The Who - Maximum Rock III. Christoph Geisselhart

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The Who - Maximum Rock III - Christoph Geisselhart The Who Triologie

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geht deswegen laut Pete nicht etwa auf seine kompromisslosen Trinkgewohnheiten zurück, jedenfalls nicht auf so eindeutige Weise, wie das naheliegend erscheint, sondern auf eine Parabel des Sufi-Dichters Hafiz, der im 14. Jahrhundert gelebt hatte:

      „Er verglich die Liebe Gottes mit Wein, und dass wir danach schmachten, von Gift befreit zu werden; dass das Herz wie eine leere Tasse ist. Du hältst Gott dein Herz hin, und die Hoffnung, die Gottes Gnade ist, wird diese Tasse füllen. Du stehst in der Kneipe, eine nutzlose Seele, die darauf wartet, dass dir der Barmann einen Drink bringt – und der Barkeeper ist Gott. Auch Baba hat das Herz oft mit einem Glas verglichen, das Gott allerdings nicht mit seiner Liebe füllen kann, sofern es mit Eigenliebe gefüllt ist. Spiritualität bedeutet für mich, dass man sich mit ­Fragen beschäftigt, nicht mit Antworten. Ich halte es nach wie vor für eine sehr romantische Vorstellung, sein Glas hinzuhalten und zu sagen: ‚Gott, wenn du da bist, mach es voll!‘ Das Glas ist leer, weil du es geleert hast. Dein Ich war darin. Deswegen meinst du, dass du nichts wert bist, dass alles sinnlos ist – doch in Wahrheit schaffst du nur Raum für Gott. Du gibst ihm die Möglichkeit, das Glas neu zu füllen; also tritt beiseite, geh aus dem Weg. Bitte um ­Führung.“

      So gewagt und rätselhaft diese Sätze klingen: Es war ein sehr gefährlicher Weg, den Pete einschlug. Ein Mensch, der mit solcher Konsequenz die mystischen Pfade der Erkenntnis beschreitet, benötigt normalerweise einen erfahrenen ­spirituellen Lehrer an seiner Seite, einen lebendigen, leibhaftigen ­Lehrer wohlgemerkt, der den Adepten persönlich auffangen kann, wenn es notwendig ist, um die Kontrolle über sein Alltagsleben zurückzugewinnen. Doch Meher Baba war seit zehn Jahren tot, und Pete hatte ihn nie persönlich kennen gelernt. Wer konnte Pete helfen, wenn die dunkle Nacht kam, die jeder nach Erkenntnis Suchende­ zu durchstehen hat?

      Seine wichtigsten persönlichen Beziehungen waren fast alle gestört, seit er von seinem Zuhause ausgezogen war, und Pete experimentierte überdies zu jener Zeit wieder mit harten Drogen, zum ersten Mal wieder seit seiner beängsti­genden LSD-Erfahrung während des Heimflugs vom Monterey-Festival­ zehn Jahre vorher. Pete nahm vor allem die Jetset-Droge Kokain, wie er un­umwunden eingesteht:

      „Anfang 1980 beging ich den Fehler, Kokain zu konsumieren. Ich wurde sofort davon abhängig, weil ich mich so wohl dabei fühlte. Ich lasse mich sehr gern stimulieren. Die Klarheit half mir durch den Nebel der Trunkenheit. Man ernüchtert augenblicklich, sobald man sich eine Linie reinzieht; dann trinkt man wieder, nimmt eine weiteres Tütchen, wird nüchtern … und wiederholt diesen Zyklus, bis man am Ende des Tages nicht mehr kann.“

      Es heißt, dass sich Pete durch seine unglückliche, da einseitige Liebes­beziehung zu einer jungen Schauspielerin zum Kokain verführen ließ. Ihr Name: Theresa Russell. Pete hatte die attraktive und erfolgreiche Amerikanerin über den britischen Regisseur Nicolas Roeg kennen gelernt, ohne zu wissen, dass die beiden seit Roegs Film Blackout – Anatomie einer Leidenschaft (1979), in dem Theresa Russell an der Seite von Art Garfunkel spielte, ein Paar waren. „Ich kannte Nic als sehr glücklichen älteren Familienvater, der gelegentlich glamouröse Schauspielerinnen an seiner Seite hatte“ erzählt Pete.

      Pete wollte seinen in Kalifornien lebenden Landsmann, der spätestens seit dem Klassiker Wenn die Gondeln Trauer tragen (1973) als Regisseur von Weltruhm galt, für die Verfilmung seines Lifehouse-Drehbuchs gewinnen, und die erst ­dreiundzwanzigjährige Theresa Russell war von Petes Skript begeistert:

