Big Ideas. Das Politik-Buch. John Farndon
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Big Ideas. Das Politik-Buch - John Farndon страница 21
Friedlich, aber nicht pazifistisch
Die Verfassung ähnelt dem Koran, dem sie vorausgeht. Allerdings ist der Koran detaillierter, was die religiösen Pflichten angeht. In ihm wird der Islam als eine friedliebende Religion beschrieben, die jedoch nicht pazifistisch ist. Mohammed betonte vielmehr, dass der Islam gegen Ungläubige verteidigt werden müsse; das sei die moralische Verpflichtung aller Muslime. Gewalt sollte dem Gläubigen zuwider sein, aber sie kann ein notwendiges Übel sein, um die Religion zu schützen.
Muslimische Pilger beten nahe der Prophetenmoschee in der heiligen Stadt Medina (Saudi-Arabien). Hier gründete Mohammed den ersten islamischen Staat.
Diese Pflicht ist zusammengefasst in der islamischen Vorstellung vom Dschihad (wörtlich »Kampf«). Er richtete sich ursprünglich gegen benachbarte Städte, die Mohammeds islamischen Staat angreifen wollten. Später entwickelte sich der Dschihad zum Kampf, in dem es darum ging, den Glauben zu verbreiten und das islamische Reich in politischer Hinsicht zu vergrößern.
Der Koran beschreibt den Dschihad als religiöse Pflicht und den Kampf als verabscheuenswürdig, aber notwendig. Darüber hinaus enthält er Regeln für die Durchführung eines Krieges. Die Bedingungen für einen solchen gerechten Krieg (gerechter Anlass, korrekte Absicht, hinreichende Autorität und letztes Mittel) ähneln denjenigen, die im christlichen Europa entwickelt wurden.
»Kämpft im Namen Allahs und für die Sache Allahs. Kämpft gegen die Ungläubigen.«
Sunnitischer Hadith
Mohammed
Mohammed wurde 570 in Mekka geboren, kurz nach dem Tod seines Vaters. Seine Mutter starb, als er sechs war, seitdem lebte er bei seinen Großeltern und einem Onkel, für die er später Karawanen im Handel mit Syrien betreute. Mit Ende 30 besuchte Mohammed regelmäßig eine Höhle auf dem Berg Hira, um zu beten, 610 soll er die erste Offenbarung des Engels Gabriel erhalten haben. Er begann zu predigen und gewann immer mehr Anhänger, wurde aber mit seinen Schülern aus Mekka vertrieben. Die Flucht nach Medina im Jahr 622 gilt als Beginn des muslimischen Kalenders. Als Mohammed 632 starb, stand fast ganz Arabien unter seiner Herrschaft.
Hauptwerke
um 622 Vertrag von Medina
um 632 Der Koran
8. und 9. Jh. Hadith
DAS VOLK WILL DIE HERRSCHAFT DER TUGENDHAFTEN NICHT
AL-FARABI (UM 870–950)
IM KONTEXT
IDEENLEHRE
Islam
SCHWERPUNKT
Politische Tugend
FRÜHER
um 380–360 v. Chr. Platon schlägt in Der Staat vor, es sollten »Philosophenkönige« herrschen.
3. Jh. n. Chr. Philosophen wie Plotin interpretieren Platons Werke neu und führen theologische und mystische Ideen ein.
9. Jh. Der arabische Philosoph al-Kindi bringt klassische griechische Texte ins Haus der Weisheit nach Bagdad.
SPÄTER
um 980–1037 Der persische Autor Avicenna verbindet rationale Philosophie und islamische Theologie.
13. Jh. Thomas von Aquin definiert christliche und Kardinaltugenden und unterscheidet zwischen natürlichem, menschlichem und göttlichem Recht.
Als sich das islamische Reich im 7. und 8. Jahrhundert ausbreitete, blühten Kultur und Gelehrsamkeit auf. Daher wird diese Zeit als goldenes Zeitalter des Islam bezeichnet. In vielen großen Städten des Reiches wurden Bibliotheken eingerichtet, um Texte der griechischen und römischen Denker aufzubewahren. Insbesondere Bagdad wurde zu einem Zentrum der Gelehrsamkeit. Hier erwarb sich al-Farabi seinen Ruf als Philosoph und Kommentator der Werke des griechischen Philosophen Aristoteles.
»Ziel des Musterstaats ist es nicht nur, das materielle Wohlergehen seiner Bewohner sicherzustellen, sondern auch ihr zukünftiges Schicksal.«
Al-Farabi
Wie Aristoteles glaubte al-Farabi, der Mensch müsse natürlicherweise in einer sozialen Struktur leben, beispielsweise in einem Stadtstaat, um ein gutes und glückliches Leben führen zu können. Das gleiche Prinzip gelte für Nationalstaaten, Reiche oder sogar ein Weltreich, die Stadt betrachtete er als kleinste Einheit. Doch vor allem prägte Platon, der Lehrer des Aristoteles, das politische Denken al-Farabis. Genau wie Platon plädierte er für die Herrschaft von Philosophenkönigen, weil nur sie die wahre Natur der Tugenden verstünden. In Der Musterstaat beschrieb er eine »Vorzugsstadt« unter der Herrschaft eines tugendhaften Führers, der sein Volk anleitet, im tugendhaften Leben wahres Glück zu finden.
Göttliche Weisheit
Al-Farabi unterscheidet sich von Platon darin, dass er andere Vorstellung vom Ursprung und Wesen der Tugenden des idealen Herrschers hat: Für ihn handelt es sich um göttliche Weisheit. Statt für einen Philosophenkönig plädierte er für die Herrschaft eines gerechten Imam. Die Vorzugsstadt sei jedoch als politische Utopie zu verstehen, betonte al-Farabi.
Zudem beschrieb er verschiedene Staatsformen, die real existierten, und wies auf ihre Mängel hin. Er nannte drei Gründe, warum sie seinem Ideal nicht entsprachen: Sie seien dumm, irregeleitet oder moralisch verdorben. In einem Staat der Dummen wüssten die Menschen nicht, dass wahres Glück durch ein tugendhaftes Leben entstehe. In einem irregeleiteten Staat missverstünden sie das Wesen der Tugend. Und in einem moralisch verdorbenen Staat wüssten sie, was ein tugendhaftes Leben ausmache, entschieden sich aber dagegen. Laut al-Farabi streben die Menschen in diesen »Torheitsstaaten« nach Reichtum und Vergnügen und nicht nach dem guten Leben. Er glaubte, die Seelen der Dummen und Irregeleiteten würden nach dem Tod einfach verschwinden, während die der moralisch Verdorbenen ewiges Leid ertragen müssten. Nur den Seelen der Menschen aus einem Musterstaat