Die »Ereignismeldungen UdSSR« 1941. Группа авторов

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Ähnlich wie im übrigen Baltikum oder in Ostpolen führten der Verlust der nationalen Selbständigkeit u. der Regimewechsel zu einem sprunghaften Anstieg des Antisemitismus. Allein das Faktum, daß die lettischen Juden, die bislang de facto von allen staatlichen Positionen ausgeschlossen waren, nunmehr öffentliche Ämter bekleiden konnten, ließ sie als Nutznießer u. Parteigänger der Sowjetisierung erscheinen. Daß alle jüdischen Institutionen verboten u. 5000 lettische Juden nach Sibirien deportiert wurden, fiel nicht ins Gewicht. Insbesondere der Pērkonkrusts, eine faschistische Organisation, in der sich mehrere studentische Korporationen vereinigt hatten, nährte die Gleichsetzung von Judentum u. Bolschewismus. Argumente jüdischer Politiker wie „Es ist besser, den Schlüssel seines Geschäfts Stalin zu übergeben als seinen Kopf Hitler“ (Zit. bei Margers Vestermanis: Juden in Riga. Auf den Spuren des Lebens und Wirkens einer ermordeten Minderheit. Ein historischer Wegweiser, Bremen 1995, S. 14) dienten dafür als ‚Beweis‘; vgl. Dov Levin: The Jews and the Sovietisation of Latvia, 1940–1941, in: Soviet Jewish Affairs 5(1975), S. 39–56; ders.: Baltic Jews under the Soviets 1940–1946, Jerusalem 1994; Frank Gordon: Latvians and Jews between Germany und Russia, Stockholm 1990; Ezergailis: The Holocaust in Latvia 1941–1944, S. 79–115; Hans-Heinrich Wilhelm: Antisemitismus im Baltikum, in: Grabitz/Bästlein/Tuchel: Die Normalität des Verbrechens, S. 85–102; Angrick/Klein: Die „Endlösung“ in Riga, S. 16–39; Björn M. Felder: Stalinismus als „russisch-jüdische Herrschaft“. Sowjetische Besatzung und ethnische Mobilisierung im Baltikum 1940 bis 1941, in: ZfG 57(2009), S. 5–25.

      4 Bereits hier unterlief die Wehrmacht das zwischen Heydrich u. dem Gen.Qu. Wagner vereinbarte Abkommen, das den Einsatz der SK auf die rückwärtigen Armeegebiete u. den der EK auf die rückwärtigen Heeresgebiete beschränkte. Ob dies durch die auf dem linken Flügel der HGr. Nord vorgehende 18. Armee bzw. direkt durch die HGr. oder durch Absprachen auf unterer Ebene ermöglicht wurde, läßt sich der Heeresüberlieferung nicht entnehmen. Jedenfalls wurde ein derartiges Vorgehen in der Folgezeit zum allzeit praktizierten Normalfall. Konkret bedeutete das, daß die Fluchtchance der Juden insbesondere in den westlichen Teilen der Sowjetunion minimal war; vgl. Headland: Messages of Murder, S. 82 ff.

      5 In der Nacht vom 29. auf den 30.6.1941 räumte die Rote Armee fluchtartig Riga, so daß die Wehrmacht am 1.7. in die Stadt einrücken konnte; Der Einsatz der zum Voraus-Rgt. des I. AK gehörigen Truppen in der Zeit 22.6.–1.7.1941 (Einnahme von Riga), BA-MA, RH 19 III/662; Wilhelm: Die Einsatzgruppe A, S. 104, nennt dafür fälschlicherweise den 29. 6.

