DSA: Rabenbund. Heike Wolf
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»Ihr scheint zufrieden«, stellte Gilia Karinor mürrisch fest. »Ich nehme an, Ihr habt einen guten Grund, mich hierherzubitten?« Die Grandessa trug die Haare offen, und ihr knöchellanges Kleid schmiegte sich an die gefälligen Kurven, sodass ihre Erscheinung ein wenig an die Statuen erinnerte, die Shantalla vor einigen Jahren dem Rahjatempel gestiftet hatte. Bei ihrem Eintreffen hatte sich Shantalla kurzzeitig gefragt, ob ihre Base hoffte, sie mit ihrer Aufmachung ablenken zu können. Doch dann hatte sie in Gilias missmutiges Gesicht geblickt und verstanden, dass der Bonareth rahjagefällige Tändelleien wohl gerade so fern lagen wie dem berüchtigten Piratenadmiral Dagon Lolonna der Besuch eines Vinsalter Flötenkonzerts.
Shantalla haschte nach einem Ast mit weißen Blüten, der tief genug hing, dass sie ihn erreichen konnte. »Den habe ich«, bestätigte sie lächelnd. »Sind Arangen nicht außergewöhnliche Pflanzen?«, fragte sie und schloss die Augen, während sie den Duft der Blüten in sich aufsog. »Ich habe bereits darüber nachgedacht, ob es nicht passend wäre, einen Hain auf dem Silberberg anlegen zu lassen. Es wäre entzückend, morgens mit ihrem Duft in der Nase zu erwachen. Ganz abgesehen davon, dass sie eine wunderbare Symbolkraft haben. Wusstet Ihr, dass sie wohl die einzigen Bäume sind, die Blüten und Früchte zugleich tragen?«
»Interessant.« Gilia war neben ihr stehen geblieben. »Eure Verwandtschaft wäre sicher begeistert, wenn Heerscharen von Erntesklaven über Eure Terrasse marschierten. Aber Ihr habt mich sicher nicht hergebeten, um über die Gestaltung Eures Anwesens zu sprechen.«
»Wie Ihr wisst, schätze ich Euren Rat, liebste Gilia. Doch Ihr habt recht, vertun wir keine Zeit. Schließlich naht ein Krieg.« Shantalla entließ den Ast, der sacht nach oben fuhr und dabei eine Handvoll Blütenblätter niederregnen ließ. »Wisst Ihr, es ist falsch zu glauben, dass wir immer nur diese eine, ausschließliche Entscheidung treffen müssen und Fronten verteidigen, die wir für unumstößlich halten. Manchmal eröffnen uns die Götter verschiedene Wege, und erlauben es uns, großmütig zu sein, anstatt den Gegner zu zerquetschen, nur weil Phex uns gerade ein gutes Blatt in die Hand gespielt hat.«
»Ihr versteht es, für alles schöne Worte zu finden. Was Ihr großzügig nennt, würden andere als Abhängigkeit bezeichnen. Was vermutlich ein sehr viel ehrlicherer Ausdruck wäre.«
»Ach was.« Shantalla winkte ab und setzte an, dem Weg weiter zu folgen. Die Pfade zwischen den Arangenbäumen waren sorgsam geharkt und von Unrat befreit, sodass der schattige Hain tatsächlich mehr einem wohlgestalteten Garten glich als einer Plantage, die dazu diente, Handelsgüter zu erwirtschaften. Hier und da schimmerte die Feuchtigkeit des mittäglichen Regens auf dem Laub, sodass trotz der hochstehenden Sonne eine angenehme Frische zwischen den Bäumen lag. »Abhängigkeit würde bedeuten, dass man einen Gegengefallen einforderte, der von der anderen Seite nur widerwillig gewährt würde. Das wäre kein Großmut, sondern Berechnung. Die ist auf Dauer schrecklich langweilig und zudem vorhersehbar – und gebiert obendrein neue Feindschaften.«
»Worauf wollt Ihr hinaus, Shantalla?« Gilia war stehengeblieben. »Wenn Ihr mir etwas zu sagen habt, dann sagt es. Lasst mich raten: Es geht um diesen unseligen Vorfall bei Hochwürden Brotos Paligan?«
Shantalla versicherte sich mit einem kurzen Blick, dass die Sklaven weiterhin außer Hörweite geblieben waren. Die Schönheit des Arangenhains war ein Grund gewesen, warum sie Gilia hierherbestellt hatte. Der zweite war, dass sie hier reden konnten, ohne dass sie anschließend ihren Hausmagus bemühen musste, die Erinnerung ihrer Dienstboten zu tilgen. Abgesehen von den Kosten war sie sich nicht sicher, wie viel der alte Zausel selbst dabei erfuhr, und sie würde es hassen, eines Tages vor die Entscheidung gestellt zu sein, wie sie mit einem käuflichen Zauberer umgehen sollte, der so viele ihrer großen und kleinen Geheimnisse kannte.
