Verschollen am Nahanni. Rainer Hamberger
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„Willkommen in der Einsamkeit! Die Fische warten schon auf dich!“
Laut dröhnendes Lachen empfängt den neuen Gast. Jeff weiß, hier wird er sich wohl fühlen. Nach Kaffee und einem Besuch der Toilette eilen Lisa und Uwe zum Flugzeug zurück. Sie trauen der Wetterverbesserung nicht. Auf dem Schwimmer stehend nimmt Uwe die Taue in Empfang und verstaut sie sicher. Gewandt klettert er auf seinen Sitz und wirft den Motor an.
„Also dann bis zum Wochenende Jeff, und Petri Heil.“
Ein letzter Gruß.
Schnell werden die auf dem Steg stehenden Figuren kleiner.
„Wie oft habe ich wohl schon diese Landschaft unter mir gesehen, die glitzernden Seen, die von oben schmal wirkenden Flüsse, die sich in Wirklichkeit in rasende todbringende Ströme verwandeln, Tiere, die dort ein gut getarntes Dasein führen. All die Menschen, die tagtäglich sich den Herausforderungen dieser ungebändigten Natur stellen.“ Uwe gerät ins Schwärmen und er weiß: Ja, es war die richtige Entscheidung.
Die Woche verläuft ruhig. Als Flugzeugmechaniker ist Uwe auch bei anderen Piloten gefragt. Schnell und zuverlässig führt er ihre Aufträge aus. Die Zeit scheint still zu stehen. Was ist nur los mit ihm? Kann er es nicht erwarten sich mit Mabel zu treffen?
„Also von mir aus ist es in Ordnung. Erfülle Mabel ihren Kindheitstraum, aber bring sie auch wieder sicher zurück!“
Sandy kann sich eine gewisse Ironie nicht verkneifen, als er den herausgeputzten Uwe sieht, der gerade in die Beaver steigt. Eine aufgeregte Mabel erwartet ihn am Anlegeplatz. Sie hat sich übers Wochenende frei genommen. Er ist ihr behilflich beim Anlegen des Sicherheitsgurtes. Schnell verschwindet die Unsicherheit in Mabels Augen, als sie beobachtet, mit welcher Überlegenheit Uwe die Maschine bedient. Dann stellen sie fest, dass sie das Gleiche für diese unglaubliche Landschaft empfinden, die sich nun unter ihnen zeigt. Mabel ist ganz aufgeregt von all den Eindrücken. Sie weiß nicht was spannender ist, dass sie von hier oben wie ein Vogel die Welt sieht, oder ist es etwa der lässig hantierende nicht schlecht aussehende Pilot mit dem sie unterwegs ist?
„Jeff ist noch mit dem Boot draußen. Gebt ihm noch etwas Zeit. Er ist verrückt nach den Fischen. Dabei muss er die größten wieder von der Angel lassen: catch and release. Schließlich soll der Fortbestand der Fischarten gesichert sein. Aber für ein Foto reicht es allemal, um bei den daheim gebliebenen Freunden anzugeben.“
Ein anderer Gast entschuldigt verschmitzt grinsend den Vermissten. Uwe ist über die Verzögerung nicht traurig. Gemeinsam mit Mabel schlendert er über das weitläufige Gelände. Wahrlich ein Paradies für jeden Naturfreund. Uwe gibt nur wenig von seinem Lebenslauf preis. Die etwas jüngere Mabel hat noch eine Mutter in Winnipeg. Ansonsten verlief ihr Leben wie sie meint in allzu ruhigen Bahnen.
Viel zu früh kommt ein übers ganze Gesicht strahlender Jeff zurück: „Mensch, so was Tolles hab ich noch nie erlebt. Meine Freunde werden staunen, wenn ich ihnen davon erzähle!“
„Aber halt dich mit deinem Angler-Latein etwas zurück“, unterbricht Uwe den Redefluss des Amerikaners. Eisgekühlt nimmt er seinen Fang mit. Die Ausrüstung hat sich bewährt. Von all den Eindrücken überwältigt verschläft er den Rückflug.
