Das skurrile Leben der Myriam Sanders. Melanie Müller
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Sie kniet sich neben die Wache, fühlt ihren Puls und ist beruhigt. Sie atmet noch und sie wird morgen sicherlich einen Brummschädel haben.
Myriam sucht den Schlüssel und findet ihn zwischen den Glassplittern. Das Leuchten des grünen Ankhs flackert und pulsiert. Er fühlt sich warm an. Während sie ihn in ihrer Hand hält, spürt sie Wellen von Macht. Der Schlüssel ist tatsächlich magisch.
Myriam hält ihn eine Weile fest. In ihr reift ein Plan. Wenn sie Noemi von dem Halsband befreit hat, wird sie den Schlüssel inklusive Halsband behalten. Sicher wird es ihr noch gute Dienste leisten. Bevor sie ihn in ihr Taschentuch wickelt und ihn sodann zusammen mit ihrer Waffe in ihre Handtasche schiebt, sagt sie: «Ich wäre schön blöd, es nicht zu probieren. Ich würde mich freuen, solche Macht in Händen zu halten. Damit kann ich jede Frau und jeden Mann zu Gehorsam zwingen, ohne dass sie sich wehren können.»
Schleunigst verlässt Myriam den VIP-Bereich und mischt sich in die Menge. Wenn jemand den Angriff bemerkt hätte, würden sie so tun, als hätten sie nichts gesehen.
Alle Charaktere auf der Bühne sind so damit beschäftigt, sich zu erfreuen, als dass sie sich hätten vorstellen können, was soeben passiert ist.
Ich muss jetzt nur cool bleiben und mich so langsam auf den Heimweg machen und Noemi mit mir nehmen.
Noemi blickt jetzt von der Bühne auf Myriam herab. Sie wählt sie aus einer Menge von Hunderten und hält ihren Blick fest. Etwas in ihr, tief in ihrem Verstand, sagt ihr wohl, dass sie jetzt ihr Schlüsselhalter ist. Sie nickt ihr zu, erhebt sich und bahnt sich einen Weg zu Myriam. Sie gehorcht meinen Gedanken. Phantastisch! Das ist genial!
Als Noemi bei Myriam ankommt, eilen beide zum Aufzug und fahren nach oben.
Hoffentlich bemerkt Antonia Moretti nichts, es ist riskant, wir da in dem Gitterkäfig völlig schutzlos der Menge preisgegeben, sollten wir bemerkt werden. Mein Herz klopft so laut, dass ich denke, es wird jeden Moment zerspringen.
Auf Annie hat Myriam nicht mehr gewartet. Sie würde sich sicherlich noch ein wenig austoben und dann ihren Weg nach Hause finden.
Myriam nimmt Noemi mit nach Hause.
«Heute ist unser Glückstag. Hier habe ich den Schlüssel! Nun zeig mir das Schloss, damit ich dich befreien kann.»
Noemi zieht das Halsband nach vorne und Myriam will den Schlüssel ins Schloss stecken. Sie zögert kurz. Soll ich die Situation ausnutzen und sie mir zu Nutze machen? Gegen einen kleinen Fick und einen geilen Orgasmus hätte ich jetzt nichts einzuwenden.
Myriam schüttelt den Kopf und wischt diese Gedanken beiseite. Noemi hatte ihr einen Auftrag erteilt und sie hat ihn ausgeführt.
Nun habe ich noch den Schlüssel und werde das Halsband öffnen.
Mit dem Schlüssel öffnet Myriam das Schloss und entfernt das Halsband. «Das behalte ich, wenn du erlaubst!»
Überglücklich umarmt sie Myriam. «Natürlich! Mach damit, was du willst. Ich weiß aber nicht, ob es bei dir funktioniert. Sie hatte immer noch besondere Rituale, wenn sie das Schloss benutzte. Bin ich froh, dass der Bann gebrochen ist!» Sie reibt sich den Hals und grinst Myriam an.
Frei von dem Bann, sich einer Frau hinzugeben, das ist so schön! Jetzt küsse ich sie aus freiem Willen. Sie küssen sich, aber Noemi kann spüren, dass ihr Herz nicht dabei ist und es auch gar nichts mehr bei ihr bewirkt. Sie löst sich von Myriam und schiebt sie von sich weg.
«Sorry, es geht nicht mehr. Ich habe jetzt mein altes Leben wieder. Gott sei Dank! Dank dir kann ich meinen eigenen Weg gehen und den gehe ich sicher nicht mit einer Frau. Es tut mir leid!»
