Italien - Gefangen in Land und Liebe. Alexander Frey

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Italien - Gefangen in Land und Liebe - Alexander Frey

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einem Platz in unserer nächsten Umgebung waren. Dann konnte wir nicht schnell genug zu ihnen kommen. Uns interessierte alles, was da geschah. Egal, ob es ein Auto war, das wir bewunderten, ein Motorrad oder eine Feldküche. Die Soldaten waren für uns Jungen einfach eine Sensation. Nicht anders erging es auch den kleinen Italienern, die uns gespannt zusahen und keinen Augenblick aus den Augen ließen. Dabei mussten wir noch höllisch aufpassen, dass die Jungen nicht mit unseren Waffen in Berührung kamen, die natürlich scharf geladen waren und sie gerade am meisten interessierten.

      Manchmal konnte ich mich nicht des Eindrucks erwehren, dass diese Kinder direkt dazu beauftragt waren, uns zu beobachten, um die Partisanen über unsere gesamten Vorhaben zu unterrichten. Wer eignete sich besser und unverdächtiger dazu, uns zu bespitzeln, als gerade Kinder im Alter von acht bis zwölf Jahren?

      Wenn es überhaupt so war, eine Vermutung, die sich nie nachweisen ließ, dann handelte es sich nur um einige wenige Jungen, die dafür ausgesucht waren.

      Der kleine Mario, der für uns immer die Brötchen und den Wein holte, war sicher kein heimlicher Beobachter. Er war mein kleiner Freund geworden.

      Mario war ein typischer kleiner Italiener. Sehr aufgeweckt und kess, aber auch sehr anhänglich und zutraulich. Er war der Flinkste der Jungen, die da immer um uns herum waren und uns verfolgten wie die Läuse an der Front. Immer war er zur Stelle, hatte immer etwas einzukaufen und wollte immer alles wissen.

      Am liebsten hätte er auch gerne mal mit einer Pistole oder der Maschinenpistole geschossen. Der brennende Wunsch ließ sich nur zu deutlich von seinen Augen ablesen, wenn er die Waffen betrachtete.

      Wir gingen an den Ufern des Flusses auf die Jagd.

      „Ich weiß, wo Wiesel sind“, rief Mario und hatte seine helle Freude.

      Tatsächlich zeigte er mir am Deich einen Bau. Noch bevor wir ihn ganz erreichten, stürzte das aufgeschreckte Tier auch schon heraus, dass ich um Sekunden zu spät kam und mit einer 9 mm Baretta-Pistole daneben schoss.

      Das Wiesel war zu schnell und sah immer wieder an einer anderen Stelle hinter den herumliegenden Steinen hervor, so dass ich nicht zum Schuss kam.

      Schließlich verfolgten Mario und die anderen Jungen es und waren dabei so aktiv und voller Begeisterung, dass es für mich unmöglich war zu schießen, ohne Gefahr zu laufen, einen der Jungen zu treffen.

      „Bleibt doch stehn“, rief ich den Jungen zu. „So können wir es nie erwischen.“

      Aber die Jungen hörten mich überhaupt nicht. Das Wiesel entkam.

      „Das macht Spaß!“ strahlte Mario. „Suchen wir weiter. Wir finden bestimmt noch was.“

      „Heute nicht mehr“, sagte ich. „Dafür ist es heute schon zu spät.“

      „Schade, das war so schön“, machte Mario seiner Enttäuschung Luft.

      Nach und nach machten sich die Jungen auf den Heimweg, obwohl ihnen deutlich anzusehen war, dass sie nun erst recht keine Lust hatten, nach Hause zu gehen. Aber die Sonne stand schon tief am Himmel und für uns war an diesem Tag der Dienst auch schon lange zu Ende.

      Am anderen Morgen waren sie alle wieder da. Dabei deutete Mario so ganz nebenbei an, dass ich mit ihm die in Bäckerei gehen sollte. Er liebte Überraschungen. Es machte ihm sichtlich Spaß, mir eine Freude zu bereiten. Ich bemerkte sofort, dass er bei diesem Vorschlag mit einem bestimmten Hintergedanken spielte. Es amüsierte sich jedes Mal königlich, wenn es ihm gelungen war, mich zu verblüffen.

