Schlacht um Sina. Matthias Falke
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»Ich kann Ihnen, fürchte ich, nicht ganz folgen«, stotterte der Sekretär. »Diese Flotte ist warpfähig.«
Jennifer winkte ab. Sie schnitt ein Gesicht, als habe er ihr vorgeschlagen, zu Fuß von hier nach Texas zu laufen. Natürlich war auch das nicht unmöglich; aber wozu sich der Mühe unterziehen, wenn man in ein paar Augenblicken mit Mach 25 dort sein konnte?
»Ich spreche von oszillierendem Warp«, machte sie herablassend. »Sinesisches Prinzip, wir haben es ihnen abgeschaut. Sehr ökonomisch. Intergalaktische Reichweite.«
Ich war bestrebt, mich stets in Kauffmanns Rücken aufzuhalten, um Jennifer Zeichen machen zu können. Mit einer Geste des Halsabschneidens versuchte ich sie dazu zu bewegen, jetzt endlich die Klappe zu halten. Aber sie ignorierte mich. Kauffmann seinerseits registrierte, dass wir ihn in die Zange nahmen und dass ich außerhalb seines Sichtfeldes herumhampelte. Er musste uns für gefährliche Irre und potenzielle Staatsfeinde halten. Vielleicht lag dieser Gedanke auch Jennifers halsbrecherischer Gesprächsführung zugrunde. Nach diesem Abend würde er uns nie wieder vorlassen, geschweige uns Zutritt zu solchen geheimen Anlagen verschaffen. Wir mussten also jetzt und hier so viel wie möglich aus ihm herauspressen.
»Ich begreife immer weniger, wovon Sie eigentlich sprechen«, sagte er ungehalten. »Wozu sollte dieser Verband, der ausschließlich zu defensiven Zwecken aufgestellt wurde, mit intergalaktischer Reichweite ausgestattet werden?«
Er schüttelte sich, als habe er ein unanständiges Wort in den Mund genommen, das man in vornehmer Gesellschaft für nicht auszusprechen pflegte. Ich machte Gesten, die man mit Cut! und Time Out! hätte übersetzen können. Jennifer amüsierte sich zu Tode, während in Kauffmann der Verdacht reifte, dass wir ihn zum Narren halten wollten.
»Was fummeln Sie denn herum?«, fuhr er mich an. Seine Geduld war am Ende. Nur seiner elitären Erziehung und seinem diplomatischen Drill war es zu verdanken, dass er uns nicht längst an die Luft gesetzt und uns ein für allemal unserem Schicksal überlassen hatte.
»Entschuldigen Sie, Sekretär«, beeilte ich mich zu sagen. »Ich wollte meiner Frau lediglich bedeuten, dass es nun wirklich genug ist. Wir wollen Ihre kostbare Zeit nicht weiter beanspruchen.«
Jennifer rollte mit den Augen. »Es geht nur darum«, sagte sie, »dass es den Piloten auch in einem erdnahen Gefecht zugute käme, wenn sie der Technik der Aggressoren nicht hoffnungslos unterlegen wären.« Und mit einer letzten Aufgipfelung von Arroganz setzte sie noch hinzu: »Aber das müssen Sie gar nicht verstehen.«
»Sie haben recht«, seufzte Kauffmann resigniert. »Alles weitere besprechen Sie am besten mit dem Kanzler.«
Und seine Augen sagten: Wenn Sie jemals Zutritt zu ihm erhalten sollten, was ich zu verhindern wissen werde!
Ich schob mich neben Jennifer, legte den Arm um sie und bewegte sie mit sanftem Nachdruck dazu, uns wieder dem Elevatorschacht zuzuwenden. Sie war fürs erste verstummt. Ich konnte mir halbwegs ausmalen, über was sie brütete, und dabei nur hoffen, dass sie es für sich behielt, bis wir wieder auf unserer Suite waren. Wir bewegten uns langsam und, was Jennifer anging, eher widerstrebend dem Ausgang zu. Sie lehnte sich immer wieder über das mattgraue Geländer und spähte nach rechts und links über die ehrfurchtgebietende Ansammlung von Waffentechnik hinweg ins Halbdunkel. Nur die gegenüberliegende Wand war zu sehen. An ihr lief eine Balustrade um, die der unseren glich. Serviceschächte, Kräne, Munitionsdepots und Lager von Brennzellen waren dort zu erkennen. Während unsere Seite offiziellen Besuchen vorbehalten schien, wurde dort gearbeitet, mit schwerem Gerät hantiert und hochexplosives Material bewegt. Aber nach rechts und links war kein Ende der unterirdischen Halle auszumachen. Sie verlor sich im tropfenden, basaltfarbenen Licht. Was argwöhnte Jennifer, dass uns dort verborgen wurde? Sie schien eine Witterung aufgenommen zu haben, und da ich wusste, dass sie über einen sechsten Sinn verfügte, konnte ich mir ausrechnen, dass sie dem Verdacht nachgehen würde.
