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welcher Dank war hinlänglich, eurer Treue zu lohnen! – Aber die Edeln forderten weder Dank noch Lohn, ihnen kam das, was sie gethan hatten, so alltäglich vor, daß sie zweifelten, ob wir nicht zürnen würden, daß unsere Erlösung so spät zu Stande gekommen war, und sie nahmen von ihrer Unwissenheit und Unvermögen tausend Entschuldigungen her, die wir, welche von nichts als Freude und Dank wußten, ihnen wahrhaftig nicht abfoderten. Und diese Männer, die ihr Leben bey einer der kühnsten uneigennützigsten Thaten gewagt hatten, bey einer That, die einem Fürsten Ehre gemacht haben würde, gehörten zu den Geringern im Volk, zu den arbeitsamen Söhnen der Erde, die nichts von Reichthum und Hoheit wissen! Doch giebt es wohl einen Geringen in einem Lande, wo alles Großmuth und Freyeitsliebe athmet? O Helvetiens Gebürge! nur ihr bringt jene Mischung von Größe der Seele und kunstloser Einfalt hervor, die wir an euren Bewohnern bewundern!

      Wir lagen in den Armen des Grafen Venosta, ehe er in seiner Entfernung und bey der zunehmenden Schwäche des Alters mit den Anstalten zu unserer Rettung hatte zu Stande kommen können. Arnold, Henrichs von Melchthals Sohn, welcher der Ueberbringer der Botschaft von unserm Zustande war, hatte ihm gesagt, daß alle seine Zurüstungen unnöthig wären, daß wir ohne dieselben gerettet werden würden, aber wo findet besorgte Freundschaft hinlängliche Sicherheit für ihre Lieben! Die Zeitung27 von Hedwigs Leben, und meiner Unschuld hatte das Gemüth des guten Greises in eine Bewegung gesetzt, welche ihn geneigt gemacht haben würde, die halbe Welt zu unserer Hülfe aufzubieten, wenn er Herr derselben gewesen wäre.

      Wir fanden das kleine Land, das sich Graf Zirio, nachdem seine Freygebigkeit meinem undankbaren Gemahl alles überließ, vorbehalten hatte, in Waffen. Was zu unserer Rettung nunmehr unnöthig war, sollte zu unserer Rache angewendet werden. Wir flehten um Frieden, wir stellten ihm die Uebermacht unsers Feindes vor, aber wer vermag einem alten Krieger die sieggewohnten Waffen aus den Händen zu winden! O Hedwig, rief er, laß ab von mir! die Unthat deines Tyrannen ist zu groß, um ungerochen28 zu bleiben! Bedenke, dir und mir raubte der Unmensch so viel glückliche Jahre, die wir vereint hätten zubringen können, und dich, unschuldige Noria, betrog er um deinen guten Ruf, um die Liebe und den Beystand deines Freundes. O daß ich verblendet genug war, ihm zu glauben! Wie künstlich wußte er mir lange Zeit seine Trennung von dir zu verbergen, und als die Stimme des Rache schreyenden Volks, als Henrichs von Melchthal und Mechtildens Stimme endlich durchdrang, wie schläferte er meine Liebe und meine Besorgnisse für dich durch Verleumdungen ein, deren Ungrund ich, unter dessen Augen du so lang das unschuldigste Leben geführt hattest, ja wohl hätte einsehen können!

      Bey Empfindungen von dieser Art war es unmöglich, etwas über dem Grafen Venosta zu erhalten. Er zog hin, die Verbrechen des Grafen von Vatz, und zugleich seine eigenen Fehler, zu denen er sich durch ihn verleiten ließ, zu rächen, und wir folgten ihm, um auf dem vesten29 Schloß Oberhalbstein am Rhein dem Schauplatz seiner Waffen näher zu seyn, als im dem abgelegenen Münsterthale.

      Eine unvermuthete aber längst ängstlich herbey gewünschte Freude wartete unserer in diesen Gegenden. Vergebens hatten wir seit unserer Befreyung nach dem Schicksal der jungen Elisabeth, die ich in Graf Walters Händen zurück lassen mußte, geforscht. Graf Zirio versicherte uns, daß er in der Zeit unserer Gefangenschaft nach nichts eifriger gestrebt habe, als dieses verlassene Kind in seine Hände zu bekommen, um sich durch sie über unsern Verlust zu trösten, aber alles, was er von ihr habe erfahren können, sey dieses gewesen: Mechtild sey gleich des erstes Tages nach meiner Verstossung mit ihr unsichtbar geworden; eine Sache, die sie auf Befragung dennoch nicht hatte gestehen wollen. – Jetzt lösten sich diese Räthsel auf einmal, und Mechtild lag gleich in den ersten Tagen unsers Aufenthalts auf dem Schloß am Rhein zu unsern Füssen.

      O, meine Gebieterinnen! rief sie, indem sie unsere Knie mit Thränen netzte, was habe ich um euch gelitten, wie schwer ist mir es geworden, euch den Schatz aufzubewahren, den ihr jetzt zu jeder Stunde aus meiner Hand empfangen könnt. Ich hoffe, ihr habt hier allein zu befehlen, und nicht der schwache Graf Venosta, und ich kann euch eure, ach meine, meine Elisabeth, sicher anvertrauen!

