Jahrbuch der Baumpflege 2016. Группа авторов

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Sie können durch ein erhöhtes Auftreten die Auxinproduktion stören oder hemmen und Seitentriebe zum Austreiben bringen (BÖHLMANN 2013).

      Als weitere wachstumssteuernde Phytohormone werden die Gibberelline (nach dem Schlauchpilz Fusarium heterosporum = Syn. Gibberella fuikoroi) in den Blattanlagen, jungen Blättern, in den Embryonen von unreifen Samen und Früchten sowie in Pollenkörnern und Wurzelmeristemen gebildet und von dort meist ungerichtet in der Pflanze verteilt. Bemerkenswert ist hierbei, dass (im Gegensatz zum Auxin) Gibberelline auch in Wurzeln synthetisiert werden. Sie fördern das Streckungswachstum und sind ganz wesentlich an der Zellteilung des Kambiums beteiligt. Dies erfolgt im Zusammenspiel mit Auxinen, wobei bei Überwiegen von Auxin (IAA) die Bildung von Zellen des Holzteiles, bei Verschiebung zugunsten von Gibberellin die Bildung von Zellen des Bastes (Rinde) erfolgt (BÖHLMANN 2013).

       Abbildung 1: Phytohormone mit wesentlichem Einfluss auf das Wachstum von Bäumen und deren hemmende bzw. fördernde Wirkungen

      Alle weiteren Phytohormone wie z. B. Abscisin (wachstums- und austriebshemmend sowie wichtig für die „echte Winterruhe“) und Ethylen (Gravitropismus, Fruchtreife, Kommunikation) wirken z. T. ebenfalls in Wechselwirkung mit den drei anderen Hormonen wachstumssteuernd.

       2.1.1 Apikaldominanz, Apikalkontrolle

      Beim akrotonen (spitzenbetontem) Wuchs beeinflussen die Auxine in den Terminal(End)knospen am Haupttrieb (Apikalmeristem) Austriebszeitpunkt, Wuchsrichtung und Zuwachs der Seitenknospen und -triebe. Besonders im ersten Jahr führt der hemmende Einfluss, den die Spitzenknospe ausübt, zur strengen Apikaldominanz und verhindert den Austrieb der weiter unterhalb gelegenen Seitenknospen im selben Jahr vollständig. In der nächsten Vegetationsperiode wirkt diese Austriebshemmung meist nicht mehr.

      Selten kann sich an vitalen Zweigen ein Seitenspross gleichzeitig mit dem Hauptspross entwickeln (Syllepsis). Aber auch dann bleiben diese sylleptischen Seitentriebe wie auch die ein Jahr später austreibenden regulären Seitentriebe mit ihrer Länge zunächst hinter dem Spitzentrieb zurück und entwickeln sich mehr oder weniger waagerecht.

      Der Einfluss, den ein zentraler Leittrieb über mehrere Jahre bzw. sogar lebenslang auf seine Seitenachsen ausübt (Apikalkontrolle), verschwindet, sobald die Terminalknospe beschädigt oder entfernt wird. Dann richten sich die obersten Seitenzweige auf und es beginnt ein Konkurrenzkampf um die Apikalkontrolle, der entweder wieder zu einer Spitze – die anderen Zweige wachsen dann wieder waagerecht – oder zur Mehrstämmigkeit führt.

      Ein durch die Apikalkontrolle beeinflusster Kronenaufbau ist ein wichtiges (Prüf-)Kriterium für den habitusgerechten Baumschnitt. Bei falschem Kronenschnitt, z. B. bei Kappungen oder Schnitten im Internodialbereich (statt an einer Astgabel) oder beim „Rasierschnitt“ aller Äste der Oberkrone auf eine gleichmäßige Höhe ist bei entsprechend vitalen Bäumen ein „unkontrolliertes“ Seitentriebwachstum und Austreiben die Folge. Hier ist der Folgeaufwand für die Baumpflege oft deutlich höher als bei Bäumen, die unter Beachtung der ursprünglichen Kronenhierarchie geschnitten wurden.

       2.1.2 Kronenaufbau durch Stämmlinge und Ständer

      Als Stämmling bezeichnet man einen „aus dem Stammkopf heraus, überwiegend aufrecht wachsenden kronenbildenden Teil eines Baumes“ (FLL 2006b). Diese Definition charakterisiert im Wesentlichen kronenbildende Teile von Laubbäumen. Bei den meisten Nadelbäumen bildet die Gipfelknospe in jeder Vegetationsperiode einen Jahrestrieb. So bilden sich i. d. R. keine konkurrierenden Stämmlinge, nur an der Gipfelknospe wächst normalerweise (genetisch bedingt) in jeder Vegetationsperiode ein dominanter aufrechter Jahrestrieb (durchgehende Hauptachse), während die Seitenzweige in der Regel untergeordnet mehr oder weniger horizontal vom Hauptstamm abstehen und erst an ihrer Spitze aufwärts gekrümmt sind.

