Der ultimative Jimi Hendrix Guide. Gary J. Jucha
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Jimi Hendrix lässt sich als ein äußerst großzügiger und kollegialer Mensch beschreiben, der nach dem ersten Erfolg freimütig Gitarren verschenkte, bei Jams Bass spielte, damit sein frustrierter Bassist wieder zur E-Gitarre greifen konnte, und es seinen Blues-Helden wie zum Beispiel Albert King ermöglichte, bei Konzerten vor ihm aufzutreten. Doch er hatte auch eine konkurrierende Seite an sich und wollte anderen beweisen, dass er der Beste war. Wie lässt es sich sonst erklären, dass Jimi Eric Clapton, Pete Townshend, Mike Bloomfield und andere in Grund und Boden spielte, wenn er ihnen erstmalig begegnete oder es um einen hohen Einsatz ging? Hatte er sich gegenüber einem Rivalen aber erst mal durchgesetzt, verhielt er sich überaus freundlich und unterstützend.
Der Konkurrenzgedanken in beinahe schon athletischen Dimensionen bestimmte auch das harte und beschwerliche Leben während der sogenannten „Ochsentouren“. Auf seinem Weg zum Ruhm war Hendrix selbst einmal in eine Falle getappt, die ihm von Johnny Jones von den Imperials gestellt wurde. Junior Wells wiederum hatte Hendrix einmal auf die Bühne eingeladen, die Muddy Waters’ Mundharmonika-Spieler dann allerdings schnell verließ. Zur größten Verwirrung von Hendrix kehrte Wells kurz danach aber wieder zurück, beleidigte ihn und unterstellte ihm, seine Band abzuwerben. Es war ein mehr als peinlicher Augenblick.
Bloomfields beeindruckende Erfolgsgeschichte bis zu seinem Tod 1981 beinhaltet die Mitgliedschaft in der legendären Paul Butterfield Blues Band und die Rolle als Leader von Electric Flag. (Bei Electric Flag trommelte Buddy Miles, der neben Mitch Mitchell der Drummer war, der immer in Zusammenhang mit Jimi Hendrix genannt wird.) Der Einfluss von Electric Flag überdauerte die Zeit der in Chicago gegründeten Gruppe, die bei der Einspielung des Debüts gerade mal ein Jahr zusammenspielte. Bloomfield machte später noch mit Al Kooper Musik (zum Beispiel auf dem erfolgreichen Album Super Session), mit Janis Joplin, John Cale und Dr. John.
Bloomfields Karriere wurde durch Schlafprobleme und seine Heroinabhängigkeit stark beeinträchtigt. (Bei einer Party setzte er sich eine Überdosis, und wie in einer Szene aus Lou Reeds „Street Hassle“ beförderte man den leblosen Körper an einen anderen Ort.) Jedoch attestierten ihm Journalisten und Musikerkollegen ein herausragendes Talent für das E-Gitarrenspiel. Trotz des eigenen Könnens erkannte Bloomfield Hendrix’ überragendes Talent sofort, als er ihn im Café Au Go Go hörte. Er wird in Jerry Hopkins Buch The Jimi Hendrix Experience wie folgt zitiert: „Er kreierte jedes Klangbild, das ich je von ihm hören sollte, in diesem Raum, mit einer Stratocaster, einem Twin (Verstärker der Marke Fender) und einem Maestro Fuzztone [Verzerrer; Anm.] – das war schon alles. Hauptsächlich spielte dabei die große Lautstärke eine Rolle. Ich wünschte, ich würde verstehen, wie er das genau machte. Er schlug mir die Gitarre quasi ins Gesicht. Ich wollte ein Jahr lang nicht mehr spielen.“
Schon bald sollten die Gitarristen im Swinging London ähnlich wie Bloomfield reagieren und mit ihm übereinstimmen.
Jeff Beck
Als Jeff „Beckson“ – ein Spitzname, den ihm Hendrix aufdrückte – am 21. Dezember 1966 aus dem in Kensington gelegenen Blaises Club stürmte, traf er auf den Who-Gitarristen Pete Townshend und meinte mit sich überschlagender Stimme: „Der knallt seine Gitarre gegen den Verstärker. Du musst ihm sagen, dass das dein Ding ist!“ In der empfehlenswerten Who-Biografie Anyway, Anyhow, Anywhere von Andrew Neill und Matthew Kent ist zudem eine Aussage von Curtis Knight verzeichnet, dem Townshend erzählte, dass er an dem Abend, an dem er das Blaises mit Eric Clapton besucht habe, einen Jimi Hendrix vorfand, „der vieles von dem machte, was ich auch tat. Er schleuderte seine Gitarre in der Gegend herum und nutzte oft höhenreiche Rückkopplungen. Aber er spielte auf eine Art, der ich niemals nahekommen würde.“
Chas Chandler erklärte hingegen gegenüber Chris Welch: „Jimi hatte das nicht von Pete Townshend. Die einzigen Gitarristen, von denen er etwas vor seiner Ankunft in England gehört hatte, waren Eric Clapton und Jeff Beck. Er wusste nicht, was Pete mit den Rückkopplungen anstellte, denn die Who standen zu der Zeit in den USA noch vor dem großen Durchbruch.“ Jeff Beck war der einzige britische Gitarrist, dessen Stil Hendrix’ Spiel beeinflusste, als dieser noch in den Staaten lebte. Das mag Becks erste Reaktion erklären: Hendrix drang in sein Territorium ein, woraufhin Becks Selbstschutz-Mechanismus die Technik des Musikers einem anderen Gitarristen zuschrieb.
