Jahrbuch der Baumpflege 2016. Группа авторов

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4.1.1 Kopfbaumähnlicher Schnitt

      Mit einer regelmäßig alle 1 bis 3 Jahre durchgeführten Entfernung der neu gebildeten Austriebe würde die Krone in eine Form überführt werden, die der eines Kopfbaumes ähnelt. Diese Möglichkeit bietet sich besonders bei kürzlich erfolgten Stammkappungen an. Eine derartige Vorgehensweise an Bäumen mit mehreren gekappten Stämmlingen hätte eine Kandelaberform zur Folge. Allerdings können auf diese Weise nur vitale Individuen reiterationsfreudiger Baumgattungen (z. B. Aesculus, Platanus, Tilia oder Salix) behandelt werden, da nach jeder Schnittmaßnahme neue Austriebe gebildet werden müssen. Dieser „nachträgliche Kopfbaumschnitt“ an gekappten Bäumen führt nicht zu „echten“ Kopfbäumen, weil dem Baum durch die Kappung eine große Verletzung zugefügt wurde (PFISTERER 1999; KLUG 2003). Wenn von vornherein ein Baum mit geformter Krone erwünscht ist, muss bereits frühzeitig im Baumleben mit dem regelmäßigen Schnitt begonnen werden, sodass erst gar keine großen Schnittwunden entstehen.

      Das Austriebsverhalten vormals vitaler Bäume erfordert unmittelbar nach der Kappung ein sehr kurzes Pflegeintervall. Nur langsam wird sich wieder ein normales Kronen-Wurzelverhältnis einstellen, dann wird auch die Wachstumsintensität der Reiterate nachlassen. Trotzdem müssen solche Bäume regelmäßig geschnitten werden.

       4.1.2 Aufbau einer artgerechten Sekundärkrone

      Um eine Hierarchie in der zunächst besenförmig erscheinenden Krone herzustellen, müssen Austriebe entfernt oder eingekürzt werden (FLL 2006b). Diese Vorgehensweise ist besonders für Stämmlings- und Starkastkappungen, aber auch bei länger zurückliegenden Stammkappungen mit bereits großen Ständern geeignet. Soll eine Ständervereinzelung erfolgen, ist bei gut abschottenden Baumgattungen (z. B. Platanus, Tilia) drei bis maximal vier Jahre nach der Kappung eine erste Schnittmaßnahme notwendig, um eine effektive Kompartimentierung der Wunden zu ermöglichen. An schwachen Kompartimentierern, wie z. B. Salix, muss der erste Pflegeeingriff nach der Kappung sogar meist früher durchgeführt werden.

       Abbildung 14: Kappungsstelle einer vor kurzem gekappten Linde, a) vor der Vereinzelung, b) nach der Vereinzelung

      Schwächere, insbesondere geneigte oder horizontal wachsende Austriebe können bei der ersten Pflegemaßnahme belassen werden. Damit wird erreicht, dass der geschwächte Baum etwas weniger Wunden kompartimentieren muss und mit einer größeren Menge an Assimilaten versorgt wird. Alle anderen starken Austriebe sollten bereits mit dem ersten Pflegeeingriff entfernt werden (Abbildung 14).

      Fehlt ein unter der Kappungsstelle entspringender (alter) Steilast zum Aufbau eines neuen Wipfels, sollte von den stärksten Austrieben der am besten die Stammachse fortsetzende (zentrale) Trieb für den Kronenaufbau ausgewählt und bis zu einem geeigneten Versorgungsast eingekürzt werden. Bei der Auswahl dieses künftigen Wipfeltriebes sind aufrechte Reiterate mit ausgeprägter Verzweigung zu bevorzugen. Gleichzeitig werden wenige erhaltenswerte Austriebe, die relativ weit voneinander entfernt und fest mit dem Stamm bzw. Stämmling verbunden sind, deutlich stärker eingekürzt (ähnlich wie in Abbildung 15). Damit wird frühzeitig für die zentrale Stammverlängerung (künftiger Wipfeltrieb) ein Konkurrenzvorteil geschaffen und eine Hierarchie innerhalb der Sekundärkrone aufgebaut. Im Idealfall wird die Apikalkontrolle der Terminalknospe des künftigen Wipfeltriebes das Wachstum der anderen Ständer dämpfen.

      Mit den folgenden Pflegeeingriffen müssen störende, steil wachsende Reiterate entfernt sowie die Verzweigung der verbliebenen Austriebe gefördert werden. Insbesondere sollte darauf geachtet werden, dass die Dominanz der Stammverlängerung gegeben ist, damit sich die Achsen nicht gegenseitig in die Höhe treiben.

