Der Engel an meiner Seite. David Frei

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Der Engel an meiner Seite - David Frei

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Fremde begrüßen? Er war noch nie einem Fremden begegnet und würde es wohl auch nie. Komische Geräusche? Er rührte keinen Muskel. Fremde Hunde? Er zuckte nicht mit der Wimper. Er hätte ein Poster-Hund sein können. Dakota bekam perfekte Noten - so etwas war den Prüfern noch nie untergekommen.

      Als ich unsere Unterlagen einsammelte, kam eine Frau auf mich zu und sagte: »Hallo, ich bin Jan Hassler, die Geschäftsführerin von Paws for Caring (›Pflegedienst auf Pfoten‹). Unser Stand ist da drüben. Würden Sie bitte vorbeikommen, bevor Sie gehen?«

      »Ja, sicher«, sagte ich. »Was ist Paws for Caring?«

      »Wir arbeiten mit Tiertherapie.«

      »Wir kommen gleich rüber.«

      Jan hatte Dakota im Ring beobachtet. Sie sagte mir, sein Temperament würde sich perfekt für die Tiertherapie eignen und sie würde uns gerne helfen, bei dem Programm mitzumachen. Ich sagte ihr, dass ich überall Informationen über die Tiertherapie gesammelt hatte und wir unser eigenes kleines Therapieprogramm in der Nachbarschaft laufen hatten, doch dass es an der Zeit sei, sich wirklich mit einem anderen Menschen darüber auszutauschen.

      Sie lächelte wissend. »Nun, Sie haben nur ein kleines bisschen von dem gesehen, was Sie damit erreichen können. Ich glaube, wenn Sie bei uns mitmachen, können Sie viele Menschen auf sehr sinnvolle Weise erreichen«, sagte sie.

      Es war der perfekte Zeitpunkt für unsere Begegnung und wir hatten eine sehr interessante Unterhaltung. Jan berichtete mir von den Erfolgen der Menschen und Tiere, die bei der Organisation mitmachten, und von den Orten, an denen ihre Mitglieder wöchentlich eingesetzt wurden. Sie überzeugte mich restlos. Dakota war ein Naturtalent und ich konnte es kaum erwarten, mein Leben mit einer solchen Aktivität zu bereichern. Der nächste Schritt würde die AAT-Prüfung sein, die wir nach den Richtlinien des Haustierpartnerprogramms der Delta Society bei Paws for Caring machen konnten.

      Ich hatte mich telefonisch mit Susan Duncan von der Delta Society angefreundet, und sie ermutigte jeden Schritt, den Dakota und ich machten. Es war gut zu wissen, dass Susan und die Mitarbeiter der Delta Society uns auf unserer neuen Reise zur Seite stehen würden. Der Qualifikationsprozess von Delta beinhaltete außerdem die Richtlinien und Regeln, die beachtet werden müssen, wenn man Tiere in Krankenhäuser, Pflegeheime und Schulen bringt, und bietet eine Haftpflichtversicherung über eine Million Dollar.

      Die Prüfung an sich war im Grunde eine erweiterte Version der CGC-Prüfung; es wurden die Situationen nachgestellt, mit denen ein ehrenamtlicher Mitarbeiter und sein Tierpartner in einer Gesundheitseinrichtung rechnen mussten. Es näherte sich uns zum Beispiel jemand von hinten und ließ einen Nachttopf fallen. Ich zuckte zusammen, doch Dakota reagierte kaum. Oder ehrenamtliche Mitarbeiter, die in die Rollen von »Patienten« in Rollstühlen und Gehhilfen schlüpften, umzingelten uns. Cody blieb ruhig sitzen und zählte seine neuen Freunde. Andere Rollenspieler wurden zu neugierigen oder desorientierten Erwachsenen und groben Kindern, die uns zu nahe kamen und an Dakota zerrten. Ich wollte ihn wegziehen, doch er blieb sitzen und nahm es hin - oft wedelte er dabei sogar mit dem Schwanz.

      Immer wieder sah Cody mich an, als wollte er fragen: »Sind wir endlich fertig?« Er war stabil und zuverlässig und verlor nie die Fassung. Auch diese Prüfung stellte für ihn keine große Herausforderung dar und ich war sicher weitaus nervöser als er. Anscheinend behinderte ich ihn jedoch nicht zu sehr, denn wir bestanden die Prüfung mit Auszeichnung. Wir waren bereit, mit unseren Besuchen zu beginnen. Doch bevor wir uns an die Arbeit machten, wollte ich noch mehr über Tiertherapie wissen. Daher recherchierte ich ein wenig. Wie ich dabei herausfand, basiert sie auf der simplen Tatsache, dass Tiere unser Leben verbessern.

