Wörterbuch alttestamentlicher Motive. Группа авторов

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wird. In ähnlicher Weise spielt schon bei der Menschenerschaffung Blut keine Rolle (Gen 1–3; Ps 139,13f.). Trotzdem gehört Blut zum Menschsein. Auch sprachlich wird diese Beziehung durch den ähn lichen Klang von dām „Blut“, ʾĕḏom „rot, rötlich“ und ʾāḏām „Mensch“ nahegelegt.

      Wohl durch Einfluss griechischen Denkens (z.B. Herodot, Historien 8,144) kommt in einigen deuterokanonischen Büchern der Gedanke verwandtschaftlich gemeinsamen Blutes auf (so Jdt 9,4; Sir 14,18). Es heißt sogar, dass das ungeborene Kind durch gerinnendes Blut der Mutter entsteht (Weish 7,2). In früheren Texten ist dieser Vorgang allerdings anders vorgestellt: In Lev 12,2 ist davon die Rede, dass schwangere Frauen Samen hervorbringen. Beide Male aber spielt der Vater keine Rolle.

      2 Blut ist Leben

      Weil Blut Leben bedeutet (Gen 9,4), ist es auch etwas Machtvolles – im positiven wie im negativen Sinn. Blut soll der Verfügungsgewalt des Menschen entzogen sein. Blutgenuss ist verboten, deshalb dürfen Tiere, die nicht vollständig ausgeblutet sind, nicht verzehrt werden (Lev 3,17; 7,26f.; 19,26; Dtn 12,16.23–25; Jub 6,12–14). Blutgenuss wird sogar mit Mord gleichgesetzt (Ez 33,25). Blut ist allein Gott vorbehalten: „Denn das Leben des Körpers ist in seinem Blut. Nur für den Altar habe ich es euch überlassen“ (Lev 17,11).

      3 Blut im Zusammenhang von Rein und Unrein

      In der Moderne steht Blut in hygienischen Zusammenhängen. Das AT stellt dagegen das Blut in den Kontext von Rein und Unrein, dabei ist das Blut eine notwendige Substanz des Kultes. Ausserhalb des Kultes macht Blutkontakt kultunfähig. Wie jede Körperflüssigkeit (z.B. Speichel, Sperma, Tränen) ist Blut suspekt, weil es vom menschlichen Willen autonom und damit als „unordentlich“ erscheint. Blut macht aber nicht nur kultunverträglich (Lev 15,19–21), sondern durchaus auch erst kultfähig (Lev 14,14.49–53). Diese Vorschriften wurden weitgehend vom Judentum nach der Zerstörung des II. Tempels 70 n. Chr. übernommen.

      Besonders fremd dürfte uns sein, dass es im Hebräischen einen Plural von „Blut“ gibt, der gewöhnlich das Blutvergiessen bezeichnet: dāmîm. Zwar wird im Hebräischen der Singular gebraucht, wenn es um den geschlossenen Blutkreislauf eines Menschen geht, doch wenn von seinem vergossenen Blut, z.B. als Blutspritzer oder Blutlachen, die Rede ist, wird (mit einigen Ausnahmen) der Plural benutzt (KOCH 1962). Hier ist interessant, dass die Verwendung des Plurals sowohl bei der Blutung der Wöchnerin in Lev 12,7 als auch bei der Blutung der Menstruierenden (→ Menstruation) in Lev 20,18 den Anschein erweckt, als wäre es gewaltsam vergossenes Blut. An anderen Stellen steht das Blut der Frauen in diesen Lebenssituationen jedoch im Singular. Die Blutung schließt die Frauen für diese Zeit vom Kult aus.

      4 Kultisches Blutvergießen

      Durch rituelles Schlachten von Tieren (→ Tier) wurde in der Antike real Blut vergossen und anschliessend auch versprengt. Es handelt sich um eine religiöse Praxis und nicht nur um ein literarisches Motiv. Die Vorschriften bezüglich der Menge der geopferten Tiere (Num 28f.) sind sicher nicht annähernd realistisch, sondern als ideale Angaben anzusehen. Das Blut wurde bei einer Schlachtung auf den Brandopferaltar gegossen (Lev 17,10–14; Dtn 12,27) und damit Gott wieder zurückgegeben. Erst im Deuteronomium tauchte der Gedanke auf, ein Tier auch nicht-kultisch, also unabhängig von einem Tempel, zu schlachten (Dtn 12,15.20–25).

      Gott besiegelt den → Bund mit seinem Volk mit Spritzern vom Blut der Opfertiere (Ex 24,8; 29,20), und seine besondere Beziehung zum Hohenpriester bestätigt er, indem dessen Ohr und Zeh mit Blut eingestrichen (Lev 8,23.24) und seine Kleider mit Blut besprengt werden (Lev 8,30). Das bindet die so Benetzten an den Altar Gottes. Mit Besprengen durch Blut wird am Versöhnungstag die Deckplatte der Lade rituell gereinigt (Lev 16,14) und bei einem Sündopfer der Vorhang zum Allerheiligsten (Lev 4,6.17). Die Tür der Israeliten wurde für die → Nacht, in der JHWH selbst alle Erstgeburt schlug, mit Blut bestrichen, damit der todbringende → Engel JHWHs vorbeigehe (Ex 11f.).

