Der Engel an meiner Seite. David Frei

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Der Engel an meiner Seite - David Frei

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will keine Therapie mehr - weder von Ihnen noch von einem Hund. Warum lasst ihr mich nicht einfach alle in Ruhe?«, fragte ich bissig. In Wahrheit hegte ich den Verdacht, dass ein Hund meine schlauen Pläne durchkreuzen würde.

      Anscheinend konnte Dr. Attar Gedanken lesen. »Sie haben die Wahl: Entweder kooperieren Sie und versuchen es mit einem Therapiehund - oder ich weise Sie gleich in ein Krankenhaus ein, wo man Sie vor sich selbst schützen kann. Die Entscheidung bleibt Ihnen überlassen.«

      Auch wenn ich nicht gerade über mein Leben »draußen« vor Freude Purzelbäume schlug, war mir klar, dass ich in kein Krankenhaus wollte. Die vielen Stunden, die ich in Arztpraxen vergeuden musste, waren schlimm genug. Daher beschloss ich, das Spielchen eine Weile mitzuspielen.

      »Also gut, ich werde mit Nancy darüber reden und wir überlegen uns, wie wir die Idee umsetzen können«, versprach ich Dr. Attar. Insgeheim dachte ich, ein zweiter Hund könnte mit Abbey spielen und mich verschonen.

      Als ich die Praxis verließ, war ich stolz auf mich, weil ich Dr. Attar endlich einmal ausgetrickst hatte. Ich gebe zu, damals hatte ich eine Menge mieser Eigenschaften - mir fallen auf Anhieb Verbitterung, Fatalismus und Sturheit ein -, aber Dummheit hat noch nie dazugehört. Ich hatte meine Ärzte immer dazu gebracht, mir genau zu sagen, was mit meinem Körper los war. Und ich war intelligent genug zu verstehen, was die Ärzte mir sagten. Das war wahrscheinlich auch der Grund, warum ich so schlecht über mein restliches Leben dachte. Auf alle Fälle wollte ich wissen, was es mit diesem Therapiehundequatsch auf sich hatte - warum bestanden Dr. Attar und Dr. Young plötzlich darauf, dass ich mir einen Hund zulegte? Wie sie besser als alle anderen wussten, hatte ich genug mit mir selbst zu tun.

      Noch am selben Abend suchten Nancy und ich im Internet nach Antworten auf unsere vielen Fragen, wie zum Beispiel: Was ist ein Therapiehund, was macht ein Therapiehund und wo findet man einen Therapiehund? Wir fanden mehrere Einträge über »Therapie mit Hilfe von Tieren« und »die emotionale Verbindung zwischen Mensch und Tier«. Es waren auch Berichte über Menschen dabei, die mit ihren Hunden Seniorenheime und Schulen besuchten, alte Menschen glücklich machten und Kinder mit ihren Tieren aufmunterten. Die Rolle der Tiere bei der Genesung von Menschen und der Verbesserung ihrer Lebensqualität war ein durchgehendes Thema. Die Delta Society hatte das Motto »Tiere, die Menschen helfen, und Menschen, die Tieren helfen«. Das Hauptanliegen von Therapy Dogs International war, »Trost und Gesellschaft zu schenken, indem der Hund mit Patienten in Krankenhäusern, Pflegeheimen und weiteren Institutionen geteilt wird ...«.

      Die Mission einer anderen Therapiehundeorganisation namens The Good Dog Foundation war, »professionell ausgebildete und angeleitete Mensch-Tier-Teams einzusetzen ... um den Heilungsprozess von Menschen zu fördern und ihre Lebensqualität zu verbessern«. Ihr Motto lautete »Weil gute Hunde eine gute Medizin sind«. Doch die Worte, die mich wachrüttelten, standen auf der Webseite von Delta: »Menschen mit psychischen Krankheiten oder geringem Selbstwert konzentrieren sich auf sich selbst; Tiere können ihnen helfen, sich stattdessen auf ihre Umwelt zu konzentrieren. Statt über sich selbst und ihre eigenen Probleme nachzudenken und zu reden, beobachten sie die Tiere und reden mit ihnen und über sie.«

      »Das sagt doch eigentlich alles, oder?«, fragte ich Nancy. »Vielleicht sind die Ärzte doch nicht so blöd.« Aber nur weil ich jetzt herausgefunden hatte, was sie mit mir im Sinn hatten, bedeutete das noch lange nicht, dass es mir auch gefallen musste. Trotzig und stur zu sein, Nancy zu quälen und meinen Selbstmord zu planen war schließlich anstrengend genug. Ein Hund würde die Sache nur komplizieren.

