Verschollen am Nahanni. Rainer Hamberger

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Verschollen am Nahanni - Rainer Hamberger

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seines eigenen Hauses verunsichern wollte. Keine Zweifel, er weiß was er will, er will diese Frau gewinnen. Er ist sich ihrer Zustimmung nicht gewiss. Trauert sie immer noch ihrer ersten Ehe nach mit einem Mann, der nichts auf die Reihe brachte? Sie kennen sich schon viele Jahre, ob sie sich für ihn entscheiden wird? Nein, er ist nicht mehr der Jüngste. Vor zwei Wochen hat er seinen zweiundvierzigsten Geburtstag gefeiert. Aber was heißt das schon bei seiner Generation! Man hatte ihnen ja die Jugend gestohlen. Als er nach dem Abitur seinen zweijährigen Wehrdienst antrat, wusste er noch nicht, dass er die Uniform für lange sieben Jahre nicht mehr ausziehen würde. Gerade als seine Pflichtjahre abgeleistet waren, brach der Krieg aus. Er, der Oberfähnrich, marschierte mit nach Polen, dann nach Frankreich und schließlich in die endlose Weite Russlands. Dann war alles vorbei. Karl Harder stand in seiner verschlissenen Hauptmannsuniform als Siebenundzwanzigjähriger am Grab seiner Eltern. Sie kamen kurz vor dem Zusammenbruch bei einem Bombenangriff ums Leben.

      Aber er hatte insofern Glück gehabt, als er schon nach wenigen Monaten aus amerikanischer Gefangenschaft entlassen wurde. Und mit der ihm eigenen Zähigkeit nahm er alle Unbilden des Studentenlebens in jenen Anfangsjahren auf sich, sobald die Bonner Universität wieder ihre Tore öffnete. Betriebswirtschaftslehre war sein Fach, weil er sich ausrechnete, dass Wirtschaftsberatung trotz oder gerade wegen der ungeheuren Zerstörungen ein Mangelberuf sein werde. Er sollte Recht behalten. Sein Beratungsunternehmen war ein Erfolg. Er wurde während dieses deutschen Wirtschaftswunders ein wohlhabender Mann. Nur zum Heiraten ist er nicht gekommen.

      Jetzt saß vor ihm die Frau, die er damals als seine erste Sekretärin eingestellt hatte. Bald schon bemerkte er, dass er sich auf diese Inge Breuer blind verlassen konnte. Seit zehn Jahren schmiss sie den ganzen Laden und entwickelte zudem jene damenhafte Sicherheit, die gerade sein Kundenkreis zu schätzen wusste. Schon nach kurzer Zeit war sie unentbehrlich geworden. Ihr Mann hatte sich mehr schlecht als recht im Transportgewerbe versucht. Nein, dafür war der nicht gemacht! Er hatte sich auch nichts sagen lassen, und schon gar nicht von ihm, Karl Harder, weil er wohl spürte, dass er in Inge mehr sah als nur eine Angestellte.

      Er hätte wohl keinerlei Chance gehabt, sie je von Uwe Breuer loszueisen. Inge war ihrem Mann unverbrüchlich treu. Sie liebte ihn. Karl Harder wusste das. Es wäre ihm nie eingefallen, auch nur den geringsten Versuch zu unternehmen, seine Gefühle für Inge offen zu zeigen.

      Aber dann war die Sache mit dem Unfall auf der Königsallee passiert. Uwe Breuer hatte wohl Panik bekommen. Er reichte die Scheidung ein, erklärte sich durch seinen Anwalt als allein schuldig für die Zerrüttung der Ehe und verschwand. Dass seine Frau ein Kind erwartete, scheint ihn nicht gerührt zu haben.

      Inge Breuer, die jetzt vor ihm sitzt, ist bleich geworden. Sie starrt ihn an und versucht, ihm ihre Hände zu entziehen.

      „Karl, ich bin schwanger mit dem Kind von Uwe!“, sagt sie hilflos.

      „In zwei Monaten ist es soweit!“

      „Aber er hat dich doch im Stich gelassen, ist einfach weggelaufen!“

      Inge schlägt die Augen nieder, schweigt eine Weile, um dann fast tonlos zu sagen: „Er weiß nichts von dem Kind!“

      Die Worte hängen schwer in der Luft.

      „Was? Du hast es ihm nicht gesagt?“

      Zum ersten Mal fällt die überlegene Sicherheit von ihm ab.

      „Ich habe es nicht fertiggebracht“, kommt leise die Antwort.

