Kreation Vollblut – das Rennpferd eroberte die Welt. Erhard Heckmann
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Domino selbst war 3 x 4 auf Amerikas großen Lexington ingezogen, seine Mutter 3 x 3, und seine Großmutter Lizzie G, die beste Tochter von Glencoe (1816; Sultan), trug eine 3-x-3-Inzucht auf Boston, Lexingtons Vater. Und die 14 Stuten, die Keene aus den besten englischen Linien importiert hatte, boten ihm alle Outcross-Möglichkeiten zu dem Lexington- und Bostonblut, das Domino, der als Flieger eine Legende war, trug.
Der Belmont Stakes-Sieger Commando (1898), der offiziell auch der Keene-Zucht zugerechnet wird, gewann sieben seiner neun Starts, und fünf davon als Zweijähriger. Im Gestüt war er, nach nur drei Jahren als Deckhengst, ähnlich früh tot wie vorher sein Vater. Dennoch konnte sich der Hengst, der als bestes Pferd seines Jahrgangs galt, durchsetzten und 1907 in Amerika die besten Beschäler anführen. Seine Söhne Peter Pan und Ultimus (1906), dessen Vater und Mutter beide von Domino stammten, als auch seine Töchter wurden die Vorfahren vieler guter Rennpferde und prominenter Hengste. Dominos Mutter Emma C. (1892; Darebin), eine große kräftige Stute, hatte Keene gekauft, mochte sie aber Drei- oder vierjährig nicht mehr und „gab“ sie seinem Trainer. So jedenfalls berichtet es Abraham S. Hewitt in seinem Buch „The great Breeders and their Methods.“ Als Domino ins Gestüt ging hatte Keene seinem Trainer auch zwei Freisprünge zu ihm versprochen, verweigerte Domino jedoch, als Billy Lakeland später so eine „grobschlächtige Stute“ wie Emma C. von dem „wunderbaren Hengst“ decken lassen wollte. Als der Trainer jedoch auf diesen Freisprung bestand, gab Keene widerwillig nach. Das Produkt aus dieser Paarung kam 1898 auf die Welt und hieß Commando. Irgendwann muss es jedoch noch eine „Transaktion“ gegeben haben, denn im Gestütsbuch wurde Keene als Züchter eingetragen. Der Autor des genannten Buches berichtet und vermutet dazu, dass Keenes Berater und Manager, Major Foxhall Daingerfield, von dem Fohlen so beeindruckt war, dass er Keene wahrscheinlich gedrängt hat, es zu kaufen oder beide „zurückzunehmen“.
Commando war nicht nur das erste der vielen hochklassigen Pferde, die Keene zog, sondern er wurde auch von einem nachfolgenden Trainer vorbereitet. Ein „neuer Mann“ war James Rowe Sr. keinesfalls, sondern er hatte schon Daniel Swigerts klassischen Sieger Hindoo (1878) trainiert. Als Dreijähriger brach der großrahmige Hengst beim dritten Start nieder, und sein Trainer formulierte „wir wussten nie, wie gut er wirklich war.“
Im Gestüt zeugte Commando in vier Saisons 25 Fohlen. Zehn von ihnen, neun Hengste und eine Stute, wurden Stakes-Sieger, die alle, inklusive Maid of Erin, die in utero importiert wurde, aus importierten englischen Stuten gezogen waren. Und drei davon – Peter Pan (1904), Colin (1905) und Celt (1905) waren erstklassische Rennpferde. Dieser wurde nur einmal geschlagen, und zwar von Colin. Peter Pan gewann die Belmont Stakes und war ein Champion, der in H. P. Whitneys Gestüt ein hochklassiger Beschäler wurde, und Colin blieb in 15 Rennen ungeschlagen. Danach wurde er lahm, war das folgende Jahr in England, wo die Verletzung erneut auftrat, ging dort 1910 ins Gestüt und drei Jahre später zurück in seine Heimat.
Erwähnen muss man auch noch Commandos zweite Mutter Guenn (1883; Flood), die 3 x 3 auf Lexington und 4 x 4 auf Glencoe ingezogen war, der acht von zehn Rennen gewann und als Fünfjähriger 1836 in die USA exportiert wurde. Sie war eine gute und äußerst harte Rennstute, die zweijährig nicht lief, ein Jahr später jedoch von 17 Starts sechs gewann und einmal mehr auf den Ehrenplatz lief. Und gegen Ende jener Saison wurde sie sie innerhalb von vier Tagen viermal gesattelt. Beim ersten Start war sie Zweite über 1.800 Meter. Danach gewann sie ein Stakes-Rennen über zwei Meilen mit zehn Längen, und am vierten Tag wurde sie auf schwerer Bahn zweimal in Stakes-Rennen gesattelt. Zunächst gewann sie über zwei Kilometer, und drei Rennen später über die doppelte Distanz im Kanter!