»Ihr habt recht«, sagte sie, ohne sich umzudrehen. Gilia würde ihr folgen, schließlich war sie es, für die seit besagtem Treffen viel auf dem Spiel stand. »Es war ein unerfreulicher Abend mit ebenso unerfreulichen Überraschungen. Habt Ihr bereits etwas unternommen, um Euren verschwundenen Beschützer zu finden?«
»Natürlich. Er wird verschwinden, sobald man seiner habhaft geworden ist.«
»Wie unschön.« Shantalla verzog das Gesicht. »Und unnötig. Der arme Tropf hat wahrscheinlich nichts weiter getan als seine Pflicht. Glücklicherweise besteht kein Grund, ihm ein Leid zuzufügen. Er befindet sich in meiner Obhut.«
Gilia, die sich gerade wieder in Bewegung gesetzt hatte, hielt abrupt inne. »In Eurer Obhut?«, fragte sie scharf. »Der Spitzel war Euer Werk?«
»Boron behüte!« Shantalla drehte sich um und lächelte unschuldig. »Wo denkt Ihr hin, liebste Base? Ich glaube an die Ideen unseres hoffnungsvollen zukünftigen Patriarchen, und es läge mir fern, ihm und damit auch uns zu schaden. Ich habe den Mann suchen lassen, und ich war erfolgreich. In dem Zusammenhang ist mir noch eine weitere Sache in die Hände gefallen, die Ihr sicher bereits vermisst. Ein Schreiben aus der Stadt des Schweigens, eine äußerlich belanglose Botschaft bezüglich einer Frage um irgendwelche Lotuspflanzungen. Der Inhalt wird jedoch ungleich brisanter, wenn man sie zu lesen weiß. Ihr seid unvorsichtig, Gilia. Man vernichtet solche Schreiben, wenn man sie gelesen hat.« Ihr Lächeln vertiefte sich ein wenig, als sie den Kopf zur Seite legte und Gilias Miene studierte. »Ihr seid Euch sicher darüber im Klaren, dass die Aussage Eures Beschützers zusammen mit diesem Schreiben den Schwarzen General dazu veranlassen könnte, Euren Kopf noch heute auf die Zinnen des Silberbergs zu spießen?«
Gilia war blass geworden. Erschrecken, Unglaube und Zorn wechselte auf ihrem Gesicht einander ab, während sie Shantalla anstarrte.
»Ich weiß nicht, ob Euch bewusst ist, was Ihr da gerade sagt?«, stieß sie hervor. »Euer Kopf wird dem meinen Gesellschaft leisten, wenn Ihr das tut. Ihr seid ebenso verstrickt wie ich und all die anderen, und ich bezweifle, dass sich der Schwarze General von Euren schönen Worten einlullen lassen wird.«
»Ach Gilia. Ich sagte Euch bereits, dass ich an die Ideen eines Brotos Paligan glaube. Allerdings, und das ist der entscheidende Punkt, haben diese Ideen für mich nur eine Zukunft, wenn Ihr und Eure Tochter aufhört, mir einen Dolch an die Kehle zu halten. Ich will unserer gemeinsamen Sache nicht schaden und noch weniger will ich Euch wehtun, Gilia. Aber ich verlange, dass Ihr auf Eure Tochter einwirkt, von ihren albernen Machtkämpfen abzulassen. Wir sind keine Feinde, Gilia, aber wenn Ihr mich weiter bedrängt, sehe ich mich gezwungen, einen Schritt zu tun, der weder Euch noch mir gefällt.«
»Ihr glaubt tatsächlich, Euch herauswinden zu können! Das Schlimme ist, dass ich Euch sogar glaube, dass Ihr es könnt.« Gilias Unterlippe zuckte. »War das von vornherein Euer Plan? Habt Ihr Euch deshalb dem Rabenbund angeschlossen, um etwas gegen mich in der Hand zu haben? Ich hätte nicht gedacht, dass Ihr dafür bereit seid, einen göttlichen Eid zu brechen. Sonst hätte ich niemals zugelassen, Euch ins Vertrauen zu ziehen.«
»Ich will es nicht tun, Gilia.« Shantalla versuchte, ihren Blick zu fassen. »Boron sei mein Zeuge, dass mir nichts fernerläge, als einen Eid zu brechen, den ich in seinem Namen geschworen habe. Andernfalls würde ich nicht mit Euch sprechen, sondern hätte du Metuant an Eurer Stelle hierherbestellt.«
»Dann lasst meinen Beschützer gehen!«
»Das werde ich tun, sobald es möglich ist.« Shantalla lachte und machte einen