      6 Noch vor der Ankunft der Wehrmacht nutzte der lettische Selbstschutz, der sich im Untergrund aus Anhängern des Pērkonkrusts u. der paramilitärischen Aizsargi gebildet hatte, das Vakuum, ergriff die Macht in Riga u. rief zum Kampf gegen den „inneren Feind“ auf; Anklage Staw Hamburg v. 10.5.1976, BAL, B 162/3076; Hilberg: Die Vernichtung der europäischen Juden, Bd. 2, S. 325, irrt, wenn er die Initiative zum Pogrom der noch nicht anwesenden EG A zuschreibt. Bereits am 30.6. setzte ein blutiges Inferno ein, das sich bis zum 4.7. fortsetzen sollte: Auf den Straßen begann die Jagd auf die Juden Rigas, Hauswarte denunzierten ihre jüdischen Mieter, Synagogen brannten, es kam zu Massenerschießungen, Plünderungen u. Vergewaltigungen; vgl. Max Kaufmann: Die Vernichtung der Juden Lettlands. Churbn Lettland, München 1947; Margers Vestermanis: Der lettische Anteil an der „Endlösung“. Versuch einer Antwort, in: Uwe Backes/Eckhard Jesse/Rainer Zitelmann (Hrsg.): Die Schatten der Vergangenheit. Impulse zur Historisierung des Nationalsozialismus, Frankfurt/M.–Berlin 1990, S. 426–449; ders.: Der Holocaust in Lettland. Zur „postkommunistischen“ Aufarbeitung des Themas in Osteuropa, in: Arno Herzig/Ina Lorenz (Hrsg.): Verdrängung und Vernichtung der Juden unter dem Nationalsozialismus, Hamburg 1992, S. 101–130; Gertrude Schneider (Hrsg.): The Unfinished Road. Jewish Survivors of Latvia Look Back, New York u. a. 1991; Bernhard Press: Judenmord in Lettland 1941–1945, Berlin 19952; Max Michelson: City of Life, City of Death. Memories of Riga, Boulder 2001; Grossman/Ehrenburg/Lustiger: Das Schwarzbuch, S. 679ff.; Matthew Kott: The Portrayal of Soviet Atrocities in the Nazi-controlled Latvian-language Press and the First Wave of Antisemitic Violence in Riga July-August 1941, in: Gaunt/ Levine/Palosuo: Collaboration and Resistance During the Holocaust, S. 127–160; Katrin Reichelt: Lett-land unter deutscher Besatzung. Der lettische Anteil am Holocaust, Berlin 2011. Die Unterstellung „Für ‚spontane‘ Mordaktionen aus der lettischen Bevölkerung gibt es bisher keine Belege“ (Björn M. Felder: „Tod dem Roten Terror!“ Antikommunismus, gesellschaftlicher Konsens und Widerstand in Lettland 1943 bis 1946, in: JHK 2007, S. 144) ist angesichts dessen nur als absurd zu bezeichnen. Aber auch Stahleckers Behauptung, nur „unter erheblichen Schwierigkeiten [hätten] einheimische antisemitische Kräfte zu Pogromen gegen die Juden veranlaßt“ werden können (EG A: Gesamtbericht bis 15.10.1941, RGVA, 500–4–93), sollte im Hinblick auf solche Schilderungen als nachträglicher Versuch gewertet werden, sich selbst zum spiritus rector des Geschehens zu stilisieren; als Überblick: Andrej Angrick/ Peter Klein: Riga 1941–1944, in: Ueberschär: Orte des Grauens, S. 195–206.

      7 Libau (Liepāja), die wichtigste lettische Hafenstadt, hatte 1939 57000 Einwohner, darunter 6000 Juden; EdH, Bd. 2, S. 859. Unmittelbar nach der Eroberung durch die 291. Inf.Div. am 29.6.1941 rückte ein Teilkdo. des SK 1a unter Ostuf. Fritz Reichert in Libau ein. Zur Unterstützungkam am 4.7. zudem ein Teilkdo. des EK 2 unter Ostuf. Erhard Grauel dort an. Am Abend desselben Tages fanden erste Judenerschießungen statt; vgl. Anklage Staw Hannover v. 18.1.1968, BAL, B 162/2637; Urteil LG Hannover v. 14.10.1971, BAL, B 162/14508.

