Blake
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In jenem Sommer verabschiedeten sich David Gales Eltern für ganze sechs Monate nach Australien, womit das Haus der Familie zur Verfügung stand. Unter jenen, die das voll für sich ausnützten, war auch Emo, der inzwischen „zum Arbeiterklasse-Hofnarren einer Gruppe, die vorrangig aus Mittelklasse-Kiffern bestand, avanciert war“, wie es David Gale ausdrückt. Emo nahm einfach ein Zimmer im Haus seines Freundes in Beschlag. „Er ging“, so berichtet David Gale, „ins Mill, riss sich ein Mädchen auf, nahm sie mit, um sie zu bumsen, und zog dann von neuem los, um noch eins aufzureißen.“
Eines Nachmittags versammelten sich Emo, Barrett, Storm Thorgerson sowie ihr Freund Paul Charrier im Garten der Familie Gale. Emo ist davon überzeugt, dass bei dieser Gelegenheit sowohl er als auch Syd die Samen der Himmelblauen Trichterwinde konsumierten. David Gale glaubt, dass ein paar von ihnen auf Liquid – in Flüssigkeit gelöstes LSD, das sie auf Zuckerwürfel träufelten – waren. Bei einem vorangegangenen Experiment hatte Emo bemerkt, dass LSD auch über die Haut absorbiert werden kann, als er mit den durchtränkten Zuckerwürfeln hantierte und dies zu „einem stundenlangen Durcheinander“ führte: „Wir hatten keine Ahnung, welche Würfel nun einen Trip auslösen würden und welche nicht.“
Was auch immer er an diesem Tag einwarf, Barretts Vorstellungsvermögen war ganz gefesselt von einer Streichholzschachtel, einer Pflaume und einer Orange. Er fand diese Dinge in David Gales Küche und verbrachte die folgenden Stunden damit, sie zu analysieren, bis – und dabei kommt es auf den jeweiligen Erzähler der Geschichte an – entweder Charrier die Früchte zerstampfte oder aber Emo sie aufaß. „Das war auch, als Paul und Syd gemeinsam ins Haus gingen und in David Gales Badezimmer auf und ab sprangen und schrien: ‚Keine Regeln! Keine Regeln!‘“, erinnert sich Emo. „Es war immer Syds Ding, sich von Regeln befreien zu wollen. Er dachte, dass es keine Regeln mehr für ihn geben würde, wenn er sich einer Band anschlösse und erfolgreich wäre. Aber sobald ihm genau dies gelungen war, erschien es ihm so, als wäre es nicht anders als alles andere – das trug vermutlich dazu bei, dass er so verkorkst wurde.“
Inzwischen schien die in der Regel in der Schwebe hängende Beziehung zwischen Libby und Syd endgültig am Ende zu sein, obwohl die beiden Freunde blieben. Sie fing darauf an, sich mit Pablo Picassos Sohn Claude zu verabreden. „Er liebte Syd und schlug oft vor, ihm sonntags einen Besuch abzustatten“, erklärt Libby. Auch begab sie sich in diesem Sommer nach Deutschland, um ein paar Kurse zu belegen.
Barrett verschlug es hingegen weiterhin an den Wochenenden nach Cambridge. Seine Heimatstadt bot immer noch reichlich interessante Ablenkungen, was schließlich auch in London nicht unbemerkt blieb. „Ich habe nie in meinem Leben Acid angerührt, weil es mir eine Heidenangst eingejagt hat“, erklärt Seamus O’Connell. „Ich erinnere mich daran, als wir in der Tottenham Street lebten, dass Syd aus Cambridge zurückkam, wo er das Wochenende verbracht hatte. Dort hatte er im Arts Theatre mit einem seiner Kumpels irgendeine sonderbare Drogenerfahrung gemacht. Als er nach London zurückkehrte, sah eines seiner Augen irgendwie tot aus. Er hatte eigentlich sehr lebendige Augen, richtig hell, aber eines wirkte nun, na ja, beeinträchtigt. Wir alle sprachen ihn darauf an, woraufhin er mit einer fantasievollen Erklärung dafür aufwartete.“
Nachdem Libby sich verabschiedet hatte, begann Syd, sich im selben Sommer mit einer anderen ehemaligen Schülerin der Ely Grammar School for Girls namens Lindsay Corner zu treffen. Ihr Vater war ein Freund von Dr. Barrett gewesen. Ihr gemeinsamer Freund Po hatte das Paar im Dorothy Ballroom einander vorgestellt. Lindsay war auch Syds „bewusstseinserweiternden Abenteuern“ gegenüber positiver eingestellt. Damals filmte Nigel Lesmoir-Gordon Syd, wie er angeblich auf Magic Mushrooms war. Nigel hatte sich eine 8-mm-Filmkamera von der Universität ausgeliehen und war zusammen mit seiner Frau Jenny, Syd, Roger Waters’ Freund Andrew Rawlinson, dessen Freundin Lucy Pryor, David Gale und dem zukünftigen Beleuchter bei Pink Floyd namens Russell Page in einen aufgelassenen Steinbruch in die Gog Magog Hills bei Cambridge gefahren. Die Aufnahmen sind körnig und die Kameraeinstellungen teilweise wackelig, aber ein überraschend adrett aussehender Barrett in weißem Hemd und blauem Regenmantel kann darauf beobachtet werden, wie er im einen Moment geradlinig durch den Steinbruch zieht, während er im nächsten wiederum in einen Zustand stiller Einkehr verfällt. Später sieht man ihn, wie er das Blatt einer Pflanze inspiziert, die Kamera stumm anschreit und – offenbar ein wenig befangen – Pilze über seinen Augenhöhlen und seinem Mund platziert. Der Film endet mit Aufnahmen von einem Lagerfeuer im Steinbruch und ein paar verwackelten Einstellungen, die Syds Mitverschwörer in Szene setzen. Dem inzwischen weithin als Bootleg verbreiteten und im Internet frei verfügbaren Film wurde später der irreführende Titel Syd’s First Trip verpasst.