       Abbildung 15: Schwache Einkürzung des zentralen Ständers eines vor ca. 35 Jahren gekappten Spitz-Ahorns (als zukünftiger Wipfel), stärkere Einkürzung aller anderen dominanten Ständer, a) vor dem Schnitt, b) nach dem Schnitt

      Die Entwicklung einer hierarchisch aufgebauten Krone ist an einem vor kurzem gekappten Baum schwieriger zu verwirklichen als die Überführung in eine kleine, regelmäßig geschnittene Krone (Kopfbaum). Bei jedem Eingriff muss überprüft werden, ob die Hierarchie innerhalb der Krone noch besteht. Zudem sollte das Architekturmodell des Baumes berücksichtigt werden, um einen annähernd natürlichen Habitus wiederherzustellen (PFISTERER 1999). Mit zunehmender Kronengröße ist auch eine häufiger wiederkehrende Kontrolle der Verkehrssicherheit notwendig. Gelingt die annähernde Wiederherstellung des natürlichen Kronenhabitus, kann bei nachlassendem Wachstum die Pflege in größeren Abständen erfolgen. Falls eine dem natürlichen Habitus nahe kommende Kronenform erreicht wird, passt sich das arttypische Erscheinungsbild wieder gut in das Landschafts-, Stadt- oder Parbbild ein.

       4.2 Maßnahmen an vor längerer Zeit gekappten Bäumen

      Bäume, die vor sehr langer Zeit gekappt wurden, sind in der Regel stark in ihrer Verkehrssicherheit eingeschränkt. Es sollte jedoch keine Entscheidung „aus dem Bauch“ heraus getroffen werden, sondern entsprechend der abgestuften Vorgehensweise bei Baumkontrollen im Allgemeinen auch bei ehemals gekappten Bäumen eine Einzelbaumuntersuchung durchgeführt werden. Bei schweren Schäden sollte auch die Fällung und der Baumersatz in Erwägung gezogen werden. Dies kann insbesondere innerhalb denkmalgeschützter Anlagen, bei denen das ursprüngliche Pflegekonzept sehr lange nicht umgesetzt wurde, u. U. nach kontroversen Diskussionen und schwierigen Abwägungsprozessen sogar zur Kompletterneuerung ganzer Alleen führen (KOWOL & DUJESIEFKEN 2013; LÖBEL & MEYER 2013).

      Entscheidet man sich für den Baumerhalt, soll vor allem die Verkehrssicherheit der gekappten Bäume wiederhergestellt werden. Angebrochene bzw. tote Äste und Ständer müssen entfernt werden. Die Entwicklung einer artgerechten Sekundärkrone kann mithilfe der gleichen Technik wie im vorherigen Kapitel beschrieben erreicht werden. Der statisch am besten mit dem Stammkopf verbundene und an der Oberkrone beteiligte Ständer wird etwas weniger als seine Nachbarständer bis zu einem geeigneten Versorgungsast eingekürzt (Abbildung 15). Alle anderen Reiterate mit geringem Durchmesser (bei gut abschottenden Baumarten bis maximal Grobastdimension) werden entnommen. Die fest angebundenen, reich verzweigten Ständer mit einem möglichst niedrigen Höhen-Durchmesser-Verhältnis können belassen und/​oder deutlich eingekürzt werden, sodass sie sich in ihrer sozialen Stellung innerhalb der Krone dem (künftigen) Wipfel unterordnen.

      Liegt die Kappung schon Jahrzehnte zurück, sind sehr starke Einkürzungen und/​oder Vereinzelung der Austriebe oft sowohl aus baumbiologischer aber auch naturschutzfachlicher Sicht nicht zu rechtfertigen. Aufgrund der Schnittwundengröße käme eine Ständervereinzelung einer erneuten Kappung gleich. Die Einkürzung ist ebenfalls oft schwierig zu realisieren, da in den sehr dichten Kronen meist geeignete Versorgungsäste fehlen. Bei unbedingt erhaltenswerten Bäumen sollte in dieser Situation der Einbau von Kronensicherungen erwogen werden.

      Wenn die Kappung schon lange zurückliegt, ist die Holzzersetzung unterhalb der Kappungsstellen in vielen Fällen schon weit fortgeschritten. Deshalb muss die Verkehrssicherheit dieser stärker geschädigten Bäume mindestens jährlich kontrolliert werden. Dabei ist besonders auf die Entwicklung von Zwieselrissen und den Fäulefortschritt unterhalb der Kappungsstellen zu achten.

      Die Häufigkeit der Folgemaßnahmen sollte der Wuchsdynamik der Reiterate sowie der konkreten baumstatischen Situation angepasst werden.

       5 Fazit

      Die Auswirkungen von Kappungen sind für den Baum i. d. R. katastrophal. Nur sehr junge Bäume ertragen einen sehr zeitigen kappungsähnlichen Schnitt relativ

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