Die Geschichte von KISS. Gene Simmons

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Die Geschichte von KISS - Gene  Simmons

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in Manny’s Music Store auf der 48th Street, und da stand dieser Hiwatt. Es war der gleiche Verstärker, den Townshend auf den letzten vier Touren von The Who verwendet hatte, und niemand konnte einen beschaffen. Er war eine Art Heiliger Gral. Manny erzählte mir, dass Blodwyn Pig ihn vor etwa einer Stunde abgeliefert hatten, also tauschte ich ihn gegen meinen Verstärker, einen Fender Twin Reverb. Ich war nun im Besitz dieses unglaublich raren, prestigeträchtigen Amps. Während eines meiner Telefonate mit Paul musste ich das erwähnt haben: „Du wirst es nicht glauben: Ich habe einen Hiwatt!“ Egal, als ich Gene zum ersten Mal traf und Paul mich als den Typen mit dem Hiwatt vorstellte, veränderte sich sein gesamter Auftritt. Gene war so großspurig und selbstbewusst, wie er es heute noch ist. Was wir gemein hatten: Wir alle drei strebten mit absoluter Hingabe nach dem Durchbruch. In einer Rockband zu spielen war für uns kein Hobby. Es ging nicht darum, Girls aufzureißen. Es ging darum, was wir tun mussten.

      Das Schicksal hatte uns diesen Weg gewiesen. Wenig später unterhielten Paul und ich uns mal wieder, und er teilte mir mit, dass Wicked Lester Geschichte wären. Er und Gene würden eine neue Band gründen. Sie hatten auch bereits einen Schlagzeuger. Und ich berichtete ihm von meiner Band, The Planets. Irgendwann gegen Ende 1972 rief er mich wieder an: „Hör zu, wir haben jetzt einen Leadgitarristen. Unsere Besetzung ist vollzählig. Mich würde echt interessieren, was du davon hältst.“ Also schnappte ich mir Andy Post, den Bassisten der Planets – er war auch auf derselben Highschool gewesen und kannte Paul ebenfalls –, und zu zweit besuchten wir ihre nächste Probe, die, glaube ich, an einem Samstagnachmittag stattfand.

      Andy und ich tauchten in ihrem Loft auf. Es lag am südlichen Ende der 23rd Street. Ihr Loft befand sich im Geschäftsgebäude-Äquivalent zu einer Mietskaserne. Ein schmales, hässliches fünfstöckiges Haus, das so um die Jahrhundertwende errichtet worden war. Das Loft lag direkt gegenüber dem Madison Square Park. Auch nur einen Steinwurf entfernt lag das Flatiron Building, eines der berühmtesten Gebäude der Welt.

      Im Erdgeschoss befand sich eine Ladenfront, und ihr Loft war zwei oder drei Stockwerke darüber. Es war abscheulich dort. Die Lobby war zugig und der Aufzug war alt. Alles war schmierig und schmutzig. Wenn man dann aus dem Aufzug ausstieg, beleuchtete eine einzige 60-Watt-Birne den gesamten Gang.

      Der Gang war in schlammigem Braun gehalten. Man konnte der Wand förmlich ansehen, dass sich noch ein paar Lagen Farbe mehr darunter befanden – mindestens neun. Das Loft selber war so circa fünf mal fünf Meter groß. An der Wand hingen ein paar zerschlissene alte Quilts. Ein Teil der Wand war mit Eierkartons beklebt. Es war jedenfalls eine sehr rudimentäre Schalldämmung. Drei aus der Band waren da – Paul, Gene und Peter.

      Paul erklärte verlegen, dass ihr Leadgitarrist wohl jeden Moment auftauchen würde. Also hingen wir ein bisschen ab und betrieben Small Talk. Irgendwann sagte Gene: „Das ist doch bescheuert, wir müssen diesen Jungs was vorspielen.“ Andy und ich setzten uns also auf den Boden, mit dem Rücken zur Wand, sie klemmten sich hinter ihre Instrumente und spielten drei Songs. Sie starteten mit „Deuce“, dann kam „Strutter“ und dann noch „Firehouse“.

      Ich muss dazu sagen, dass ich damals ein unglaublicher Snob in puncto Musikmachen war. Einer meiner absoluten Lieblingswitze geht so: „Wie viele Leadgitarristen braucht man, um eine Glühbirne zu wechseln? Sechs! Einen, der das Ding austauscht, und fünf, die um ihn herumstehen und sagen: ,Der Typ ist voll ätzend!‘“ [lacht] Ich hörte sehr kritisch zu. Sie waren definitiv besser als die New York Dolls. Während sich dieser snobistische Musiker – also ich – ihre Probe anhörte und zur Überzeugung kam, der bessere Gitarrist zu sein [lacht], durchdrang mich noch ein zweiter Gedanke. Verdammt, ich musste neidvoll anerkennen, dass diese Riffs echt gut waren. Es waren fertige Songs. Junge, da waren gute Akkordwechsel dabei. Ich dachte: „Mann, was hat er da gerade gemacht? Interessant, wie er von diesem Akkord zu jenem gerutscht ist.“ Nach den drei Songs sagte ich ihnen, dass ich sie wirklich gut fand.

