Gamer. Группа авторов

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kurz fangen. »Ich wollte euch besuchen kommen.«

      »Ja, gern. Wann kommst du?«

      »Jetzt?«

      »Ich setz schon mal Kaffee auf.«

      »Und sag mal, steht die alte Konsole noch auf dem Dachboden?«

      Nur noch das Tuten im Hörer. Und ich nehme die nächste Bahn. Und danach vielleicht weiter hoch zur Küste. Oder gen Süden. Oder mal wieder zu den echten Greifarmautomaten, bei denen der Rost nicht nur virtuell ist.

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      Butterfly

      Christian Günther

      Level 1

      Ein Rudel Wölfe fegt durchs Unterholz, wirbelt eine Wolke aus grauem Laub auf. Ihm folgt ein Krieger mit Haar so schwarz wie Pech, zwei Schwerter auf dem Rücken, purpurne Bänder an Armen und Beinen. Die Augen blutrot und orange, leuchtend im Aschewald.

      Butterfly Wozniak war ein ganz normales Mädchen. Mit zerbrochenen Träumen in einer dunklen Stadt. Ein Engel mit gestutzten Flügeln. Cinderella, die auch den zweiten Schuh verloren hat und nun barfuß durch ihr Leben geht. Zumindest sah sie sich selbst so.

      Hätte sie an diesem Morgen gewusst, dass Danny tot war, wäre sie gar nicht zur Arbeit gegangen. So aber schlich sie durch Dunstschwaden, neben sich den Lärm des Verkehrs. Ihr Gesicht kränklich blass im surrenden Schein der Leuchtfassaden. Pfützen, aufgeplatzte Müllsäcke. Mechanisch blieb sie vor dem abgenutzten Automaten stehen, der ihr jeden Morgen ihren kochend heißen Crema in einen Plastikbecher spuckte. Dazu fiel ein in Folie verpackter Glückskeks aus dem Ausgabeschacht, den sie in die Tasche ihrer Jacke stopfte, ohne darüber nachzudenken. Ein dröhnender Müllwagen näherte sich, sprühte einen Nebel aus Reinigungsmitteln über den Gehweg, der sich sofort in weißen Schlieren auf den Boden legte und mit den öligen Pfützen mischte. Butterfly rief dem automatischen Wagen einen halbherzigen Fluch hinterher und wischte über ihr lilafarbenes Regencape. Zum Glück war sie vorbereitet. Und um sich aufzuregen, war sie sowieso zu müde.

      Die trübe Sonne versteckte sich hinter den Wolken, als wollte sie nicht mehr auf diese hässliche Stadt scheinen, die sich täglich dreckiger und kaputter aus der Dunkelheit schälte. Butterflys Nacht war kurz gewesen, der frühe Morgen war kalt. Frühschicht. Wahrscheinlich die Spätschicht als Bonusrunde dazu, schließlich hatte Danny alle anderen Bedienungen schon gefeuert. Ein blauhaariger Typ saß auf einem Plastikstuhl mitten auf dem Bürgersteig, das Gesicht rot im Widerschein des Screens, den seine bunt tätowierte Hand umklammerte. Die Augen zuckten unruhig umher, während sein linker Daumen hektisch den Touchscreen bearbeitete.

      Butterfly ging an ihm vorbei, kickte eine Pappschachtel beiseite, sah auf die Uhr. Spät dran. Sie eilte zum Diner. Nicht, weil sie die Laune ihres Chefs fürchtete oder weil sie Angst hatte, ihren Job zu verlieren. Nein, das hatte sich geändert. In den letzten Wochen hatte sie den Laden schleichend übernommen, während ihr Boss nur noch körperlich anwesend war, seinen fetten Körper kaum mehr hinter dem Tisch in der Ecke hervorhievte. Seit einer Woche fand sie ihn jeden Morgen dort vor, ohne dass er das Diner in der Nacht verlassen hätte. Eingeklemmt hinter dem Kunststofftisch, umrahmt von zerknüllten Verpackungen und verkrusteten Tellern. Wenn er die Einnahmen sah, die die Tageskasse hergab, zuckte er mit den Schultern, grunzte, holte sich einen Kaffee und verzog sich an seinen Tisch mit dem eingebauten Schirm, um wieder online zu gehen. Dass immer weniger Geld hereinkam, bemerkte er gar nicht, es schien ihn auch überhaupt nicht zu kümmern. Dafür wuchs das Bündel an Scheinen, das Butterfly zu Hause, hinter der Plast-Wand ihrer winzigen Küche, versteckte. Jeden Tag ein bisschen. Sie musste aufpassen, durfte nicht übertreiben. Wenn der Boss etwas mitkriegte, war es vorbei. Oder wenn ihr Freund Zed das Versteck fand. Auch wusste sie nicht, wie lange sich ihr Boss noch so seltsam verhielt – jeden Tag konnte er aus seinem Zustand aufwachen. Jeden Morgen, wenn sie das Diner betrat, fürchtete Butterfly, er wäre wieder der Alte, mürrisch, jähzornig und nur darauf konzentriert, ihr an den Arsch zu fassen. Doch ständig war er online, vertieft in seine neue Leidenschaft. Das ging nicht nur ihm so, immer mehr Verlierer hingen vor Bildschirmen und waren auf der Jagd nach Schätzen. Der neuste Scheiß. Satellitenverbindung, mobiles Terminal, et voilà, willkommen in den Ruinen des alten Internets. Seit Jahren lebte die Welt ohne, nachdem die Menschen es mit all der Macht, mit der sie es aufgebaut hatten, wieder zerstörten. Kein großer Knall, sondern ein leiser, digitaler Tod. Daneben hatten Kriege getobt, wahrscheinlich brauchten die Leute ein Ventil, mussten Blut und Zerstörung sehen können, statt nur gelöschten Daten nachzuweinen.

