Jahrbuch der Baumpflege 2016. Группа авторов

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Jahrbuch der Baumpflege 2016 - Группа авторов страница 20

Jahrbuch der Baumpflege 2016 - Группа авторов

Скачать книгу

nach der Schnittmaßnahme zunächst keine Photosynthese mehr betreiben. Parallel dazu wird der Baum die verbliebenen Reserven vorrangig für den Neuaustrieb und den Wundverschluss verbrauchen. Der Verlust der Blattmasse hat aber auch noch weitere Auswirkungen (vgl. auch Abb. 9):

       Die großen Schnittflächen sind erhebliche Wunden, an denen Luft in das Wasserleitsystem eintritt. Die Embolien in den Gefäßen zerstören oder verringern den wasserleitenden Querschnitt.

       Der Wegfall der transpirierenden Blattoberfläche bringt den Transpirationssog als wesentlichen „Motor“ des Wassertransports zum Erliegen.

       Wegen der Zerstörung des Schutzes durch die Borke entsteht ein erhöhtes Risiko des Befalls durch Pathogene, bei obligatorischen Kernholzbildnern können sich Kernfäuleerreger etablieren.

       Das hormonelle Ungleichgewicht bewirkt eine langfristige Veränderung hormonell gesteuerter Vorgänge, wie die vormals spitzendominierte Kronenhierarchie und das Wurzelwachstum.

       3.1 Direkte Folgen der Schnittwunde

      Direkte Folge einer Kappung ist in jedem Fall eine sehr große Wunde und der Verlust der schützenden Borke an der Kappungsstelle. Die Verwundung führt unmittelbar in den wasserleitenden Gefäßen und Tracheiden des Splintholzes durch Lufteintritt zu Embolien. Das traumatische Ereignis führt zur großflächigen irreparablen Zerstörung des Wasserleitsystems, sodass auch bei zerstreutporigen Baumarten und bei verzögerter Kernholzbildung (Splintholzarten) erst die Neubildung von Jahrringen wieder zu einer funktionierenden Wasserleitung führt.

      Nachfolgend werden sich, je nach Jahreszeit, zunächst Schimmel-, später holzzersetzende Pilze ansiedeln. Bei Baumarten mit Kernholz wird dieses bei der Kappung freigelegt. Im Kernholz sind (im Gegensatz zum Splintholz) alle Zellen abgestorben. Hier besteht also keine Möglichkeit mehr, auf die Verwundung zu reagieren und durch aktive Prozesse ein Ausbreiten von Kernfäuleerregern einzuschränken. Kernholzfäulen an den Kappungsstellen breiten sich deshalb langfristig ungehindert im gesamten Stamm aus.

      Natürlich stehen vitalen Bäumen aktive schadensminimierende Mechanismen zur Verfügung, um (kleine) Wunden zunächst gegenüber dem restlichen Holzkörper abzuschotten. Geschwindigkeit und Effektivität dieser Kompartimentierung sind außer von der genetisch fixierten, arttypischen Konstitution vor allem von der Verfügbarkeit energiereicher Kohlenstoffverbindungen als Stoffwechselgrundlage der lebenden Parenchymzellen abhängig. Gekappte Bäume können mangels Blattmasse und Zusammenbruch der Photosyntheseleistung nur auf die verbliebenen Speicherstoffe (Reserve) zurückgreifen.

      Vor allem wegen der Wundgröße nach einem Kappungsschnitt erfolgt kein schneller und effektiver Verschluss der Wunde. Die vollständige Einkapselung der Fäule durch komplette Überwallung (Phase 4 des CODIT-Prinzips als effektivste Strategie des Baums gegen die Verletzungsfolgen, vgl. DUJESIEFKEN & LIESE 2008) wird nicht erreicht.

       3.2 Gestörte Kronen- und Wurzelentwicklung

      Mit dem Verlust der Krone sind auch die spezifischen Konzentrationsverhältnisse der verschiedenen wachstumssteuernden Hormone langfristig gestört. Die Produktion des Auxins kommt plötzlich vollständig zum Erliegen und auch die Synthese der Gibberelline wird stark eingeschränkt. Die Wurzeln produzieren aber weiterhin Cytokinine, das führt vor allem zu einer extremen Verschiebung des Auxin/​Cytokinin-Verhältnisses. Der Cytokininüberschuss fördert nun Austrieb, Knospenbildung und Streckungswachstum, also überlebenswichtige Wachstumsprozesse für die Kronenregeneration und zur Bildung einer Sekundärkrone. Dies erklärt die verstärkte Bildung traumatischer Knospen und das anschließende rasante Höhenwachstum der Austriebe bei kürzlich gekappten Bäumen.

      Zwischen den zunächst voneinander unabhängig austreibenden Reiteraten beginnt ein starker Konkurrenzkampf. Wegen ihrer starken Höhenentwicklung und dem gleichzeitig eher untergeordneten Dickenwachstum haben die Ständer hohe Schlankheitsgrade.

