GegenStandpunkt 4-16. Группа авторов

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Club, den Deutschland anführt, und falls ihnen das nicht einleuchtet, weil die Ziele und Notwendigkeiten dieses Clubs maßgeblich in Berlin bestimmt werden, dann haben sie immer noch den ‚Frieden in Europa‘. Der ist offenbar keine Selbstverständlichkeit in dieser Wertegemeinschaft, doch immerhin sind damit alle Fragen danach, was die Partner in und von diesem Frieden haben, vollumfänglich beantwortet.

      Und Deutschland lässt weder sie noch den Rest der Welt eine Sekunde lang im Unklaren darüber, welche Verantwortung es mit einem friedlich vereinigten Europa in der Welt übernehmen will.

      Deutschland will mehr Freiheit auf dem Globus: für Handel und Investitionen, die europäische Kapitale in größerem Maße machen können sollen. Es will mehr Wachstum für europäische Standorthüter, die daraus ihre Machtmittel beziehen, und von dem sich auch die normalen, lohnabhängigen Leute einige Arbeitsplätze versprechen dürfen – die brauchen sie laut ihrer Führung so sehr, dass sich jede Frage von selbst verbietet, was sie davon haben. Mehr Freiheit sollen Europas Kapitalisten zunächst in Amerika finden, wo auch und gerade der Markt von einzigartiger Größe ist. Dass dieses Mehr an Freiheit mit einem Mehr an Konkurrenz einhergeht, scheint deutschen Verantwortungsträgern keine Sorgen zu bereiten, was angesichts der überragenden Wettbewerbsfähigkeit, von der schon die Rede war, nicht zu überraschen braucht. Der deutsche Standorthüter ist sich der Größe und der Schlagkraft seiner Kapitale, ihrer Freiheit im Umgang mit der deutschen Arbeiterklasse so sicher, dass er die gewachsene Freiheit der Konkurrenz um Marktanteile mit mehr Marktanteilen für deutsche Kapitale einfach gleichsetzt. So überzeugt sind deutsche Politiker von der Erfolgstüchtigkeit ihrer Kapitalisten, dass ihnen tendenziell alles, was die USA und auch sie selber über die Jahre an Regulierungen und ‚Standards‘ geschaffen haben, wie ein Haufen potenzieller Hindernisse für mehr Erfolg erscheint.

      Die Bewohner von Merkels Land mögen beim TTIP vor allem an die Freiheiten denken, die den USA und ihren Kapitalisten eingeräumt werden; sie mögen sich in Vorstellungen darüber ergehen, was ihnen demnächst alles auf dem Teller landet, und bei ihrer politischen Führung auf Schutz der europäischen ‚Standards‘ beharren, deren Güte in dem Maße zu wachsen scheint, wie sie abgebaut zu werden drohen. Die politische Führung selbst schaut jedenfalls weit über die Tellerränder ihrer Schützlinge hinaus: Das Abkommen trägt zwar das Wort ‚transatlantisch‘ im Titel, aber Deutschlands Verantwortungsträger nehmen dabei längst den ganzen Weltmarkt ins Visier. Das Abkommen selbst mag nach Auskunft des Wirtschaftsministers sogar inzwischen ‚tot‘ sein, sehr lebendig bleibt dagegen die Absicht, den Handel und Wandel auf dem ganzen Globus mit einem Regelwerk zu überziehen, das eine eindeutig deutsch-europäische Handschrift trägt. TTIP, CETA etc. sind nur Schritte zum Ziel, über dessen Notwendigkeit deutsche Handelspolitiker keinen Zweifel aufkommen lassen. Sie wissen nämlich und sagen es ihren Bürgern auch laut und deutlich, dass ohnehin alles, was auf den Feldern blüht, auf die Esstische der Nation kommt und an Arbeit und Verdienst im Lande überhaupt stattfindet, durch die Konkurrenz der Kapitale auf dem Weltmarkt bestimmt wird. Zum Erfolg in der gehört offenbar mehr als ein entsprechender Umgang mit der heimischen Arbeiterklasse, von wegen ‚Hausaufgaben‘ und so. Wenn der deutsche Wirtschaftsminister angesichts der nach seinem Geschmack zu zahlreichen Anti-TTIP-Demonstranten über die nach seinem Geschmack zu kleine europäische Bevölkerung seufzt und so prägnante Sätze von sich gibt wie: „Der Welthandel wächst, wir schrumpfen!“, dann drückt er entsprechend volkstümlich aus, wofür die deutsch-europäische Bevölkerung überhaupt da ist: Sie ist Verfügungsmasse – dazu da, ihren Staaten das nötige ‚Gewicht‘ zu verleihen, das sie für ihre ökonomischen Zwecke in aller Welt brauchen. In seinem einfachen Satz bringt Gabriel den Dreischritt unter, der die gesamte deutsche Handelspolitik leitet: Die Größe der Bevölkerung steht für die Größe des Markts, der größer werden muss; je größer der Markt, desto wuchtiger unsere Kapitale, die sich in dem durchsetzen und durchzusetzen haben; desto größer auch die Erpressungsmacht, mit der Deutschland allen anderen Staaten auf der Welt gegenübertreten kann. Denn dann lassen sich Handelsbedingungen durchsetzen, die unseren Erfolg garantieren, damit die anderen uns nicht zuvorkommen. In einem Freihandelsbündnis mit den Amerikanern ließen sich nämlich gewisse aufstrebende fernöstliche Länder, die uns bei unserem Programm seit Längerem in die Quere kommen, ein ganzes Stück kleiner machen. Doch so sicher deutsche Handelspolitiker sind, dass in der weltweiten Konkurrenz nun einmal das Prinzip ‚fressen oder gefressen werden‘ gilt, so sicher sind sie sich auch, dass eine weltweite Handelsordnung in europäischer Verantwortung nicht nur Europas Kapitalisten und Lohnabhängigen gut tut, sondern auch den Verbrauchern und Menschen der ganzen Welt: Die wären ja sonst den Standards der anderen ausgesetzt. Für diesen Dienst an der Welt muss natürlich eine Bedingung erfüllt werden, und auf der dürfen Deutschlands besorgte Bürger ihrer politischen Führung gegenüber in welcher volkstümlichen Übersetzung auch immer beharren: Die vereinbarten Standards müssen wirklich unseren Erfolg gewährleisten, nicht den der anderen.

