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Townshend

      Keith Moon nannte Hendrix einen „Wilden“, und Townshend gab zu, dass sein Rivale bei der ersten Begegnung in den IBC Studios, in denen The Who arbeiteten, „gammelig“ gewirkt habe. Die beiden unterhielten sich über Verstärker. Angeblich sollte Hendrix von einem der besten E-Gitarristen Großbritanniens einen Tipp zum Verstärkerkauf erhalten, doch es war im Grunde genommen eine Finte Chandlers, um die Aufmerksamkeit eines wichtigen Musikers auf den Neuankömmling zu richten. Townshend erklärte, er nutze Sound City, doch ein Marshall sei wahrscheinlicher geeigneter für Hendrix, woraufhin Jimi von Chandler forderte, beide Marken zu bekommen. Hendrix’ eher reservierte Persönlichkeit und ein „lauwarmer“ Handschlag bereiteten Townshend wohl kaum auf das vor, was er bei einem Auftritt des Jahrhundertgenies dann erleben sollte.

      Laut Aussagen des Who-Gitarristen sah er alle frühen London-Gigs der Experience. Seine Version des Treffens mit dem aus dem Blaises stürmenden Jeff Beck unterscheidet sich von Curtis Knights Erzählung. Johnny Black zitiert Townshend in seiner Sammlung von O-Tönen: „Eric Clapton rief mich an und schlug vor, ihn mal anzuschauen. Es war so eine Art, die Konkurrenz im Auge zu behalten. Wir kamen ein wenig später zum Auftritt, da ich zuvor noch im Studio steckte. Bei unserer Ankunft kam Beck gerade heraus. Ich fragte Jeff: ‚Was ist los, Kumpel? Ist er so schlecht?‘ Beck verdrehte nur noch die Augen nach oben und entgegnete: ‚Nein, Pete. Er ist so gut!‘ Als Eric und ich seine Show sahen, wussten wir, was er meinte.“

      (Ich habe beide Versionen zitiert, da sie gleichermaßen bunt und lebendig in der Darstellung wirken und darüber hinaus ein Beleg dafür sind, wie schwammig die Wahrheit werden kann, gräbt man sich durch die Karriere von Jimi Hendrix. Curtis Knight lässt sich als eine wankelmütige Person beschreiben, womit jedes ihm zugeschriebene Statement sorgsam abgewogen werden muss. Dennoch klingt seine Version von Becks Aussage glaubwürdig, bedenkt man die kampfeslustige Persönlichkeit des Gitarristen. Bei intensiver Recherche mag Townshends Erinnerung zuerst fehlerhaft erscheinen: Die Who hatten zwei Auftritte im Upper Cut an genau demselben Abend, an dem die Jimi Hendrix Experience das Blaises unsicher machte. Die Shows im Upper Cut waren jedoch auf 19:30 Uhr und 22:30 Uhr angesetzt, und so kann es durchaus sein, dass Townshend nach dem zweiten Auftritt (The Who spielten sieben Songs) in ein Taxi sprang und sich zum Blaises chauffieren ließ, wo die Gigs zwischen 22 Uhr und 4 Uhr morgens festgesetzt worden waren. [Chris Welch, der eine oftmals abgedruckte Besprechung des Hendrix-Auftritts verfasste, hatte die Who auch an dem Abend gesehen.] Möglicherweise traf er Clapton außerhalb des Clubs.)

      A Quick One, das zweite Album der Who, war gerade, begleitet von begeisterten Besprechungen, veröffentlicht worden, aber dennoch fühlte sich ihr Gitarrist am Boden zerstört: „Ich verfügte nicht über das emotionale Rüstzeug, die physische Konstitution oder den angeborenen medialen Genius eines Menschen wie Jimi Hendrix“, erinnerte er sich 1989 in einem Interview mit Matt Resnicoff vom Guitar Player. „Mir wurde klar, dass ich mit einigen [Zirkus]-Tricks aufwarten konnte, die er mir wegnahm. Er verknüpfte sie nicht nur mit dem schwarzen R&B, von dem er kam, sondern erschuf noch eine ganz neue Dimension. Ich fühlte mich splitterfasernackt und suchte im Schreiben von Songs Zuflucht.“ Townshend zog damit eine interessante und richtige Schlussfolgerung: Gibt es einen klar erkennbaren Unterschied zwischen Hendrix und Townshend sowie Beck und Clapton, dann ist es das überragende Talent zum Songwriting der beiden Erstgenannten.

      Am 29. Januar 1967 knallten die Experience und The Who im Saville Theatre aufeinander, das dem Beatles-Manager Brian Epstein gehörte. Beide Bands in einem Programm zu vereinen, war ein vom Who-Manager Kit Lambert eingefädelter Kunstgriff. Lambert hatte die Experience bei Track Records unter Vertrag genommen, seiner sich gerade im Aufbau befindlichen Plattenfirma. Die Who traten als Headliner auf, wohingegen The Koobas und die Thoughts das zusätzliche Programm bestritten.

