Höllen-Lärm. Ian Christe

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Höllen-Lärm - Ian Christe страница 13

Höllen-Lärm - Ian Christe

Скачать книгу

Abaddon kleine Sprengkörper mit, die er wäh­rend der Proben zündete. Wir haben geprobt, und er hat diese Scheiß-Feuer­werkskörper abgeschossen! Einmal hat ein Nachbar die verdammte Feuerwehr gerufen, weil überall aus der Kirche riesige rote Rauchwolken aufstiegen. Das war ein idealer Probenraum, und ich glaube, es war auch genau die richtige Atmosphäre, um Liebeslieder an den Satan zu schreiben!“

      Zwischen Venom und ihren ebenfalls aus Newcastle stammenden Label­kollegen Raven bestand eine kaum freundlich zu nennende Rivalität. „Wir mögen Raven nicht“, sagt Venom-Schlagzeuger Abaddon. „Es ist so: Wir sind nicht auf die harte Tour nach oben gekommen, von wegen ‚erst mal zwanzig Jahre lang in den Clubs spielen, und dann darf man seinen Durchbruch haben‘. Neat Records haben uns wirklich übers Ohr gehauen. Wir haben denen berge­weise Geld eingebracht, aber sie haben es benutzt, um Raven und Tygers of Pan Tang zu promoten. Wir mögen sie als Bands, aber irgendwie ist alles schief gelaufen.“ Venom wurden allgemein als Witz betrachtet, aber sie trotzten der Herablassung mit Arroganz. Durch sie entstand schließlich eine Kluft zwischen dem ambitionierten, traditionellen Heavy Metal und dem unheiligen Black Metal, wie er Jahre später aus Venoms feurigem Atem geformt werden sollte.

      Während sich Heavy Metal zu einem festen Bestandteil der englischen Musik­kultur entwickelte, gab es ein neues, gemeinsames Ziel: die Eroberung hun­derter anderer Städte von der Größe Londons. Nach der Auf­nahmeflut von 1980 stürzten sich Judas Priest, Iron Maiden, Def Leppard und Motörhead auf ausgiebige Tourneen im Ausland. Raven, die Veteranen der NWOBHM, mieteten einen Laster und machten sich süd­wärts über Belgien auf eine lange Europatournee, um einem aufgeschlossenen Publi­kum zuvor ungehörte Musik nahe zu bringen. „Das war ein echter Kulturschock“, sagt John Gallagher. „Das letzte Mal waren wir als Kinder in Spanien gewesen. Das war kaum zu glauben. Die Leute haben total durchgedreht. In einem Club in Mailand haben sie eine Trenn­wand platt gemacht – so einen Raumteiler, wie es ihn in Schulkantinen gibt. Nach der Show wurden wir von Leuten überrannt, die alle Autogramme wollten, und von Frauen, die uns verständlich machten, dass sie was ganz Bestimmtes vorhatten. Das war uns noch nie vorher passiert. Wir fanden das toll.“

      Durch den internationalen Export von Kerrang! wurde England zum Orientierungspunkt für Heerscharen von ausländischen Metalheads, von denen jeder Einzelne eigene Verbesserungen zur NWOBHM-Formel beitrug. Accept aus Deutschland bedienten einen wachsenden Metal-Markt mit knackigen, stampfenden Rhythmen. Loudness aus Japan, Riot und Manowar aus New York sowie Anvil aus Kanada hatten dichtere Riffs und elegantere Kostüme zu bie­ten als beispielsweise britische Kombos mit dubiosen Namen wie Split Beaver und Bitches Sin. Gleichzeitig fühlten sich die Londoner Headbanger von den zunehmend „amerikanisierten“ Def Leppard im Stich gelassen und zeigten sich bereit, Importe zu kaufen.

      Um die NWOBHM zu überleben, brauchte eine Band neben musikali­schen Fähigkeiten und gestreiften Hosen auch reichlich Hartnäckigkeit und Glück. „Da gab es zweitklassige und drittklassige Bands, die auf den Zug auf­zuspringen versuchten“, sagt John Gallagher von Raven und meint Bands wie Brooklyn, Crucifixion, Fist und Tytan. „Alle Bands waren unterschiedlich, was man eigentlich nicht so oft hat. Die Szene war nicht homogen. Wie immer war es so: Ein oder zwei Bands hatten die richtigen Beziehungen, sahen gut aus oder trafen die richtigen Leute, aber eine Menge anderer blieben auf der Strecke. Wir hatten wirklich Glück, und wir taten, was wir konnten, damit sich die Leute für uns interessierten.“

      Von den Bands der NWOBHM-Ära schrammten Diamond Head beson­ders knapp am Erfolg vorbei. Lightning To The Nations, ihr bestes Album, wurde 1980 aufgenommen und in einer einfachen weißen Hülle mit den Autogram­men der vier Bandmitglieder veröffentlicht. Auch ihre Songs waren sauber und modern, voll schneller, antiseptischer Härte, die Iron Maidens dunkle Gassen verließ und sich an den glänzenden Hochhäusern und Lebensmittelgeschäf­ten eines neuen, noch unbekannten Großbritannien orientierte. Obwohl sie mit ihren kraftvollen Akkorden und ihrem Optimismus dazu beitrugen, die NWOBHM zu definieren, wurden sie zu geisterhaften Beobachtern ihrer eige­nen, zum Scheitern verurteilten Karriere. Diamond Head ähnelten einem äthe­rischen Gespenst, das die Vergleiche mit Led Zeppelin in eine Verdammnis geschickt hatte, aus der es keinen Weg zur Erlösung fand.

