Kālī Kaula. Jan Fries
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Dakṣas Fest
Es war einmal:
In der Zeit vor der Zeit nahm die höchste Śakti (Parāśakti) drei Formen an: Sarasvatī, die Brahmās Frau wurde, Lakṣmī, die Viṣṇus Gefährtin wurde, und Gaurī, die Goldene, die Geliebte von Śiva. Dann geschah das Übliche. Wie so oft erscheint da ein Asura oder Dānava, der zu ehrgeizig wird. Asuras und Dānavas gehörten in der Vorzeit zu den respektablen Götterfamilien, wurden aber mit dem Beginn des modernen Hinduismus in dämonische Gegen-Götter verwandelt. Wie die Götter (Devas) hat das Volk der Dämonen den Wunsch nach Befreiung, und manchmal nehmen sie die spirituelle Disziplin sehr ernst. Dies war der Fall bei den Halāhalas, einer besonders ehrgeizigen Gruppe von Dānavas. Sie trieben die Askese bis ins Extreme, sie übten sich in Beschränkungen, sie praktizierten Tag und Nacht hindurch, und schließlich musste Brahmā, der Schöpfer, ihnen spirituelle Kräfte gewähren. Was keine besonders weise Idee war. Brahmā ist allerdings bekannt für unbedachte Taten, egal, wie oft sie die Götter in Schwierigkeiten bringen. Die Halāhalas sagten Brahmā ‘Danke!’ und machten sich auf, das Universum zu erobern. Bald beherrschten sie die drei Welten des Himmels, der Erde und der Unterwelt, sie erstürmten sogar den Berg Kailāsa, stürzten Śiva und besetzten die Regionen in der Unterwelt. Angesichts solcher Katastrophen rüsteten sich Viṣṇu und Śiva zum Krieg. Brahmā tat nichts dergleichen. Er lehnte sich lediglich zurück und hoffte, dass die Anderen die Dinge schon in Ordnung bringen würden. Und die Götter taten es. Viṣṇu zog in Begleitung seiner himmlischen Truppen in die Schlacht und Śiva ebenso, dessen Truppen nicht ganz so himmlisch waren. Der Krieg dauerte 60.000 Jahre. Als der letzte Halāhala in die Flucht geschlagen war, kehrten die Götter müde, erschöpft und angeschlagen zu ihren Gemahlinnen zurück. Sie nahmen ihre Rüstungen ab, legten ihre Waffen beiseite, nahmen ein Bad und einen guten Trunk und begannen zu prahlen. ‘Wir haben sie geschlagen’, verkündete Viṣṇu. ‘Wir haben sie völlig vernichtet!’ erklärte Śiva. ‘In allen Welten kann niemand gegen uns bestehen!’
‘Keiner von euch bringt ohne uns irgendetwas zustande!’ erwiderten die Gemahlinnen. ‘Wer gab euch die Kraft zu kämpfen? Wer könnte je ohne Śakti kämpfen?’ ‘Nun kommt schon’, sagten die Götter. ‘Wir haben das doch ganz gut erledigt, oder?’ Die Göttinnen brachen in Gelächter aus. ‘Sicher’, erwiderten die Devīs, ‘und nun werdet ihr erfahren, wie weit ihr ohne uns kommt.’
Und ohne ein weiteres Wort verschwanden Lakṣmī und Gaurī.
Die Götter waren sprachlos. Sie begannen zu weinen. Sie beweinten ihren Verlust, sie verloren ihre göttliche Ausstrahlung, sie taumelten wie Verrückte durch die Welt. Ihre Kraft (Śakti) verschwand und damit auch ihre Funktion im Universum. Als Brahmā dies sah, wurde er sehr besorgt. Er wusste, dass in nicht allzu langer Zeit ein weiterer Haufen von Dānavas erscheinen würde, und er wusste noch besser, dass er, allein auf sich gestellt, keine Chance gegen sie hätte. In seiner Furcht schloss er die Augen, wandte sich nach Innen und sank hinab in den heiligen, leeren Raum des Herzens. In der alles erschaffenden Höhle der Absoluten Realität erfuhr er, dass die Höchste Energie (Parāśakti) wütend auf die Götter war und ihren Segen von ihnen genommen hatte. Und Brahmā wurde klar, dass er für drei arbeiten musste. Wenn Viṣṇu verrückt und Śiva verwirrt war, musste er deren Ämter als Bewahrer und Zerstörer übernehmen – und, als Schöpfungsgott, lag ihm das überhaupt nicht. Die anderen Götter waren genauso erschüttert. Dann lud der uralte Gott Dakṣa die Gottheiten, Seher und himmlischen Asketen zu einem Beschwichtigungsritus ein. Sie gingen zu den Hängen des Himalaya und sangen 100.000 Jahre lang ‘Hrīṁ’, bis die höchste Göttin erschien. Parāśakti manifestierte sich in ihren Herzen in Form von Sein, Intelligenz und Glück. Sie hielt die Schlinge und den Elefantentreibstock; ihre anderen beiden Hände beschrieben die Zeichen, die Furcht vertreiben und Segen spenden. Die Götter und Weisen priesen sie, und endlich antwortete sie auf ihre Sorgen.
