Kreation Vollblut – das Rennpferd eroberte die Welt. Teil III. Erhard Heckmann
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Nach rund zehn Jahren wurde Altefeld wieder aufgegeben. Wahrscheinlich war es zu teuer und die Graditzer Koppeln nun wieder erholt, denn auch in Altefeld wurden hervorragende Pferde gezogen, und die bewährte Scholle später durch das Heeresgestüt, Asta und Waldfried genutzt, bis sich 1981 die Vollblüter hier verabschiedeten. Altefeld, das als Preußisches Hauptgestüt galt, sich zwischen Eschwege und Bebra auf 800 Hektar ausbreitete, schufen die Graditzer in den Jahren 1913 bis 1919 aus dem Nichts. Der Boden war hier kalkhaltiger als in Graditz, das Klima jedoch rauer und die Weidezeit kürzer. Im April 1919 zogen auf der Komplett-Anlage mit Stuten–, Hengst- und Laufställen für die Jährlinge, Deckhalle, Gestütshof, Gestütsschule, Schmiede, Schäferei, Försterei und Hotel schon die ersten Stuten ein, denen später die Hengste Dark Ronald, Herold, Ard Patrick und Nuage folgten. Der letzte Jahrgang, dem auch Alchimist angehörte, wurde hier aber schon 1930 geboren, denn die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Weimarer Regierung und die in Graditz aufgetretene Anämie, die etliche Stuten kostete, zwangen zum Sparen.
Bis 1935 ruhte hier der Zuchtbetrieb, ehe Altefeld 1940 mit großer Mutterstutenherde, mehreren Deckhengsten und eigenem Rennstall in Hoppegarten zum Heeres-Vollblutgestüt, wurde dessen Schicksal mit Kriegsende ebenfalls besiegelt war. Danach fungierte die, auf einer Hochebene inmitten von Laubwäldern gelegene Anlage, als Pensionsgestüt, denn Heimatvertriebene, der Verlust der Ostgebiete und die Bodenreform erforderten dringend eine neue Scholle für die betroffenen Züchter. Die evakuierten Schlenderhaner kamen vorübergehend ebenfalls nach Altefeld, wo ihr großer Oleander sein Leben beendete, und die Stuten Asterblüte und Aubergine geboren wurden. Auch Birkahn erblickte hier noch das Licht der Welt, ehe das Gestüt Waldfried das Anwesen übernahm, das 1981 aufgelöst und von Manfred Graf gekauft wurde. Heute sind auf dem renovierten Hauptgestüt Altefeld ökologischer Gestütsbetrieb und moderne Sportpferdezucht etabliert, und an die Ursprünge dieses Gestüts, das auch Führungen anbietet, erinnern ein Museum und das Alchimist-Denkmal, das der neue Eigentümer errichten ließ.
Im Laufe der Zeit war die Graditzer Stutenherde von Dark Ronald-Blut übersättigt, da neben ihm auch seine Söhne Herold und Aberglaube eingestellt wurden und sich auch viele Herold-Töchter in der Herde befanden. Andere Hengste, die Ankäufe Sisyphus (1922; Fervor) und Ferro (1923; Landgraf) sollten dieses Problem lösen. Sisyphus, 3 x 2 auf St. Simon und 4 x 4 auf Kendal ingezogen, war ein Waldfrieder und Enkel des Triple Crown-Siegers Galtee More, den Graditz importiert hatte. Ein reiner Outcross war er damit für die Graditzer Herde nicht, aber ein Hengst, dem nur der letzte Schuss Klasse auf der Bahn gefehlt hatte. In der Zucht war er auch keineswegs ein Versager, sondern hatte in den ersten fünf Jahrgängen, in denen er kaum mehr als sieben bis neun Partnerinnen erhielt, bereits gute Pferde. Eines davon war der Derbydritte Calva, der auf der Hindernisbahn Rennen wie das Haupt-Jagdrennen oder das K.-v.-Tepper-Laski-Jagdrennen für sich entscheiden konnte, obwohl der von 1933 bis 1935 in Graditz stehende Beschäler von seinem Gestüt nur zwei Jahre stärker herangezogen wurde. Andere Beispiele sind Alte Liebe und Landmädel (Hamburger Criterium, Preis der Diana), beide Jahrgang 1934.
Mit dem 1926 geborenen Landgraf-Sohn Ferro, der von seinem Züchter-Besitzer R. Haniel angekauft wurde, konnte Sisyphus nicht mithalten, denn jener Neuzugang war nach Rennleistung einer der besten Hengste, der u. a. Preis von Dahlwitz, Union-Rennen, Derby, Großer Preis von Berlin und insgesamt neun Rennen gewonnen hatte. Als er, ein reiner Inländer mit viel ausländischem Blut, 1931 seine Tätigkeit in Graditz aufnahm, ging es mit dem 14 Jahre alten Herold schon langsam bergab. Die Klasse, wie sie für den Neubeginn Alchimist und Arjaman vertraten, vermochte Herold nur noch gelegentlich mitzugeben. In seinem vorletzten Jahrgang, als ihn Graditz schon nicht mehr berücksichtigte, hat er jedoch mit Birkhahns Dreiviertelbruder Bürgermeister, der 21 Rennen gewann und Härte bewies, nochmals „ein Rennpferd“ abgeliefert. Bei 39 Starts in fünf Rennzeiten gelangen u. a. Siege im Leipziger Stiftungs-Preis, Preis der Dreijährigen, je zweimal im Großen Preis der Sowjetischen Besatzungszone und Triumph, im Preis der Stadt Dresden, Großen Preis der Buchmacher, und das Chamant-Rennen heftete er dreimal an seine Farben.