      Schließlich haben wir mit unserem Erfolg auch noch die Welt zu retten.

      Nicht nur die Menschen, die jetzt die Welt bevölkern, auch ihre Kinder und deren Kindeskinder brauchen ein von Deutschland geschriebenes, zumindest mitgeschriebenes Regelwerk für die globale Wirtschaft, Abteilung ‚Nachhaltigkeit‘. Bei der Erstellung des einschlägigen Regelwerks verhandeln Deutschlands Politiker eine Sache, die viel dringlicher ist als die Frage, was die um globale Märkte konkurrierenden Volkswirtschaften der Umwelt antun: die weltweite Energieversorgung. Mit der schrittweisen Abkehr von fossilen Energieträgern geht es immerhin um die Stoffe, mit denen eine Kategorie von Nationen ihren Kapitalismus antreiben und die einer anderen ihre Haushalte und überhaupt das Leben ihrer Gesellschaften finanzieren. Dass Deutschland bei der Bewältigung dieser Frage eine führende Rolle zukommt, ist nach der marktwirtschaftlichen Logik, der auch das Klima zu gehorchen hat, vollkommen einleuchtend. Denn dank der Technologie und – nach der gleichen marktwirtschaftlichen Logik absolut entscheidend – der Kapitalgröße und -produktivität, über die deutsche Unternehmen verfügen, sehen Deutschlands Verantwortungsträger in der Wende zur ‚Nachhaltigkeit‘ nicht bloß eine Reihe von ökonomischen Einschränkungen einiger ihrer einheimischen Kapitalisten, sondern eine großartige Geschäftsgelegenheit für den gesamten Standort. Wenn Deutschland die Welt zu einem Markt für sich herrichtet, also nach seiner Klimatechnologie ausrichtet, dann braucht man sich um die Welt nicht länger Sorgen zu machen, weil vom deutschen Profit der Globus mit seinem Klima und so die ganze Menschheit mit profitiert – und wenn dann die Auto- und oder eine andere gewichtige Industrie einer so verantwortlichen Macht die Festlegungen des einschlägigen Regelwerks nicht gut mit ihren geschäftlichen Rechnungen zur Deckung bringen kann, sind im Namen der Rettung des Klimas, die anders eben nicht zu haben ist, gewisse Ausnahmen und Abstriche geboten. Denn der deutsche Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels kann ohnehin nicht in so etwas Kleinlichem wie einer bloß nationalen Energiewende bestehen, also darin, was das Land selber an Emissionseinsparungen anbietet. Deutschlands Verantwortung gebietet vielmehr, die Beiträge der anderen zu definieren.

      Über so viel Sorge um die großen Fragen, die den gesamten Globus von heute und morgen betreffen, vernachlässigen die Deutschen überhaupt nicht ihr näheres, europäisches Umfeld. Im Gegenteil.

      Auch in Osteuropa will Deutschland nämlich mehr Freiheit, und zwar nicht nur für sein Kapital – das sowieso –, sondern auch für die Völker des ehemaligen sowjetischen Machtblocks. Diese Verantwortung verträgt keine Rücksichten: weder auf den russischen Rechtsnachfolger der SU, noch auf die Ansprüche der seit einiger Zeit freien Staaten selbst. Das gilt auch und gerade für die Ukraine, den jüngsten und belebtesten Schauplatz im Kampf um die Selbstbestimmung der ehemals unterdrückten Ost-Völker, das ‚Bruderland‘ Russlands und ‚Kernstück‘ seines ‚nahen Auslands‘. Das deutsch geführte Europa tritt dem Land nicht einfach als Geschäfts- und sonstiger Partner

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