‘Hört’, sprach die Göttin, die in der Form von Mahāmāyā/Bhuvaneśvarī erschienen war, ‘der Wahnsinn der Götter wird bald vergehen. Lakṣmī wird wiederkehren, wenn der Milchozean gebuttert wird, sie wird mit dem Elixier der Unsterblichkeit wieder entstehen. Gaurī wird bald wiedergeboren, und es wird in Dakṣas Familie sein.‘ Die Versammlung war begeistert, dies zu hören, vor allem der alte Dakṣa, der in den vedischen Zeiten ein Hauptgott gewesen war, dessen Bedeutung aber im Laufe der Jahre stark verblasst war.
Nun ging der Seher Durvāsā eines Tages zum Fluss Jambū, um zu meditieren. Vielleicht war es kein Glückstag. Er sah die höchste Śakti auf der Flussbank. Um seine Sinne unter Kontrolle zu halten (war die Göttin nackt?), rezitierte er ihr Bīja ‘Hrīṁ’, und dies gefiel der Göttin. Sie näherte sich dem Seher und gab ihm eine Girlande aus Jasmin, so süß, dass zahlreiche Bienen um die Blüten schwärmten. In seinem Glück legte sich der Seher die Girlande auf den Kopf und ging, Dakṣa zu besuchen. ‘Was für eine wunderbare Girlande ist das?’ fragte Dakṣa. ‘Möchtest Du sie haben?’ erwiderte Durvāsā großzügiger als für ihn gut war. ‘Alles in den drei Welten mag einem gegeben werden, der Śakti ergeben ist.’ ‘Ich nehme sie mit Freuden an’, sagte Dakṣa. Er nahm die Blüten und legte sie auf sein Kopfkissen. In jener Nacht duftete der Jasmin so süß, dass der alte Gott nicht schlafen konnte. Begehren ergriff ihn, Hitze und Sehnsucht. Er wälzte sich auf seinem Lager umher, der Schlaf entfleuchte, und schließlich erhob er sich und hatte Verkehr. Bald darauf gebar Dakṣas Frau eine Tochter. Alle Götter ließen Blüten vom Himmel herab regnen, die Sonne schien hell, und die Flüsse begannen wieder zu fließen. Das Mädchen wurde Satī (die Tugendhafte) genannt, und ihre Wesensart war die des höchsten Brahman (Allbewusstsein) und der Wahrheit selbst.
Satī wuchs heran, und bald war sie alt genug, um Śiva zu heiraten. Der bloße Gedanke daran machte Dakṣa wahnsinnig. Er wollte seine Tochter nicht hergeben, er wollte nicht, dass die inkarnierte Göttin sein Haus verließ, und das Letzte, was er wollte, war, sie mit einem Gott zu verheiraten, der nackt herumlief, Dope rauchte und Askese auf Bergen und in Dschungeln übte, wo keine vernünftige Person jemals sein wollte. Śiva, der Unreine, der Schädelträger, der irre Tänzer am Rande der Wirklichkeit. Dakṣa hasste Śiva, er hasste den Gedanken daran, dass seine Tochter ihn verlassen würde, aber im Grunde konnte er nichts dagegen tun. So wurde Śiva trotz manch wütender Debatte an Dakṣas Hof eingeladen. Dort heiratete der mit Asche beschmierte Gott der Asketen die schöne Satī, dann gingen die beiden und bezogen ihr Heim auf den höchsten Bergen. Manche sagen, sie machten 100.000 Jahre lang Liebe.
Eines Tages erfuhr Satī, dass ihr Vater ein großes Fest ausrichtete. Alle Götter waren eingeladen, die Gandharvas würden singen, die Apsarase würden tanzen, und es würde Trinken, Spaß und Belustigung geben. Jede wichtige Gottheit war eingeladen, außer Śiva und ihr selbst. Nun war Satī aber ganz und gar nicht froh darüber, so übergangen zu werden. Sie war immer noch verärgert, weil ihr Vater so ein Problem aus ihrer Hochzeit gemacht hatte, und nun noch ärgerlicher, weil er ihren Mann und sie so kränkte. ‘Ich werde zu diesem Fest gehen’, erklärte Satī, ‘ob wir nun eingeladen sind oder nicht.’
‘Ist es das wert?’ erwiderte Śiva, der sich im Dschungel wohler fühlte als in der gehobenen Gesellschaft. ‘Warum bleiben wir nicht einfach zu Hause und machen es uns schön?’
‘Wir werden hingehen!’ schrie Satī. ‘Und wenn Du nicht mitkommst, dann gehe ich allein! Ich werde meinem Vater schon zeigen, was ich von ihm halte!’
‘Du bringst Dich in Schwierigkeiten’, sagte Śiva voraus. ‘In Deiner Stimmung wird es Schwierigkeiten für alle geben.’
‘Ich werde hingehen’, erklärte Satī, ‘ob es Dir gefällt oder nicht.’
Und so geschah es. Es war tatsächlich ein schlechter Tag, als Satī zum Haus ihres Vaters kam, ihr Gesicht rot vor Wut. Dakṣa hatte schon so etwas