I L.I.K.E. my job. Reinhard Lindner
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Ich verstehe unter dem Begriff Loyalität nicht lebenslange Treue, sondern vielmehr das Commitment während der Zeit, in der man sich für ein Unternehmen verpflichtet, sein Bestes zu geben. Loyalität meint nicht blinden Gehorsam, sondern vielmehr die Verpflichtung eines jeden Mitarbeiters, auf Missstände und Gefahren hinzuweisen, welche den Unternehmenserfolg verhindern oder verzögern könnten. Schwachstellen zu ignorieren, gilt als illoyal. Wir versuchen im L.I.K.E.-Programm die Teilnehmer zu dieser Art von Loyalität zu animieren.
Ein weiterer Aspekt ist die Loyalität dem Kunden gegenüber. Im Mittelpunkt jeder Beratung, jedes Verkaufs muss der Nutzen des Kunden stehen. Ist weit und breit für den Kunden kein Nutzen aus der Aktivität des Beraters zu erkennen, wird das Vertrauen des Kunden missbraucht und die Kundenbeziehung vergiftet. Ist jedoch ein Nutzen für den Kunden ersichtlich, ist das Handeln des Beraters oder Verkäufers für den Kunden sinnstiftend. Nun sollten alle möglichen Mittel und Wege eingesetzt werden, damit der Kunde den Nutzen bei seinem Berater generiert, sonst geht das Geschäft an den Mitbewerber verloren. Loyalität heißt also, Nutzen für den Kunden zu erzeugen und gleichzeitig Ertrag für das Unternehmen zu erwirtschaften. Unter diesem Gesichtspunkt entstehen nachhaltige Kundenbeziehungen und gute Betriebsergebnisse.
Eine beliebte und bewehrte Methode, die Loyalität der Kunden dem Unternehmen gegenüber zu erhöhen, sind Kundenbindungsprogramme mittels Kundenkarten, wo Transaktionen registriert werden. Meist erhält der Konsument hierfür Punkte, welche beim nächsten Einkauf einen Preisnachlass oder einen Bonus bewirken. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte hat kürzlich in der Schweiz eine Studie über solche Loyalitätsprogramme durchgeführt und ist zu folgender Erkenntnis gekommen:
1. Punkte sammeln ist zu wenig.
2. Erlebnisfaktor ist wichtiger als der tatsächliche Nachlass.
3. Individuelle Angebote werden gefordert.
4. Exzellente und zeitgemäße Kommunikation erhöht die Wirkung.6
Ich bin der festen Überzeugung, ohne Loyalität sind stabile Beziehungen unmöglich. Sie ist Grundlage und die Voraussetzung für echte Freundschaften, aber auch für funktionierende Arbeitsverhältnisse, Kooperationen und Geschäftsbeziehungen. Es wäre naiv zu glauben, Geschäfte seien auf Zufall gegründet. Loyale Partner, Freunde, Mitarbeiter stehen für andere ein, helfen einander wechselseitig, haben ein ähnliches Wertesystem und verfolgen meist auch gemeinsame Ziele – nicht selten sogar gegen ihre eigenen Interessen. Erstaunlicherweise herrscht in vielen Unternehmen eine Art Doppelmoral – die Loyalität zwar fordert, aber die eigene hintanstellt. Unweigerlich taucht die Frage auf: Ist Loyalität inzwischen noch ein zeitgemäßes Konzept? Hat es Sinn, jemandem die Treue zu schwören? Wir haben uns den Begriff einmal genauer angesehen …
Das Wort hat seine Wurzeln im Französischen und wird dort eher mit legal, im Sinne von gesetzestreu, in Verbindung gebracht. Der Duden weist bei Loyalität auf eine „loyale Gesinnung, Haltung, Verhaltensweise“ hin. Sucht man Synonyme, stößt man auf: Aufrichtigkeit, Beständigkeit, Ehrlichkeit, Fairness, Integrität, Rechtschaffenheit, Redlichkeit, Solidarität, Treue, Verbundenheit, Zuverlässigkeit etc. Möchte man daraus eine Definition ableiten, könnte sie so lauten: Loyalität drückt eine innere Verbundenheit gegenüber einer anderen Person, einer Gruppe oder Organisation aus, deren Basis gegenseitige Wertschätzung und Zuverlässigkeit sind. Am schönsten kommt sie zum Ausdruck, wenn wir jemandem zur Seite stehen, und zwar freiwillig Es ist uns ein inneres Bedürfnis, für etwas Gemeinsames einzutreten, weil wir mit den Ansichten und der Wertvorstellung unseres Gegenübers kongruieren.
