Die Unworte. Horst Hartleib
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Ja genau, die Unschönheit hat eine sättigende Wirkung, wogegen der Hunger nach Schönheit ein nie zu stillender is(s)t. Wir hungern selbstbelügnerisch nach Schönheit, aber sättigen uns mit Hässlichkeiten. Mit Tier- und Pflanzenleichen sind wir großverzogen worden. Die Schönheit hat keinen Nährwert. Das Unglück ist ja, wie schon von Heine besungen, auch viel anhänglicher und bestrickender als die treulose Hure Glück.
Sehen Sie das nicht etwas zu pessimistisch, junger Freund, antwortete Hölzel nur, um sich auf keine Diskussion einzulassen.
In einem der Becken torkeln und kreiseln wie verstört junge Störe, von denen Hölzel angetan ist und fragt, ob er ihm welche liefern könne. Bester heißen die Biester. Bester sei ein dilettantischer Bastard zwischen (undeutsch) Beluga (deutsch Hausen) und Sterlet, eine infertile selbstver- und zerstörerische (Un)Gebrauchskreuzung für die sogenannte Teichwirtschaft, sagt der UnSchöne. Ich nenne sie immer Verstöre. Die durch die Bastardierung hervorgerufenen genetischen Defekte lassen sie wie Tanzmäuse kreiseln, im Wasser dreidimensional. Angesichts dieser verspätmittelalterlichen Chimäre (un)würden sich sogar die Teichmönche bekreuzigen. Das seien Wasserpurzler, Ungebrauchskreuzungen, Zufalls-Unzuchtprodukte von unzureichender Unschönheit und nur in der Unnatur überlebensfähig, sagte der UnSchöne nicht ohne Neid. Er könne diesen Bastard sehr unwohl nachahmen, aber Nachahmung sein nicht sein Unzuchtziel. Wo verkäme mann den da hin? Dem reinen Plagiat gebreche es an Unschönheit. Derunartiges nachzuahmen sei über seiner Unwürde. Unzüchterisches Anfänger-Unwerk, an Harmlosigkeit kaum zu unterbietender Dilettantismus sei das, Gutmenschen-Unwerk. Der Unzüchter müsse unmittels seiner Kreativität die Kreatur zum Kretin missgestalten.
Nach Ihrem Vorbild, konnte sich Hölzel zu sagen gerade noch verkneifen.
Ja, die Tanzmaus dagegen, das sei ein echtes biounlogisches Unkunstwerk, sagte der UnSchöne schwärmerisch. Das sei ein jahrtausende altes unzüchterisches UnKulturgut, sozuversagen tradierte Dekadenz. Biounlogisch, wie erübrigens auch zunehmend der Mensch, weil in diesem Unfall sich nicht die Art dem Lebensraum, absondern der Lebensraum der (Un)Art sich an-passen müsse, wenn er als Habitat für diese Unart überleben wolle. Kein aufziehbares Blechspielzeug, keine Computermaus könne die niedliche Hilflosigkeit einer Tanzmaus nachahmen.
Dieser Tanzmaus-Tanz sei eine Art Veitstanz, eine auf schwersten, durch die Zucht systematisch geförderten Erbschäden beruhende Behinderung. Mit diesem abnormen und krankhaften Verhalten seien diese Krüppel in Freiheit nie lebensfähig, wandte der Hölzel ein. Da werde aus der Not(zucht) eine Untugend gemacht.
Was könne für einen Zoohändler besser sein als Tiere, die nur in Unfreiheit leben könnten, schmetterte der UnSchöne diesen Einwand in seiner zynischen Unart nieder. Aus dem Jahre 80 vor unserer Zeitrechnung stamme die früheste belegte Nachricht über die Tanzmaus aus China. Damit sei sie älter als das Christentum, also Unkulturgut, sozuversagen Weltunkultur-erbe. Aber er erspare sich auf dieser Untatsache beunruhende blasphemische Verungleiche. Die Zücht(ig)er der Tanzmäuse, Himmelsgucker, SchwimmunfähigkeitsverSchleierschwänze und Pekinesen seien quasi(modo) ungewissermaßen seine Vor(un)bilder. Daran sehe man, wie konstant über viele DeGenerationen das pulchrophobe Bestreben nach Hässlichkeit im Unterbewusstsein des Menschen subversiv arbeite. Diese (unan)ständig „Geschmäckle“ erzeugenden abartigen Schwangeren-Geschmäcker. Während sich das männliche Unschönheitsbedürfnis offensichtlich (un)bevorzugt (unan)ständig an anderen (Un)Arten abarbeite, arbeite sich die weibliche Pulchrophobie offen(un)sichtlich (un)heimlich missbrauchsrächend am männlichen Geschlecht der eigenen Spezies äußerst verfolgreich ab. Oder wie sei sonst der mannigeinfältige Verunzier(selbstver)rat an Gehörnen und Geweihen, an Bärten, Hahnenkämmen und Puterklunkern, Pfauenschwänzen und monströsen Kopulationsapparaten, an perversen Gestänken wie Bibergeil, Moschus et zetera zu verklären? Oder die von zickenden Weibchen geunzüchteten