Bereuen. Dong Xi

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Bereuen - Dong Xi

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Kopf voll Schmutz. Ich drehte mich um, lief aus dem Haus und schlug die Tür hinter mir so stark zu, daß es lauter war als ein Gewehrschuss.

      Was war es, was ich damals am meisten hasste? Das war ein Verbrecher, so einer wie mein Vater. Deshalb war ich so gelassen und standhaft, als mein Vater durch eine Gruppe Rotgardisten deportiert wurde. Ich ging sogar nicht einmal aus dem Haus. Nachdem sich draußen die störenden Geräusche abebbten und der Motorlärm unsere Ohren verließ, sang ich überraschenderweise mit heller Stimme: „Rote Blüten blühen auf roten Felsen, tausend Li Frost unter den Füßen, die kälteste Periode des Winters ist nicht zu fürchten, ein rotes Herz sehnt sich nach der Sonne, nach der Sonne...“ Während des Singens platzte eine Fensterscheibe. Anfangs glaubte ich, daß meine Stimme das verursacht hätte, sah aber sofort, daß ein Stein hereingeflogen war und daraufhin noch ein anderer Stein durch das andere Fenster flog. Ich wusste, daß Hunderthaus Yu und Helllicht Rong mit ihren Katapulten geschossen hatten. Die zwei Steine waren Ausdruck ihrer Verachtung. Ich hatte aber nicht deswegen aufgehört zu singen. Ich stand auf dem alten Platz und sang das Lied erregt zu Ende. Feiner Schweiß stand mir auf der Stirn, als hätte mir das Lied Wärme gegeben. Es war aber eiskalter Winter. Ohne festen Willen durchzuhalten wäre ich nicht ins Schwitzen geraten.

      Am nächsten Morgen kamen zwei Lastkraftwagen herangefahren und hielten vor unserem Haus. Eine Menschengruppe sprang aus dem Wagen. Sie luden jeweils den Hausrat der Familie Zhao und der Familie Yu auf den Wagen. Onkel Yu lief mit Zahnbürste und Schaum im Mund im Haus heraus und brüllte: „Soll´s heißen, daß ihr unser Vermögen konfisziert?“ Der Leiter der Gruppe behauptete lediglich: „Das Lager wird eine andere Rolle spielen. Ihr müsst alle umziehen.“

      Onkel Yu spuckte den Schaum und die Bürste auf den Boden. „Wie kann man so einen Abtransport anfangen, ohne vorher Bescheid zu geben?“ Der Leiter schimpfte: „Hör auf mit deinem Geschwätz! Willst du einen Spitzhut und eine Verurteilung?“ Diese Gruppe stiftete große Unruhe und bestürmte das Schlafzimmer der Familie Yu. Tante Fang-bo schrie vor Schreck laut auf und Onkel Yu zeterte: „Auch wenn ihr den Umzug macht, darf es nicht so eilig passieren. Lasst meine Frau sich mindestens zuerst anziehen.“ Der Leiter brauste auf: „Ihr seid verdammte Stinkkapitalisten und wisst wirklich das Leben zu genießen. Die Sonne bescheint schon euren Po und ihr seid immer noch unbekleidet!“

      Onkel Zhao lag auf der Schwelle zur eigenen Wohnung und behinderte den Umzug. Die Leute schritten über seinen Körper hinweg rein und raus, mit Holzkisten, Bettgestellen und Bettwäsche sowie Hausgeräte in Händen. Onkel Zhao wurde gar nicht beachtet. Nur an der Schwelle machten sie einen großen Schritt. Über dem Kopf Onkel Zhaos bewegten sich lauter Hosenböden hin und her. Er sah endlich ein, überschritten zu werden, ohne sie aufhalten zu können. Was für ein großer Schaden wurde ihm zugefügt. So stand er mit einem Ruck auf und schrie laut: „Aufhören mit eurem Unsinn! Ich bin der Vater vom Schuldirektor.“ Manche lachten: „Gerade Direktor Zhao hat uns geschickt!“

      Nachdem der gesamte Hausrat ausgeräumt war, hielt sich Onkel Zhao am Türrahmen fest und wollte nicht gehen. Einige junge Leute hoben ihn einfach hoch und trugen ihn wie ein Stück Möbel nach draußen. Wie ein Hahn vor dem Tod focht Onkel Zhao in ihren Händen seinen letzten Verzweiflungskampf aus und schimpfte:

      „Tausendjahr Zhao, du bist ein Hurensohn! Ich habe hier mein halbes Leben verbracht! Wohin willst du mich deportieren? Du sollst mich lieber töten als fortschaffen. Lasst mich lieber hier im Haus sterben. Du weißt, nur hier im Haus, kann ich mich wohl fühlen, sonst nirgendwo, auch nicht in Peking in der Verbotenen Stadt. Du zum Teufel wirst eines Tages vom Himmel bestraft...“ Mit Schimpfen kam er auf mich zu und wurde plötzlich ruhig, seine Augen waren so groß wie die Öffnung eines Wasserglases, und starrte mich lange an. Dann machte er einen hässlichen Ausspruch: „Dein Scheißmund ist an allem schuld!“