Loyalität in Abgrenzung zur Solidarität
Loyalität verkörpert eine bestimmte innere Haltung. Dies kann auch heißen, Ziele zu unterstützen, die nicht zwingend mit den eigenen konform gehen. Man nimmt bewusst (vorübergehende) Nachteile in Kauf, stellt seine persönlichen Interessen hintan mit dem Blick auf etwas Größeres, Ganzes, Übergeordnetes. Loyalität offenbart sich vorwiegend in Krisenzeiten. Wie viel ist ein Versprechen wert, wenn die Sonne einmal nicht scheint? Auf wen kann ich zählen, wenn Ruhm und Glanz verblassen? Hier zeigt sich der wahre Charakter. Unternehmen machen häufig den Fehler, dass sie Loyalität zwar vom Mitarbeiter einfordern, sich selbst aber, wenn es darauf ankommt, nicht loyal verhalten. Beim Mitarbeiter entsteht so schnell das Gefühl, betrogen oder ausgenützt zu werden. Loyalität verhält sich reziprok, beruht also auf Gegenseitigkeit und ist somit keine Einbahnstraße. Wertschätzende Worte des Chefs können helfen. Wesentlich mehr Wirkung zeigen Taten.
Warum ist die Loyalität der Mitarbeiter dem Arbeitgeber gegenüber gerade in Japan so hoch? Ist sie immer noch so hoch? Da ich regelmäßig beruflich in Japan zu tun habe, konnte ich feststellen, dass selbst dort die Loyalität abnimmt. Spätestens als zu Beginn der 90er Jahre riesige Konzerne wie Sony oder Toyota ein Tabu gebrochen haben und begannen, Mitarbeiter in größerem Stil zu kündigen, wirkte sich das auf die Loyalität der Mitarbeiter aus. Vergleichsweise ist sie in Japan aber immer noch sehr hoch. Die Gründe dafür sind relativ einfach erklärt. Das Leben eines Japaners wird von seinem Arbeitgeber bestimmt. Der Lebensinhalt eines Japaners liegt vorrangig in seiner Arbeit. Selbst die Familie spielt in Japan eine untergeordnete Rolle. Der Arbeitgeber sichert die Existenz und somit den Wohlstand. Die Familie kann das nicht. Der Arbeitgeber bestimmt auch in einem hohen Maß die Freizeit seiner Mitarbeiter. Japaner arbeiten offiziell nicht um so viel länger als Europäer oder Amerikaner, aber sie nehmen durchschnittlich drei- bis viermal pro Woche an Veranstaltungen teil, welche die Firma organisiert. Es ist auch keine Seltenheit, dass sich Japaner Arbeit mit nach Hause nehmen. Japaner wissen oft mit ihrer Freizeit wenig anzufangen. Die Freizeitbeschäftigung reduziert sich zumeist auf Restaurantbesuche, Shoppen und Gamblen. Die Karriereleiter nach oben folgt in Japan immer noch stark dem Senioritätsprinzip. Wenn man das Unternehmen wechselt, fängt man meist von vorne wieder an. Dazu kommt, dass die Firmen in Japan alle ziemlich ähnlich strukturiert sind und somit ähnlich ticken. Wer bei Canon nicht glücklich ist, wird es mit großer Wahrscheinlichkeit bei Minolta auch nicht werden.
Wenn sich ein Japaner vorstellt, passiert es immer noch häufig, dass er zuerst den Firmennamen nennt, dann seine Funktion und zum Schluss seinen Namen. Man liest immer wieder davon, dass Japaner sich zu Tode arbeiten, vor Erschöpfung am Arbeitsplatz sterben. Oder, wenn das Unternehmen in Konkurs geht, den Freitod wählen. Gott sei Dank sind das aber nur Ausnahmen. Ich habe die Japaner in beruflichen Situationen zumeist als sehr glücklich und ausgeglichen wahrgenommen. Ist diese Art von Loyalität, wie sie von Japanern weitgehend immer noch gelebt wird, in unserer dynamischen Welt überhaupt erstrebenswert? Viele Gründe sprechen dagegen, da die Flexibilität und vor allem die Kreativität stark darunter leiden. Dies ist sicherlich auch ein Grund, warum die japanische Wirtschaft bereits seit zwei Jahrzehnten stagniert, wenngleich das Niveau der Wirtschaftsleistung immer noch unglaublich hoch ist.
Solidarität wiederum ist mehr nach außen gerichtet. Solidarität steht oftmals in einem politischen oder ethischen Kontext und spiegelt eine gemeinsame (äußere) Haltung wider. Sich solidarisch erklären, verweist häufig auf ein Mitgefühl oder zumindest hohes Verständnis jemand anderem gegenüber. Solidarität drückt ferner den Zusammenhalt zwischen gleichgesinnten oder gleichgestellten Individuen, Gruppen oder Organisationen und den Einsatz für gemeinsame Werte aus. „Die Solidarität der Streikenden war ungebrochen“, ein Satz, der die Geschichte geprägt hat. Welche Kraft und Energie von Solidarität ausgehen können, beweist die Bewegung, welche Lech Wałęsa in den 80er Jahren in Polen ins Leben gerufen hat. Unter dem Begriff „Solidarnosc“, was nichts anderes bedeutet als Solidarität, hat er im tief kommunistischen Polen