The Who - Maximum Rock III. Christoph Geisselhart
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Auch Richard Barnes monierte die teils übertrieben wirkenden Sicherheitsvorkehrungen:
„Bei vielen Konzerten nach Cincinnati waren Hunderte von Polizisten und Sicherheitskräften im Einsatz. In manchen Örtlichkeiten konnte man kaum sich kaum vom Sitz erheben, ohne dass man von Ordnern bedroht wurde. In einer Halle hatte die Polizei Spezialkräfte mit Hunderten von Hunden um die Bühne herum platziert, als The Who hereinkamen.“
Liest man die Berichterstattung über die auf Cincinnati folgenden zehn Konzerte dieses Tourabschnitts, findet man allerdings nicht viele Anhaltspunkte für eine niedergedrückte oder verhaltene Stimmung im Auditorium. Im Gegenteil, die Fans ließen sich von überbesorgten Ordnern und bisweilen unsinnigen Polizeiaufmärschen in ihrer Euphorie kaum bremsen. Musikalisch boten die Who stets ausgezeichnete Vorstellungen; sie sprühten vor Spielfreude und überraschten ihre Anhänger mit vielen spontanen Einlagen und Variationen. Die Setliste zeugt von enormem Selbstvertrauen der Band und von einer Sicherheit, die nicht zuletzt dem soliden Kenney Jones zu verdanken war.
Heute wird die Ära des braven Taktgebers Kenney oft negativ gesehen, was nicht fair ist, da sich die Probleme der Gruppe weniger an seiner Person festmachen lassen, sondern nach Keiths Tod vor allem mit Petes persönlicher Entwicklung zusammenhingen. Sicherlich hätte man sich Keiths Clownereien bisweilen gewünscht, doch die Who-Fans empfingen den uneitlen, bodenständigen Kenney überwiegend mit Begeisterung, in England dank seiner glaubwürdigen musikalischen Vergangenheit sowieso, in den USA wegen seines kraftvollen, gradlinigen Stils und seines bescheidenen Auftretens.
Auf der Bühne zeigten sich The Who also wieder einmal als starke energiegeladene Einheit mit einem großartigen Repertoire an unsterblichen Klassikern und einigen sensiblen, komplexen Neukompositionen. Hinter den Kulissen freilich herrschten alles andere als Eintracht und Euphorie. Der Burgfriede nach Kenneys Verpflichtung zwischen Pete und John auf der einen Seite und Roger auf der anderen wurde unter dem Druck der wechselvollen Ereignisse und wegen der unterschiedlichen Gepflogenheiten auf Tour schnell wieder sehr brüchig. Tourbegleiter Richard Barnes notierte:
„Roger geht meistens eigene Wege. Er raucht und trinkt nicht und ist versessen auf Sport. Eine der fünf Limousinen im Who-Konvoi ist stets strikt rauchfrei wegen Roger. Tabakrauch greift seine Stimme an, und deswegen geht Roger Rauchern aus dem Weg, wenn immer es möglich ist. Er benötigt volle acht Stunden Schlaf, auch aus diesem Grund beteiligt er sich kaum an späten Partys oder an Ausflügen in Diskos. Er lebt nach einem völlig anderen Zeitplan als der Rest der Gruppe. Pete, Kenney und John hingegen machten ziemlich viel Party während dieser und der beiden USA-Tourneen von 1980. John und Kenney traf man fast immer an der Hotelbar, und an freien Tagen trieben sie sich in Klubs herum und versuchten, Rogers Enthaltsamkeit auszugleichen. Während der ersten Tournee schien Roger besonders zum Ziel der Späße seiner Kollegen zu werden. Vor allem natürlich weil er nie zugegen war, aber auch wegen seines Ernährungsbewusstseins, seiner extremen Sorge ums Geld und seiner Unfähigkeit, sich zu entspannen. Er hatte eine eigene Masseuse dabei, die ihn nach jeder Show durchwalkte. Auch über Rogers Geschäftstüchtigkeit wurden viele Witze gerissen. Wenn die Band zum Beispiel zu spät aus den Garderoben kam, sagte jemand von der Crew: ‚Ich krieg’ die Jungs schon raus.‘ Und dann rief er: ‚Roger! Auf der Bühne liegt ein Fünfzig-Dollar-Schein!‘ Einmal war ich dabei, als sich Roger bei Bill Curbishley darüber beklagte, dass ihm diese Witze über seine Knauserigkeit allmählich auf den Geist gingen. Ein betretenes Schweigen entstand. Dann sagte Bill: ‚Aber Roger, du bist nun mal geizig.‘ Roger konnte aber auch sehr großzügig sein. Wenn jemand hart gearbeitet hatte, ließ er sich oft eine besondere Belohnung einfallen. Er kümmert sich ständig um irgendwelche Aspekte der Tour. Sehr oft waren seine Befürchtungen auch gerechtfertigt, und er ist wirklich der einzige in der Gruppe, der kontinuierlich über die Tournee und ihre Probleme nachdenkt. Rogers ganze Obsession gilt dem Tee. Doug Clark, sein persönlicher Assistent, trug immer ein T-Shirt mit dem Aufdruck ,Tasse Tee, Doug?