Blutige Maiglöckchen zum Hochzeitstag. Manfred Eisner

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Blutige Maiglöckchen zum Hochzeitstag - Manfred Eisner

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dem außerordentlich gut schmeckenden Erzeugnis begeistert. Tatsächlich erweist sich der nach fast einer halben Stunde servierte Osso buco – wie von dessen Urheber versprochen – als ebenso vorzüglich. Der trockene rote Brunito Toscana aus Montalcino ist ein würdiger Begleiter und wird ebenfalls genüsslich dazu getrunken.

      Plötzlich merkt Nili auf, zieht einen Zettel aus der Tasche und überreicht ihn Lutz. »Damit du gleich morgen früh deine ›Jungfrau Annegret‹ besänftigen kannst«, sagt sie auf seine fragende Miene hin.

      Lutz stutzt kurz, schaut sich dann aber das Schriftstück näher an. Ein erfreutes Lächeln breitet sich über sein Gesicht aus. »Das müsst ihr euch unbedingt anhören: Sehr geehrte Frau Chefin, nachstehend alles, was ich bisher herausfinden konnte: Als besagter Berti käme ein gewisser Bertram Klinck in Frage: Leutnant zur See, Bundesmarine (geb. 07.07.1979 in Kiel), und seine Frau Jenny, geb. Bartels, Stenotypistin (geb. 28.10.1982 in Oldenmoor); sie schlossen die Ehe am 07.05.2009 um 10:30 Uhr auf dem Standesamt Eckernförde.

       Lt. z. S. Klinck ist gegenwärtig Erster Offizier auf der M 1049 Olpenitz, ein Minenjagdboot vom Typ 332, das zum 3. Minensuchgeschwader gehört und im Tirpitzhafen – Marinestützpunkt Kiel – beheimatet ist. Das Paar soll sich bereits vor etwa vier Monaten, kurz bevor der Ehemann für längere Zeit auf See ging (Grund unbekannt), getrennt haben (telefonische Aussage einer Nachbarin, Frau Karin Weiden, Am Steinweg 2, Suchsdorf).

      Jenny Bartels-Klinck, die Ehefrau, ist bei der Verwaltung der SecurVita Versicherung in Kiel tätig. Sie verließ die gemeinsame Wohnung und zog nach der Trennung von ihrem Ehemann zu ihrem Jugendfreund Julian Volkmann – Anlageberater (geb. 07.12.1981 in Maasholm/Schlei) –, ist auch daselbst gemeldet am Jütlandring 9 in Kiel Mettenhof. Hoffe, Sie können damit was anfangen. Ihnen und dem Herrn Doktor noch einen schönen Sonntag. Csmarits, Ferdinand, Fachinspektor.« Begeistert setzt er hinzu: »Mann, euer Ferdl ist wahrlich ein Tausendsassa!«

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       Drei Tage zuvor.

      »Mach auf, Irmgard, du verfluchtest Biest, oder ich trete die Tür ein!«, dröhnt die wutentbrannte männliche Stimme durch die Badezimmertür, während zwei geballte Fäuste wild von draußen darauf eintrommeln.

      Die Frau sitzt auf dem gefliesten Boden des Badezimmers, den Rücken gegen die Tür gelehnt, und wischt sich das Blut, das ihr aus der Nase rinnt, mit Papiertüchern aus der neben ihr stehenden Cleanex-Box. Sie hat es gerade noch geschafft, hierher zu flüchten und die Tür abzusperren, nachdem ihr Ehemann sie bereits beim Heimkommen überfallen und sofort mit heftigen Schlägen und Hieben traktiert hat.

      »Wo hast du dich herumgetrieben, bist wohl mal wie so oft in Hitze, du streunende Hündin!? Hast wieder mit deinem Macker in der Firma rumgemacht, was? Mach auf, sag ich dir zum letzten Mal, oder du kannst was erleben!«

      Mit Tränen in den Augen greift die verzweifelte Frau zu ihrem Handy und wählt die 110. Flüsternd bittet sie um Hilfe, gibt keuchend ihren Namen und die Adresse durch. »Kommen Sie bitte schnell, er bringt mich um!«, fleht sie. Ein erneuter Tritt mit nachfolgendem Knall hallt durch das Badezimmer, wie um ihre Aussage zu bestätigen.

