Kreation Vollblut – das Rennpferd eroberte die Welt. Erhard Heckmann
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Als Orbys beste Nachkommen gelten Grand Parade, der das Derby 1919 gewann, und die 1000 Guineas-Siegerin Diamdem, die fünf- und sechsjährig das Doppel-Tripel Rous Memorial, July Cup und King’s Stand Stakes komplettierte. Orbys Hengstlinie setzte aber nicht sein Derbysieger fort, sondern sein Sohn The Boss (1910). Dieser zeugte an Sir Cosmo den Stutenvater von Round Table und dessen Schwester Monarchy. Sir Cosmo (1926) wurde aber auch Vater des hoch erfolgreichen Sprintererzeugers Panorama (1936), der als Zweijähriger in sieben Rennen ungeschlagen war. Ein anderer Sohn von The Boss, der 1920 geborene Golden Boss, war im Gestüt wenig erfolgreich, hatte jedoch die Ausnahme Gold Bridge (1927) auf der Bahn. Und dieser Franzose gewann auch zweimal die King’s Stand Stakes und gab seinen Nachkommen puren Speed mit. Zwei von diesen waren Golden Cloud und Vilmorin. Und dieser 1943 geborene Schimmel gewann ebenfalls die „King’s Stand“ und wurde der mütterliche Vater von Aga Khans Grey Sovereign-Sohn Zeddaan und Queens Hussar, dem Vater des großartigen Brigadier Gerard (1968) und der königlichen Stute Highclere (1971), die die 1000 Guineas und den Prix de Diane gewann. Orbys eigentliche Bedeutung besteht somit in der Begründung einer Fliegerlinie, und zu seinen Nachfahren zählen auch noch Pferde wie der Pharis-Enkel Hard Sauce (1948), der den July Cup gewann und aus einer Sir Cosmos Enkelin gezogen war.
Planets 69.700 Dollar Gewinnsumme waren neuer Rekord, und dieser hatte rund 20 Jahre Bestand. Der Hengst, den Thomas W. Doswell zog, soll auch eine sehr schnelle Trabaktion besessen haben, eine Charakterristik, die er von seinem Vater und dessen Erzeuger Trustee erbte. Und eine seiner Töchter, Dame Winnie (1871) fohlte an Palo Alto den Chamion-Deckhengst der Traber seiner Zeit. Planets Zuchtlaufbahn wurde jedoch durch den „Civil War“ (1861-1868) ganz erheblich gestört, denn diese Jahre hätten eigentlich seine besten sein können. Zu Woodborn startete er somit erst im Alter von 14 Jahren. Und das war zu einer Zeit, als Lexington voll etabliert war, und Australian die zweite Wahl hatte. Was blieb, gehörte Planet. Dennoch zeugte er eine Reihe sehr guter Pferde, darunter die legendäre Western-Stute Kathie Pease (1870) mit einer Glencoe-Tochter, während seine Tochter Ballet (1871) als „eine der größten Zuchtstuten Amerikas“ galt und eine geschätzte Stutenlinie etablierte. Andere Pferde, die als Champions oder Spitzengalopper Amerikas das Blut von Planet trugen (größtenteils über die Stutenseite), waren z. B. Crusader, Exterminator, Sarazen, Wise Counsellor, Regret, Hermis oder David Garrick, der als Vierjähriger auch in England startete und neben den „Annual Champion Stakes“ auch den Chester Cup gewann.
Und unter den jungen Pferden, die auf der jährlichen Woodburn-Jährlingsauktion von diesen drei Hengsten verkauft wurden, waren zwischen 1865 bis 1892 zehn Belmont- und neun Travers Stakes Sieger; neun gewannen den Saratoga Cup und vier das Kentucky Derby. Und dann war da noch der 1878 geborene Foxhall, den Alexander zog, aber als Jährling an J. R. Keene verkaufte. Der Hengst gewann Europas wichtigstes Rennen, den Großen Preis von Paris, komplettierte im Herbst das Doppel Cesarewitch / Cambridgeshire, und ließ als Vierjähriger den Ascot Gold Cup folgen. Gezogen hatte ihn Alexander auf seinem Woodburn-Stud von dem erfolgreichen Stallion King Alfonso, der auch die amerikanischen Derbysieger Fonso (1877) und Joe Cotton (1882) zeugte, die ebenfalls von Alexander gezogen wurden, aber in fremden Farben liefen. Foxhalls Mutter war die Lexington-Tochter Jamaica. Im Gestüt hatte der große Sieger aber wenig Erfolg.
Das Woodburn Stud war auch ein gutes Beispiel dafür, dass, will ein Gestüt mit seinen eigenen Hengsten die Spitze erklimmen und behalten, dann muss es über die besten Stallions verfügen. Lexington war der Beste, und er hatte auch noch einen Australian an seiner Seite. Und diese beiden Schwergewichte zeigten das erneut in der Zucht von Daniel Sweigert, der vorher für das „Horse Department“ auf R. A. Alexanders Woodburn Farm verantwortlich war. Dort lebten die Jährlinge bis zum Tag der Auktion ausschließlich im Freien, und die „Sales-Präparation“ bestand darin, dass man die Kletten aus ihren Schwänzen bürstete.
