New Cage. Johannes Fischler
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Doch eines Tages traten gewisse Veränderungen in Manuels Verhalten unübersehbar zutage. Gereiztheit, Nervosität und innere Unruhe waren die Folge von Personalabbau und damit verbundener Überbelastung. Im Altenheim trieb der Rotstift sein Unwesen. Auch Manuels Beziehung erfuhr daraufhin eine gehörige Belastungsprobe. Den Job wechseln? Das kam nicht infrage. Und in den alten Beruf als Lohnbuchhalter wollte er keinesfalls zurück. Das seelische Gleichgewicht war zweifelsohne verloren gegangen. Und so erhöhte man kurzerhand das meditative Pensum. Nach der Arbeit verschwand Manuel nun regelmäßig im abgedunkelten Wohnzimmer. Yogamatte3, Kerzenschein und CDs mit kraftspendenden Affirmationen etablierten sich zum täglichen Ritual. Antworten waren es, die Manuel da suchte. Struktur und Halt schätzte Manuel seit jeher hoch. Und je mehr diese im Alltag verloren gingen, desto hoffnungsvoller suchte er sie im Außeralltäglichen. Und er wurde fündig, vorerst jedenfalls.
Mantren singen, meditieren und in unendlicher Liebe baden. Diese lichtvollen Erlebnisse und Zustände erhabener Glückseligkeit waren es, welche Manuel auf seinem Weg weiter bestärkten. Arbeitsplatzsituation, finanzielle Probleme, die Spannungen in der Beziehung, alles relativierte sich. Manuel entwickelte Sendungsbewusstsein. Ja, er strahlte geradezu. Auch Manuela konnte sich diesem Glanz nicht verweigern. Anfangs skeptisch, begrüßte sie nun diese neu gefundene Ruhe in Manuels Leben. Der innere Friede wurde zelebriert, jetzt auch von Manuela: „Schaden kann’s ja nicht.“
„Auraspray Engelmeditation“ –
„Affirmation: Ich lasse mich auf die Engelwelt ein.“[48]
Das Innerweltliche erblühte zum neuen verbindenden Element. Die beiden schwammen gemeinsam im Ozean des Lichtes. Die Fragen des Alltags wurden an höhere Ebenen delegiert. Channeling und Pendel gediehen zum Werkzeug der Entscheidungsfindung. Die Innenwelt begann mehr und mehr die Außenwelt zu überlagern. Manuel fühlte Anschluss. Alles bekam Bedeutung. Das Universum kommunizierte mit ihm. Der ehemalige Fan Bach’scher Kantaten lauschte nun den Gesängen „aufgestiegener Meister“. Dem CD-Regal widerfuhr energetische Säuberung, die wertvolle Klassiksammlung wurde verschenkt. Hochfrequente Lichtmusik fand nun neben Aurasprays und Engelstinkturen ein würdiges Plätzchen. Als flankierende Maßnahmen dienten, über die gesamte Wohnung verteilt, allerhand Räucherstäbchen und Glöckchen.
„Auraspray Engel Sonael“ –
„Ich bin vor äußeren Einflüssen geschützt.“
Unbedarfte Besucher waren oft überrascht, warum denn nun das eigene Foto inmitten von Chamuel, Michael und Uriel, ihres Zeichens Erzengel, herauslachte. „Das ist dein Schutzkreis, den haben wir für dich gelegt“, bedeutete Manuela mit einem wohlmeinenden Lächeln. Das bunte Kartenset bestätigte den begründeten Verdacht: Die beiden sahen sich nun als spirituelle Leuchttürme, Berufene in einer heiligen Mission.
Und so war es ein Ding der Unmöglichkeit, ihre Wohnung ohne den feinstofflichen Segen Marke Raphael zu verlassen. Ob man nun wollte oder nicht, das Pumpfläschchen mit dem vieldeutigen Symbol stand stets bereit. Jeder Gast sollte diese „Energien der neuen Zeit“ in die Welt hinaustragen. Besonders gute Freunde kamen in den Genuss exquisiter Gastgeschenke: Meister-Elixiere, Engelstropfen und Transformations-Öle, Manuel verschenkte das „Neue Zeitalter“ literweise. Denn „es kommt alles zurück“, wähnte er sich zuversichtlich. Dass es im Universum gerecht zugeht, wussten sie ja schon lange vor der Lektüre von Kryon und Konsorten.
