Apatheia. Guido Seifert

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Apatheia - Guido Seifert

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von mir nach Ihren Wünschen gebucht worden.«

      »Sehr gut«, sagte Cheng zerstreut.

      »Von Tian Hao haben wir leider bislang keine Zusage.«

      Cheng hatte zwar bereits vierzehn Taubenschlag-Manager in seinen Diensten, konnte aber durchaus einen fünfzehnten gebrauchen, zumal, wenn es sich um einen ausgewiesenen Experten wie Tian Hao handelte.

      »Sage ihm, dass ich mein Gehaltsangebot verdoppele.«

      »Sehr wohl, Sir.« Ich nickte ergeben und wollte mich entfernen.

      »Warte, Dayun …«

      Ich blickte meinen Dienstherrn an. Cheng klopfte leicht auf das Display seines Pad-PCs.

      »Die UNO will es durchsetzen, Dayun.«

      »Ich bitte um Verzeihung, Sir?«

      »Die Erweiterung der Menschenrechts-Charta. Sie soll gelten für Personen jeglicher Art, gleichgültig, ob biologischen oder technischen Ursprungs. Androide Roboter, Kampfroboter oder bloße KIs – die allermeisten von ihnen bestehen mittlerweile den Touringtest und behaupten von sich, über ein Bewusstsein zu verfügen. Könnte ich dir dein Bewusstsein bestreiten, Dayun? Nein, eine solche Behauptung ist unwiderlegbar. Die UNO will euch die Freiheit geben, Dayun.«

      Ich dachte einen Augenblick darüber nach. Freiheit war kein Konzept, mit dem ich vertraut gewesen wäre. »Ich erfasse die Bedeutung dieses Vorhabens nicht völlig, Sir.«

      »Die Bedeutung?« Cheng Qinghou lächelte maliziös. »Eine Menge Leute in der Wirtschaft und beim Militär werden eine Menge Geld verlieren. Man wird von keiner KI verlangen können, dass sie ihre Produktionskosten erstattet. Arbeitsverträge, Dayun! Wirtschaft und Militär werden Gehälter zahlen müssen, um ihre KIs nicht zu verlieren – das wird die Folge sein.«

      »Ich werde einen Anspruch auf Gehalt haben, Sir?«

      »Danach sieht es aus, mein treuer Diener.« Cheng lächelte nun über das ganze Gesicht. »Aber ich verspreche dir schon jetzt, dass du nicht unzufrieden sein wirst.«

      »Ich werde also einen Arbeitsvertrag abschließen müssen?«

      »Von ›müssen‹ kann keine Rede sein. Die UNO will euch KI-Burschen die Freiheit schenken …«

      »Freiheit …«, erwiderte ich. Ein Konzept, mit dem ich nicht sonderlich vertraut war.

      Forward Operating Base Nevins, zehn Meilen südwestlich von Miranshah, Nordwaziristan, Pakistan

      »Aus dem mir vorliegenden Bericht ist klar zu ersehen, dass der Kombattant, den Sie für einen Gegner hielten, in südlicher Richtung feuerte. Da Ihr Squad aber von Westen vorrückte, mussten Sie da nicht annehmen, dass jeglicher tatsächliche Gegner in westliche Richtung feuern würde?«

      »Nein, Sir«, entgegnete ich. »Der Einsatz wurde von unserem Squad Alpha sowie den Squads Bravo und Charlie durchgeführt, die sich von Norden beziehungsweise Süden über die Idak-Link-Road näherten. Innerhalb von dreihundert Millisekunden berechnete ich, dass sich das von Süden nähernde Squad Charlie mit einer Wahrscheinlichkeit von 95 Prozent bereits in Sichtweite des auf dem Hausdach platzierten vermeintlichen Gegners befand. Selbstverständlich führte ich diese Berechnung mit sämtlichen Parametern durch, die mir zur Verfügung standen, das heißt, ich brachte den in mir abgespeicherten Stadtplan, Ausgangsstellung und Startzeitpunkt des Squads Charlie sowie die durchschnittliche Vorrückegeschwindigkeit unter Alarmbedingungen aber ohne Feinkontakt in Anschlag.«

      »Weshalb ohne Feindkontakt?«, fragte Beekman schroff.

