Mara und der Feuerbringer. Tommy Krappweis

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Mara und der Feuerbringer - Tommy Krappweis

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Mara wollte darüber gar nicht weiter nachdenken, denn sie hatte ganz andere Fragen zu klären: »Was meintest du denn damit, dass wir keine Zeit haben? Für was denn?«

      »Nun, ich muss dir ein paar Dinge erklären, und du musst erst mal gar nichts machen, außer gut zuzuhören …«

      Mara wollte gerade nachfragen, was der Zweig mit erst mal meinte, als sich überraschend die Tür zu ihrem Zimmer öffnete.

      »Sprichst du mit irgendwem?«, fragte Maras Mutter und sah sich suchend im Zimmer um.

      Mara sprang auf und hätte dabei fast das Wasserglas umgeworfen.

      »Nein, nein, ich meine … na ja, fast … ich übe für … für das Schultheater!«, stotterte Mara, die nicht im Schultheater war.

      Das Gesicht von Maras Mutter erhellte sich schlagartig: »Du bist im Schultheater? Aber das ist ja großartig! Warum hast du mir das denn nicht erzählt?«

      »Ämpf«, machte Mara und fragte sich im selben Moment, was sie eigentlich hatte sagen wollen.

      Doch ihre Mutter lächelte sie an: »Ach, ist schon gut. Solange es das einzige Geheimnis ist, das du vor mir hast, mache ich mir keine Sorgen, haha!«

      »Ja. Haha. Ha«, sprach Mara und wusste, dass man sie so im Schultheater gleich wieder gefeuert hätte.

      Aber ihrer Mutter fiel das genauso wenig auf, wie ihr ja auch ansonsten nicht so viel auffiel. Also zog sie sich Mama-mäßig lächelnd zurück und die Tür hinter sich zu.

      »Ist ja leicht zu überzeugen, deine Mutter«, bemerkte der Zweig.

      »Meine Mama geht dich gar nix an!«, zischte Mara schärfer, als sie beabsichtigt hatte.

      Wie sie selbst über ihre Mutter dachte, war ganz allein ihre Sache. Andere hatten gefälligst nicht über Mama herzuziehen, und das galt auch für sprechende Pflanzen.

      »Schon gut«, antwortete der Zweig. »Tut mir leid. Setz dich bitte wieder hin.«

      Mara, die es hasste, wenn man sie herumkommandierte, setzte sich wieder hin, und der Zweig sprach weiter: »Vielen Dank. Nun ja, eigentlich war das alles ein bisschen anders geplant. Aber dummerweise habe ich den Wind falsch eingeschätzt und bin statt auf deinem Kopf neben deiner Mama auf dem Boden gelandet. Aber dafür haben die anderen sich alle richtig angestrengt und deiner Mutter eingeflüstert, dass sie sich mal eben auf den Kopf stellen soll. Na gut, eingeflüstert trifft es nicht so ganz. Eingeschrien wäre vielleicht eine passendere Umschreibung. Um genau zu sein: Mehrere tausend Zweige haben sich gleichzeitig wundgebrüllt, und nach einer geschlagenen Stunde hat deine Mutter endlich reagiert. Es scheint, als wäre sie nicht gerade die beste Zuhörerin, wenn du verstehst, was ich meine!«

      Mara verstand so was von dermaßen gut, dass sie genau deswegen darüber kein Wort verlieren wollte. Trotzdem hakte sie noch einmal nach: »Du willst mir gerade erklären, die anderen Zweige haben meine Mutter … angeschrien, dass sie einen Kopfstand machen soll, weil du auf dem Boden lagst und in ihre Haare wolltest?«

      »Ganz genau.« Der Zweig klang belustigt. »Aber keine Sorge, deine Mama denkt natürlich, dass es ganz allein ihre Idee war, und vermutlich ist sie sogar stolz darauf. Hat auf jeden Fall für Aufmerksamkeit gesorgt unter deinen Freundinnen, oder?«

      »Kann man so sagen«, murmelte Mara. »Und das sind nicht meine Freundinnen, sondern die von meiner Mutter.«

      »Gut, dann wäre das geklärt«, sagte der Zweig in geschäftigem Tonfall und fuhr ebenso zielstrebig fort: »Du bemerkst, ich versuche all deine ersten Fragen möglichst schnell zu beantworten, damit wir bald zum Wesentlichen kommen können. Und somit nehme ich an, dass du dich als Nächstes fragst, warum Pflanzen überhaupt sprechen. Antwort: Pflanzen sprechen nicht. Pflanzen denken. Stell dir einfach vor, wir könnten so laut denken, dass du es in deinem Kopf hören kannst. So, als würdest du in einem See stehen und die Wellen spüren, weil jemand irgendwo weiter weg einen Stein ins Wasser geworfen hat. Du hörst nicht das Platschen, aber du spürst die Wellen, verstehst du?«

      Mara nickte stumm. Was hätte sie auch sonst tun sollen?

