Der Zthronmische Krieg. Matthias Falke

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Der Zthronmische Krieg - Matthias Falke

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Ermordung seiner Crew übernehmen.«

      Der Wahnsinn, der sich jetzt im Plenum abspielte, ließ mich um das Leben des alten Philosophen fürchten. Einige Soldaten der Wachmannschaft rückten demonstrativ vor. Bis zur offenen Saalschlacht schien es nur noch ein Schritt zu sein.

      Zthron blieb vollkommen ruhig. Er war sich seiner Sache viel zu sicher, als dass er sich von Laertes hätte aus dem Konzept bringen lassen.

      »Von einem solchen Überfall ist mir nichts bekannt«, sagte er. »Es muss sich um ein Kommando einer Splittergruppe gehandelt haben, die sich von der zthronmischen Zentralregierung losgesagt hat. Für eine solche Gruppe können wir selbstverständlich keine Verantwortung übernehmen.«

      Laertes nickte. »Wir nehmen das so ins Protokoll. Eine spätere Untersuchung …«

      »Eine weitergehende Untersuchung«, fiel Zthron ihm jetzt in wohldosiertem Auftrumpfen ins Wort, »ist leider nicht mehr möglich, da sämtliche Beweise vernichtet wurden. Ich komme jetzt dazu, den eigentlichen Vorfall zu schildern. Als unsere Crew damit beschäftigt war, den Frachter zu sichern und die Ladung aus hochexplosivem und giftigem Plasma zu bergen, wurde sie ohne Vorwarnung von einem Schiff der Union – der alten Union – angegriffen und unter Feuer genommen. Ihr Shuttle wurde zerstört, wodurch ihr der Rückzug aus dem havarierten Schiff unmöglich wurde. Die Mannschaft kam des Frachters ums Leben. Mehrere Zehntausend Tonnen Treibstoff gingen in der hohen Atmosphäre in Flammen auf, erhellten die Nacht über unseren Städten und kontaminierten die ohnehin dünne und anfällige Lufthülle unserer Heimatwelt.«

      Er breitete wieder die Arme aus und gebot seiner Gefolgschaft Schweigen. Die meisten hatten schon Luft geholt, um Laertes endgültig niederzuschreien. Sie mussten sich noch für Augenblicke gedulden. Doch mit jeder Sekunde, um die sie zurückgestaut wurde, wurde die Lawine zerstörerischer, die nun sofort losbrechen musste.

      »Das Schiff«, brüllte Zthron Muqa Zthé, »war der Explorer ENTHYMESIS, ein Schiff der alten Union. Die verantwortliche Pilotin war Jennifer Ash, eine Offizierin im militärischen Rang eines Commodore, die auch schon während früherer Konflikte für zahlreiche völkerrechtswidrige Angriffe stand. Dies ist also die Unabhängigkeit der gepriesenen Union. Dies ist ihre Achtung vor Souveränität und Selbstbestimmung der Völker. Dies ist ihr Verzicht auf willkürliche Gewalt!«

      Jetzt riss er die zottigen, unverhältnismäßig langen Arme in die Höhe. Ein einziger Aufschrei aus Dutzenden Kehlen war die Folge.

      Laertes stand ungerührt inmitten des Orkans, obwohl es von der ersten Reihe der zthronmischen Delegation nur ein Schritt bis zu seinem Rednerpult war. Was machte ihn so sicher? Er musste mit dem Leben abgeschlossen haben, ehe er sich auf ein solches Abenteuer einließ. Aber vermutlich hätte der alte Stoiker nur gelächelt über meine laienhafte Vorstellung.

      Erstaunlich blieb immerhin, dass auch die Amish den Auftritt unbeeindruckt über sich hinweggehen ließen. Sie saßen da, die Arme vor der Brust verschränkt, die würdigen Häupter stolz erhoben, und zuckten mit keiner Wimper, während links und rechts von ihnen urtümliche Kreaturen Zeter und Mordio brüllten.

      »Ich fordere«, rief Zthron – wobei er sich mehr an seine Anhänger wandte als an die, denen gegenüber er seine Unverschämtheiten vorzubringen hatte –, »ich fordere Entschädigung für das zerstörte Shuttle, die getötete Crew und die Kontaminierung der Atmosphäre. Ich verlange eine Entschuldigung der Union – der alten Union –, für die in diesem feigen Überfall zum Ausdruck kommende Arroganz und Selbstherrlichkeit. Und ich beantrage, dass die durch nichts gerechtfertigte Überwachungs- und Bespitzelungsmission, die immer noch eine Raumstation im Orbit unserer Heimatwelt besetzt hält, umgehend für beendet erklärt wird. Die Besatzung dieser Orbitalstation ist abzuziehen, die Station selbst der Obhut meines Volkes zu unterstellen. Die Höhe der Entschädigung werden wir nach eigenem Gutdünken festlegen.«

      Er sah mit triumphierender Grimasse über die Scharen seiner Gefolgsleute, die mit erhobenen Pranken und glühenden Augen an ihm hingen.