      Townshends Gruppe konnte sich später im Jahr in Monterey gegen die Experience zumindest behaupten und übertrumpfte eindeutig Hendrix’ Gypsy Sun and Rainbows Line-up beim Woodstock-Festival 1969, nicht zu vergessen die schlecht vorbereitete Cry-of-Love-Band auf der Isle of Wight 1970. Dort führten The Who Tommy komplett auf, wo das von Townshend angesprochene Songwriting eindeutig Früchte trug.

      Eric Clapton

      Clapton zählte zu den Anwesenden bei der unter dem Slogan „Schlacht der explosivsten Londoner Bands“ beworbenen Veranstaltung im Saville Theatre. Als er den Experience-Gig als „einfach nur brillant“ beschrieb, stellte das für ihn keine Überraschung mehr dar, denn er hatte das schon zuvor erlebt.

      Nichts von Townshends „Auto-Destruktion“ wissend, aber sich möglicherweise Becks kunstvollem Umgang mit Rückkopplungen bewusst, war Hendrix nach London geflogen, klar auf Eric Clapton abzielend. Oft wurde schon darauf hingewiesen, dass Hendrix Chandlers Offerte, mit ihm über den großen Teich zu fliegen, nur annahm, als dieser ihm versprach, Jimi mit dem englischen Blues-Gitarristen bekannt zu machen, den man aufgrund der in London gesprühten Graffiti als „God“ kannte.

      Chandler löste sein Versprechen zügig ein, und kaum eine Woche nach Hendrix’ Ankunft jammte er bereits mit Cream auf der Bühne des Regent Polytech College. Drummer Ginger Baker stemmte sich gegen die Idee, einen amerikanischen Eindringling mit Creams Rhythmus-Sektion auftreten zu lassen. Nachdem er aber erfuhr, dass sowohl Clapton als auch Bassist Jack Bruce eingewilligt hatten, gab er nach. Allerdings bestand er darauf, Jimi Hendrix direkt auf der Bühne zu platzieren, woraufhin sich Clapton an den Rand verzog, um sich eine Zigarette anzuzünden. Dann donnerte Hendrix in Howlin’ Wolfs „Killing Floor“. Clapton zog sich in den Backstage-Bereich zurück, wo Chandler seinem Freund begegnete. Er sah, dass Clapton seine Zigarette immer noch nicht angezündet hatte.

      Creams Rhythmus-Sektion bestand aus Jazz-Musikern, die versuchten, einige der Konzepte von Ornette Colemans Trio auf die Rockmusik zu übertragen. Clapton hatte auf der E-Gitarre einen hohen Grad an Virtuosität erreicht, war aber trotz seiner britischen Nationalität im Grunde seines Herzens ein Blues-Musiker. So gut zu spielen wie der Delta-Blues-Musiker Robert Johnson stellte seine größte Ambition dar. Er erkannte sofort, welchen Song Hendrix spielte – und er musste sich eingestehen, dass Hendrix ein Stück gemeistert hatte, das er niemals auf diese Art überbieten könnte. Jimi teilte sich schätzungsweise nur acht Minuten die Bühne mit Cream, aber in diesem kurzen Zeitraum hatte er bewiesen, dass er Großbritanniens besten Musiker ausstechen konnte. Clapton stellte es später in der South Bank TV Show: Jimi Hendrix bei ITV wie folgt dar: „Er ging wieder [von der Bühne], und mein Leben hatte sich radikal geändert.“

      Hendrix’ Freundin in dieser Woche – Kathy Etchingham (sie führte zuvor Beziehungen mit Keith Moon und Brian Jones) – erzählte danach von der Reaktion ihres Freundes. „Er verließ die Bühne mit einem breiten Grinsen, wusste genau, was er geleistet hatte.“ Nicht ahnend, dass aus ihnen Freunde würden, bedauerte Hendrix später, Clapton bei einem Gig seiner eigenen Band blamiert zu haben, und lobte ihn als seinen „favorisierten“ britischen Lead-Gitarristen. Als er dann Creams „Strange Brew“ im Melody Maker besprach, schwärmte er von dem Titel.

      Aus einer ursprünglich angespannten Beziehung erwuchs allmählich eine enge Freundschaft, während die beiden bedeutendsten Blues-Gitarristen ihrer Generation im Londoner Speakeasy, im Scene oder in anderen New Yorker Clubs in den kommenden Jahren jammten. Falls Claptons Version – im Gegensatz zu anderen Berichten – tatsächlich der Wahrheit entspricht, plante er, Hendrix am Abend vor dessen Tod bei einem Konzert von Sly and the Family Stone im Londoner Lyceum eine Fender Stratocaster für Linkshänder als Geburtstagsgeschenk zu überreichen. Allerdings tauchte Hendrix nicht auf.

      Eric Clapton berührte der Tod von Jimi Hendrix am stärksten, verglichen mit den britischen Zeitgenossen. Er ist möglicherweise der nicht genannte Musiker, der während eines nicht verwerteten Interviews für Joe Boyds Doku Jimi Hendrix weinte. Robin Turner, ein Mann aus dem Zeitungsgeschäft, der seinen Job zugunsten dem des Pressesprechers aufgab, erzählte Chris Welch: „Clapton weinte nach seinem Tod drei Tage lang.

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