Ferros Zuchtkarriere begann im ersten Jahrgang mit dem Paukenschlag Athanasius, und im zweiten, 1932, befand sich die die Klassestute Formidolosa. Auch der Paarung mit Stuten der Helden-Familie, wie die Vertreter der Alveole-Linie früh bezeichnet wurden, und Herold-Töchtern konnte man getrost entgegen sehen, denn mit der Herold-Tochter Antonia (Herold) stellte er gleich den 1934 geborenen Graditzer Derbysieger Abendfrieden, der auch in Ungarns und Deutschlands St. Ledger nicht zu schlagen war. Obwohl Ferro für Graditz und andere Zuchten viele gute und sehr gute Stuten lieferte, macht sich der Hengst jedoch einen Namen mit dem Erlenhofer Ausnahmehengst Athanasius und dem genannten Abendfrieden. Und als Ferro in Graditz groß herauskam, stand bereits der echte Graditzer Alchimist auf dem Sprung, seinen Großvater, den fünffachen Beschäler-Champion Dark Ronald, als auch seinen Vater Herold, der zweimal an der Spitze stand, „abzulösen“. Das Blut seines Großvaters hatte, in Verbindung mit dem Alveole-Zweig der Antwort-Adresse-Linie, an Alchimist das weitaus beste Pferd geschaffen, das Herold je geliefert hat. Und bereits auf der Rennbahn hatte Alchimist seinen Vorfahren alle Ehre gemacht, und als Zweijähriger u. a. das Zukunfts-Rennen in lockerer Manier gegen zwei Franzosen gewonnen. In der Rennsaison 1933, nach zweiten Plätzen im Preis von Dahlwitz (zu Janitor) und Henckel-Rennen (zu Cassius), wurde er jedoch zum Star der Saison. Die Siege begannen mit den Erfolgen im Union-Rennen und im Derby, in dem Ernst Florian Grabsch keine große Mühe hatte. Im Großen Preis von Berlin ließ Alchimist an Palastpage den Derbysieger des Vorjahres mit 2 ½ Längen hinter sich, als auch Wiederhall (Großer Preis von Baden) oder Janus und die Französin Thaouka, Lord Nelson und Aventin, die er regelrecht verlor. Alchinist nächster und letzter Start wurde ein imponierender Abschied: Im Großen Preis von Baden siegte der Graditzer mit drei Längen über den Franzosen Negundo (Banstar), dem er zwei Kilo gab, den fünf Kilo günstiger stehenden Janitor, den sieben Kilo weniger tragenden, in italienischen Farben laufenden Sans-Souci, Arjaman, Boussacs Stute La Circe, Unkenruf und Aventin, der das einzige ältere Pferd im Feld war.
Derbysieger Alchimist unter Ernst Grabsch. Links Graf Kalnein, rechts Trainer R. Utting (Foto Menzendorf; Leihgabe Niedersächsische Sparkassenstiftung und Kreissparkasse Verden im Deutschen Pferdemuseum)
Danach lieferte Trainer R. Uttig an Alchimist einen Hengst ab, der seiner Zuchtstätte das 19. Besitzer-Championat gesichert hatte und alles besaß, was einen Beschäler mit Zukunftsaussichten ausmacht. Und dieser Hengst hat auch niemanden enttäuscht, denn Alchimist gewann drei Beschäler-Championate.
Die Oberste Behörde hatte zunächst zwei, danach sechs und dann nur noch einen Freisprung zur Verfügung, obwohl er im Heimatgestüt zunächst sehr wenig beschäftigt wurde. 1934 erhielt er in seiner ersten Saison zehn Stuten, aber nur eine aus der Graditzer Herde, und von den acht Fohlen, die zur Welt kamen, wurden Effner (Westerberg), Hannenalt (Röttgen) und Guardi (Erlenhof) bekannt. Der zweite Jahrgang bestand bei 23 Bedeckungen aus 18 Köpfen, darunter der Mydlinghovener Gewerke, der zehn Rennen gewann (u. a. Großer Hamburger Ausgleich, Großer Preis vom Westwall, Jubiläumspreis in Dresden), und Röttgens Idar. Unter den anderen vielfachen Siegern befand sich auch Rusticus, der sich allein als Dreijähriger mit sieben Erfolgen bemerkbar machte.
1937, als der dritte Jahrgang aus sechs Fohlen bestand, wurde die Wunderstute Schwarzgold geboren, die in neun Gestütsjahren nur zwei lebende Fohlen gebar, mit Schwarzblaurot aber die Familie sicherte. Dass Alchimist die Chance der Paarung mit der Oleanderstute Schwarzliesel bekam, soll nicht züchterischen