Blutblume. Louise Boije af Gennäs

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Blutblume - Louise Boije af Gennäs страница 7

Blutblume - Louise Boije af Gennäs Widerstandstrilogie

Скачать книгу

wollte mich eigentlich zum Essen einladen, aber ich wollte lieber eine Runde in Djurgården spazieren gehen. Mein Plan war, das Ganze sehr kurz zu halten. Wir schlenderten über den Strandvägen und dann rechts über die Brücke. Von dort wollte Björn sich links halten, am Wasser entlang, und ich stimmte sofort zu, weil ich vorhatte, schon bald zu behaupten, zurück zu Simåns zu müssen, und dann bei Djurgårdsbrunn in den Bus zu steigen. Wir kamen am Restaurant Ulla Winbladh vorbei, wo ein Kiesweg die Straße ablöste, auf dem nicht so viele Menschen unterwegs waren. Björn schielte zu mir herüber.

      »Wie geht es dir?«, fragte er.

      Ich setzte eine unschuldige Miene auf.

      »Gut, das hab ich doch schon gesagt«, antwortete ich. »Als du die Frage vorhin gestellt hast und ich sie dir beantwortet habe.«

      Björn lächelte.

      »Ja, aber jetzt hätte ich gern die echte Antwort.«

      Langsam wurde ich wütend. Björn und Fabian glaubten beide, sie wären fantastische Menschenkenner, die genau wussten, wie es uns allen »eigentlich« ging, und uns das nur zu gern erzählen wollten.

      Oder lag es daran, dass ich gerade viel zu reizbar war?

      Ich lächelte Björn gezwungen an.

      »Mir geht es nichts als gut«, sagte ich. »Und selbst?«

      Mein Ton war ironischer als beabsichtigt. Björn sagte sicher eine Minute lang nichts, sondern ging einfach weiter. Ich lief neben ihm her, bis ich mich beruhigt hatte.

      »Entschuldige«, sagte ich dann. »Ich wollte nicht unhöflich sein.«

      »Du weißt, dass ich mich nicht aufdrängen will«, sagte Björn. »Mir lag sehr viel an Lennart, und ich möchte einfach nur sicherstellen, dass es dir und Lina gut geht. Und Elisabeth, selbstverständlich. Wenn ich irgendwas tun kann, um euch zu unterstützen, mache ich das wirklich gern. Was auch immer es ist.«

      »Das ist toll«, sagte ich. »Aber mir fällt wirklich nichts ein, bei dem wir Unterstützung bräuchten. Sollte sich das ändern, melde ich mich gern.«

      Wir liefen eine ganze Weile schweigend weiter, und ich suchte nach einem guten Gesprächsthema. Als ich gerade den Mund öffnen und Björn fragen wollte, wie es um seine Pläne stand, ins Ausland zu gehen, kam uns jemand entgegen. Eigentlich sah er ziemlich alltäglich aus mit seiner Jeans und Jacke, wäre da nicht dieser auffällige schwarze Hut auf seinem Kopf gewesen, der nicht zu seiner sonstigen Aufmachung passte. Zorro, dachte ich grinsend und wollte gerade eine lustige Bemerkung machen, da kam der Mann zu uns. Björn blieb zunächst wie angewurzelt stehen, dann entfernten sie sich ein paar Schritte und sprachen leise miteinander. Auch ich blieb stehen, zutiefst verwundert. Wer war das, und was wollte er? Kannte er Björn?

      Meine Verwunderung steigerte sich, als ich beobachtete, wie sich der Mann zu Björn lehnte und ihm einen Arm um die Schultern legte. Es sollte wohl eigentlich eine freundliche Geste sein, machte aber einen bedrohlichen Eindruck. Der Mann drückte Björn mit gespielter Zärtlichkeit ein paarmal seitlich an sich und schüttelte ihn dabei leicht, dann lächelte er. Björn hingegen sah todernst aus, fast blass.

      »War jedenfalls schön, dich zu sehen, Björn«, sagte der Mann laut. »Du musst wirklich gut auf dich aufpassen. Wir bauen auf dich, das weißt du.«

      Björn antwortete nicht. Nach wenigen Sekunden ließ der Mann von ihm ab, nickte mir aufmunternd zu und ging dann weiter. Ich schaute ihm verwundert nach. Björn rollte ein paarmal die Schultern, als wäre er soeben eine große Last losgeworden.