‘ Das waren Rogers Lieblingsworte; Doug musste ihm zu den unmöglichsten Gelegenheiten Tee aufbrühen. Roger hatte sogar einen britischen Wasserkocher mit einem amerikanischen Adapter dabei, damit er sich auf seinem Hotelzimmer nach allen Regeln der Kunst Tee machen konnte. In den USA tunkt man ganz banal einen Teebeutel in heißes Wasser. Aber Roger bestand darauf, dass Doug den Tee korrekt zubereitete, und so wurde Doug oft während der Konzerte losgeschickt, um eine Tasse Tee nach britischer Art zu aufzubrühen.“
Für Pete, John, Kenney und Rabbit, die zu jener Zeit allesamt harte Trinker waren und nach den Auftritten mit Gästen und der Crew bei Brandy, Cognac und Champagner zusammensaßen, lieferte die spezielle und dem Leitbild des Rock’n’Roll ziemlich konträre Lebensführung ihres Sängers, die auf Tee, ausgewogener Ernährung, Sport, Massage und regelmäßigem Schlaf beruhte, immer wieder eine Steilvorlage für ironische Kommentare. Pete und John waren begnadete Spötter, und bekanntlich lacht man in einer Gruppe auf Kosten der nicht Anwesenden besonders herzlich.
Doch nicht nur in der Wahl des passenden Getränks oder am Schlafbedürfnis schieden sich die Geister in der Band. Der Antagonismus zwischen Pete und Roger entzündete sich vielmehr neu an der grundsätzlichen Ausrichtung ihrer Musik und der Zukunft der Band. Jeder der beiden Leitwölfel verkörperte einen anderen elementaren Aspekt, der zum Fortbestand beitrug. Pete, der sich mit seinen Kollegen so leutselig die Gläser teilte, der fürs soziale Arbeitsklima zuständig schien und die Songs schrieb, hatte in Wahrheit eine viel größere Distanz zur Band als Roger, der immer zuerst an The Who dachte.
Pete überlegte ja unterdessen ernsthaft, wie viel Zeit und welches Material er in seine eigene Karriere investieren durfte, konnte, vielleicht sogar musste. Ende 1979 wurde bekannt, dass er einen gesonderten Plattenvertrag mit dem New Yorker Label Atlantic abgeschlossen hatte, das zum Unterhaltungsriesen Warner Brothers gehörte. Warner-Chef Mo Ostin war ein großer Who-Fan und mit Pete gut bekannt. Der Vertrag sah vor, dass Townshend in den nächsten sechs Jahren drei Alben als Einzelinterpret herausbrachte. Das bedeutete, dass er plötzlich sehr konkret vor der Entscheidung stand, welche Songs er für die Who nutzen sollte und welche für sich selbst.
Roger beobachtete diese kreative Abnabelung des Songwriters zumindest mit Sorge, wenn nicht gar mit Argwohn. Offen konnte er nichts dagegen einwenden, denn er selbst hatte noch einen Plattenvertrag mit MCA, wo auch The Who seit 1965 in den Staaten ihre Platten veröffentlichten. Roger schuldete MCA sogar noch eine LP, und nachdem auch John, der allerdings gerade ohne Solovertrag war, und selbst Keith schon eigene Alben herausgebracht hatten, konnte man Pete schwerlich verbieten, seine kreativen Einfälle nicht auch für eigene Projekte zu nutzen.
Im Unterschied zu Roger und auch zu John war Pete jedoch der unentbehrliche kreative Motor von The Who, und falls er seine Songs von anderen Musikern nach seinen Vorstellungen einspielen ließe, mochte das Resultat durchaus den Aufnahmen mit der Gruppe sehr ähnlich werden. Wenn Roger Kompositionen von Paul McCartney oder Leo Sayer sang, hatte das dagegen viel weniger Auswirkungen auf die Band.
Roger war seit seiner Verkörperung von Tommy das einzige Who-Mitglied, das Pete auf Augenhöhe begegnen konnte. Seine von den Kollegen oft belächelte grundsolide Arbeitsauffassung und Lebensführung war in Wahrheit die Basis für eine erstaunliche Professionalität und Produktivität. Roger lebte so ausschließlich für seinen Beruf wie ein Leistungssportler. Er hatte konsequent eigene Platten veröffentlicht und erfolgreich an seiner Filmkarriere gearbeitet. Die der Band gehörende Produktionsgesellschaft The Who Films Ltd. drehte seit Sommer 1979 in Shepperton an McVicar, einem Film über Englands berühmtesten Ausbrecher und Gefängnisintellektuellen. Roger hatte die Filmrechte der Autobiografie gekauft, die John McVicar