      Mechtild hatte noch nicht ausgeredet, da stürzte die geliebte so lang verlorne Tochter herein, die kindlichsten Gefühle in den Schooß ihrer Mütter, wie sie uns beyde nannte, auszugiessen, ein schönes blühendes Mädchen von fünfzehn Jahren, die dem Auge ganz die Reize darstellte, die man von Elisabeths Kindheit hatte hoffen können. Gott! welche Scene! Wir verloren uns in dem Anschauen und den Umarmungen unserer Tochter, und hörten wenig auf Mechtildens Erklärungen, wie und warum sie so hartnäckig abgeleugnet habe, etwas um die Verlorne zu wissen, und wie sie Bedenken getragen habe, sie meinem Oheim, der sich von dem Grafen von Vatz auf eine so unerhörte Art habe einnehmen lassen, auszuliefern.

      Erst spät waren wir im Stande, der treuen Dienerinn zu danken, und die Erzählung von Elisabeths Geschichte anzuhören, die ihr, nebst allen folgenden Schicksalen des Fräuleins von Rappersweil, weitläuftig unter dem Titel, Elisabeth von Homburg, unter meinen Papieren finden werdet. Mechtild hatte geeilt, nachdem ich jenesmal von der weinenden Elisabeth getrennt worden war, um nach Uspunnen geführt zu werden, mit ihr zu fliehen. Das berühmte Kloster in Zürich nahm beyde auf. Alles, was Mechtild von Gold und Kostbarkeiten besaß, reichte kaum zu, ihnen hier Zutritt zu verschaffen. Dieses Haus ist, wie bekannt, nur zum Zufluchtsort für Damen vom ersten Range bestimmt, und die weise Mechtild trug Bedenken, den Namen der jungen Gräfinn von Rappersweil zu nennen.

      Sie lebten hier, vermöge des geringen Namens, den sie sich gaben, ruhig, verborgen, und selbst von ihren Wirthinnen den Nonnen ungekannt und vergessen, bis Elisabeths aufblühende Schönheit Aufmerksamkeit zu erregen begunnte. Der Abt von Sankt Gallen, und der damalige Bischof von Chur besuchten die Aebtißinn von Zürich jetzt fleißiger als sonst, und suchten allemal Gelegenheit, die schöne Fremde zu sehen. Mechtild, welche sich immer durch eine besonders schlechte Meynung von den geistlichen Herrn ausgezeichnet hatte, ahndete hier bald Gefahr für ihr Mündel, und dachte auf die Entfernung, zu welcher es ihr nicht an Mitteln gebrach.

      Schon seit langer Zeit ward dieses treue Mädchen von einem angesehenen Mann zu Steinen30 geliebt, welcher in aller Absicht ihrer Gegenliebe werth war, und dieselbe auch vollkommen besaß, ob sie gleich immer großmüthig genug gewesen war, das Vergnügen, mir zu dienen, einer Verbindung mit ihm vorzuziehen. In den Jahren, da ich und Hedwig verloren, und die junge Elisabeth ganz allein ihrer Vorsorge überlassen war, hatte sie noch weniger an eine Aenderung ihres Standes denken mögen; ein Kloster schien ihr in dieser Zeit der schicklichste Aufenthalt für sich und ihre Pflegetochter, und sie stahl der Zeit, die sie ihr ganz widmete, nur einzelne Stunden ab, ihren treuen Geliebten zuweilen zu sehen, und sich und ihn auf glücklichere Zeiten zu trösten. Er war der Vertraute aller ihrer Sorgen, und jetzt, als die heiligen Mauern kein sicherer Aufenthalt mehr für die junge Elisabeth zu seyn schienen, drang Werner Staufachers endliches Bitten durch. Mechtild willigte ein, seine Gattinn zu werden, und die Sicherheit anzunehmen, die er ihr und ihrem Mündel in seinem Hause anbot; sie entflohen heimlich mit ihm, und lebten seit einem Jahre in seinem Hause zu Steinen ein Leben, wo ihnen nichts zu verlangen übrig war, als das, was sie jetzt genossen, die Wiedervereinigung mit ihren Verlornen.

      Auf die erste Nachricht von unserer Befreyung und unserer Ankunft in diesen Gegenden, war Mechtild herbey geeilt, ihre Elisabeth in unsere Arme zu liefern, und uns Rechenschaft von der Bewahrung unseres Schatzes abzulegen. Auch ihr Mann, der edle Werner Staufacher, war herübergekommen, und führte dem Grafen Venosta eine gute Anzahl seiner Landsleute wider den jetzt allgemein gehaßten Grafen von Vatz zu.

      Ihr erwehnet nicht, sagte Elisabeth, indem sie hier Mechtildens Erzählung unterbrach, ihr erwehnet nicht, daß uns noch eine weit ansehnlichere Hülfe bevorsteht, Graf Ludwig von Homburg. – O verzeihet, Fräulein, erwiederte die lächelnde Mechtild, daß ich diesen theuern Namen so lang zu nennen verschoben habe. Ihr sollt wissen, edle Frauen, fuhr sie fort, indem sie sich zu uns wandte, die Hülfe, welche der Graf von Homburg euch zuführt, wiederfährt euch eigentlich nur darum, weil Elisabeth eure Tochter ist, er ist ein alter Freund meines Mannes, er sahe das Fräulein zuweilen in unserm Hause, und –

      O

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