      8 Die Zahl ist deutlich zu niedrig. Allein bis zum 1.7. hatte die Stapo-Stelle Tilsit bereits 526 Juden erschossen. Die Initiative dazu ging von Stubaf. Böhme aus, der am 1.7.1941 dem RSHAberichtete: „Die Durchführung der Aktion wurde am 24. Juni mit SS-Brigadeführer Stahlecker durchgesprochen, der grundsätzlich sein Einverständnis zu den Säuberungsaktionen in der Nähe der deutschen Grenze erklärte.“ Zustimmung kam auch von Himmler u. Heydrich in Augustowo: „Der Reichsführer-SS u. der Gruppenführer, die dort zufällig anwesend waren, liessen sich über die von der Staatspolizeistelle Tilsit eingeleiteten Massnahmen unterrichten u. billigten diese in vollem Umfange“, Bericht Stapo-Stelle Tilsit v. 1.7.1941, RGVA, 500–1–758. Die ältere Forschung u. die Justiz interpretierten diese Massaker fälschlicherweise noch als vom RSHA angeordnete Befehlstaten u. folgten hierin der Argumentation Böhmes in seiner Vern. v. 13.1.1966, BAL, B 162/5401; vgl. Urteil LG Ulm v. 29.8.1958, BAL, B 162/2615; Krausnick: Hitlers Einsatzgruppen, S. 141.

      9 Oberst Kazys Škirpa war der ehem. litauische Gesandte in Berlin u. das Sprachrohr seiner Regierung in der kritischen Phase, als die baltischen Staaten im Sommer 1940 von der UdSSR annektiert wurden. Er verblieb im Reich u. gehörte als maßgeblicher Funktionär der Litauischen Aktivistenfront (LAF) an, deren Propagandatätigkeit aber von den deutschen Dienststellen unterbunden wurde. Infolge der deutschen Vorbereitungen zum Überfall auf die UdSSR stieg jedoch Škirpas Stern. Er intensivierte seine Kontakte innerhalb der litauischen Elite u. baute Netzwerke zum Amt Rosenberg, insbesondere zu Georg Leibbrandt, zur Abwehr unter Oberstlt. Friedrich Graebe sowie über Dr. Heinz Gräfe zum SD in Ostpreußen auf. Der SD sowie die Abwehr nahmen so im Nov. 1940, von Škirpa unterstützt, Kontakte zu den Widerstandsgruppen in Litauen auf, die umgekehrt die Gruppe Berliner Exilanten der LAF als politische Führung anerkannten, so daß deren Verbände als fünfte Kolonne dem deutschen Angriff nutzbar gemacht werden konnten. Der politische Lohn für das Engagement blieb ihnen vorenthalten. Bei einem Treffen Škirpas mit dem Gesandten Grundherr wurde der Litauer am 23.6.1941 in seine Schranken gewiesen. Das auf denselben Tag datierte Schreiben Škirpas an Hitler, wonach er – das Einverständnis der deutschen Regierung vorausgesetzt – nach Litauen zurückkehren u. die Amtsgeschäfte übernehmen wolle, wurde gemäß der Entscheidung Ribbentrops v. 25.6.1941 ignoriert; vgl. Myllyniemi: Die baltische Krise 1938–1941, S. 146 ff.; ADAP, Serie D, Bd. XIII/1, Dok. 3–6, 18; seine Sicht in seinem Ms.: Litauens Aufstand gegen die Sowjets im Juni 1941, IfZ, Ms 289/1.

      10 General Stasys Rastikis war bis zum 24.4.1940 OB der litauischen Armee gewesen u. hatte in dieser Funktion beste Kontakte nach Deutschland – bis hin zu persönlichen Treffen mit Hitler, Ribbentrop u. Halder – aufgebaut. Er selbst vertrat die Politik einer baltischen

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