Mit zwei Lexington-Nachkommen hat Woodburn die Vollblutzucht der Welt ganz besonders beeinflusst: Der 1861 geborene Champion-Dreijährige Norfolk wurde väterlicher Urgroßvater von Americus Girl (1905), die 12 von 29 Rennen gewann. Und diese irische Fuchsstute wurde Großmutter der brillanten Schimmelstute Mumtaz Mahal, die Lady Sykes of Sledmere 1921 von dem ungeschlagenen The Tetrarch (1911) zog, den „Timeform“ als den besten Zweijährigen der Welt des 20. Jahrhunderts einschätzte. Und das Blut dieser Mumtaz Mahal pulsierte in der Aga Khan-Zucht, und damit auch in den Superhengsten Nasrullah (1942 Englands bester Zweijähriger; Champion-Beschäler 1951; viermal führender Deckhengst in den USA), und Mahmoud (1933; Blenheim), der vor seinem Amerika-Export in England auch im Derby und den Champion Stakes triumphierte.
Eine andere Größe des 20. Jahrhunderts war der 1935 in Italien gezogene Nearco (Pharos), der Nearctic zeugte, dessen Sohn Northern Dancer (1961) ein „Jahrhundert-Stallion“ war. Sadler’s Wells (1981), der diesen Kanadier zum Vater hatte, hinterließ mit Galileo nicht nur Europas besten Dreijährigen von 2001, sondern auch ein neues Vererber-Phänomen. Galileo, in dem auch deutsches Blut aus Schlenderhan pulsiert, ist derzeit der erfolgreichste Stallion der Welt, als auch Vater von Frankel, der als das bisher beste Rennpferd gilt. Und bei Nearco, Galileos Urur-Großvater, erscheint die von Lexington aus der Glencoe-Stute Kitty Clark 1862 gezogene Maiden als sechste Mutter in dessen Pedigree. Und Maiden (Travers Stakes-Siegerin) wurde ebenfalls von Alexander gezogen.
Als R. A. Alexander 1867 starb, übernahm sein Bruder A. J. Alexander die Woodburn-Zucht, die damals als die beste Amerikas galt, doch interessierte sich der neue Besitzer mehr für die Zucht von Shorthorn-Rindern. Diese Interessen mögen auch die Entscheidung von Daniel Swigert, den Chef der Vollblutabteilung, dazu veranlasst haben, sich 1869 auf der benachbarten Stockwood Farm selbständig zu machen, während sein Schwiegersohn Lucas Broadhead Jr. Woodburn als Manager übernahm. Als Australian 1879 verstorben war, verblasste der Ruhm des Gestüts immer mehr, und etwa 30 Jahre später war Woodburns „horse department“ liquitiert.
DANIEL SWIGERT
gehörte zu den wenigen begnadeten Züchtern, die, wo immer sie starteten, hochklassige Galopper hervorbringen konnten. Er begann auf der Woodburn Farm in Kentucky, damals die größte Zuchtstätte Amerikas. Und sie besaß mit Lexington, Australian und Planet auch die besten Hengste jener Zeit. Lexingtons einziger echter Rivale, Leamington, konnte jenen zwar für zwei Jahre vom Stallion-Thron verdrängten, doch beherrschte Alexanders Hengst seine Kollegen sechszehnmal, 14 Jahre davon in Folge.
Hindoo, 1878 von Virgil. Er war Daniel Swigerts erster Kentucky Derby-Sieger (Foto: Courtesy of Keeneland Library)
Zwischen 1878 und 1886 zog Swigert vier hervorragende Pferde, und in allen vier Stammbäumen standen Lexington oder Australian. Und auch auf der Elmendorf Farm, die er später kaufte, waren die zu ihrer Zeit am höchsten eingeschätzten Hengste stationiert, Glenelg und Virgil. Dieser 1864 geborene Glencoe-Enkel gewann Flach- und Hindernisrennen und war auch angespannt worden. Als Beschäler startete er nur, weil der eigentliche Deckhengst seines Besitzers durch Krankheit ausfiel. Danach wurde er verkauft und, als Vagrant (1873) aus seinem ersten Jahrgang das Kentucky Derby gewann, zurückgekauft. 1885 stand Virgil an der Spitze der amerikanischen Deckhengste und verstarb ein Jahr später auf Swigerts Elmendorf Farm. Der zehnfache Sieger Glenelg (1866) wurde in utero aus England eingeführt, war ein gutes Rennpferd, vertrat die Stockwell-Hengstlinie und war viermal der führende Vererber.
Als Swigert auf eigener Scholle zu Stockwood begann, erwarb er Jährlinge und verkaufte sie wieder,