GegenStandpunkt 3-17. Группа авторов

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу GegenStandpunkt 3-17 - Группа авторов страница 10

GegenStandpunkt 3-17 - Группа авторов

Скачать книгу

eine regelrechte Gelegenheit, Trump eine nochmalige Niederlage zu bereiten und ihm ein ganz großes Stück Legitimität zu entziehen. Und tatsächlich: Nach ein paar Tagen Dauerbeschuss weicht Trump abermals von seiner moralischen Richtlinie ab und lässt sich zu einer mehr einseitigen Absage an die Rechtsanhänger seines „Make America Great Again!“-Mobs bewegen. Er nennt den Ku-Klux-Klan und die „white supremacists“ beim Namen und spricht dabei sogar die verlangten Zauberworte.

      Doch auch das wird ihm nicht gedankt: Die frohe Botschaft habe er viel zu spät verkündet; außerdem sei am Duktus und an der Körpersprache des Präsidenten bei seiner nachgeholten Denunziation allzu leicht zu erkennen, dass seine Worte seine Haltung nicht wiedergeben. Ganz klar: Dieser Mann verstellt sich. Das wäre für sich genommen auch gar nicht so schlimm; verlangt ist ja nur, dass der Präsident den Anforderungen seines Amts gerecht wird; und da ist in diesem Fall – das unterstreicht die journalistische Öffentlichkeit auf beiden Seiten des Atlantiks – wirklich nicht viel verlangt, nämlich das bloße Abspulen des Mantras „Rassismus, Nazis, böse“ (SZ, 19.8.17) – was auch immer er selbst davon halten mag. Doch derartige Heuchelei, die hier als präsidentielles Pflichtbewusstsein ausgedrückt wird, ist diesem Präsidenten einfach zuwider. Deswegen kehrt er bei der ersten Gelegenheit zu seiner Linie aufrichtig ungeschminkter Parteilichkeit für rechten Patriotismus in all seinen Erscheinungsformen zurück. Er erneuert sein Urteil ‚Alle Seiten sind schuld!‘ in der Gewissheit, dass das jetzt endgültig nicht mehr als Distanzierung von seinen empörten Anhängern misszuverstehen ist. So ist Trump erkennbar wieder mit sich und seinem inneren Kompass im Reinen.

      Es folgen zwei staatsmännische Taten, die man in liberalen Kreisen dem Präsidenten gar nicht zugetraut hätte. Zum einen feuert Trump seinen engsten Kumpel Steve Bannon, nachdem der die rechte Szene in Charlottesville als Clowns verhöhnt und den bösen Nordkoreaner, zeitweilig Trumps Lieblingsfeind, zur vernachlässigenswerten Nebengröße erklärt hat. So viel Distanz zu seinem finsteren Einflüsterer und radikalen Alter Ego irritiert. Zum andern kündigt der Präsident eine verstärkte Fortführung des Afghanistan-Einsatzes an, in offenem und offen erklärtem Widerspruch zu seinen Wahlkampfversprechen. Zum allgemeinen öffentlichen Lob für diesen Akt weltpolitischer Vernunft kommt natürlich gleich eine Portion hämischer Kritik: Nicht einmal dieses Versprechen kriegt der Mann eingelöst! Doch immerhin erklärt er seinem Volk klar und deutlich, warum er in dem Fall das Kalkül seiner Generäle höher stellt als seinen untrüglichen Instinkt:

      „Mein erster Instinkt war: Abziehen! Und normalerweise folge ich gerne meinem Instinkt. Aber mein ganzes Leben lang habe ich gehört, dass Entscheidungen ganz anders sind, wenn du im Oval Office sitzt... Wir müssen uns der Realität stellen, wie sie jetzt existiert – den Bedrohungen, mit denen wir konfrontiert sind, den ganzen Problemen der heutigen Zeit, und den sehr vorhersehbaren Konsequenzen eines raschen Abzugs... Amerikas Interessen in Afghanistan und Pakistan sind klar: Wir müssen die Entstehung von neuen sicheren Häfen stoppen, die es Terroristen erlauben, Amerika zu bedrohen, und wir müssen verhindern, dass nukleare Waffen und Substanzen in die Hände von Terroristen geraten und gegen uns verwendet werden...“ (21.8.17, in Fort Myer)

      Und zweitens bleibt Trump gerade in dieser Selbstkorrektur sich selbst treu. Die verrückte Idee seiner Vorgänger, den Afghanen einen Staat zu spendieren, lehnt er nach wie vor ab. Wenn er zusätzliche Soldaten nach Afghanistan schickt, dann nur zu dem einen Zweck: „Wir machen kein Nation-Building mehr, wir killen Terroristen.“ (Ebd.)

      Punktum. Applaus. Der Chef beklatscht sich selbst. Dass mehr als ‚killing‘ nie wirklich auf der Agenda des freien Westens stand, wenn man die Schönfärberei mal beiseite lässt, das räumt eine zartfühlende liberale Öffentlichkeit dies- wie jenseits des Atlantiks ein. Empört ist sie trotzdem: So offen und so drastisch darf ein Führer der Guten in der Welt einfach nicht daherreden!

