Kālī Kaula. Jan Fries
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DM Devī Māhātmya (auch bekannt als Śrī Durgā Saptaśati oder als Caṇḍī). Ein Text aus dem 6.-7. Jh., der erhalten blieb, da er im Mārkāṇḍeya Purāṇa integriert wurde. Eine der frühesten Manifestationen jener religiösen Richtung, die sich etwa ab dem 10. Jh. als Śākta-Bewegung bezeichnete. Ein kurzes und poetisches Werk in siebenhundert Mantras, welches drei Kämpfe der Devī gegen die Dämonen beschreibt. Darin finden sich auch einige der ersten Beschreibungen von Kālī und den Mātṛkā Devī, denn ohne diese hätten es die Devī wesentlich schwerer gehabt. Der Text enthält wichtige Hymnen und etliche Widersprüche: diese lassen erkennen, dass dieses frühe und wichtige Werk mehrere ältere Traditionen miteinander verbindet.
DBh Devī Bhāgavatam Purāṇa. Ein massives Werk in (angeblich) 100.000 Versen über die Mythologie der Göttin und die typischen Purāṇa-Themen wie Kosmologie, Genealogie, Mythen, Pseudogeschichte, Geografie, tägliches Ritual, Meditation, Anbetung, eintausend Namen der Gottheit usw. Das meiste davon wurde im 13. Jh. vollendet, aber einige Abschnitte scheinen bis ins 17. Jhd. hinzugefügt worden zu sein. Von der Grundstruktur her ist dieses Buch ein Versuch, ein Gegenstück zu den berühmten Viṣṇu- und Śiva-Purāṇas zu schaffen. Ein wichtiger Teilabschnitt wird als Devī Gītā, also Gesang der Devī, bezeichnet und hat als eigenständiges Werk einen hohen Status. Das DBh ist, obwohl ein erklärtes Śākta-Werk, stark von der Vaiṣṇava-Philosophie und der orthodoxen Hindu-Ethik geprägt. Viṣṇu wird in vielerlei Formen gepriesen, Śiva dagegen taucht erstaunlich selten auf. Tantra ist tief darin verwurzelt, wird aber trotzdem meist mit Argwohn betrachtet, Klassentrennung bleibt ein Muss, und trotz aller Göttinnenverehrung sind Frauen nicht berechtigt, das Werk selbst zu lesen. Trotz dieser Mängel bleibt das DBh eine wichtige und umfangreiche Quelle.
DG Devī Gītā (Der Gesang der Göttin). Das wichtigste und beliebteste Teilstück des Devī Bhāgavatam Purāṇa, als Gegenstück zur Bhagavad Gītā verfasst. Der Text wurde um das 15. Jhd. zusammengestellt, enthält aber auch älteres Material der Śākta Tradition und lange Passagen, die wörtlich aus den älteren Upaniṣaden übernommen worden. Das Werk ist erstaunlich umfassend: es enthält eine detaillierte Kosmologie, die stark vom Vedānta geprägt ist, Hymnen, eine mythische Rahmenhandlung und praktische Kapitel, die sich mit Yoga, Meditation, Bhakti, heiligen Orten und sogar tantrischen Praktiken (wie der Kuṇḍalinī) beschäftigen. Dabei wird versucht, Vedānta, orthodoxes Ritual und einen Teil der tantrischen Praxis zu verschmelzen, wobei, wie zu erwarten war, Elemente des Pfades der Linken Hand streng abgelehnt werden. Eines der schönsten Werke der indischen Literatur.
GS Gheraṇḍa Saṁhita Die Lehren des heiligen Gheraṇḍa über Yoga. Vermutlich das einflussreichste systematische Werk in der Entwicklung dessen, was heute weltweit als Yoga gelehrt wird. Viel Material zum Thema Spülungen, Körperhaltungen, Atempraxis usw., sowie ein wenig Meditation und tantrische Praktiken. Dieses Buch hatte einen immensen Einfluss auf die Theosophen, indischen Religionsreformer und natürlich auf Vivekānanda, durch deren Bemühung um 1930 herum der von ‚Aberglauben‘ und ‚Mystizismus‘ bereinigte moderne Yoga entstand. Auf Deutsch erhältlich (Sacharow, 1954).
KP Kālikāpurāṇa ca. 9.-16. Jh.; ältestes erhaltenes Manuskript 1726. Enthält unter anderem wichtige Informationen zu den Mahāvidyās und zu deren Verehrung in Kāmarūpa.
KS Karpūrādi-Stotra ‘Hymne an Kampfer’ (= Kālī). Möglicherweise die kürzeste Zusammenfassung des linkshändigen Pfades in der tantrischen Literatur. Das Buch, welches Du gerade liest, entstand bei dem Versuch, einen einfachen Kommentar zum KS zu verfassen.