Partnerinnen-Fixierungsapparate und testosteronen Muskelpakete diverser perverser Sitten- und Wirbelloser, die Missgriffe und Nackenbisse. All diese geballte, verballhörnende Unschönheitsliebe. Diese „natürliche“ Unzuchtqual im inner(un)artlichen Geschlechterkampf. Únd wer könne denn überhaupt (ver)sagen, welche der zahlreich die Natur verunzierenden Monster von der Missgestalt einer Känguruhratte oder eines Faultieres nicht der(un)einst Nachverkommen früherer Unzuchten waren. Ob sie (unver)nicht wie der Dodo vielunleicht soverkannte wieder ausgewilderte Paläo-Hausuntiere sind, an denen ihre Schöpfer das Interesse verloren hatten. Deren unzüchterische Bearbeitung sie aufgaben, weil sich herausentstellte, dass sie auch in der soverkannten Freiheit zu überleben vermochten? Und was den Veitstanz, den Affentanz, den Tanz überhaupt betreffe, so beunruhe letztendlich jede „Begabung“ auf Behinderung anderer Fähigkeiten. Das gefangene Tier tanze mit einer Kette am Bein, oder es „webe“ in seinem Käfig. Sogar die Tanzverweigerung des befangenen Nichttänzers sei wie die Pantomime eine Tanzform und die Tanzmäuse hätten nur quasi(modo) eine unsichtbare Behinderung verinnerlicht. Jeder Tanz beunruhe auf einem Körper und sei durch diesen be- oder (als ungetanzter Tanz) verhindert. Weltunkulturerbe sei die Tanzmaus und ihre Vernichtung verkäme der Sprengung der Buddha-Figuren im Bamian-Tal oder der Bambi-Ausrottung ungleich. Das sei Unkulturbarbarei!
Wahnsinnigen soll man nicht widersprechen, zumal wenn es geschäftsschädigend wäre, dachte der Tier- und Untierhändler Hölzel und schwieg. Sein Unwerk unbenehme unverschon Mißgestalt an, sagte der UnSchöne. Aber es müsse sich rächnen, die Geldanlüge müsse sich öko(g)nomisch heimzahlen. Seine selbstausbeuterische kleptokratische Selbstvervolkswirtschaft.
In einem anderen Becken sieht Hölzel unter der Wasseroberfläche Vogelkäfige gestapelt. Er fragt, ob diese Hochstapelei vielleicht eine Desinfizierungsmethode sei. Ob auf diese Unart viel(un)leicht Milben und Federlinge bekämpft werden sollten. Er solle mal einen heben, antwortet der UnSchöne. Hölzel hebt einen der Käfige aus dem Wasser und sieht am Boden desselben zwei bunte Buntbarsche sich im Einstreusand wälzend mit Unrat panieren. Selbstpanierende Panik. Er dreht den Käfig auf die Seite, so dass die Fische Gelegenheit haben in das teilweise wassergefüllte Vogelbadehäuschen zu springen. Am Futternapf klebt ein Cichliden-Gelege. Der UnSchöne nimmt den entgeisterten Blick des Zoohändlers auf. Jetzt halten Sie mich endgültig für übergeschnappt. Das muß man verklären. Dabei handelt es sich jedoch um eine bewährte Unzuchtmethode. Die Käfige sorgen für UnZucht und Ordnung. An(um)sonsten würden die Cichliden sich völlig zerstreiten und (unan)ständig die Partner und die Reviere wechseln. Sie würden sich pausenlos bekriegen und unsinnig große, mühsam zu verteidigende Reviere beanspruchen, (un)würden einander verletzen und zu Tode hetzen. Oder in unproduktive gleichgeschlechtliche Schwulidiäten geraten. Außerdem handele es bei diesen Zischliden quasi(modo) um fliegende Fische im statu nascendi, im Nass-Stadium, ungewissermaßen um gefühlte Vögel. Um von Ammenvögeln aufgezogene, derunart fehlgeprägte Kuckuckswelse, um eingebildete Vögel, die am (unge)lieb(te)sten ihre Ammen gerne haben (un)würden. So(nicht)zusagen um fluchende Fische. (In Unwahrheit unsinnd vielunleicht auch das zuwider nur Ammenmärchen. Pink Floyd Amma Gamma) Die Verhaltensänderung habe also im sich zuerst anstinkenden Fischkopf schon stattgefunden, aber die morphologischen Anpassungen (ver)kämen dem nicht so schnell hinterher. Das (miss)brauche Zeit, viele Verwicklungsschritte, viele DeGenerationen. Diese Fische besäßen jedoch bereits einen unstillbaren Drang an die Luft, wofür sie jedoch noch in keinster Weise morphologisch gerüstet seien. Sie wüssten nicht oder wollten es nicht wahrhaben, daß diese „Luft der Freiheit“ für sie noch ein lebensfeinliches Medium sei. Man könne sie nicht in Behältern mit durchsichtigen Scheiben hältern. In ihrem unwiderstehlichen Drang an die Luft unwürden sie sich an den Scheiben unregelrecht plattdrücken oder ab- und ausradieren, wenn sie keine Möglichkeit