      Vor zehntausenden von Jahren tauchten Wölfe an den Lagerfeuern der Menschen auf, um nach Futter zu suchen. Das war der Anfang einer Beziehung, die seither anhält und gedeiht. Mit der Zeit entwickelten sich die wilden Wölfe zu zahmen Hunden (Katzen stießen erst später hinzu) und wurden dazu benutzt, für die Menschen zu arbeiten - vom Wachhund über den Schlittenhund bis hin zum Rattenfänger. Manchmal leisten Tiere sogar außergewöhnliche Heldentaten, wie zum Beispiel ihre Familie aufwecken und sie so vor einem Feuer zu bewahren oder sie vor wilden Tieren oder Kriminellen zu beschützen.

      Und als zusätzlicher Vorteil dieser liebevollen Beziehung wurde das emotionale Band zwischen Mensch und Tier gestärkt. Einfach ausgedrückt ist es eine »Wohlfühlbeziehung«: Wir streicheln unseren Hund oder unsere Katze, wir sprechen mit unserem Vogel oder wir reiten unser Pferd und fühlen uns besser. All die Jahre hindurch haben diese scheinbar simplen Handlungen mit unseren Tierkameraden uns dazu gebracht, zu lächeln, unsere Probleme zu vergessen und uns ein bisschen besser zu fühlen. So war es ganz einfach und niemand suchte nach einer tieferen Erklärung.

      Vor ungefähr 200 Jahren benutzte eine Gruppe von Quäkern in England Tiere, um Patienten in Heimen zu helfen, ihren Alltag zu meistern. Doch Tiertherapie wurde erst ab dem Zweiten Weltkrieg richtig dokumentiert, als Krankenhäuser Tiere zur Heilung der körperlichen und psychischen Verletzungen und Traumata einsetzten, die die Mitglieder der Streitkräfte erlitten hatten. Die Dokumentation basierte jedoch nicht auf wissenschaftlichen Berichten. Es wurde ganz einfach beobachtet, dass Tiere den Menschen halfen, sich wieder besser zu fühlen, egal ob zu Hause oder in einem Krankenhaus.

      Die ersten Behindertenbegleithunde wurden vor ungefähr 70 Jahren als Blindenhunde eingesetzt. Später wurden Begleithunde auch für andere Funktionen ausgebildet, wie zum Beispiel zur Frühwarnung vor Anfällen, als Hörstützen, als Bewegungshilfe und als körperliche Unterstützung. Die Rolle und Vorteile der Begleithunde liegen auf der Hand: Die Tiere ermöglichen es ihren Menschen, wieder zu arbeiten und ein normales Leben zu führen, was ihnen die emotionale Unterstützung und Würde zurückgibt, die sie bisher vermissten. Doch Behindertenbegleithunde brauchen eine intensive Ausbildung und ihr Einsatz beschränkt sich auf eine spezielle Funktion und auf Menschen mit spezifischen Behinderungen.

      Erst vor ungefähr 25 Jahren fing man an, die Tiertherapie ernst zu nehmen. Der Heilprozess von Patienten konnte häufig durch Interaktionen mit Tieren gefördert werden, und Therapeuten sowie medizinische Fachleute fingen an, dies zu dokumentieren. Tiere halfen Patienten, sich von Schlaganfällen zu erholen oder mit Behinderungen zurechtzukommen - Patienten lernten, sich wieder zu bewegen, indem sie eine Katze streichelten, einem Hund einen Ball zuwarfen, oder auf ein Tier zuzugehen, um ihm ein Leckerchen zu geben.

      Die Motivation, sich mit einem Tier zu befassen, ist oft größer, als nur die Anleitungen des Therapeuten zu befolgen - das trifft vor allem auf Kinder zu. Unter den psychischen und spirituellen Vorteilen findet man verbale Interaktion, Aufmerksamkeit schenken, ein stärkeres Selbstbewusstsein, Abbau von Angstzuständen und Verringerung der Einsamkeit. Wenn ein Haustier in die Behandlung mit einbezogen wird, befassen sich Patienten tendenziell auch mehr mit anderen Menschen. Und Tiere können als Grundlage für das Erlernen von Vokabular, Gedächtnistraining und Konzepten wie Größe und Farbe dienen. Einfache Untersuchungen ergaben, dass ein Haustier den Blutdruck senken kann und dass Senioren, die sich einen Hund halten, seltener zum Arzt gehen als Senioren, die keinen Hund haben.

      Der Erfolg der Therapie durch Tiere basiert auf dem Gedanken, dass unsere Tiere frei von Werturteilen sind und großartige Zuhörer abgeben, und dass sie uns bedingungslose, schwanzwedelnde Liebe schenken. Anders ausgedrückt: Lächeln, Unterhaltungen und Erinnerungen, die von unseren Tieren ausgelöst werden, bieten wahrhaftig heilende Momente.

      Kapitel Vier

      Wir können etwas bewirken

      Mir war klar, dass Dakota und ich bei Menschen in Not etwas bewirken konnten. Allmählich kehrte mein Selbstvertrauen zurück und meine Ängste wurden weniger - langsam dämmerte mir, dass ich wieder nützlich und unabhängig sein konnte. Es war die erste große Aufgabe, die ich seit meinen Herzinfarkten und der Operation

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