      »Fein. Weiter«, sagte der Zweig und wirkte zunehmend in Eile. »Jetzt ist deine nächste Frage natürlich, ob Bäume auch sprechen können, und die Antwort ist ebenso natürlich: Ja! Nur sprechen die Bäume so verdammt langsam, dass man davon nicht mehr mitkriegt als eine Art Brummeln. Der Baum, von dem ich stamme, zum Beispiel, der hat vor 34 Jahren angefangen, dem Baum rechts von ihm zum 200-jährigen Geburtstag zu gratulieren. Aber wenn er dann endlich mit der Gratulation fertig ist, kann er gleich wieder von vorne anfangen, weil es dann Zeit ist fürs 450-jährige Jubiläum.«

      Mara hatte ein Gesicht aufgesetzt, das man bestenfalls als überforderte Verwirrtheit bezeichnen konnte.

      »Und mach ja nicht den Fehler, einen Baum unterbrechen zu wollen!«, sagte der Zweig gerade. »Denn dann dauert es noch länger – weil er zwischendrin noch drum bittet, ihn doch höflicherweise erst mal ausreden zu lassen, bevor er dann genau da weitermacht, wo man ihn unterbrochen hat. Diesen Fehler machst du genau ein einziges Mal!« Der Zweig kicherte und Mara konnte nicht anders, sie musste auch grinsen. »Na ja, irgendwann hat man sich gewöhnt an das dauernde Gebrumme der Bäume, ich hör’s schon gar nicht mehr. Manchmal denk ich mir, es wäre fast angenehmer, ein Mensch zu sein, weil ihr euch das alles nicht mit anhören müsst. Was uns, und hier bitte die elegante Überleitung beachten, zurück zu dir bringt, Mara … vorausgesetzt, du bist jetzt ein bisschen entspannter?«

      Aha, das war also der Grund gewesen für den Smalltalk über die Baumsprache!, dachte Mara und fand, dass das den Zweig irgendwie sympathisch machte. Doch bevor sie darüber nachgrübeln konnte, dass sie gerade einen Zweig als sympathisch bezeichnet hatte, sprach dieser weiter und zog das Tempo wieder an: »Also, du bist nicht verrückt und ich bin auch kein Traum oder so was Ähnliches. Du hörst mich, und du verstehst mich, und es gibt nicht mehr viele Menschen von deiner Sorte. Ehrlich gesagt, sieht es ganz danach aus, als wärst du die Letzte, die das kann. War wohl irgendwann bei euch nicht mehr so populär, mit Pflanzen zu sprechen.«

      »Aber das verstehe ich nicht!« Mara konnte nicht anders, sie musste den Zweig unterbrechen. »Ich meine, ich verstehe eigentlich das meiste nicht von dem, was du sagst, aber das verstehe ich erst recht nicht! Heute saßen diese ganzen Schreckschrauben aus dem Kurs von der Flatterfrau vor euch, und ihr habt kein Wort gesagt, obwohl die drei Stunden lang drum gebettelt haben!«

      Können Zweige grinsen? Wenn ja, dann tat ihr Zweig das jetzt.

      »Du meinst, einmal abgesehen davon, dass Menschen wie diese meistens nur sich selbst hören, und das in voller Lautstärke? Nein, Mara, wir Pflanzen sprechen nur zu euch Menschen, wenn wir etwas mitzuteilen haben. Das war schon immer so. Und ich muss mich jetzt trotz Wasserglas mal ein bisschen beeilen, denn man hat mir eine Menge aufgetragen, was ich dir erzählen muss.«

      Doch Mara unterbrach ihn schon wieder: »Wer? Wer hat dir das aufgetragen? Und warum erzählt er mir das nicht einfach selbst?«

      Der Zweig klang jetzt zum ersten Mal etwas unsicher: »Das weiß ich nicht. Ich kann dir nur sagen, dass uns allen heute Morgen bei Sonnenaufgang plötzlich klar war, was wir zu tun hatten und was ich zu sagen habe.«

      Der Zweig schwieg einen Moment, als würde er nachdenken.

      »Komisch eigentlich, ich könnte schwören, dass ich mir gestern über kaum mehr Gedanken gemacht habe als über ein paar Blattläuse«, sagte er. »Aber was soll’s,

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