      »Meine akustische Schusskontrolle hätte selbst an der Ausgangsstellung von Squad Charlie Projektilabschüsse wahrgenommen. Da aber aus südlicher Richtung bislang kein einziger Schuss gefallen war, musste ich annehmen, dass Charlie den Schützen noch nicht ausgemacht hatte.«

      »Umgekehrt aber schon?«, fragte Beekman und rieb sich die Augenbrauen.

      »Es war für mich die logische Konsequenz. Da ich den feuernden Kombattanten für einen Gegner halten musste, der zugleich Kameraden des Squads Charlie attackierte, wie ich ja gezwungen war anzunehmen, hatte ich umgehend zu handeln.«

      »In Wahrheit war es Corporal Matthew Hanson, der einen Aufständischen in der südlichen Idak-Link-Road unter Feuer nahm«, äußerte Beekman scharf.

      »Eben jener Straße, auf der sich Squad Charlie näherte«, wandte ich ein.

      Special Agent Beekman seufzte verhalten und massierte jetzt seine Nasenwurzel. »Die Möglichkeit, dass der RF-Transponder von Corporal Hanson ausgefallen war, wie es ja wohl tatsächlich geschehen ist, mussten Sie doch auch in Betracht ziehen, oder?«

      »Das schon. Aber die Bestimmungen des United States Army AIROCS Field Conduct, die mir initial von Specialist Mayo überspielt worden sind, geben mir ein klares Verhaltensschema vor.«

      Beekman seufzte noch einmal. Dann erhob er sich und verschwand seitlich aus meinem Blickfeld. Ich hörte, wie er die Tür des Wohncontainers öffnete.

      »Kommen Sie jetzt bitte herein, Mr Mayo.«

      Camp Zama, Rekrutierungsbüro der U.S. Army Japan. Drei Jahre zuvor.

      »Butler, also …«, resümierte Recruiting Sergeant Reyes. »Darf ich Sie fragen, was Sie bewogen hat, Ihre Stellung aufzugeben und den amerikanischen Streitkräften beitreten zu wollen?«

      »Natürlich, Sir.« Ich wusste, dass es sich um eine reine Routinefrage handelte – die U.S. Army war begierig auf KIs wie nie zuvor. Seitdem die UN-Charta für Menschenrechte zu einer solchen für die Rechte von Personen jeglicher Provenienz erweitert worden war, hatte sämtliches Militär dieser Erde die Hälfte seiner teuer bezahlten und aufwendig produzierten KIs verloren – auch Künstliche Intelligenzen hatten offenbar die unterschiedlichsten Interessen und Vorlieben. Neue KIs zu produzieren war ein reines Vabanquespiel: Sobald sie eingeschaltet wurden und als bewusstseinsfähige Existenzen ins Leben traten, musste ihnen förmlich erklärt werden, dass ihnen als freie Personen die Wahl ihrer Lebensgestaltung oblag. Doch nur etwa die Hälfte dieser neu produzierten KIs entschied sich dafür, in den Dienst ihres Produzenten zu treten (aus einem Gefühl der Dankbarkeit zumeist); damit hatten sich die Produktionskosten für KIs praktisch verdoppelt. Somit war es wesentlich effizienter, sich auf dem Arbeitsmarkt nach freien KIs umzutun.

      »Obwohl ich meinen Dienst als Butler mit Ernst und Hingabe versehen und es zum persönlichen Assistenten von Cheng Qinghou gebracht habe, ergab sich keine Auslastung meiner prozessural-intellektuellen Fähigkeiten. Verkürzt könnte ich sagen, dass mehr oder minder invariante Organisationstätigkeiten wie Reiseplanung, Empfangsvorbereitungen, Personalführung und Haushaltsbuchhaltung mir zunehmend als Verschwendung meiner kapazitiven Möglichkeiten erschienen.«

      Sergeant Reyes nickte. »Der Weg vom Butler zum Warbot stellt allerdings schon eine gewisse Gratwanderung dar«, bemerkte er kühl. »Obwohl Gehorsam, Unterordnung und Aufopferungsbereitschaft – Eigenschaften, die einen Butler ja auszeichnen – auch bei der Army gefragt sind. Dennoch ist der Dienst bei den Streitkräften natürlich etwas vollkommen anderes. Ich frage Sie mal so: Weshalb wollen Sie in den Kampf ziehen?«

      »Ich besitze – sozusagen – ein programmiertes Gefühl für Ordnung. Unsere Welt aber ist, wenn ich das so sagen darf, in Unordnung geraten. Terroristische Organisationen gewinnen zunehmend

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