      „Sie setzte Nic regelrecht unter Druck. Was ich nicht wusste, war, dass sie ihn zu heiraten gedachte. Eines Tages rief ich in seinem Apartment an, wohl wissend, dass Nic gerade wegen einer Beerdigung nach London geflogen war. Seine Freundin nahm ab und sagte: ‚Oh, Pete, tut mir so leid, Nic ist gerade nach London unterwegs.‘ Und ich sagte: ‚Mist, so ein Pech, ich bin gerade auf dem Weg in die andere Richtung und wollte ihn treffen. Aber egal, wenn ich ankomme, rufe ich noch mal an.‘ Dann flog ich schnell über den Atlantik, besessen von der Idee, dass ich sofort handeln musste, da sie offensichtlich schon zusammen lebten. Ich wollte nur sie sehen und ­herausfinden, was da los war. Wir gingen gemeinsam mit einigen ­Freunden aus und schauten uns The Wall an und betranken uns. Bei dieser Gelegenheit nahm ich das erste Mal in meinem Leben Kokain; sie kokste ein ­bisschen. Ich verliebte mich hoffnungslos in sie, teilweise wohl auch wegen des Kokains, ohne dass sie mich irgendwie ermutigt hätte. Es war Valentinstag, und ich hüpfte in ein Auto und kaufte ihr Tequila und massen­haft ­Blumen, aber sie ließ mich nicht mal rein, sie wollte mich nicht sehen. Ich brach völlig zusammen. Ich hatte den spektakulärsten Gefühlsausbruch und wurde ein regelmäßiger Drogenkonsument. Ich trug bis zu diesem Zeitpunkt bereits eine Menge emotionalen Ballast mit mir herum, Cincinnati, Keiths Tod und dazu mein Alkoholproblem, ich trank, trank, trank; aber diese Sache ließ die Angelegenheit vollends umkippen.“

      Hier wird klar, dass Pete kein Vergnügungsjunkie war, der aus Lange­weile trank und kokste, sondern er dass er eine ernsthafte Lebenskrise durchlitt, aus der er keinen anderen Ausweg sah, als seine Gefühle mit Alkohol und Kokain zu regulieren. Er arbeitete hart, um seine Verpflichtungen gegenüber der Band, sich selbst und den Plattenfirmen zu erfüllen, und auch hier setzte er Drogen und Alkohol gezielt ein, um seine Produktivität zu steigern. Er hatte nie etwas anderes gelernt. Seit er achtzehn war, verband er seinen Beruf, die Musik, das Schreiben, die Auftritte vor Publikum, mit Alkohol und anderen Drogen. Sie halfen ihm, seine Frustrationen zu betäuben und den Druck auszuhalten, den er sich größtenteils immer wieder selbst auferlegte.

      Anfang 1980 folgten The Who ihrem Vordenker Townshend zur neuen Plattenfirma Warner Brothers. Offenbar hatte MCA (wozu auch die Universal­-Filmstudios gehörten, aus deren Requisitenfundus sich Keith Moon regel­mäßig bedient hatte) die Forderungen der Band bei der anstehenden Vertragsverlänge­rung für zu hoch befunden. Dabei hatten Branchenkenner erwartet, dass die Band bei MCA oder bei der britischen Polydor unterschreiben würde, die die Rechte an den Who-Songs außerhalb der USA besaß. Warner bezahlte angeblich zwölf Millionen Dollar für die Veröffentlichungsrechte an den nächsten fünf Who-Alben in den USA und in Kanada. Polydor behielt die Rechte­ für den Rest der Welt. „Das hieß, ich sollte in fünf Jahren acht Alben produzieren“, sagt Pete: drei Soloplatten und fünf Who-Alben. „Alle Songs schreiben, aufnehmen, touren, Öffentlichkeitsarbeit machen, aufnehmen – ­völlig unmöglich, das zu schaffen.“

      Und mal abgesehen von der Unmöglichkeit, all diese Verpflichtungen ­terminlich überhaupt auf die Reihe zu kriegen: Die zeitgleichen Produktionen brachten seine und die Interessen der Band spürbar durcheinander. Pete musste­ sich sozusagen in zwei synchron agierende Komponistenpersönlich­keiten aufspalten, deren eine für die Who schrieb und deren andere für Pete Townshend; denn er konnte neben seiner Solokarriere die Gruppe unmöglich ­vernachlässigen. Dafür sorgte schon der neue Plattenvertrag der Band, den er mit eingefädelt hatte. „1980, als ich nie nüchtern war, schrieb ich Songs, die einfach nicht zu den Who passten“, erinnert er sich. „Sie waren sehr persönlich und spiegelten meine spezielle Entwicklung wider, die ich gerade durchmachte. Die meisten Lieder, die ich geschrieben habe, handeln davon, dass es Erlösung und einen Erlöser gibt. Ich würde zwar nie direkt seinen Namen in einem Songtext nennen, aber ich denke, die meisten ­meiner Songs handeln von Jesus.“

      Mit dieser Aussage wollte Pete natürlich unterstreichen, wie fern sich seine Kompositionen vom gewöhnlichen Who-Liedgut befanden. Doch für einen Rocksong sind Texte und Inhalte oft erschreckend unwichtig; man könnte sogar behaupten: je vieldeutiger oder belangloser die Texte sind, desto erfolgreicher können die Songs werden. „Genau besehen macht Pete sowieso bessere­ Who-Platten als die Who selbst“, beschreibt Keith Richards das Dilemma Townshends etwas überspitzt. „Er ging üblicherweise mit einem fertigen Who-Album ins Studio, und die Jungs legten bloß ein paar Overdubs ­­drüber. Sein erster Entwurf war aber zehnmal besser als das fertige Produkt. Sie imitierten­ bloß, was Pete ursprünglich hingelegt hatte.“

      Darüber kann man streiten; vor allem John hat eindeutig zum Ausdruck gebracht, was er von dieser Einschätzung hält: „Das ist es, was mich an Keith Richards schon

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