Wir hatten die Höhe des Stollens erreicht, der zu den Elevatorschächten führte. Kauffmann bog in den niedrigen Gang ein. Ich hielt mich zurück, während Jennifer vorne am Geländer entlangging und sich nun in der Gegenrichtung absetzte. Ich machte dem Sekretär ein Zeichen, dass er sich nur noch einen Moment gedulden solle. Er seufzte, ließ die Arme in einer perfekten Geste der Machtlosigkeit hängen und folgte uns dann langsam, während Jennifer immer schneller linkerhand den breiten Balkon hinunterlief. Ich war jetzt sicher, dass sie etwas entdeckt hatte, wenn ich mir auch beim besten Willen nicht zu erklären wusste, was es hätte sein können.
Sie war mir schon fünfzig Schritte voraus. In dem diffusen, seltsam schmierigen Licht, das die offenen Flammer über die Bergwerksszenerie warfen, löste sich ihre Gestalt schon beinahe auf. Das Knallen ihrer Schuhsohlen auf dem nackten Felsboden wies mir eher den Weg, als die sichtbare Bewegung ihres Körpers. Man hatte uns in dem hier üblichen monotonen Feldgrau eingekleidet, das schon auf wenige Meter Entfernung mit dem porösen Farbton des Gesteins verschmolz. In einen langsamen Trab fallend, der mir bewusst machte, wie geschwächt ich noch immer war, folgte ich ihr. Ihre Schritte entfernten und beschleunigten sich, bis sie plötzlich aufhörten. Ein unterdrückter Juchzer hallte stattdessen durch das unheimliche menschenleere Gewölbe. Ich beeilte mich zu ihr aufzuschließen und winkte auch Kauffmann heran, der uns langsam, auf seine Haltung bedacht, nachkam. Jennifer lehnte über dem Geländer und sah in die Tiefe. Sie rieb den linken Fuß an der rechten Wade, wie sie es nur in Augenblicken großer Erregung tat, und als sie mich kommen hörte und zu mir aufblickte, sah ich, dass Tränen in ihren Wimpern zitterten.
Ich trat neben sie, und dann fasste auch mich die gleiche Ergriffenheit. Es war wie ein Wiedersehen mit jemanden, den man für tot gehalten hat, die Begegnung mit einem Geliebten, die man nicht mehr für möglich gehalten hatte.
»Warum haben Sie uns davon nichts gesagt?!«, rief Jennifer dem Sekretär zu, der keuchend herbeigelaufen kam.
Trotz meines abgemagerten Zustandes war ich immer noch wesentlich schneller gewesen als er, was mich mit einer kaum wiederzugebenden Genugtuung erfüllte. Kauffmanns Gesicht war gerötet. Er hatte keine Puste mehr. Zu dem Unwillen über diese Eskapade gesellte sich nun noch blanke Verständnislosigkeit. Er fuhr sich mit dem Finger durch den Kragen, um sich Luft zu verschaffen, und starrte uns irritiert an.
»Ich hatte doch keine Ahnung«, schnaufte er.
Wir ließen ihn stehen und wandten uns wieder um. Selten habe ich einen so schönen Anblick genossen. Die Halle hatte sich unmerklich vergrößert. In dem schummerigen Licht war der Effekt kaum aufgefallen, aber auf den mehreren hundert Metern, die wir vom Stollenausgang bis hierher zurückgelegt hatten, hatten sich ihre Breite und Höhe annähernd verdoppelt. Auch die Tiefe, in der der riesige Hohlraum unter uns hinabreichte, hatte zugenommen. Die Jäger standen auf großen treppenartigen Plattformen. Ich vermutete, dass es sich um gigantische Hebebühnen handelte, die die Schiffe zu tiefergelegenen Werften und Hangars absenken oder sie in mehreren Decks übereinander anordnen konnte. Schließlich kam hinzu, dass der breite Balkon, auf dem wir uns befanden, plötzlich in rechtem Winkel nach links abknickte. Die Balustrade folgte dieser Bewegung in entsprechendem Abstand, wobei sie an der Ecke zu einem spitzen Dorn vorstieß; der Balkon war hier zu einer Kanzel ausgezogen, die frei über dem Zentrum der Halle hing. Denn an dieser Stelle zweigten weitere große Räume ab, die wie Querbalken an dem langgestreckten Hauptgewölbe saßen und es zu einer Kreuzform ergänzten. Wir standen im Zentrum dieses Kreuzes. Nach allen vier Seiten gingen gewaltige Hallen ab. Der