Blutblume. Louise Boije af Gennäs

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Blutblume - Louise Boije af Gennäs Widerstandstrilogie

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Björn.

      »Björn möchte dich zum Mittagessen einladen«, fuhr Mama fort. »Und über deine Zukunft sprechen.«

      »Nein«, sagte ich bestimmt. »Ich habe gerade keine Lust, einen von ihnen zu treffen.«

      »Aber Sara …«, tadelte Mama.

      »Warum denn nicht jetzt sofort?«, brüllte Sixten. »Verdammte Olle …!«

      Er lachte heiser, aber laut durch die Wand. Es klang, als stünde er direkt neben mir.

      »Mach dir um mich keine Sorgen«, sagte ich. »Ich komme schon klar, bin schließlich Ex-Militär, schon vergessen? Ich schaff das.«

      »Du klingst genau wie dein Vater«, sagte Mama, ich konnte richtig hören, dass sie lächelte.

      Eine Sekunde später brach sie in Tränen aus.

      »Mama«, sagte ich hilflos.

      »Und wie ist es mit Mittwoch?«, dröhnte Sixten. »Oder Donnerstag? Sag ihr, dass es scheißwichtig ist.«

      »Alles in Ordnung«, nuschelte Mama. »Das geht vorbei.«

      Darauf konnte ich nichts erwidern, wünschte mir einfach nur, sie in den Arm nehmen zu können.

      Und dass dieser verdammte Tompa sich auf ein Treffen mit Sixten am Donnerstag einließ, damit ihr nervtötendes Telefonat endlich ein Ende fand.

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      Spät am Abend, als bei Sixten endlich Ruhe eingekehrt und ich fast eingeschlafen war, piepste mein Handy. Eine SMS von Mama.

       »Habe mit Björn und Fabian gesprochen. Fabian wollte wissen, wie es dir geht und was du machst. Ich hab ihm vom Café erzählt, und jetzt glaube ich, dass er vorbeischauen wird. Das ist doch wirklich nett von ihm!«

      Ich fluchte leise. Ich wollte keinen Besuch im Café, wollte nicht das geringste bisschen Aufmerksamkeit, bis ich aus der sonderbaren Blase aufgetaucht war, die mich umgab, seit an einem sonnigen Vormittag Ende Mai die Polizei vor der Tür stand. Und bereits lange davor. Aber das konnte ich Mama nicht erzählen. Wenigstens war Fabian ein bisschen besser als Björn.

      »Super«, schrieb ich zurück.

       »Und Björn möchte sich sehr gern mit dir in der Stadt treffen. Bitte, Sara! Tu’s für mich!«

      Ich murrte leise.

      In dem Moment kam fast das gleiche Murren von der anderen Seite der Wand. Ich blieb wie versteinert im Bett liegen, bis ich verstand, was es war: Sixten schnarchte.

      Ich legte das Handy auf den Boden, zog das Kissen über den Kopf und versuchte zu schlafen.

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      Es war schwer, Mama etwas abzuschlagen, besonders jetzt; also fuhr ich Samstagvormittag in die Stadt, um Björn zu treffen. Es war die erste Gelegenheit, mich in die Stadt zu begeben, und Mama hatte völlig recht: Was hatte ich diesen Tag herbeigesehnt. Deshalb plante ich großzügig Zeit ein. Björn und ich waren um ein Uhr verabredet, aber schon um halb zwölf verließ ich die U-Bahn-Station Stureplan und schlenderte über den Platz. Der Pilz sah aus wie bei all meinen früheren Stockholmbesuchen, aber das Gefühl war ein anderes: Das war jetzt meine Stadt, ich wohnte hier. Nicht direkt am Stureplan, sondern in Vällingby, achtzehn U-Bahn-Stationen entfernt, aber immerhin.

      Ich stellte mich unter den Pilz und beobachtete die Leute um mich herum. Überall coole, gut gekleidete, schöne Menschen, und ich musste an den Comedian Jim Jefferies denken, der mal gefragt haben soll: »Töten die Schweden eigentlich ihre hässlichen Babys?«

      Rechts von mir lag der Sturehof mit seiner voll besetzen Terrasse. Ich machte mich auf den Weg dorthin und warf einen Blick auf die Speisekarte. Gedünsteter Saibling für 320 Schwedische Kronen. Gegrillter Mälarzander für 360 Kronen. Steinbutt für 485 Kronen. Das konnte ich mir unter keinen Umständen leisten. Ich stöhnte leise, versuchte, unbeeindruckt zu wirken, und ging weiter.

