Der ultimative Jimi Hendrix Guide. Gary J. Jucha
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Allerdings handelte es sich nur um einen jeweils 15-minütigen Auftritt während einer viertägigen Frankreich-Tour. (In Mitch Mitchells Buch Inside The Experience wird eine zusätzliche Show am 16. Oktober 1966 in Luxemburg gelistet.) Bei der Tour traten zudem Long Chris und die Blackbirds auf. Zur letzten Show im Pariser L’Olympia gesellte sich die Brian Auger Trinity zum Tross. (Die sogenannten Package-Tourneen, bei denen mehrere Interpreten/Bands das Programm gestalteten, standen zur damaligen Zeit hoch im Kurs. Während ihr Bekanntheitsgrad exponentiell stieg, spielte die Jimi Hendrix Experience eine bedeutende Rolle dabei, diesen Trend zu beenden.)
Das erste Konzert fand im Novelty Theatre in Evreux statt. (Die Stadt hat zur Erinnerung an das Ereignis eine Gedenktafel anbringen lassen.) An dem Abend verblüffte Hendrix nicht nur das Publikum, sondern auch seine Mitmusiker. Weder Redding noch Mitchell hatten den Musiker auf der Bühne erlebt, denn das Zusammenspiel beschränkte sich bislang auf die Proben. In seiner Autobiografie berichtet Mitchell, dass er gewusst habe, „dass es Hendrix draufhatte, aber ich hätte niemals die damit einhergehende Musikalität und Show erahnen können. Es glich einem ‚Whooosh! Der Typ steht wirklich an vorderster Front!‘“
Dennoch waren Hendrix und Chandler darauf bedacht, sich Tricks von einem so waschechten Profi wie Hallyday abzuschauen. Über die Besprechung des Experience-Auftritts vom vorherigen Abend hinaus mischten sie sich unter Hallydays Publikum und achteten darauf, was sie für die eigene Bühnenpräsentation abkupfern konnten. Hendrix erzählte Sharon Lawrence, dass er Hallydays Taktung der Show beobachtet und die Intention seiner Bewegungen analysiert habe. Zur Bühnenpräsenz Hallydays erklärte Chandler gegenüber Harry Shapiro in dessen Standardwerk Electric Gypsy: Jimi Hendrix – Die Biographie: „Er hatte dieses wunderbare Geschick, nichts im richtigen Moment zu machen, außer zu posieren. Diese Tricks entwickelten sich zu einem Teil [der Bühnenshow] der Hendrix Experience.“
Wie alle anderen Auftritte wurde auch das Konzert der Jimi Hendrix Experience im Pariser L’Olympia am 18. Oktober 1966 vom französischen Radio aufgezeichnet. Der raue, ungebändigte und nicht bearbeitete Sound von Hendrix, Redding und Mitchell kann in den erhalten gebliebenen Aufnahmen von „Killing Floor“ gehört werden, einer geschickten Frühfassung von „Hey Joe“ (noch vor der Einspielung), und von „Wild Thing“. Es waren ausschließlich Coverversionen, denn die nicht mal zwei Wochen alte Band hatte sich noch kein eigenes Material erarbeitet. Die Performance stellte sich als uneingeschränkter Triumph heraus, weshalb Paris im kollektiven Bandbewusstsein eine Sonderstellung einnahm, denn dort begrüßte das Publikum eine unbekannte Band warmherzig und enthusiastisch.
Ein weiteres Element der Bühnenpräsentation, das mit Hendrix assoziiert wird – die Zerstörung seiner Gitarre – wurde erst später in die Show integriert, und zwar aufgrund eines Zufalls, der sich am 11. November 1966 im Münchner Big Apple ereignete. Von deutschen Fans in den Zuschauerraum gezerrt, zerbrach die Gitarre, als Jimi sie wieder auf die Bühne zurückreißen wollte. Chandler meinte, dass Hendrix „einfach ausrastete und alles in Sichtweite zerschlug“. Unerwartet toste das Publikum vor Begeisterung, woraufhin sich die Zerstörung der Gitarre zu einem festen Bestandteil des Auftritts entwickelte (wie auch die Penetration der Lautsprecher mit dem Gitarrenhals), wenn es die Ereignisse rechtfertigten oder bei einer Fehlfunktion der Verstärker. Aussagen von Noel Redding nach nutzte man eine Gitarre während der frühen Tourneen extra zu diesem Zweck. Nach dem Spiel und dem Akt der Zerstörung wurde sie wieder geleimt, kam erneut zum Einsatz, wurde erneut zerstört und so weiter.