„Wir alberten bloß mit der Kamera herum“, sagt David Gale. „Dieser Film hat sicher einen nostalgischen Charme. Allerdings entstand er ganz spontan, während wir drehten. Es war ganz sicher nicht das erste Mal, dass Syd auf LSD war, und ich bin auch davon überzeugt, dass damals im Garten meiner Eltern nicht das erste Mal gewesen war. Zwar hat diese Legende ihr Eigenleben angenommen, aber ich halte es für möglich, dass er es schon vorher einmal in London genommen hatte. Es würde mich jedenfalls nicht überraschen.“
Auch David Gilmour sollte in diesem Jahr LSD ausprobieren. „Viele Leute experimentierten damit, um ihr Bewusstsein zu erweitern“, erklärt er. „Die Absicht dahinter war, eine sowohl religiöse als auch wissenschaftliche Erfahrung zu machen, was mich ebenso ansprach. Ich bin Atheist und fing anschließend nicht schlagartig an, an Gott zu glauben, aber es hieß, dass man dadurch Zugang zu Bereichen seines Gehirns erlangte, die einem normalerweise verschlossen blieben. Als ich es die ersten paar Male nahm, empfand ich die Erfahrung tatsächlich als sehr tiefschürfend.“
Für manch einen aus dem Cambridge-Zirkel hielt LSD eine quasireligiöse Erfahrung bereit. „Jeder schien damals ganz aufgeregt zu sein“, erinnert sich Jenny Lesmoir-Gordon. „Es waren einige sehr charismatische Persönlichkeiten unterwegs, nicht nur Syd, sondern auch Leute wie Andrew Rawlinson und Paul Charrier. Syd war nur einer von mehreren.“
Es war schließlich Charrier, der einen plötzlichen, dramatischen Riss im Gefüge der Gruppe verursachen sollte – einen Riss, der sich auch signifikant auf Barrett auswirken würde. „Paul war ein dynamischer, bombastischer, fetter, liebenswerter Kerl“, erzählt David Gale. „Allerdings passierte etwas mit ihm, als er im Garten meiner Eltern auf LSD war. Er verschwand auf die Toilette, fand dort ein Buch mit dem Titel Yoga and the Bible und während er dort kackte, hatte er die Offenbarung, dass dieses Buch der Schlüssel zu allem wäre. Er kam aus dem Klo und verkündete, dass er sich nach Indien begeben würde, um diesen Guru zu finden. Wir dachten, dass bloß das LSD aus ihm sprechen würde, aber es veränderte sein ganzes Leben. Innerhalb weniger Wochen brach er nach Delhi auf. Nach weiteren sechs Wochen kehrte er wieder zurück, war in dieses Guru-Outfit gehüllt und mit einer Reihe von spirituellen Aufgaben betraut worden. Er ließ sich die Haare schneiden, kaufte sich einen Anzug von der Stange, sah infolge deprimierend normal aus und fing an, wie ein Verrückter Leute zu bekehren. Irgendwann konvertierten schließlich Andrew Rawlinson, Ponji Robinson und andere Schlüsselfiguren und verpissten sich ebenso nach Delhi. Dann kamen sie alle zurück, missionierten und überzeugten viele weitere Leute, es ihnen gleichzutun. Doch die andere Hälfte von uns – Storm, Seamus, ich – sagten: ‚Das ist Bockmist!‘“
Die Sant-Mat-Sekte, die Charrier und Freunde so verzückte, war ein Ableger der Sikh-Religion und ließ sich bis ins Indien des 13. Jahrhunderts zurückverfolgen. Der betreffende Guru hieß Maharaj Charan Singh, der von seinen Anhängern als „Meister“ tituliert wurde, die wiederum als „Satsangi“ bezeichnet wurden. Der Love-and-Peace-Ethos von Sant Mat passte perfekt zur damaligen Zeit. Es herrschten vier zentrale Prinzipien: sexuelle Abstinenz außerhalb der Ehe, eine strikt vegetarische Ernährungsweise, keine Drogen oder Alkohol sowie die allgemeine Anordnung, ein moralisch vertretbares Leben zu führen. Von allen Jüngern wurde darüber hinaus erwartet, mindestens zwei Stunden am Tag zu meditieren. Im Verlauf der nächsten zwölf Monate sollten sich zahlreiche