Bei einer Diskussion ihrer Spieltechnik und der Rückkopplungen erwähnte Hendrix gegenüber Mike Bloomfield seinen Einfluss. Jimi spielte immer laut, meinte, er wolle aus seiner Gitarre den gleichen Sound herauskitzeln, den er wahrgenommen habe, als er als Fallschirmjäger der 101st Airborne der U.S. Army aus dem Flieger gesprungen sei. Nachdem er aus Versehen wegen der extremen Lautstärke einen Lautsprecher zerstört hatte, faszinierte ihn der verzerrte Klang, den der Verstärker über die Box wiedergab. Als er die Yardbirds-Singles „I’m A Man“ und „Shapes Of Things“ mit Jeff Beck hörte, stieß er auf einen weiteren Gitarristen, der dasselbe klangliche Feld beackerte, und muss ähnlich wie Jeff Beck empfunden haben, als dieser Hendrix erstmalig sah. Beck erklärte gegenüber dem Daily Telegraph in einem Interview 2010: „Als er kam, erschütterte mich das wie ein Erdbeben. Ich musste lange und konzentriert darüber nachdenken, was ich als Nächstes machen würde.“ Das ist auch völlig verständlich, bedenkt man, dass sich Beck gerade für eine Solokarriere entschieden und bei Mickey Most unterschrieben hatte. „Tatsächlich gab es da tiefe Wunden, und ich musste sie auf meine eigene Art und Weise lecken. Ich suchte ständig nach Ausdrucksmöglichkeiten, die ich mit der Gitarre umsetzen konnte, neuen klanglichen Territorien.“
Hendrix und Beck jammten häufig bis spät in die Nacht und bei Benefiz-Veranstaltungen, doch sie teilten sich nie die Bühne, wie Hendrix und Clapton es machten. Auch gab es kein „Battle of the Bands“ wie im Fall der Experience und von The Who, die sich während zweier denkwürdiger Veranstaltungen begegneten. (Einmal traten sie sogar in derselben Episode von Top of the Pops auf.) Jedoch schlossen Hendrix und Beck eine innige Freundschaft. Als etwa der Basset namens Ethel Floon, den Kathy Etchingham Hendrix zu seinem 25. Geburtstag geschenkt hatte, zu groß geworden war und zu laut bellte, „übernahm“ ihn Jeff Beck.
Beck stand dem Bassisten der Experience sogar noch näher. Er und Redding hatten an den Alben von Lord Sutch and Heavy Friends gearbeitet und beinahe sogar in einer gemeinsamen Band gespielt. (Es war die Formation, in die der Bassist nach der Bekanntmachung, dass er nicht mehr zur Experience zurückkehre, um die sogenannten Cry-of-Love-Wochenend-Auftritte im Frühjahr 1970 zu absolvieren, einsteigen wollte.) Redding erhielt sogar von Beck und Carmine Appice eine Einladung, um die Gruppe in die Welt zu rufen, die schließlich als Beck, Bogert & Appice an den Start ging. Kleine Anekdote am Rande: Jeff Beck benutzte auch Reddings Küche, um sich die Schinken-Sandwiches zu brutzeln, die er zu Hause nicht machen durfte, da seine Frau Vegetarierin war …
Hendrix hörte Becks Musik weiterhin mit Hochachtung, mochte besonders Truth und nannte Beck-Ola als Lieblingsalbum. („Beck’s Bolero“ inspirierte Hendrix vermutlich selbst, eine Art Bolero zu kreieren, ein Instrumental, vorgesehen als Einleitung zu „Hey Baby“, das erst 2010 auf den Markt kam.) Zudem wurde „In From The Storm“ von dem Track „Rice Pudding“ inspiriert.
Nach Hendrix’ Tod erwies sich Beck als einer der bedeutendsten Pioniere des Fusion, was – in meinen Ohren – Jimis Jams wie bei „Jam 292“ stark ähnelt, der posthum auf offiziellen Alben und Bootlegs erschien. Jeff Beck beweist seine Achtung vor dem Kollegen regelmäßig in zahlreichen Interviews und nahm sogar an Patti Smiths „Songs of Experience“ teil, einer Veranstaltung im Rahmen des Meltdown-Festivals in London im Juni 2005.
„Songs of Experience“ war ein der Musik von Jimi Hendrix gewidmeter Abend, an dem Beck als Letzter die Bühne betrat. Der Independent schrieb damals: „Smith sagte ‚unser Kronjuwel‘ an, Jeff Beck – der einzige anwesende Mann an diesem Abend, der Hendrix etwas lehrte. Beck und seine Gruppe spielten fünf Nummern, darunter als Highlights eine erstaunliche Darbietung entspannter Beck’scher Blues-Gitarre bei ‚Red House‘