      Doch in dem unvollendeten Vermächtnis von Diamond Head entdeckten jüngere Musiker eine Art von Metal, der abseits dessen lag, was Judas Priest und Iron Maiden bisher vorgegeben hatten. Die ehrgeizigen Diamond-Head-Anhänger bei Metallica nahmen später vier der sieben Songs von Lightning To The Nations als Coverversionen auf (neben anderen ausgewählten NWOBHM-Titeln von Savage, Holocaust, Sweet Savage und Blitzkrieg). Dave Mustaine, der entscheidende vierzehn Monate bei Metallica spielte, bevor er Megadeth grün­dete, sagt: „Ich komme immer wieder auf Diamond Head zurück. Als ich mit [dem Metallica-Gitarristen] James Hetfield gesoffen und rumgehangen habe, haben wir immer Venom, Motörhead und Raven, Tank und Mercyful Fate, Dia­mond Head, Angel Witch, Witchfinder General und so ein Zeug gehört.“

      Wollte eine Band aber internationalen Erfolg, musste sie ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen. Trotz der Rockstarträume auf „It’s Electric“ von Diamond Head – „I’m gonna be a rock and roll star, gotta groove from night to day“ – waren rückblickend wohl das wesentlich besser gestaltete Songmaterial und das überlegene Arbeitsethos von Iron Maiden dafür verantwortlich, dass Platten wie Lightning To The Nations letztlich nie vom Startblock der NWOBHM los­kamen. Iron Maiden setzten das kreative Potenzial der Bewegung vollständig um, verschmolzen ihr raffiniertes Image mit dem Konzept der Horrortexte und hoch entwickelten dualen Gitarren – und arbeiteten unermüdlich mit ihrem ebenso ehrgeizigen Management, um jedwede Hindernisse zu überwinden.

      Iron Maidens großartiges zweites Album, Killers, knackte die amerikanischen Billboard-Charts auf Platz sechzig und verkaufte sich allein 1981 zweihundert­tausendmal. Die steigende Popularität führte auf der darauf folgenden Welt­tournee zu Problemen mit dem Sänger. Paul Di’Anno hatte sein Handwerk in den Clubs gelernt, aber Iron Maiden waren keine Clubband mehr. Man entschied sich dafür, Di’Anno zu feuern, bevor sein Verhalten den professionellen Bemühungen der Band in die Quere kam. Im September 1981 rasierte sich der Sänger Bruce Dickinson alias Bruce Bruce den Schnurrbart ab und trennte sich von Samson, um Frontmann bei Iron Maiden zu werden – der Beginn einer energiegelade­nen zehnjährigen Partnerschaft. Der physisch sehr präsente und theatralische Dickinson, ein begeisterter Fechter, stieß genau zu dem Zeitpunkt zur Band, als Iron Maiden zum ersten Mal versuchsweise in Stadien spielten und sie über­lebensgroße Armbewegungen und Sirenenstimmen entwarfen, die wie in der Oper Menschen bis zu den billigen Plätzen ganz hinten beeindrucken sollten.

      Dickinsons Debüt bei Iron Maiden, The Number Of The Beast, das im April 1982 veröffentlicht wurde,war ein Meisterwerk.„Diese Platte bewies,dass Mai­den auch nach der New Wave of British Heavy Metal eine Weltmacht sein wür­den“, sagt Rob Halford von Judas Priest. „Der Titel ist toll, und die Platte zeigte eine andere Seite des Metal, der zu der Zeit in Großbritannien entstand. Es gibt Nischen im Metal – wie in vielen anderen musikalischen Bereichen –, die wich­tig sind, und die hier war ganz besonders wichtig.“

      Obwohl sie der Kansas City Star wegen ihrer US-Auftritte mit Kiss 1978 spöt­tisch als „humorlose“ Spaßmetaller bezeichnete, füllten Judas Priest inzwischen kleinere Stadien in Texas und Pennsylvania und nahmen Iron Maiden mit, die dort einen ersten Vorgeschmack auf größere Veranstaltungsorte bekamen. „Damals waren die Kommunikationswege wirklich noch lang“, sagt Rob Halford. „Man musste einfach auf Tour gehen, und das für eine lange Zeit. Die ganzen Jahre, die ich bei Priest gespielt habe, waren buchstäblich zwanzig Jahre auf Tour mit nur sehr wenigen Unterbrechungen. Es ging ununterbrochen so. Man hatte kein MTV, es gab kein Internet, es gab keine Zeitschriften für die breite Masse. Es war einfach alles sehr primitiv und steckte noch in den Kinderschuhen.“

      Im Ausgleich dazu war aber auch die Loyalität, die Judas Priest bei beein­flussbaren neuen Bands im Ausland erweckten, so groß, dass sich nach beinahe jedem Song vom großartigen, 1979 erschienenen Livealbum Unleashed In The East eine Band benannte – Exciter, Running Wild, Sinner,

Скачать книгу