Zurück in Yellowknife heißt es auch Abschiednehmen von Mabel. In den wenigen Stunden sind sich die beiden näher gekommen.
„Ich lass bald wieder etwas von mir hören. Alles Gute!“
Mabel wird es schwer ums Herz, als Uwe sie ein letztes Mal in den Arm nimmt.
Bald schon hat der Alltag Uwe fest im Griff. Ein Bewohner hat zu viel getrunken und anschließend ein Wochenendhaus ausgeräumt. Diesmal ist es ein „Gefangenentransport“ bei dem die Beaver mit ihrem Piloten gefragt ist. Ein andermal wollen Goldsucher zu ihrem abseits der Straße liegenden Claim gebracht werden. Auch die alte Dame, die unbemerkt das Seniorenheim verließ, um zu ihrer Farm zurückzukehren, entdeckt er aus der Luft. Und nach wie vor sind sein Wissen und seine geschickten Hände bei Reparaturen sehr gefragt. Denkt er an Mabel, wird es Uwe jedes Mal warm ums Herz. Doch die ausgiebigen Telefonate sind kein Ersatz für einen persönlichen Besuch. Leider ergab sich dazu keine weitere Gelegenheit. Eines Tages wartet ein Brief von Mabel in seinem Postfach. Freudig öffnet er den Umschlag und holt das beschriebene Blatt heraus, um es kurz danach enttäuscht sinken zu lassen: „Lieber Uwe, ich gehe nach Winnipeg, da meine Mutter schwer an Krebs erkrankt ist. Bitte versuche nicht mich dort zu erreichen. Meine Stelle im Restaurant habe ich aufgegeben. Bitte verstehe meine Entscheidung. Vielen Dank für alles, deine Mabel.“ Uwe kann nicht glauben, was da schwarz auf weiß steht: Mabel will keinen Kontakt mehr zu ihm. Dabei war er so sicher, dass diese Beziehung klappen könnte.
4
Nach neunzehn Jahren? Du hast sie wohl nicht alle!“
Sandy Foster geht erregt in seinem kleinen Büro in dem hölzernen Flugzeughangar auf und ab, seine Fäuste tief in den Hosentaschen vergraben. Dann hält er plötzlich inne und dreht sich zu Uwe Breuer um, dem die Szene ganz offensichtlich peinlich ist.
„Tut mir wirklich leid, dich enttäuschen zu müssen“, sagt Uwe mit gepresster Stimme. „Aber ich kann und will davon nicht mehr zurück.“
„Nun sag' doch mal selbst, Uwe. Du bist jetzt fast genau neunzehn Jahre bei mir, hast fast dreieinhalbtausend Stunden auf allen möglichen Buschflugzeugen geflogen, kennst das Land im Norden wie deine Westentasche und bist der verdammt beste Flugzeugmechaniker weit und breit. Du verdienst gut, und jetzt willst du partout auf Knall und Fall abhauen. Ich verstehe das einfach nicht.“
Er räuspert sich erregt und fuchtelt mit den Händen in der Luft herum.
„Überhaupt, was reizt dich denn so sehr an British Columbia? Die Berge, oder was? Kennst du denn da überhaupt einen Menschen?“
„Ja, das ist ja gerade der Grund, ich habe da jemanden kennengelernt, im letzten Jahr, als ich mit der Beaver den amerikanischen Fischer herumgeflogen habe, eine Frau.“
Man sieht ihm deutlich an, dass er nicht gerne davon spricht.
„Du hast doch sonst nicht viel mit Frauen im Sinn gehabt“, fährt es Sandy unfreiwillig heraus, beißt sich aber auf die Lippen, als er merkt, welchen doppelten Sinn seine Worte haben.
„Ich meine, du hast doch hier nie eine längere Beziehung zu einer Frau gehabt!“
„Ich weiß, du bist jetzt wütend, sonst würde ich dir die Bemerkung verdammt übelnehmen. Sandy, das ist ausschließlich meine eigene Sache!“ knurrt Uwe gekränkt.
„Entschuldige,