Die Experience und Chandler konferierten regelmäßig und analysierten jeden einzelnen Gig. Man zeigte sich fest entschlossen, Hendrix’ Exotik bei der Presse hervorzuheben, um somit mehr Karten zu verkaufen. Schon bald wurde er „der wilde Mann des Pop“, „der Cassius Clay des Rock“ und „der schwarze Elvis“ genannt. Man drängte ihn bei den frühen Fotoaufnahmen, nicht zu lächeln. Noel Redding nach baute man Mitch Mitchell als den gutgelaunten Sparringspartner auf und verpasste dem Drummer eine Dauerwelle, damit seine Frisur der Haarpracht der anderen Musiker glich. Reddings Persönlichkeit ähnelte der eines George Harrison. Seine Brille unterstrich den ernsthaften Ausdruck. Man instruierte ihn, seine Bühnenbewegungen auf das Nötigste zu beschränken, um Jimi Hendrix, dem Star, nicht in die Quere zu kommen.
Die Experience hatte England drei Monate lang kreuz und quer bereist, doch die erste offizielle Tournee begann am 31. März 1967 im Astoria (später als The Rainbow berühmt geworden) im Londoner Stadtteil Finsbury Park als Teil der Abschieds-Package-Tour der Walker Brothers. Der direkt in London liegende Veranstaltungsort garantierte eine gute Presse, und Chandler suchte etwas Besonderes, um die Aufmerksamkeit der Journalisten auf seine Band zu lenken, die sich mit Engelbert Humperdinck und Cat Stevens in einem schwierigen Umfeld wiederfand. Chandler wollte ganz sicher gehen, dass niemand Hendrix in den Schatten stellte.
Keith Altham vom New Musical Express – einer der frühen Verfechter der Experience – hielt sich in der Garderobe des Astoria auf und scherzte Tony Browns Angaben nach: „Was würde wohl geschehen, wenn er seine Gitarre anzündet?“ Kurz danach hatte Althams Idee buchstäblich gezündet, woraufhin man den Roadie Gerry Stickells zur Beschaffung von Feuerzeug-Benzin losschickte. Hendrix beendete den Gig mit dem Song „Fire“ und setzte danach die Fender Stratocaster in Brand. Er wiederholte diesen seinen wohl berühmtesten Stunt nur zwei Mal. Aufgrund der Filmaufnahmen vom Monterey Pop Festival verfestigte sich dieses Image, was sich auf den Rest von Hendrix’ Karriere auswirkte, wobei ihn zunehmend das Gefühl beschlich, das Publikum käme nicht wegen seiner Musik zu den Konzerten, sondern wegen des Spektakels.
Eine der großen „bekannten Unbekannten“ von Jimi Hendrix’ Karriere – um einen Begriff zu benutzen, den George W. Bushs Verteidigungsminister Donald Rumsfeld prägte – besteht in seiner zusehends schwindenden Begeisterung für heiße und außergewöhnliche Showeinlagen, die er als Begleitmusiker von Little Richard und ähnlichen Interpreten nachdrücklich umsetzen wollte. Wen sollte es stören, wenn einige Fans aufgrund einer „falschen“ Motivation zu den Konzerten kämen? Dieses Phänomen war immer eine variable Konstante im Showbusiness. Jeff Beck erläuterte schon früh gegenüber dem New Musical Express Hendrix’ Unbehagen: „Jimis einziges Problem wird sich zeigen, wenn er sich von dem Schema lösen will, dem er sich verschrieben hat. Das Publikum wird etwas anderes wollen, doch Jimi hat sich in eine bestimmte Ecke drängen lassen, wodurch es ihm schwerfallen könnte, in einem anderen Umfeld Akzeptanz zu finden.“
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Sie werden vor Schreck erstarren
Hendrix und die Elite der britischen Gitarristen
Obwohl die Theorie des „Exzeptionalismus“ für gewöhnlich auf Nationalstaaten angewandt wird, kann sie auch auf bestimmte Musiker zutreffen, Instrumentalisten wie Keith Moon oder Jimi Hendrix. Sie waren Künstler, die sich „in lebhafter Art und Weise deutlich von anderen Musikern unterschieden und oftmals weit über ihnen standen“, wie es ein Wörterbuch definiert.
Michael Bloomfield zählte zu den talentierten und stilistisch deutlich erkennbaren Gitarristen und wurde in der Rubrik „100 Greatest Guitarists of All Time“ des Rolling Stone (2002) auf Platz 22 gewählt. Als man ihm 1966 den Tipp gab, sich gemeinsam mit John Hammond Jr. einen Gitarristen im Café Au Go Go anzuschauen, leuchte sein Stern schon auf. Das geschah während des bereits angesprochenen einwöchigen Engagements von Hendrix, zu einer Zeit, in der Chandler noch den Verpflichtungen mit den Animals nachkommen musste. „Direkt vor meinen Augen hat er mir die Schamesröte