      Viele Laubbäume wachsen als Jungpflanzen zunächst ähnlich. Durch die Apikalkontrolle der Gipfelknospe bildet der Haupttrieb in der Jugend einen durchlaufenden Stamm so z. B. bei Trauben-Eiche (Quercus petraea LIEBL.), Gemeine Esche (Fraxinus excelsior L.) und Berg-Ahorn (Acer pseudoplatanus L.). Später lässt die Apikalkontrolle des Haupttriebes nach, die Seitenzweige werden zu Konkurrenten – die strenge Kronenhierarchie der Jugend wird aufgegeben. Die Hauptachse stellt früher ihr Höhenwachstum ein, sodass die Seitenäste den Haupttrieb übergipfeln können (BRAUN 1982). Am alten Laubbaum wird die Krone aus mehreren mehr oder weniger gleichrangigen Hauptachsen (Stämmlingen) gebildet (Abb. 2 links), die in gewisser Weise autonome Architektureinheiten bilden (PFISTERER 1999). Die Stämmlinge entwickeln sich also als reguläre Achsen (Haupttrieb mit regulären Seitenästen) und sind deshalb untereinander statisch günstig (stabil) verbunden.

      Als Ständer bezeichnet man aufrecht wachsende Äste, die sich insbesondere an Kappstellen entwickeln (FLL 2006b). Die aus schlafenden Knospen und/​oder aus (traumatisch, d. h. nach Verletzung) neu gebildeten Knospen hervorgegangenen Achsen sind statisch ungünstig nur in der Querschnittsperipherie am Stamm angebunden und dadurch deutlich stärker ausbruchgefährdet als reguläre Äste. Zudem entwickeln sie sich ohne den kontrollierenden Einfluss eines Wipfeltriebes von Anfang an als selbstständige Teilkronen, sodass bei Betrachtung der gesamten Sekundärkrone keine Kronenhierarchie feststellbar ist. Das Wachstum dieser Ständer kann in den ersten Jahren sehr rasant erfolgen, die Lichtkonkurrenz bewirkt dabei zunächst ein schnelleres Höhenwachstum, das sich im relativ hohen Höhen-Durchmesser-Verhältnis (h/​d-Verhältnis1, Schlankheitsgrad) der Ständer widerspiegelt (Abbildung 2 rechts).

       2.2 Versorgungsast

      Werden bei der Baumpflege Äste abgeschnitten (eingekürzt), so kann dies entweder fachgerecht an einer Astgabel oder inmitten eines unverzweigten Achsenabschnitts (internodial) erfolgen. Nach den Regelwerken für einen fachgerechten Baumschnitt (z. B. Hamburger Schnittmethode, STOBBE et al. 1998; FLL 2006b) müssen diese bei fachgerechter Ausführung grundsätzlich auf einen ausreichend dimensionierten Versorgungsast („Zugast“ mit mind. 1/​3 Durchmesser der Schnittstelle) abgeleitet werden (Abbildung 3) (STOBBE et al. 1998; FLL 2006b). Dieser verbleibende Ast dient dazu, die Stoffflüsse und damit die Lebensvorgänge des gekürzten Astes aufrecht zu erhalten und vor allem die Wunde mit den zur Abschottung und Überwallung erforderlichen Assimilaten zu versorgen (ROLOFF 2004). Zudem unterbleibt auf diese Weise die Bildung mehrerer unerwünschter Neutriebe nahe der Schnittstelle.

       Abbildung 2: Kronenaufbau aus mehreren gleichrangigen Stämmlingen einer ca. 200-jährigen Flatter-Ulme (links); ca. 50 Jahre alte Ständer einer ehemals gekappten Linde (Stämmlingskappung)

      Untersuchungen in zwei Diplomarbeiten an Ahorn und Esche in Dresden haben bestätigt, dass die Gesamtbiomasse der neuen Austriebe maßgeblich von dem Vorhandensein eines Versorgungsastes und vom Verhältnis Basisdurchmesser Versorgungsast zum Durchmesser der Schnittwunde abhängt (RICHTER 2009; SCHNEIDER 2009). Ist kein Versorgungsast vorhanden, treiben bei vitalen Bäumen an der Kappstelle viele neue Triebe aus, die zudem in den Anfangsjahren sehr schnell (explorativ) in die Höhe (Länge) wachsen (Abbildung 4). Hieraus können sich auch statische Probleme ergeben (Ausbruchgefahr). Die Kronenhierarchie ist meist langfristig gestört und nur mit Hilfe häufiger und aufwändiger Pflegeschnitte annähernd wieder herstellbar. Diese Erscheinung ist bei einem vorhandenen Versorgungsast deutlich weniger ausgeprägt, wobei bei stärkeren Versorgungsästen das Austriebsverhalten stärker gedämpft wird (Abbildung 5).

       Abbildung

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