      »Wenn die alte Union in diesem Sinne die Verantwortung übernimmt, unsere Forderungen erfüllt und sich in aller Form bei uns entschuldigt, werden wir darüber nachdenken, ob wir der neuen und erweiterten Union in Zukunft angehören wollen. Sollte dies nicht der Fall sein, werden wir unseren Austritt aus dieser heuchlerischen und verbrecherischen Organisation erklären.«

      Er trat an die Rampe und nahm die Huldigung seiner aufgeputschten Anhänger entgegen. Wie ein Opernsänger, der sich nach der Arie von seiner Claque feiern lässt. Danach schien er gewillt, das Podium zu räumen und die Sache sich selbst zu überlassen. Es war ihm um den Auftritt als solchen gegangen. Was auf seine Forderungen erwidert und was aus der Union als solcher würde, war ihm vollkommen egal.

      Doch er kam nicht dazu, sich ins Plenum zurückzubegeben und in die johlenden Reihen seiner Delegation einzuschmelzen.

      »Ein Wort noch«, rief Laertes. »Abgeordneter Zthron Muqa Zthé.«

      Der Angesprochene verharrte mitten in der Bewegung. Auf halber Strecke zwischen Rednerpult und seinem Sitzplatz in der ersten Reihe der zthronmischen Fraktion, blieb er stehen und glotzte den Vorsitzenden mit gespielter Verständnislosigkeit an.

      »Wir können«, sagte Laertes, »diesen Tagesordnungspunkt nicht zu den Akten nehmen, ohne das Bild zu vervollständigen. Zu welchem Zeitpunkt und in welcher Form auch immer sich eine Kommission mit den Vorgängen im Orbit über Zthronmia befassen wird, sie sollte doch von einem weiteren Detail nicht ohne Kenntnis bleiben.«

      Er nickte ins Plenum, in Richtung der amishen Delegation. Cyrill ben Cyrion, als ihr Vorsitzender, erhob sich, blieb aber wortlos stehen und bedeutete Laertes mit einer knappen Geste, er möge den Sachverhalt selbst darlegen.

      »Vor Eröffnung der Sitzung«, führte der Philosoph daraufhin aus, »wurde mir eine Protestnote der Amish überreicht. Dieses Volk, das den nämlichen Planeten Zthronmia bewohnt, teilt darin mit, dass es in der jüngsten Vergangenheit wiederholt Opfer willkürlicher gewaltsamer Übergriffe seitens der Zthronmic geworden ist. Zthronmische Staffeln, auch bekannt als Scyther, haben in den vergangenen Wochen mehrere Dutzend grundlose Angriffe auf Siedlungen der Amish geflogen.«

      In den Reihen der Zthronmic und Sineser wurde empörtes Murren laut. Die Amish bewahrten ihre statuarische Haltung, während die Angehörigen der alten Union, Prana-Bindu und der anderen Fraktionen, die wir zu unserem Flügel zählten, aufhorchten.

      »Zthron Muqa Zthé hat recht«, fuhr Laertes fort. »Wir unterhalten eine Beobachtermission auf einer ehemaligen Sinesischen Ikosaeder-Kampfstation in einem Orbit über Zthronmia. Diese Mission hat sämtliche Vorfälle aufgezeichnet und dokumentiert. Ihr Bericht liegt dem Vorsitzenden vor.«

      Er wischte die Proteste des Sineser-Flügels weg und holte tief Luft.

      »Demnach kam es zu Luftangriffen, Bombardierungen sowie zu vereinzelten Granatwerferüberfällen, die ausnahmslos den Pueblos und Kibbuzim der Amish galten, mit anderen Worten: Frauen, Alten und Kindern, denn die Männer im waffenfähigen Alter sind zur Arbeit in den Minen. Heute Morgen kam es zu einem Angriff, an dem ein Dutzend Scyther beteiligt war. Das Geschwader bombardierte den Kibbuz S’Deró im Distrikt Kirjasch Moná. Dabei wurden völkerrechtlich geächtete Aerosolbomben eingesetzt, deren Abwurf über bewohntem Gebiet seit Jahrzehnten verboten ist. Eine dieser Bomben traf die Schule des Kibbuz. Insgesamt starben fünfzig Personen einen grausamen Flammentod, die meisten von ihnen unschuldige Kinder.«

      Jetzt waren es die Angehörigen auf unserer Seite des Plenums, die von ihren Sitzen aufsprangen und wild gestikulierten. Ein Trupp Wachsoldaten zog auf und bildete einen Kordon zwischen den beiden verfeindeten Blöcken des Konvents. Übergriffe

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