      Nicht nur Aufrichtig Zhao, sondern auch Zierapfel Fang und Hellhübsch Chen spuckten mich an, als sie mich verließen. Sie machten ein finsteres Gesicht, als wäre man ihnen Geld schuldig. Sie spuckten ihren Speichel kräftig und zielgenau vor mich und beschmutzten teilweise meine Schuhe. Nur Hunderthaus kam noch nicht aus dem Lagerhaus. Ich glaubte nicht, daß er ebenso niederträchtig war wie die Erwachsenen. Aber hatten wir denn nicht miteinander Freundschaft, wenn es so wäre? Der Wagen hupte einige Male. Hunderthaus trug vor seiner Brust einen Haufen kaputter, verstaubter Schuhe und stand vor mir. Er bespuckte meine Hose und mein Gesicht. Er spuckte nicht nur einmal, er spuckte zweimal und sogar in mein Gesicht. Ich warf mich auf ihn, um seinen Hals zu würgen. Mit einem Faustschlag schleuderte er mich zu Boden. Wegen der Schlägerei verlor er seine alten Schuhe. Warum spuckte man auf einen Menschen, dessen Gedanken korrekt waren, der unschuldig war? Hatten denn die Zeitungen falsch berichtet?

      Ich eilte in den Zoo zum Wohnheim meiner Mutter. Die Tür war angelehnt, heraus tönte eine Stimme: „Nein, nein, nein!“ Durch den Türspalt war zu sehen, daß der Zoodirektor dabei war, meine Mutter zu entkleiden. Die Hände meiner Mutter schoben die des Direktors weg. Beider Hände schoben sich hin und her, so daß es aussah, als ob sie einander irgendwelche wertvollen Sachen höflich überließen. Mit einem Fußtritt stieß ich die Tür auf und es wurde im Zimmer auf einmal hell. Direktor He hustete zweimal, ließ seine Hände zum Rücken pendeln und ging hinaus. Meine Mutter brachte ihre chaotischen Kleider wieder in Ordnung. Ihr Gesicht und Hals waren überall rot, so rot wie die Berge und Flüsse des ganzen Vaterlandes. Ich dachte an meine vor zwei Stunden erlittenen Demütigungen und spuckte in gleicher Weise vor ihr ununterbrochen ein paarmal aus, mehr als Hunderthaus und Seinesgleichen zusammen. Meine Mutter sagte: „Guang-xian, lass es mich erklären...“

      „Ich will das nicht hören!“

      „Eine schlimme Sache ist das, wirklich! Ich kann mich nie mehr sauber waschen, auch wenn ich in das Wasser vom Kehrtfluss springe. Du weißt, Mama ist nicht von der Art, wie du jetzt denkst. Er war es, der mich zwang, deinen Vater zu entlarven. Das wollte ich nicht. Er begann mich anzufassen und fummelte an mir herum. Du kannst dir vorstellen, wie könnte ich mir eine solche Schmach antun! Aber sie haben Macht und Einfluss. Ich traute mich nicht, ihn zu ohrfeigen. Ein bedrängter Hund beißt zurück. Eine widerliche Sache ist das, wirklich. Mutters erhabener Name ist fürs ganze Leben dadurch beschädigt...“ Während ihrer Erklärung verlor das rote Gesicht seine Farbe nicht.

      „Mit unserem Lagerhaus ist was passiert.“

      „Dein Kopf ist von Schweiß bedeckt. Ich kann mir schon vorstellen, daß etwas Unangenehmes passiert ist.

      Ein gellendes Heulen kam vom Eisenkäfig herüber. Es lief mir wie ein kalter Schauer über Rücken. Meine Mutter hörte erneut mit ihrer Erklärung nicht auf. Auch im Bus fuhr sie damit fort. Der Bus fuhr durch die Ost-Eisenpferd-Straße. Als wir sahen, wie über unseren Dachziegeln Staubwolken Welle für Welle hoch stiegen, erstarrte ihr erklärender weit geöffneter Mund wie bei einem eingefrorenen Fisch. Die Bustür öffnete sich und sie sprang als erste aus dem Bus. Ich lief hinter ihr her zum Lagerhaus und kletterte ein Fenster hoch. Im Haus wirbelte undurchsichtiger Staub auf. Die jungen Rotgardisten schwangen gerade ihre Eisenhämmer, um unsere Ziegelwände zu zerstampfen. Die letzte Mauer stürzte mit lautem Krach zusammen und begrub unseren Hausrat. Es wirbelte nun immer mehr Staub in die Höhe und drehte sich wie eine Pilzhaube über dem Dach zum Himmel. Meine Mutter stürmte in das Haus, stürzte sich auf die Ziegelsteine und wühlte in ihnen. Durch das Graben bluteten ihre Finger, sie konnte nichts Wertvolles meiner Familie mehr finden. Nur ein Foto entdeckte sie, das genau in der Zeit gemacht wurde, als sie in das Haus einzog. Auf dem Foto stand geschrieben: „Fotografiert im Jahr 1950“. Sie kam mit dem Foto Schritt für Schritt aus dem Haus. Ihre Augen waren voll Tränen, ihre Finger mit Blut verschmiert und ihr Gesicht war voller Staub. Ihre normalerweise sauber gehaltene Kleidung war nun nicht mehr sauber. Sogar jetzt noch vergaß sie jene Geschehnisse mit dem Direktor nicht und bekräftigte: „Guang-xian, du musst deiner Mutter glauben. Mama wollte lieber sterben als so etwas Unverschämtes anzustellen!“

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