«Mir auch!» Myriam grinst sie an. «Ich freue mich, einen Scheck per Post zu bekommen. Das wäre wundervoll! Ich nehme an, du hast das Geld nicht dabei?»
Noemi sieht Myriam an, schüttelt den Kopf und sagt «Danke», zwinkert ihr zu, dreht sich um und verschwindet mit den Worten: «Halte deinen Posteingang im Auge!»
Nur noch ein leichter Geruch nach Flieder liegt in der Luft und die Erinnerung an eine außergewöhnliche Frau.
Was für ein Abenteuer! Der heutige Abend geht Myriam durch den Kopf. Das, was sich abgespielt hatte, darauf war sie nicht vorbereitet. Aber anstatt angewidert zu sein, erregt sie der Gedanke an diesen Abend und an das Geschehen. Vielleicht möchte ich noch mehr sehen und erleben.
Mit diesen Gedanken schläft Myriam ein.
Ausgeruht betritt sie am nächsten Morgen ihr Büro und wartet. Worauf warte ich eigentlich? Dass Noemi noch einmal vorbeikommt? Dass der nächste Auftrag eingeflogen wird? Dass meine Assistentin Annie zur Arbeit kommt? Ja, ich will wissen, was Annie sonst noch erlebt hat. Ich bin nass, wenn ich an den gestrigen Abend denke. Kann man von dieser geilen Atmosphäre süchtig werden?
Alles Fragen, die im Moment wohl nicht beantwortet werden können. Myriam ergreift die Whiskey-Flasche und gießt sich einen großen Schluck ein. Wohlig lässt sie das scharfe Gebräu ihre Kehle hinunterlaufen. Dann öffnet sie ihren Laptop und gibt «Ankh» in die Suchmaschine ein.
Die ägyptische Hieroglyphe »Ankh” ist Teil des ältesten bekannten ägyptischen Schriftsystems und bedeutet »Leben” (im Diesseits und Jenseits) oder »Lebenskraft”, eine andere Bedeutung wäre: »Spiegel” bezüglich Spiegel der Bewusstwerdung. Hieroglyphen wurden vorwiegend an und in Tempeln oder Grabstätten von Pharaonen gefunden und sind vereinfacht ausgedrückt Sinnbilder, eine Bilderschrift, wobei der Wortstamm »Hieroglyphe” aus dem Griechischen kommt und die ungefähre Bedeutung »heiliges und magisches Zeichen” hat.
Die wenigsten Menschen im alten Ägypten konnten lesen und schreiben und so glaubten sie an die göttliche Herkunft dieser Zeichen, an ein Geschenk der Götter. Pharaonen bzw. Könige wurden zur damaligen Zeit vom Volk gleichzeitig als Vater und Mutter aller Menschen und zugleich auch noch als Zauberer und Priester gesehen.
Sie hatten von den Göttern die Macht zugewiesen bekommen, für reiche Ernte und großen Viehbestand zu sorgen. Andere Ankh-Symbol Bezeichnungen sind: Anch, Henkelkreuz, Schleifenkreuz, Lebenskreuz, Nilschlüssel, koptisches Kreuz, crux ansata, bei den Christen wurde es zum Sankt Antonius Kreuz
Myriam liest weiter:
Das Ankh fand man oft in Darstellungen, in welchen es die Pharaonen von den Göttern überreicht bekamen, (dem König wurde hier symbolisch gesehen der weibliche Teil der Schöpfung verliehen) um dann diesen Lebenshauch an das Volk weiterzugeben.
In anderen Abbildungen wird der Herrscher von den Göttern mit dem Ankh am Mund (zwischen Oberlippe und Nase) berührt und bekommt nach alter Überlieferung so Unsterblichkeit verliehen. Ein Ankh Kreuz erinnert stark an das uns bekannte Zeichen des weiblichen Geschlechts und hat Bezug zur Venus Mythologie. (Venus, der Planet des weiblichen Charakters). Die altägyptische Entsprechung des weiblichen Teils der Schöpfung ist «Isis».
Myriam sucht noch nach weiteren Erklärungen, findet aber nichts über ein magisches Ankh-Kreuz. Enttäuscht klappt sie den PC wieder zu. Wie auch immer. Der Smaragd leuchtet seltsam. Irgendetwas Magisches ist daran.
Flucht
Noemi eilt zu ihrer besten Freundin Emma, dort hat sie ihr ganzes Hab und Gut abgestellt,