      Schon klar: So viel Verzicht auf professionelle Heuchelei, so viel brutale honesty ist dann doch schon arg grenzwertig nach dem Kanon der demokratischen good manners.

      © 2017 GegenStandpunkt Verlag

      Chronik (2)

      Ein Blick in den Frühsommer des Superwahljahres:

       Völker tun das Richtige – geht doch!

      Entgegen dem schlechten Ruf, unter dem Völker noch zu Beginn des Jahres angesichts von Trump, Brexit und eines durch Europa ziehenden rechten Ungeistes standen, weswegen es als mindestens prekär galt, ihnen die Schicksalsfrage ihrer Herrschaft zu überlassen, wird ihnen im Frühsommer überwiegend bescheinigt, das ‚Richtige‘ zu tun.

      In England, heißt es, lag das Volk goldrichtig damit, in den Parlamentswahlen seiner Chefin May eine dicke Enttäuschung zu bereiten. Die hatte ganz darauf gesetzt, sich aus einer Position der Stärke heraus mit dem Vorziehen der Wahlen „mehr Luft“ innerhalb ihrer eigenen wie gegenüber den anderen Parteien zu verschaffen; zur Orientierung des Wählers hatte sie ohne jede Scham und Schönfärberei kundgetan, was sie von ihm verlangt: eine Bestätigung bzw. Ausweitung ihrer Macht, ein Bekenntnis, sich bedingungslos unter ihr Diktat zu stellen, um im Vorfeld jedweden inner- und außerparlamentarischen Einwand gegen ihren harten Brexit-Kurs und die in diesem Zuge geplanten sozialen Einschnitte mundtot zu machen und damit entschlossener und härter durchregieren zu können. Ein „Manöver“, das für sich genommen einer politisch gebildeten Öffentlichkeit als Kunststück demokratischen Machtgebrauchs sehr vertraut ist – ein „geschickter Schachzug“ eben, um die „Gunst der Stunde“ zu nutzen. Mays Kalkulation geht jedoch nicht auf; sie scheitert am Wählerwillen, der sich anders entscheidet. Was in diesem Fall nicht im Namen des ehrenwerten Anliegens gegen den Wähler, sondern gerade für ihn spricht. Jedenfalls vom Standpunkt weltpolitischer Vernunft aus, als deren Anwalt die deutsche Öffentlichkeit die Wahl begutachtet. Die sieht sich nämlich umgekehrt umso mehr bedient: Anstelle der beanspruchten Stärkung bereitet der britische Wähler unserer innereuropäischen Kontrahentin, die der eigentlich unkündbaren Union mit ihrem harten Brexit so schwer zusetzen will, eine Schwächung. Mays Wahlschlappe wird mit einem Machtverlust des britischen Widersachers gegenüber Deutschland und der EU gleichgesetzt. Das ist der ganze Erfolg, um den sich der englische Wähler verdient gemacht hat.

      Aus demselben Grund gehört dann aber auch gleich noch ein deutsches ‚Aber‘ mit dazu. Bei aller Schwächung, die man ihr gönnt: So „strong“ und „stable“ soll May dann allemal noch bleiben, dass das, was man mit ihr und gegen sie aushandelt, auch Verbindlichkeit hat und in England verbindlich gemacht wird.

      Auch in Frankreich finden Parlamentswahlen statt, und die Franzosen machen es mindestens ebenso „richtig“; allerdings indem sie genau das Umgekehrte leisten. Sie stärken den Mann in Paris auf voller Linie. Das französische Volk verleiht ihm eine breite Machtbasis. Genau das war verlangt, ist er doch ‚unser‘ Mann. Die deutsche Öffentlichkeit weiß nämlich, was ansteht: Der französische Staatsapparat muss mit seiner ganzen hoheitlichen Gewalt dafür in Anspruch genommen werden, dass sich in dem Land einiges ändert. Die Parlamentswahlen waren ein „Votum für Reformen“, d.h. das Land gehört nach innen endlich ordentlich umgewälzt. Und wenn eine französische Wählerin meint: „Hauptsache er macht jetzt was, egal was“, so trifft sie damit nur, wer etwas zu machen hat und wem dabei die passive Rolle zukommt; das ‚Was‘ und ‚Wofür‘ allerdings ist alles andere als ‚egal‘. Das ‚Wofür‘ steht an erster Stelle: Damit aus dem maroden Frankreich wieder der von Deutschland geforderte zweite Stützpfeiler für eine starke europäische Union wird! Das ‚Was‘ schließt sich nahtlos an: Mit dem französischen Lebensstandard muss es ein Ende haben, und Macron ist ganz auf dem richtigen Dampfer, wenn er eine Umwälzung des Arbeitsrechts nach

Скачать книгу