      Jetzt ließ er nicht mehr locker: „Kommen Sie mit in die Bäckerei, Korporale. Da ist eine bella Signorina. Die müssen Sie sehen, sie wird Ihnen gefallen.“

      Ich wollte zunächst nicht, aber der Junge ließ mir keine Ruhe. Er zog an meiner Hand, wie ein junger Hund an der Kette. Schließlich ging ich doch mit ihm in die Bäckerei. Mein Glück!

      Mario hatte nicht übertrieben. Ein bildhübsches Mädchen, ungefähr achtzehn Jahre alt, stand uns in dem kleinen, sauberen Laden gegenüber. Ihre anmutigen Bewegungen harmonierten wunderbar zu ihrer schönen, schlanken Gestalt. Dunkles Haar umrahmte das liebliche Gesicht, das von einem bezaubernden Lächeln überstrahlt war. Am auffallendsten aber waren ihre dunklen Augen, die von einem Augenblick zum anderen Ausdruck und Farbe wechselten, von dem wildesten Feuer zu romantischer Melancholie und umgekehrt.

      „Bitte, geben Sie mir zwei Brötchen“, sagte ich auf italienisch. Unwillkürlich sah ich in ihre dunklen Mandelaugen und sagte auf deutsch: „Mensch, bist Du schön!“

      Sie lachte, deutlich erkennbar, dass sie mich verstanden hatte. Ich wurde verlegen und fragte sie: „Sprechen Sie deutsch?“

      „Nein, nur ein bisschen“, sagte sie und lächelte dabei herzerfrischend natürlich. Ich war begeistert von dieser Schönheit. Stille – langes Schweigen.

      „Ich komme morgen wieder.“

      „Bravo, also bis morgen“, antwortete sie.

      Mario war glücklich. Er hatte es mal wieder geschafft.

      „Gefällt sie Ihnen, Korporale? Was habe ich gesagt! Bella Signorina!“

      „Du hast Recht, Mario, sie ist sehr schön. Morgen gehen wir wieder hin.“

      „Si, Korporale, ich verstehe. Ich komme wieder mit, va bene.“

      So ging das einige Tage. Ich kaufte zwei Brötchen, wir lächelten uns an, ich sah in ihre faszinierenden Augen und verließ, jedes Mal von Neuem begeistert, das kleine Geschäft. Nach einer Woche machte sie mich mit ihrer Mutter bekannt, die plötzlich im Laden stand, die Situation erkannte und sofort mit großer Überzeugungskraft auf mich einredete, um mich zum Abendessen einzuladen.

      „Sie müssen unbedingt kommen. Ich bereite Ihnen Ihr Lieblingsgericht, wenn Sie wollen. Sie müssen wissen, ich koche leidenschaftlich gern. Meine Küche müssen Sie kennen lernen.“

      „Danke, ich komme gern“, antworte ich schüchtern. Ich war völlig überrascht von dieser Herzlichkeit. Ja, ich war glücklich. Zufrieden machte ich mich auf den Heimweg. In unserer Unterkunft, einer Bauernstube, war es ungemütlich, kalt und schmutzig. Die Wände waren nur mit einfacher Kalkfarbe gestrichen, oben weiß, unten hellblau. Es war schon alles recht mitgenommen und die Holzbetten waren immer zu zweit übereinander montiert, so wie in jedem Landserlager.

      Der einzige Platz war am Tisch, wo gelesen, gegessen und geschrieben wurde. Er war daher immer besetzt. Die Flucht nach draußen, nach Abwechslung, war darum nur zu verständlich. Für uns eine willkommene Entspannung. Manchmal liefen wir abends einige Kilometer, um auf andere Gedanken zu kommen, oder einfach mal was anderes zu sehen. Oft landeten wir in den Kneipen und waren am anderen Morgen noch halb trunken vom italienischen Wein.

      Um so mehr freute ich mich über diese Einladung. Aufgeregt, wie beim ersten Stelldichein, ging ich abends zu der Bäckerei. Die ganze Familie war zu meinem Empfang versammelt und ich wurde mit einer Herzlichkeit, einer Selbstverständlichkeit, begrüßt, die ich bis dahin nirgends angetroffen hatte. Ich wurde sofort wie ein Sohn in die Familie aufgenommen.

      Die Mutter brachte die herrlichsten Speisen aus der Küche. Der Vater bot mir von seinem Rotwein an. Nonno und Nonna (Opa und Oma), für ihr Alter sehr rüstig und aufgeweckt, voll am Leben teilnehmend,

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