      Ich ließ die Einkaufspassage Sturegallerian rechts liegen. Hundert Meter weiter lag das Trendrestaurant Brillo, von dem ich gelesen hatte. Auch hier war die Terrasse stark frequentiert, aber davon ließ ich mich nicht beeindrucken. Mit dem Rücken zum Restaurant hielt ich das Handy vor mich, achtete darauf, dass das bunte TAVERNA-Schild gut zu erkennen war, lächelte breit und drückte auf den Auslöser. Eine schöne Aufnahme von mir, lächelnd und mit Sonnenbrille vor einem der angesagtesten Lokale Stockholms, tauchte auf dem Display auf. Ich musste sie sofort bei Instagram teilen und schrieb noch darunter: »Eeeeendlich in Stockholm! Jetzt fängt mein neues Leben an!«

      Dann setzte ich mich an einen der Tische und versuchte, so auszusehen, als hätte ich nie etwas anderes getan, als Kaffee bei Brillo in der Sonne zu trinken. Der Typ am Nebentisch lehnte sich lächelnd zu mir und sagte: »Neu in der Stadt?«

      »Ist es so offensichtlich?«, fragte ich verlegen.

      Die Bedienung kam, und ich bestellte einen einfachen Kaffee. Unter meinem Instagrambild wuchs die Zahl der Likes, auch Kommentare kamen dazu: »Ooooh, Glückspilz!«, von Lina, »Coole Sara«, schrieb meine Freundin Sally und »Wünschte, ich wäre auch da« Flisan. Dann wurde es wieder still.

      Ich lehnte mich zurück. Der Typ neben mir war weg, stattdessen nahmen ein paar hübsche Mädels den Tisch in Beschlag. Sie steckten von Kopf bis Fuß in exklusiven Markensachen, Modell »Gammel-Samstag«: Trainingshose von Nike, Tigerpulli von Kenzo. Ihre Jacken waren garantiert von Moncler, die Schuhe Vans oder Adidas. Ich zog langsam meine Füße mit den abgetragenen Chucks unter den Stuhl.

      Eine Woge von Einsamkeit überkam mich. Wem wollte ich denn eigentlich etwas vormachen? Meine neue Bleibe in Stockholm bestand aus einem gemieteten Zimmer bei einer unheimlichen Alten in Vällingby und mein spannender Job daraus, in Sundbyberg als Kartoffelschälerin zu schuften. Ich ließ mein Leben in den sozialen Medien besser erscheinen, als es in Wirklichkeit war; warum, konnte ich nicht mal sagen. Ich wollte nicht, dass andere mich bemitleideten, sondern sehnte mich nach echter Gemeinschaft, so wie ich sie beim Militär erlebt hatte.

      Aber diese Zeit war vorbei. Jetzt saß ich bei Brillo, zwischen den Schönsten Stockholms, die sicher sowohl am Stureplan wohnten als auch arbeiteten. Ich hingegen hatte eine inzwischen kalt gewordene Tasse Kaffee vor mir und wagte nicht mal, die Bedienung zu bitten, mir nachzuschenken.

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      Um ein Uhr stand ich auf der Treppe vor dem Theater Dramaten und wartete auf Björn. Ich war zu früh und Björn wie immer genau pünktlich. Papa hatte darüber oft gescherzt, als sie Kollegen waren: dass man die Uhr nach Björn stellen konnte und dass das einer der Gründe für sein beispielloses berufliches Vorankommen bei verschiedenen Behörden war. Mein Vater und Björn hatten sich früh durch den Job kennengelernt und seither den Kontakt gehalten, ohne dass der Rest der Familie richtig verstand, warum – wir fanden alle, dass Björn und Papa unterschiedlicher nicht sein konnten. Jetzt erkannte ich Björn bereits aus der Ferne, das halblange, stahlgraue Haar zurückgekämmt, wie es sonst die Grünschnäbel in der Finanzbranche für gewöhnlich trugen. Björn war immer gut gekleidet: Heute trug er eine Jeans und einen Pullover unter einem kamelfarbenen Mantel. Ein Paar Lederhandschuhe rundete das Outfit ab.

      »Hallo,

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