      Doch meine Frau machte schon konkrete Pläne. Wie in den meisten Geschichten über kleine Jungs und ihre Hunde war ihr klar, dass die meisten Pflichten wie das Füttern, Waschen und Spazierengehen wahrscheinlich an ihr hängen bleiben würden. »Ich glaube, wir sollten uns einen zweiten Golden Retriever zulegen«, schlug sie vor. »Dann hat Abbey auch einen Spielkameraden.«

      »Die Sache ist noch längst nicht entschieden«, widersprach ich. »Ich bin mir noch nicht sicher, ob ich einen zweiten Hund will. Ich will nur herausfinden, was sich die Ärzte davon erhoffen.«

      Genau wie Dr. Attar ignorierte auch Nancy mich. »Und ich finde, wir sollten uns einen geretteten Hund zulegen«, fügte sie hinzu.

      Einen geretteten Hund?, dachte ich. Und der soll mich retten?

      Wir waren seit ungefähr einem Jahr Mitglieder des Greater Houston Golden Retriever Club (GHGRC). Wir waren gleich nach unserem Umzug dem Hundeverband beigetreten, weil wir gedacht hatten, wir würden dort Leute kennen lernen, die unser Interesse an der Hunderasse teilten, oder dort »Freunde« für Abbey finden. Aber wie wir festgestellt hatten, lag der Schwerpunkt des Clubs auf Hundeausstellungen und Geländeveranstaltungen, und seine Mitglieder schienen kein großes Interesse an uns oder unserem Hund zu haben. Doch die Rettungsaktivitäten des Verbands interessierten uns. Es gibt auf dieser Welt sehr viele Golden Retriever, und oft enden sie aus den verschiedensten Gründen in Tierheimen: Weil ihre Besitzer umziehen oder sich scheiden lassen, weil ihr Lebensstil sich ändert und sie nicht mehr genug Zeit für den Hund haben oder weil sie den Hund nicht erziehen können, weil er schlecht behandelt wird oder er einfach nicht in ihr gegenwärtiges Umfeld passt.

      In unserer Wegwerfgesellschaft ist es leider gängig, dass Menschen ihren Hund im örtlichen Tierheim entsorgen, um die Belastung los zu sein. In den meisten amerikanischen Tierasylen sind natürlich die Chancen groß, dass der Hund am Ende eingeschläfert wird. Es gibt einfach nicht genug Asyle. Viele Rassehundeverbände haben daher die Initiative ergriffen, die Verantwortung für ihre Hunderasse zu übernehmen. Wenn ein Hund ihrer Rasse in einem der örtlichen Tierasyle auftaucht, ausgesetzt oder misshandelt wird, wird er von den Mitgliedern des Verbands »gerettet«. Der Verband versucht dann, ein neues Zuhause für den Hund zu finden. Da es so viele Golden Retriever gibt, hatte der GHGRC eine Menge zu tun. Und weil wir uns nichts aus Hundeshows oder Geländewettbewerben machten, beteiligten wir (vor allem natürlich Nancy) uns ein bisschen an den Rettungsaktivitäten des Clubs und nahmen auch ein paar der Hunde bei uns auf, bis sie weiter vermittelt werden konnten.

      »Komm, lass uns Karen Costello anrufen«, schlug Nancy vor. Ich wollte Einspruch erheben, doch sie war schon am Wählen.

      Karen war die Leiterin der Rettungsabteilung des Hundeverbands. Ich hörte am anderen Apparat mit, da ich hoffte, Karen könnte uns etwas mehr über Therapiehunde sagen. Meine Frau erklärte Karen, dass meine Ärzte vorgeschlagen hätten, wir sollten uns einen Therapiehund anschaffen, und dass wir gerne einen geretteten Golden Retriever finden würden, der uns helfen könnte.

      Karen kannte sich ein wenig mit Therapiehunden aus und konnte ein paar Lücken in unserem Wissen auffüllen. Wie sie uns sagte, werden Therapiehunde individuell von ihren Haltern ausgebildet. Der Trainingsprozess hängt davon ab, wofür der Hund eingesetzt werden soll. Karen kannte auch die Delta Society und schlug vor, wir sollten uns näher informieren, welche Ratschläge und Unterlagen sie zu dem Thema zu bieten hatte. Doch dann sagte sie auch, dass sie vielleicht schon einen Kandidaten für uns hätte.

      »Ich will euch mehr über einen Hund namens Dakota erzählen.«

      Kapitel Zwei

      Genau wie ich

      Wie kann ein Hund in der glühenden texanischen Hitze an einer Kette im Garten seines Besitzers enden? Hat er vielleicht einen Schuh angenagt oder ein Federkissen zerfetzt? War ihm etwa ein Malheur auf einem teuren neuen Teppich passiert? Oder war er plötzlich einfach zu teuer geworden? Was machte ihn von einem glücklichen, treuen, schwanzwedelnden Familienmitglied zu einem lästigen Nachgedanken?

      Ich persönlich werde es nie begreifen, doch genau in so einer Lage fand Karen Costello den jungen rotgoldenen Hund an einem Frühlingstag im Jahr 1994 in Houston. Er war abgemagert und

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