Esoterisches „Who is Who“: Kryon vom magnetischen Dienst
Wer ist Kryon? „Kryon ist ein Nuni, ein magnetisches Licht, aus dem Universum Quadril 5. Er wurde von Adamis und Adamea erschaffen. Um in unserem Universum wirken zu können, musste Kryon zunächst mit einer Engelgruppe verschmelzen (Kryon und das Gefolge). Die Aufgabe von Kryon ist die Ausrichtung des Magnetgitternetzes der Erde.“ (Quelle: www.kryonschule.de)
Aus Sicht der Alltagsrealität ist „Kryon“ ein vom amerikanischen Esoterikautor Lee Carroll erfundenes Lichtwesen. Dieses soll in der Lage sein, zu ausgewählten Personen Kontakt aufzunehmen. Die als „Channeling“ bezeichneten Durchsagen gelten in esoterischen Kreisen als Mitteilungen aus einer höheren Dimension und helfen der Menschheit beim Übergang in die sogenannte „Neue Zeit“.
Kryon, dessen Name nicht nur an die aus Gletschern austretenden Fließgewässer (Kryale) erinnert, sondern ebenso sehr als eine Anlehnung an das Christliche „Kýrie eléison“ (griechisch „Herr, erbarme Dich“) interpretiert werden kann, wird von verschiedensten Medien empfangen.
Bekannte „Kryon-Kanäle“ im deutschsprachigen Raum:
Lee Carroll selbst
die esoterische Buchautorin und Kongressveranstalterin Barbara Bessen
die „Lichtarbeiterin“ und Begründerin der Kryonschule Sabine „Sangitar“ Wenig.
In seinen Durchsagen gibt sich Kryon durchaus kryptisch – ein Stilmittel, das so ziemlich alle höheren Wesenheiten einsetzen. Umso deutlicher jedoch die gechannelten Stellungnahmen zu Umweltkatastrophen und menschlichen Tragödien. Als Beispiel hier die Channeling-Botschaft zu Erdbeben, Tsunami und Super-GAU in Japan, März 2011: „Diejenigen in diesem sanften Land [Japan], die diese Katastrophe abbekamen, sind keine Zielscheibe Gottes. (…) Ebenso wie bei ihren Gegenstücken in Südamerika haben sie sich diesen Ort zum Leben ausgesucht.“
Hier schlagen Kryon und diverse andere aufgestiegene Meister stets in dieselbe Kerbe: Jeder bekommt genau das, was für ihn bestimmt ist. Jede Erfahrung hat Sinn. Der Mensch erschafft seine Realität selbst. Ob arm, reich oder im Elend: Jeder hat sich seine Lebensumstände selbst ausgesucht. Mitleid wird somit überflüssig.
Quellen: [49] [50]
Seit Manuels intensivem Studium wegweisender Lichtarbeiter-Literatur reifte in ihm die stille Gewissheit: „Ich stehe unter besonderem Schutz.“ Damit meinte er eine eigens für ihn reservierte Form von Obhut aus der Welt jenseits des Schleiers. „Engel in meinem Haar“4 – gleichlautend dem Buchtitel des Bestsellers [51] kommunizierte Manuel fortan mit allerlei Himmelsboten. Jeder Windhauch, jedes Kribbeln am Scheitelchakra gereichte zum Zeichen ihrer Fürsorge. Ja sogar die allwinterlich wiederkehrende Sinusitis verwandelte sich von einer bloßen Nasennebenhöhlenentzündung zu einem Symptom spiritueller Transformation. Eines wurde ab diesem Punkt klar: Manuel war nun ein Werkzeug von denen da oben.
Die Engel hatten die Regie übernommen.
„Auraspray Schutzengel“ –
„Ich vertraue mich bedingungslos der Führung
meiner Schutzengel an.“
Vertrauen und Selbsthingabe prägten das neue Ideal, bedingungslose Liebe war das alles durchdringende Grundgefühl. Aber trotz aller Reife, Manuel zweifelte immer wieder. Doch das war stets nur der Verstand, der da nicht mitwollte. „Die geistige Ebene prüft mich“ oder „Ich stehe kurz vor