Operation Terra 2.0. Andrea Ross

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Operation Terra 2.0 - Andrea Ross

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beruhigendes Gefühl.

      Blieb also nur noch die Sorge, was man mit Philipp anstellen würde, sobald er sich wieder in der Siedlung blicken ließ. Aber was konnte man ihm schon Schlimmes vorwerfen? Er hatte den Rover samt Ausrüstung schließlich nicht gestohlen, sondern nur ausgeliehen. Ungehorsam, unerlaubte Abwesenheit vielleicht, aber kein schweres Verbrechen. Er hatte keinen blassen Schimmer, wie in solchen Fällen das Strafmaß ausfiel. Ob man ihm die zurechtgelegte Geschichte als glaubhaft abnehmen wollte oder nicht – er würde eben nur diese und keine andere anbieten. Basta.

      Nach eineinhalb Tagen Fahrt näherten sie sich der Siedlung. Eine Staubwolke wallte ihnen entgegen.

      »Sieh mal, die kommen uns abholen. Scheinbar hatten sie die Suche noch immer nicht ganz aufgegeben«, rief Swetlana aufgeregt.

      »Ja, klar! Die brauchen den Rover, konnten sich nicht erklärten wo er abgeblieben war. Denke nur nicht, die wären um uns beide so besorgt. Wir werden ja bald sehen, ob sie erfreut sind, uns wohlbehalten zurück zu haben«, erwiderte Philipp voller Sarkasmus.

      Flankiert von zwei Seiten eskortierte man sie zur Siedlung. Die Fahrt endete vor den Verwaltungsgebäuden, womit Philipp durchaus gerechnet hatte. Völlig gerädert, von oben bis unten mit feinem Staub bedeckt, stiegen die Emmersons aus.

      Dubois wartete bereits auf sie. Sein Kopf nahm eine hochrote Farbe an, als die beiden Vermissten in sein Büro gebracht wurden. Er knirschte vernehmlich mit den blendend weißen Zähnen. Zwei Stühle standen vor seinem Schreibtisch. Er bedeutete den Delinquenten, dort Platz zu nehmen. Sie kamen der Aufforderung nach, entledigten sich ihrer Atemschutzmasken.

      »Na, haben Sie Ihren kleinen Ausflug in die Einöde genossen? Welch eine glückliche Fügung, dass nun die Frist zur Abtreibung verstrichen ist. Was Sie natürlich sehr genau wissen!« Pure Ironie tropfte aus seinen anklagenden Worten.

      »Es ist aber nicht so, wie Sie denken!« Noch beim Sprechen fiel Philipp auf, was für eine Plattitüde er gerade von sich gab. Dieser dämliche Satz wurde wohl in achtundneunzig Prozent aller Ausreden gebraucht.

      »Sondern? Na, auf diese Geschichte bin ich gespannt«, sagte Dubois lauernd. Er wirkte höchst verärgert.

      »Also … Sie wissen sicher, dass mich mein Vorarbeiter Frank Wagener mit dem Rover zum Fluss schickte. Zuvor sollte ich Carl Snider abholen. Die Sache schien sehr eilig, denn die Wasserversorgung der Gewächshäuser war vollständig ausgefallen. Wagener hatte mir außerdem von seinen Sorgen mit der Personalknappheit berichtet. Als ich später Carl Snider in seinem Haus nicht antraf, überlegte ich daher fieberhaft, wen ich als zweite Person zur Einsatzstelle mitnehmen könnte. Da fiel mir spontan nur meine Frau ein.«

      Dubois schüttelte den Kopf, lachte schallend, ein spöttisches, verächtliches Lachen. Gleich darauf wurde er wieder ernst. »Ist es denn die Möglichkeit! Eine Schwangere als Hilfskraft für Installationsarbeiten, wer soll Ihnen das abnehmen? Ein bisschen mehr Fantasie hätte ich Ihnen schon zugetraut.«

      »Daran bin ich schuld«, ließ sich Swetlana kleinlaut vernehmen. »Ich habe meinen Mann seit Monaten mit der Forderung genervt, zu einem der organisierten Picknickausflüge mitzukommen. Er wollte aber nicht. Wissen Sie, ich war noch niemals außerhalb des Siedlungsgebietes gewesen. Es interessierte mich einfach, was einen dort draußen erwartet. Wenn die Kinder erst geboren sind, werde ich lange keine Möglichkeit mehr finden, dorthin zu gelangen. Philipp hat nachgegeben.«

      Dubois warf seinen Kopf in den Nacken, schnaubte wie ein Stier, der mit den Hufen scharrt. Er fixierte Philipp mit seinen kalten graublauen Augen. »Tja nun … die Wasserleitung ist aber leider nicht repariert worden, jedenfalls nicht von Ihnen – und zurückgekommen sind Sie ebenso wenig. Also, welchen Bären wollen Sie mir aufbinden, um das zu rechtfertigen?«

      Emmerson räusperte sich verlegen, rutschte unruhig auf seinem Kunststoffstuhl herum. »Wir wurden entführt, noch bevor wir die maßgebliche Stelle erreichten.«

      Der Verwaltungsleiter guckte perplex aus der Wäsche, fand seine Fassung halbwegs wieder, sprang wütend auf, griff nach einem Stift und schmetterte ihn zu Boden. Viel lieber hätte er sein Gegenüber angegriffen und ihm eine reingehauen.