      Und dann öffnet sie sich, ganz langsam, stockend, Wort hinter Wort setzend.

      „Es war wohl mehr meine Initiative, damals, die Nacht vor dem Unfall, er wohnte ja nicht mehr bei mir, war ausgezogen. Ich lud ihn zum Essen ein und wir sprachen von den alten Zeiten, damals während des Krieges, von den Briefen, die wir uns geschrieben haben dann, als er verwundet war und bei uns in Stettin im Reservelazarett lag, und als er plötzlich die Heiratsgenehmigung herauszog – mit meinem Namen darin, er zweiundzwanzig und ich neunzehn. All die Erinnerungen an unsere Kriegstrauung kamen hoch, an die Trennung, und dass er dann wenige Wochen später abgeschossen wurde und in Gefangenschaft geriet. Die Erinnerung an die gemeinsamen Erlebnisse machten uns beide glücklich.''

      Sie schluckt.

      „Da ist er bei mir geblieben. Als er nach dem schrecklichen Unglück auf der Kö nicht mehr auftauchte und dann später sein Anwalt anrief, wegen der Scheidung“, sie schluckt wieder und hält einen Moment inne, „da habe ich es einfach nicht fertiggebracht, das mit der Schwangerschaft zu sagen. Ich war verletzt und ich wollte ihn auch nicht mit dem Kind erpressen, bei mir zu bleiben.''

      Karl war der Erzählung mit ungläubigem Gesicht gefolgt.

      „Inge, ich bewundere dich, du bist eine unglaublich starke Frau, aber du musst doch auch an deine Zukunft und an die des Kindes denken.“

      Er zwingt sich zur Ruhe.

      „Du bist eine geschiedene Frau und hättest dann ein uneheliches Kind, unsere Gesellschaft ist ja nicht übertrieben tolerant, wie du weißt.“

      Er schaut sie mit einem sachlichen Blick an, um dann weich zu werden.

      „Inge, ich bin kein übertrieben impulsiver Mann, du weißt das, aber du hast in diesen Jahren unserer Zusammenarbeit doch sicher gespürt, dass ich ein tiefes Gefühl für dich habe. Ich habe nie versucht mich dir aufzudrängen. In eure Ehe hätte ich mich niemals eingemischt. Aber soll ich jetzt, wo du frei bist, so tun, als würdest du mir nichts bedeuten? Wir sind in diesen Jahren verlässliche Freunde für einander geworden.“

      Er zwingt sie mit seinem Blick, ihm in die Augen zu schauen.

      „Ich werde mich nie einer anderen Frau wirklich zuwenden können, ich brauche dich! Wir passen zusammen, wir haben schon bewiesen, dass wir ein Team sind.“

      „Aber das Kind ...“, wirft sie ein.

      Er sieht sie fast flehend an.

      „Ich kann es doch nicht einfach beiseiteschieben.''

      Ihre Augen haben einen verzweifelten Ausdruck.

      „Inge, das Kind ist ein Teil von dir, und ich würde es mit aller Liebe umgeben, als wäre es mein eigenes. Es würde meinen Namen tragen, und wenn du nicht willst, wird es nie erfahren, dass es einen anderen Vater hat. Ich werde nichts tun, um deine Liebe zu erzwingen, aber ich werde versuchen, sie mir zu verdienen. Inge, ich bitte dich, heirate mich!“

      Alles klar zur Landung.“

      Uwe Breuer weiß nicht wie oft er diese Antwort während der letzten Jahre vom Tower bekam. Vorsichtig setzt er die Beaver auf und lässt sie ausrollen. Ein Glücksgefühl durchströmt ihn. Auch ein erfahrener Pilot ist jedes Mal froh, sich und seine Passagiere wieder gesund auf den Boden zu bringen. Dann wird das Flugzeug mit Seilen festgezurrt. Plötzlich auftretende Winde haben schon manchen Schaden an nicht gesicherten Maschinen angerichtet.

      „Für heute ist Feierabend“, überbringt Sandy Foster, Eigner der Northern Flying Services Ltd, sein Chef, die gute Nachricht. Mehr als zehn Jahre arbeiten die beiden nun schon zusammen. Sandy fand in ihm einen zuverlässigen Piloten, den er unbedingt für sein Transportgeschäft benötigte. Als Uwe sich aus seiner Fliegerkluft schält, läutet das Telefon. Sandy nimmt ab.

      „Ist es wirklich gleich notwendig? Glaubst du nicht, dass es noch

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