      »Wer war das?«, fragte ich.

      »Niemand«, antwortete Björn. »Vielmehr: jemand, den ich über die Arbeit kenne. Aber niemand Wichtiges.«

      Wir setzten uns wieder in Bewegung.

      »Du siehst gestresst aus«, sagte ich nach einer Weile. »Willst du das nicht vielleicht doch erklären?«

      Björn schwieg, dann blieb er plötzlich stehen. Ich auch. Und so standen wir da und betrachteten einander.

      Björn war genauso alt wie mein Vater, etwas über sechzig, aber er wollte offenbar jünger wirken. Ich wusste, dass er ziemlich eitel war, dass er Motorrad fuhr und gerade frisch geschieden war. Ich untersuchte ihn mit unvoreingenommenem Blick: das lange Haar; die leichte Bräune – Bräunungscreme? –, die sich seit dem Sommer hielt; die teure und maßgeschneiderte Kleidung. Mit einem Mal erfüllte mich eine so heftige Verachtung, dass ich mich fast dafür schämte: Die Verachtung eines jungen Menschen für einen älteren, der unbedingt jung erscheinen wollte, und dann wurde ich rot. Seit wann war ich so hart, ohne eine Unze Mitgefühl? Lag es an meiner Wut darüber, dass er sich weigerte, meine Fragen zu beantworten? Ich machte schließlich genau das Gleiche.

      Beim nächsten Satz aus seinem Mund löste sich das letzte bisschen Sympathie in Luft auf.

      »Weißt du, dass dein Vater in zwielichtige Geschäfte verwickelt war?«, fragte er. »Geschäfte, die man besser keiner näheren Prüfung unterziehen sollte.«

      Ich starrte ihn nur an. Dann platzte es aus mir heraus.

      »Du«, sagte ich eiskalt, »wenn es auf diesem Planeten jemanden gab, der durch und durch rechtschaffen war, dann war das mein Vater. Nur weil du offenbar irgendwelche Probleme hast, musst du nicht schlecht über ihn reden. Und ich muss jetzt dringend nach Hause zu meiner Katze!«

      Björn betrachtete mich voller Skepsis. Allein bei dem Anblick bekam ich Bauchschmerzen, also entfernte ich mich mit schnellen Schritten Richtung Djurgårdsbrunn. Aber er holte mich schnell ein.

      »Sara, warte«, sagte er. »Das ist jetzt völlig falsch rübergekommen. Ich weiß doch selbst, was für eine ehrliche Haut dein Vater war. Aber ich glaube, er wurde da in etwas hineingezogen. Gegen seinen Willen.«

      »Und woher willst du das wissen?«, fragte ich, ein wenig außer Atem durch das hohe Tempo.

      »Ich weiß gar nichts«, antwortete Björn. »Ehrlich gesagt, spekuliere ich nur. Aber das würde ich eben gern mit dir zusammen tun, statt allein vor mich hin zu grübeln.«

      Ich blieb auf der Brücke stehen.

      »Weißt du was?«, fragte ich Björn und schaute ihm dabei direkt in die Augen. »Ich bin wirklich dankbar für deine Sorge, aber was Papa angeht, bist du auf der falschen Fährte.«

      Über Björns Schulter sah ich den 69er Bus.

      »Okay«, sagte Björn und hob entschuldigend die Hände. »Du hast sicher recht. Dann scheine ich mich geirrt zu haben und werde dich nicht noch mal behelligen.«

      Ohne zu antworten, überquerte ich die Straße und stellte mich an die Haltestelle. Aus den Augenwinkeln sah ich, dass Björn am Ufer entlang zurückging, den Weg, den wir gekommen waren. Er ging mit zögerlichen Schritten, die Hände tief in den Taschen vergraben. Eine Woge schlechten Gewissens überkam mich, als ich ihn Richtung Wald verschwinden sah.

image

      Mitten in der Nacht erwachte ich mit einem Ruck. Mein Herz schlug heftig, ohne dass ich wusste, was mich geweckt hatte. Aber dann ertönte es wieder: ein lang gezogenes Heulen wie von einem Hund. Oder einem Wolf.

      Ich

Скачать книгу