KN Kaulajñāna nirṇaya Ein Tantra, das Matsyendranātha (ca. 11. Jhd.) zugeschrieben wird und Lehren der Yogīnī- und Nātha-Schulen enthält. Der KN ist bemerkenswert wegen seines erfrischenden Stils, seiner detaillierten Anweisungen zur Meditation und Visualisierung und für seine unorthodoxe, praktische Herangehensweise. Der Text ist ganz auf Praxis ausgerichtet, philosophische Spekulationen kommen nur am Rande vor.
KCT Kulacūḍāmaṇi Tantra ‘Das Kronjuwel des Kula’ (d.h. Menstruationsblut, das freiwillig für den Zweck des Sādhana gegeben wird), ein frühes Werk (9.-10. Jh.). Ein wildes Nigama-Tantra voller mehrdeutiger Anweisungen für die rituelle und/oder innere Verehrung. Einzigartiges Material über Kālī, Mahiṣamardinī und die Mātṛkā Devīs. Der Text scheint meist eindeutig und verständlich, doch dieser Eindruck kann irreführend sein: es werden sehr viele mehrdeutige Ausdrücke verwendet. Da die praktischen Anweisungen oft sehr kurz gehalten sind, muss vieles aus anderen Quellen hinzugefügt (oder erfunden) werden. Sehr empfehlenswert für Fortgeschrittene.
KT Kulārṇava Tantra Ein einflussreiches Tantra, das im 10. Jh. verfasst, in den folgenden Jahrhunderten jedoch wiederholt erweitert und modifiziert wurde. Der Text ist klar und unpoetisch; er enthält zahlreiche Widersprüche wegen der vielen mitwirkenden Autoren. Nützliche Details über Kula- und Kaula-Traditionen der wilderen Art wie die fünf Ms, ekstatische Verehrung, Besessenheit, Yoga usw. Gelegentlich etwas engstirnig; manche der Autoren liebten lange Verbots-Kataloge. Die Übersetzung von Pandit/Woodroffe ist stark verkürzt, die von Rai ist eher wissenschaftlich, aber (bis auf die Mantras) komplett.
LT Lakṣmī Tantra Ein Vaiṣṇava-Tantra der Pāñcarātra-Tradition in der Form von einem Nigama, ca. 9.-12. Jh. Eine brillante Mischung aus subtiler Philosophie, Kosmologie und praktischem Ritual, mit Klarheit und unter Berücksichtigung vieler Details verfasst. Der anspruchsvolle Text ist erstaunlich freizügig für ein Werk, welches vor allem für Vaiṣṇavas geschrieben wurde, und deutet sogar Praktiken des Pfades der Linken Hand an.
MBH Mahābhārata (Das Große Bhārata). Ein antikes Epos in ca. 100.000 Versen. Die Kerngeschichte könnte um 1.000 v.u.Z. entstanden sein, die Geschichte wurde bis zum 4. Jh. v.u.Z. massiv erweitert, die Textform erreichte ihre Vollendung im 3. oder 4. Jh. Das monumentale Werk beschreibt detailliert den legendären Konflikt zwischen zwei Fürstengeschlechtern, den Pāṇḍavas und den Kauravas. Mit involviert sind jede Menge inkarnierte Gottheiten, Geister, Unholde, Götter, Helden usw. Das MBH hat enzyklopädischen Charakter. Es zielt darauf ab, jede Einzelheit der indischen Lehren aufzuzeichnen und ist dabei bemerkenswert erfolgreich. Die bekannteste Passage des MBH ist die Bhagvad Gītā, der Gesang des Erhabenen. Dieses außerordentliche Werk wurde um das dritte oder vierte Jahrhundert unserer Zeit eingefügt und hatte einen enormen Einfluss auf den modernen Hinduismus, da es die Grundlagen der Bhakti und (spirituellen) Yoga Bewegung festlegte.
MNT Mahānirvāṇa Tantra (Das Tantra der Großen Befreiung). Ein spät abgeschlossenes (19. Jh.?), aber sehr einflussreiches Tantra, das einiges exzellentes (älteres) Material über Kālī und mehrere öde Kapitel über Gesetz, Erbrecht und soziale Gebote enthält, die meisten davon bieder und konservativ. Einer der Höhepunkte ist eine detaillierte Anweisung zum Ritual der Fünf Ms, wobei das fünfte M (Geschlechtsverkehr) gerade mal am Rande erwähnt wird. Das MNT ist ein recht populäres Tantra, denn obwohl es angeblich zur Kaula-Tradition gehört, ist es im Vergleich zur ursprünglichen Kaula-Literatur ausgesprochen abgemildert und verharmlost. Das MNT war das erste Tantra, welches in eine europäische Sprache übersetzt wurde (Woodroffe/ Avalon 1913). Obwohl es, gemessen an anderen Tantras, reichlich angepasst und spießig daherkommt, traf es sofort auf Ablehnung. Es dauerte Jahrzehnte, bis sich die Indologen an die Idee gewöhnten, dass tantrische Literatur Beachtung finden sollte.
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