      5 Der Blutbräutigam

      Zu den rätselhaften rituellen Handlungen des AT gehört die Ad-hoc-Beschneidung des Mose-Sohnes Gerschom (Ex 4,25) durch Zippora, die sie mit dem Satz „Ein Blutbräutigam bist du mir“ feierlich beendet und so die tödliche Bedrohung durch den Mose feindlich entgegentretenden JHWH abwendet (Ex 4,24–26). Nirgendwo im AT aber wird dieses Ritual als Gebot auferlegt und es ist außer in dieser Episode auch sonst nirgends im AT zu finden.

      6 Blutrausch

      Ein literarisches Motiv, das auch in anderen Kulturen vorkommt, ist die Trunkenheit von Blut (Göttin Hathor im Mythos von der Himmelskuh vgl. HORNUNG 1982, 39f.). Dieser buchstäbliche Blutrausch hat zwei konträre Wirkungen. Gottes Waffen stachelt er zu noch größerem Morden an: „Ich mache meine Pfeile trunken von Blut, und mein Schwert frisst Fleisch; vom Blut der Durchbohrten und der Gefangenen und vom entblößten Kopf des Feindes“ (Dtn 32,42). In Jer 46,10 und Jes 34,5 ist es das Schwert Gottes; in Sach 9,15 sind es seine Schleudersteine. Gott trinkt im Krieg Blut wie Wein (Sach 9,15). In anderen Texten hat Trunkenheit erst Ohnmacht oder Ohnmächtigkeit und dann Vernichtung zur Folge. Wobei die Trunkenheit der Menschen von Gott verursacht wird: „Sie sind trunken, (…) Denn der HERR hat einen Geist tiefen Schlafs über euch ausgegossen“ (Jes 29,9; 51,21), „Ich trat die Völker nieder in meinem Zorn und machte sie trunken“ (Jes 63,6) oder „Ich werde deine Unterdrücker speisen mit ihrem eigenen Fleisch und von ihrem Blut sollen sie trunken werden wie von Most“ (Jes 49,26; → Zorn Gottes). Bluttrunkenheit hat für Menschen ihren eigenen Tod zur Folge.

      Dass Blut numinos ist, sieht man noch an anderen Stellen: das Volk wird sein wie ein Löwe, den Raub verzehren und das Blut der Erschlagenen trinken (Num 23,24), das Land/die Erde selbst werden trunken vom vergossenen Blut (Jes 34,7), die Vögel des Himmels, die nach der Schlacht das Blut der Erschlagenen trinken, werden davon trunken (Ez 39,17.19). Insgesamt ist Blut ein Bild für den gewaltsamen Tod: „Ich werde Wunder vollbringen im Himmel und auf der Erde; Blut und Feuer und Rauchsäulen, und die Sonne wird in Finsternis verwandelt, und der Mond in Blut im Angesicht des kommenden Tags JHWHs, des großen und schrecklichen.“ (Joel 3,3f.)

      Wie sehr Motive für Untergang und gewaltsamen Tod im Krieg ineinander übergehen, wird in Hab 2,15–17 deutlich: „Wehe dem, der seinen Nächsten trinken lässt und seine Zornesglut beifügt und Zorn zum Trunkenmachen, um spannen zu können auf deren Geschlechtsteile. Du hast dich befriedigt mit Schande und nicht mit Ehre: Trinke auch du, und zeige deine Vorhaut; es kommt zu dir der Becher aus der Rechten JHWHs und Schande über deine Ehre. Denn die Gewalttat am Libanon wird dich bedecken, und die Verwüstung der Tiere macht dich mutlos. Vom Blut der Menschen, der Gewalttat am Land, der Stadt und allen, die darin siedeln.“ Alle diese Assoziationen zusammen mit dem grundsätzlichen Verbot von Blutgenuss und Mord sind angespielt im Bild der „Hure Babylon“ (→ Hurerei), die trunken ist vom Blut der Heiligen und Märtyrer Jesu Christi (Offb 17,6).

      In diesen Zusammenhang des Blutrausches gehört auch die Vorstellung vom Keltern als Bild für Blutvergießen im → Krieg und beim gewaltsamen → Tod (Jer 51,15–19). Gott ist es, der die Kelter eines Volkes tritt, was in einem buchstäblichen und übertragenen Blutbad für die Völker endet (vgl. Joel 4,13; für Edom in Jes 63,1–6; für die Tochter Juda in Klgl 1,15). Über den Völkern wird der Ruf des Keltertreters angestimmt (z.B. über Moab Jes 16,9; über Babel Jer 25,30; 51,14). Das Bild des Kelterns als göttliches Gericht an den Menschen findet sich schon im Alten Ägypten. Der Gott Schesmu, Gott der Öl- und Weinpresse, presst die Leiber der Menschen aus. Im Berlin-Papyrus 3148 und dem Papyrus des Thutmose in Turin sind Schesmu und der

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