      Die Konkurrenz der Austriebe führt zwar zu einer gewissen Differenzierung, sodass nicht alle Austriebe an der mittelfristigen Oberkronenentwicklung beteiligt sind, jedoch kommt es insbesondere bei Laubbäumen im Prinzip nie mehr zu einer arttypischen Kronenhierarchie. Ein Teil der Ständer konkurriert zeitlebens miteinander.

       3.3 Unterversorgung von Stamm und Wurzel

      In jedem Fall ist nach der Kappung das während der langen Baumentwicklung zuvor entstandene optimale Verhältnis von Kronen- und Wurzelvolumen gestört (meist noch nach vielen Jahren). Große Teile des Sprosses und (mit weitaus schwerwiegenderen Folgen) der Wurzel werden nicht mehr ausreichend mit Assimilaten versorgt. Die Unterversorgung kann zum Absterben eines Teils der Wurzeln führen. Der Kronenschnitteinfluss wurde unter anderem auch im Obstbau näher untersucht und es wurde festgestellt, dass stark geschnittene Bäume kleinere Wurzelsysteme ausbilden (FRIEDRCH & FISCHER 2000). Da die Wurzeln aufgrund fehlender eigener Auxinbildung gegenüber den Trieben und Früchten benachteiligt sind, wird ihr Wachstum in Phasen starken Trieb- und Fruchtwachstums eingeschränkt und kann weitgehend zum Stillstand kommen. Dies könnte bei gekappten Bäumen also neben dem Absterbeprozess wegen der Unterversorgung in der Phase des starken Neuaustriebes zusätzlich zur Einschränkung des Wurzelwachstums führen.

      Auch das sekundäre Dickenwachstum des Stammes fällt in den Jahren nach der Kappung vergleichsweise geringer aus. An gekappten Linden, die drei Jahre zuvor an den ca. 50-jährigen Ständern stark eingekürzt worden waren, konnte in den Folgejahren ein starker Einbruch im Radialzuwachs nachgewiesen werden (SCHADEBERG 2003). Mit zunehmender Regeneration der Krone erholt sich auch der Dickenzuwachs allmählich, allerdings sehr unterschiedlich in den verschiedenen Stammhöhen. Die Jahrringbreiten im oberen Kronenbereich erreichen schneller wieder das vorherige Niveau als im unteren Stammbereich. Dafür kann auch der lange Zeit fehlende Spannungsreiz am für die zunächst nur kleine Krone „überdimensionierten“ (und somit wenig biegebeanspruchten) Stamm die Ursache sein.

       3.4 Langfristige Einschränkung der Verkehrssicherheit

      Gekappte Bäume erscheinen zwar durch die üppige Belaubung, die dichte Verzweigung und das rasante Wachstum der ggf. entstandenen Austriebe zunächst vital. Die abgestorbenen Wurzeln und die großen Schnittwunden im Stammbereich werden jedoch von Pilzen besiedelt, die in der Folge das Holz zersetzen. Dieser i. d. R. erst viel später wahrgenommene Prozess wirkt über einen langen Zeitraum und beeinflusst wesentlich die ungünstige Entwicklung der Bruch- und Standsicherheit der gekappten Bäume.

      In günstigen Fällen etablieren sich zunächst hauptsächlich wenig aggressive Wundfolgeparasiten (z. B. Trameten, Rauchporling, Hochthronender Schüppling u. a.). Diese, für manche gefährlicheren, holzzersetzenden Pilze antagonistisch wirkenden Organismen vermögen dann einen gefährlich schnellen Holzabbau zu verzögern. Andererseits besteht immer die Gefahr einer Infektion durch gefährlichere Holzzersetzer, die sich auch sonst an Stammkopfwunden oder großen Astungswunden etablieren (z. B. Echter Zunderschwamm, Schuppiger Porling, Zottiger Schillerporling, verschiedene Feuerschwämme, Buckeltramete usw.) oder sogar durch vorrangig Stammfuß- bzw. Wurzelfäule erregende Pilze (z. B. Hallimasch, Brandkrustenpilz).

      Für die künftige Beurteilung der Verkehrssicherheit der aus Ständern bestehenden Sekundärkrone ist die zeitliche Entwicklung von Anzahl und Dimension der Austriebe besonders wichtig. Bei Linde wurden wenige Jahre nach der Kappung häufig nur drei Reiterate pro Kappungsstelle beobachtet, deren Konkurrenzkraft innerhalb der Sekundärkrone groß genug ist, um auch mittelfristig zu überleben (SCHADEBERG 2003). In anderen Untersuchungen zeigte sich an bereits vor ca. acht Jahren gekappten Linden ebenfalls eine deutliche Differenzierung (GRÄFE 2004; WEISS et al. 2005). Bei anderen Baumarten lassen sich dagegen z. T. deutlich mehr kronenbildende Ständer auch Jahrzehnte nach einer Kappung beobachten, z. B. durchschnittlich acht bei vor

Скачать книгу