      »Mit wem quatschst du da?«, ruft er mit noch lauterer Stimme als zuvor. »Mach endlich auf, du schändliches Geschöpf! Betrügst deinen Mann am helllichten Tag! Hast du überhaupt keinen Anstand, du Hure!«

      »Warum bist du nur so gemein zu mir, Torben?«, entgegnet sie mit schwacher Stimme. »Das stimmt doch alles gar nicht, was du mir da vorwirfst! Woher nimmst du immer solche abwegigen Gedanken? Du weißt doch genau, dass ich nur dich liebe und dir immer treu gewesen bin! Also warum das Ganze?«

      »Du lügst schon wieder, so wie du mich immer und von Anfang an belogen hast! Seit deiner Jugend machst du mit diesem Mirko rum, auch damals, als wir uns kennenlernten! Und ich kann mir nicht einmal sicher sein, ob unsere Marion wirklich mein Kind oder ob sie ein Bastard von diesem räudigen Hund ist, der dir dauernd unter den Rock greift. Aber wart’s nur ab! Dieses Mal lass ich mich nicht von dir bequatschen! Jetzt wird ein Vaterschaftstest gemacht, ich muss mir endlich Gewissheit verschaffen!« Nochmals rüttelt er wütend an der Badezimmertür, dann wird es plötzlich ruhig in der Wohnung.

      Kurz sind Schritte im Flur zu vernehmen, die Haustür geht auf und wird geräuschvoll wieder zugeschlagen. Draußen heult ein Motor laut auf, dann wird es gespenstisch still.

      Die Frau verharrt einige Minuten im Badezimmer, bis sie das Geräusch eines heranfahrenden und anhaltenden Wagens vernimmt. Es klingelt an der Haustür.

      »Hier ist die Polizei! Bitte machen Sie auf!«, ruft eine weibliche Stimme.

      Ächzend vor Schmerzen erhebt sich die Frau, schließt die Badezimmertür auf und schleppt sich mühsam den Flur entlang, um den Beamten zu öffnen. »Tut mir leid, mein Mann ist soeben weggefahren, es ist alles wieder in Ordnung!«, beteuert sie.

      »Von wegen in Ordnung! Haben Sie sich mal im Spiegel betrachtet, beste Frau?« Der Streifenbeamte blickt die blutverschmierte Gestalt, deren Gesicht bereits an einigen Stellen anschwillt, mitleidig an.

      Seine Kollegin ergänzt: »Ich denke, wir sollten Sie zur Untersuchung ins Krankenhaus bringen, damit Sie einen Beweis für Ihre Anzeige wegen körperlicher Misshandlung in Händen haben.«

      »Aber nein«, wehrt sich die Frau, »das brauchen Sie wirklich nicht, es wird keine Anzeige geben. Mein Mann hat sich beruhigt, als sich herausstellte, dass alles nur ein Missverständnis war. Er hat sich auch entschuldigt, musste dann aber dringend zur Arbeit fahren. Danke, dass Sie sich herbemüht haben. Sie können mir jedoch glauben, dass wirklich alles in Ordnung ist. Es tut mir sehr leid, dass ich Sie umsonst hierhergerufen habe, bitte entschuldigen Sie! Ich wünsche Ihnen noch einen guten Abend.« Sie nickt den beiden Streifenbeamten freundlich zu, wobei ihr erzwungenes Lächeln eher wie eine schmerzliche Grimasse anmutet, ebenso wie die klaffende Lücke in ihrem Mund einen offensichtlich ausgeschlagenen Zahn erkennen lässt, und schließt dann langsam die Haustür.

      »Immer wieder die gleiche Scheiße mit diesen verstocTitlekten Weibern«, schimpft der Streifenbeamte, »ich kann das einfach nicht verstehen! Da vertrimmt der Mann sie nach Strich und Faden und prügelt sie krankenhausreif, und sie erduldet das Ganze und tut es einfach ab – bis zum nächsten Mal! Und immer, immer wieder! Wer soll so etwas verstehen? Kannst du mir das erklären, du bist doch eine Frau, Paula! Wieso?«

      »Tut mir leid, Frank, das kann ich ebenso wenig begreifen wie du. Aber eins sage ich dir: Sollte es mal irgend so ein Hundskerl überhaupt nur wagen, seine Hand gegen mich zu erheben, dann trete ich ihm so lange in die Eier, bis er zum Eunuchen wird, das schwöre ich dir!«

      *

       Am Tag darauf.

      Der Mann steigt aus seinem Auto und geht hinüber zum Wagen der Frau, die soeben auf den Parkplatz des Restaurants gefahren ist. Sie stellt den Motor ab und notiert noch rasch den Kilometerstand in ihrem Fahrtenbuch. Galant öffnet der Mann ihr die Tür, sie steigt aus und die beiden geben sich kurz die Hand, bevor sie ihren kleinen Mazda abschließt und den Schlüssel in ihre Handtasche steckt. Die beiden betreten das Lokal durch den Hintereingang. Die etwas ältere asiatische Bedienung begrüßt sie freundlich, nimmt ihnen die Mäntel ab. Sie führt sie an den reservierten Tisch und reicht ihnen die Menükarten. Er blickt zunächst in die Weinliste, deutet auf die gewählte Marke. Sie gibt ihr Einverständnis zum Grauen Burgunder vom Kaiserstuhl. Sie wählen einige Gerichte aus und unterhalten sich. Er redet auf sie ein, offensichtlich bemüht, sie für sich zu gewinnen. Sie scheint nicht unbedingt ablehnend, aber eben noch nicht ganz bereit

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