      Also unterhielten wir uns ein bisschen über diese drei Songs. Es wurde ein wenig unbehaglich, als wir nichts mehr zu sagen hatten. Andy und ich sahen uns an und fragten uns, wie lange wir hier noch bleiben sollten. Wenn sie nicht spielten, stießen sie die Eingangstür auf, um etwas durchzulüften. Schließlich hörten wir das Geräusch des Aufzugs. Die Tür ging auf. Wir hörten jemanden vor sich hin grummeln – und plötzlich stand Ace vor uns. Er hatte einen eigenartigen Gang.

      Er lehnte ungefähr 20 Grad zu einer Seite, und er trug einen roten und einen orangen Converse-Sneaker. Für 1972 war das echt mal was Neues. Paul sagte: „Mann, du bist eine Stunde zu spät.“ Ace antwortete lapidar: „Ich musste mich noch um so’n Scheiß kümmern.“ Keine Entschuldigung, keine Ausreden. Er hob eine Les Paul Junior aus dem Koffer – das war damals die billigste Gibson am Markt. Mittlerweile sind sie sehr begehrt. Aber damals, als er sie auspackte, dachte ich mir: „Die Gitarre spielt der Typ?“ Sie kosteten damals so um die 80 Mäuse. Er latschte rüber zu einem der Amps, schloss die Gitarre an und drehte sich wieder herum: „Was spielen wir?“ So auf die Art: „Ich bin jetzt gerade mal vier Minuten hier, was läuft bei euch so? Warum verschwendet ihr meine Zeit?“ Ich dachte mir, dass der Kerl echt dicke Nerven hatte. Gene warf Paul so richtig angepisste Blicke zu, als ob er – wenn Andy und ich nicht da wären – diesem Typen den Schädel spalten würde. Also spielten sie ihre Songs ein zweites Mal, und sie klangen viel besser als zuvor. Ace und Paul ergänzten sich stilistisch ausgezeichnet. Pauls Spiel war geprägt von Rauheit, und Ace war sicher nicht weniger aggressiv, aber es war auch geschliffener – das passte echt gut zueinander.

      Aces Leadgitarre war sehr simpel im Vergleich zu meiner Herangehensweise. Ich zischte quer über das Griffbrett wie etwa Jimi Hendrix oder Jeff Beck. Viele von uns waren hochgradig beeinflusst von Paul Kossoff, dem Gitarristen der Gruppe Free, und davon, wie er die Saiten zog. Man konnte das auch bei Ace erkennen. Ace hatte einen gebieterischen Sound, sein Ton und sein Ansatz waren wirklich sehr kräftig. Er war der perfekte Gitarrist für KISS. Alles an ihrem Sound war auf den kleinsten gemeinsamen Nenner gebracht. Es war so angelegt, dass es so einfach wie möglich zu verdauen wäre. Und es funktionierte.

      Ich war sehr beeindruckt von ihren Songs, und sobald auch noch Ace mit einstieg, wurde der Sound richtig groß und voll. Sie spielten noch eine Runde. Andy und ich klatschten Beifall und sagten zu Ace: „Großartiger Klang, deine Gitarre.“ Paul legte sein Instrument weg: „Lasst uns auf den Gang hinausgehen.“ Er sagte zu uns: „Wir müssen diesem Typen die Meinung geigen und ihm den Kopf waschen, weil er uns eine Stunde hat warten lassen. Das machen wir aber nicht vor euch. Wir wollten euch die Songs vorspielen. Gene und ich werden ihm nun die Leviten lesen.“ Einen oder zwei Tage später meldete sich Paul bei mir, um mich zu löchern. Ich erklärte ihm, dass ich die Songs stark fand und dass, wenn Ace sich zusammenriss, sein Stil gut zu den Songs passen würde. KISS waren im Anmarsch.

005_NTL.tif

      Anzeige von Peter Criss im Rolling Stone, 31. August 1972 Mit freundlicher Genehmigung von Brad Estra

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      Noch als Trio proben Paul, Peter, und Gene im Loft in der 23rd Street, New York City, November 1972 KISS Catalog Ltd.

007_NTL.tif

      Suchanzeige für einen Leadgitarristen, aufgegeben von Paul Stanley in der Village Voice, Dezember 1972 Mit freundlicher Genehmigung von Ross Koondel

      4: Überlebensgroß

      Im Dezember 1972 hatte sich die Gründungsformation von KISS schließlich gefunden. Aber zu dieser Zeit waren KISS noch eher Clark Kents als Superhelden. Es sollte noch einige Monate fleißigen Herumexperimentierens und permanenter Suche nach sich selbst brauchen, bevor Superman sich aus der Telefonzelle auf die Straße hinaus

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