      Jetzt hoffte jeder auf den großen Wurf, auf sensationelle Funde, die er dann zu Geld machen konnte. Die meisten brachten nur Müll zutage, Fragmente alter Pornos, Chat-Protokolle oder völlig uninteressante Log-Dateien, die schon zum Zeitpunkt ihrer Entstehung niemanden interessiert hatten. Die wertvollen Funde wie noch funktionierende Kreditkartendaten oder vergessene Kontoinformationen waren wohl äußerst selten, wenn es sie überhaupt gab. Butterfly wollte ihre Zukunft nicht auf einer so vagen Hoffnung aufbauen. Sie musste zäh sein, um sich aus ihrer üblen Lage zu befreien und wieder fliegen zu können. Aber die Legenden, die sich um solche Funde rankten, um die Millionen, die manch einer mit ihnen gemacht hatte, die waren es, die die Leute an die Schirme fesselten. Auch Zed war auf den Zug aufgesprungen. Hatte sich einen alten Rechner besorgt und hing jetzt den ganzen Tag in der Bude. Faselte davon, dass er wie ein Schatztaucher durch Fragmente einer verlorenen Zeit glitt und ihre Geheimnisse ans Tageslicht holte. Dass er sie reich machen würde, ganz einfach. Aber das lag wohl eher an dem Sniff, den er sich reinzog. Immerhin schlug er sie nicht, solange er damit beschäftigt war.

      Als sie heute die Tür zum Diner aufschloss, war irgendwas anders. Sie trat ein, die Glocke an der Tür klingelte leise. So weit alles normal, die schlecht gewischten Tische mit Fetträndern, die Bänke mit zerschlissenen und bekritzelten roten Polstern. Der Tresen, dahinter die Küche. Ihre Schuhe klackerten laut über den Fliesenboden, als Butterfly den Raum durchquerte. Dann fiel ihr auf, was anders war: der Geruch. Unangenehm. Faulig. War die Kühlung ausgefallen? Sie schaltete das Licht ein. Strom war da.

      Flackernd erwachten auch die Terminals an den Tischen zum Leben, ihre Schirme bekritzelt und verkratzt, darunter die übergroßen und knallbunten Icons, die zum Surfen im Newnet einluden. Eine saubere, staatlich kontrollierte und grenzenlos uninteressante Cyberwelt. Ignoriert und vergessen.

      Dann sah sie Danny. Nach vorn auf den Tisch gesunken, auf dem Screen liegend, als wolle er seine Wange an ihn pressen, eine Liebkosung erzwingen. Doch das Auge, das zur Seite starrte, war tot. Kleine Fliegen schwirrten um ihn herum. Als Butterflys Gehirn den Geruch und seine Ursache begriff und in Zusammenhang brachte, kotzte sie ihren Takeaway-Kaffee auf die Fliesen.

      Kurz darauf saß sie in der Küche, während vorne zwei Sanitäter und ein Polizist die Leiche bargen. Ob der Kerl wirklich ein Bulle war? Für Butterfly sah er eher aus wie ein Organhändler, Facetattoo, bulgarischer Imitat-Goldschmuck. Aber egal, Hauptsache, sie schafften Dannys Kadaver fort.

      Sie war verunsichert, ihre Hand zitterte leicht, als sie ihren Kaffeebecher zur Hand nahm. Tee, sie sollte doch Tee trinken, wegen ihrem Magen. Und dem Kind. Sie spürte keine Trauer, kein Mitgefühl. Für sie war er immer nur der Fettsack gewesen, der sie bezahlte und ihr dafür ab und zu mal an den Arsch packen durfte. Egal. Wie sollte es jetzt weitergehen? Sie war sicher, dass das Diner nicht Danny gehört hatte, es musste also irgendwo einen Besitzer geben, der nun womöglich hier aufräumen wollte. Butterfly beschloss, erst einmal so weiterzumachen wie bisher. Jetzt konnte sie sich noch gründlicher an den Einnahmen bedienen. Umso schneller kam sie hier raus. Sie schnappte sich einen Lappen. Frühschicht.

      »Wo

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