Emma C., die 1910 einging, hinterließ keine Töchter, und Commando war der einzige Vertreter, der ihr Blut weitertrug. Bei diesem hatte sie aber dafür gesorgt, dass er fünf Kreuzungen von Lexington in seinem Pedigree trug, und zwischen den Geburtsjahren beider Hengste lagen 48 Jahre. Und Hewitt weist darauf hin, dass es eine ähnliche Parallele bereits bei Italiens elffachem Champion-Stallion Havresac II (1915; Rabelais) gegeben hat, der in den Pedigrees von Tesios großartigen Pferden Nearco und Ribot steht. Havresac II trug fünf Kreuzungen des großen englischen Hengstes und Derbysisegers Galopin (1872; Vedette), der die Stallions dreimal anführte und Vater von St. Simon wurde. Und zwischen beiden Hengsten, Galopin und Havresac II, lagen 43 Jahre. Dass der, vom Comte de Nicolay und M. de Gheest gezogene Franzose in italienischen Diensten, zusätzlich 2x3 auf Galopins Sohn St. Simon ingezogen ist, ist bekannt. Hewitt stellt aber noch zwei andere Dinge heraus: Erstens, dass in beiden Fällen die vielfache Inzucht zum besten Stallion seiner jeweiligen Zeit führte, im Amerikanischen, bzw. im Englischen Gestütsbuch. Und zweitens weist er darauf hin, dass der Deutsche Friedrich Becker schon „vor vierzig Jahren“ geschrieben hat, dass „inbreeding to stoutness, which appears so strongly in the pedigrees of Commando (inbred five times to Lexington) and Havresac II (inbred five times to Galopin) results in Speed.“ Und dieser Autor fährt fort, dass die Produkte von Commando und Havresac II diese Theorie zu untermauern scheinen. Und noch ein Resultat seiner Analyse ist interessant: Von den 32 Stakes-Siegern, die Keene in den Jahren 1901 bis 1905 zog, als er seine besten Pferde erhielt, stammten 15, die Domino und Commando gezeugt hatten, aus importierten englischen Müttern. Insgesamt hat Keene etwa 60 englische Stuten importiert, aber niemals einen Deckhengst, denn seine Ladies gingen in der Regel zu Domino, Commando, Ben Brush und Delhi, alles Amerikaner.
Sysonby, der von Melton (Stockwell-Linie) stammte und in utero mit seiner Mutter Optime (Orme) von Keene aus England importiert wurde, war wohl der größte Crack dieses Züchters. 15 Starts ergaben 14 Siege, einen Platz und eine Gewinnsumme von mehr als 180.000 Dollar. Den 15. Sieg, so wurde spekuliert, soll ein Stallmann verhindert haben, der ihm „ein Mittel“ verabreichte. Eigentlich sollte der Hengst in England laufen, doch als Keene die jungen Pferde für den Transport auswählte, fehlte er bei der Vorstellung. Auf ausdrückliche Nachfrage seines Besitzers wurde Sysonby noch geholt, und Trainer Rowe bemerkte zu der rundum Bandagierung „er ist momentan zu krank, um eine solche Reise anzutreten.“ Auf diese Weise lief eines der besten Pferde, die Amerika bis dahin sah, in Keenes amerikanischem Rennstall. Später soll Rowe auch gesagt haben, dass dem Melton-Sohn damals gar nichts gefehlt hat, sondern er wusste bereits, wie gut er ist und wollte ihn unbedingt behalten. Ob dieses Pferd unter europäischen Verhältnissen zwei- und dreijährig auch zum Champion aufgestiegen wäre, ist überflüssig zu ergründen. Der geglückte Versuch des Trainers erwies sich jedoch als eine richtige Entscheidung.
Als größter Sieg des Hengstes gilt der Drei-Längen-Erfolg in den Great Republic Stakes (2.000 Meter). Er schlug damals nicht nur so erstklassige Pferde wie Oiseau (1902; Ornus; 38 Starts; 18 Siege) und den ein Jahr älteren Broomstick (Ben Brush; 39 Starts; 14 Siege), sondern drehte beim Start weg und verlor etwa 75 Meter. Und einer der erfahrene Experten soll damals gesagt haben, dass er in fast 50 Jahren viele Klassehengste gesehen hätte, als auch drei außergewöhnliche, Sysonby, Colin und Man O’War. Diesen großartigen Hengst, der 1956 in die „Racing Hall of Fame“ aufgenommen wurde, befiel 1906 leider ein Hautleiden, das durch eine septische Vergiftung in jenem Sommer zu seinem viel zu frühen Tod führte.
Und der in 15 Rennen ungeschlagene Commando-Sohn Colin (1905 aus der Springfield-Tochter Pastorella gezogen) war auf der Rennbahn einer der allerbesten Vertreter, der die Farben seines Züchters trug. Als Zweijähriger gewann er elf Rennen, die restlichen drei, Belmont-, Withers- und Tidal Stakes, ein Jahr später. Und diese 15 Siege in Folge waren damaliger Rekord. Sie resultierten in rund 181.000 Dollar Gewinnsumme und den Championats-Titeln in beiden Jahren. Auf der Rennbahn war der Belmont Stakes-Sieger, der als Vierjähriger bei der Vorbereitung auf die Jockey Club Stakes lahm wurde und sich davon auch nicht mehr erholte, ein Ass. Im Gestüt jedoch war der Hengst in USA und Europa, trotz großer Nachfrage, ein totaler Mißerfolg. Spitzenpferde zeugte Colin gar nicht, nur zwei seiner Nachkommen zeigten sich später in einigen guten Pferden als