      »Das ist ja unglaublich! Da gebe ich Ihnen die Chance, sich zu erklären … und Sie kommen mir mit lächerlichen Ammenmärchen daher, beleidigen meine Intelligenz!«

      Philipp blieb vollkommen ruhig, tätschelte seiner erschrockenen Ehefrau den Arm. »Es ist aber so gewesen. Wollen Sie nun Näheres über die Aliens erfahren oder nicht?«

      »Aliens?! Das ist doch die Höhe«, japste Dubois.

      »Ja. Sie sind menschlich, über zwei Meter groß, tragen farbenfrohe Kaftane und sprechen in einer völlig unverständlichen Sprache. Sie haben uns zu einer Art Iglu gebracht. Dort wurden wir festgehalten. Sie veranstalteten Intelligenztests mit uns, ähnlich wie wir es auf der Erde mit Laborratten handhaben. Vorgestern ließen sie uns endlich ziehen. Vielleicht sind sie uns feindlich gesinnt und wollen abchecken, ob wir ihnen gefährlich werden könnten.«

      »Sie erwarten doch wohl nicht, dass ich Ihnen diesen Nonsens abnehme! Farbige Kaftane … pah. Fiel Ihnen nichts Besseres ein, Emmerson?«

      »Sie müssen mir das gar nicht glauben. Ich kann es schließlich beweisen. Ich weiß noch ziemlich genau, wo das Iglu samt Messeinrichtungen steht. Fahren Sie doch hin und sehen Sie selbst nach!«

      »Klar doch! Und mache mich lächerlich, das hätten Sie wohl gern«, schimpfte Dubois. Aber er wirkte längst nicht mehr so selbstsicher. Sein Kontaktmann auf der Erde, mit dem er regelmäßig Informationen austauschte, hatte ihm schon zu Beginn angeraten, wachsam zu sein. Es bestehe aufgrund diverser Funde die vage Möglichkeit, dass er und die restlichen Siedler auf dem Mars nicht alleine seien. Eine deutliche Warnung, zweifellos.

      Philipp Emmerson erhielt eine Disziplinarstrafe, musste Sonderschichten schieben und ein paar extrem langweilige Nachschulungen über Disziplin und Loyalität gegenüber Vorgesetzten besuchen. Offiziell war die Angelegenheit damit erledigt.

      In aller Heimlichkeit jedoch rüstete Marcel Dubois einen vier Mann starken Suchtrupp mit zwei Marsrovern und Schusswaffen aus, welche bei den von Philipp angegebenen Koordinaten nachforschen sollten.

      Sie kamen mit beunruhigenden Nachrichten zurück. Aliens hatten sie zwar keine angetroffen, doch das mysteriöse Metalliglu stand verlassen in der steinigen Ebene. Dubois‘ Kontaktmann von der Erde versicherte ihm, dass es sich hierbei um keine irdische Einrichtung handelte.

      Der Verwaltungsleiter der Kolonie erhielt die strikte Anweisung, unter allen Umständen Stillschweigen zu bewahren und die Familie Emmerson unter Androhung empfindlicher Strafen ebenfalls hierzu zu verpflichten. Man plane in Kürze weitere Siedlungen auf dem Mars, könne daher absolut keine Panikmache gebrauchen, hieß es.

      »Wir müssen innerhalb kürzester Zeit große Teile des Mars kontrollieren, für unsere Zwecke beanspruchen. Sonst werden wir womöglich eines Tages das Nachsehen haben. Sie wissen ja, ein Killerasteroid soll sich der Erde nähern. Wir benötigen dringend sicheren Lebensraum. Daher stufen wir die mutmaßlichen anderen Bewohner des Planeten vorläufig als feindlich ein. Stellen sie sich unseren Plänen trotz diplomatischer Bemühungen entgegen, müssen wir uns geeignete Maßnahmen ausdenken, sie … ähm … loszuwerden. Wollen wir hoffen, dass es nicht dazu kommen wird.«

      ›Diplomatie? Dazu müsste man mit den Aliens erst einmal kommunizieren können‹, dachte Dubois besorgt.

       Mars,

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