Apatheia. Guido Seifert

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Apatheia - Guido Seifert страница 5

Apatheia - Guido Seifert

Скачать книгу

Vorteil eines KI-basierten Kampfsystems, das nicht nur in Sekundenbruchteilen entscheidet, sondern auch handelt. Es ist erwiesen, Sir, dass AIROC-Systeme, seit unserem Engagement in Pakistan, Hunderten von unseren Soldaten das Leben gerettet haben. In diesem einen Fall ist das Gegenteil eingetreten. Ich weiß, dass Goliath den Tod von Corporal Hanson zutiefst bedauert, ebenso wie ich selbst. Aber zugleich weiß ich, dass Goliath gemäß den von der U.S. Army erstellten Richtlinien gehandelt hat.«

      »Ich danke Ihnen, Mr Mayo. Ich denke, ich habe nun genügend Informationen gesammelt, um Lieutenant General Heggen den Fall aus meiner Warte darzulegen. Sie sind entlassen, und bitte – äh – nehmen Sie auch Goliath mit.« Seine Hand wies fahrig auf mich schwarzen Klumpen.

      Ich hörte, wie Jason aufstand. »Danke, Sir!«

      Und dann schwang mein Blickfeld so rasch herum, als ob ich an einem Kettenkarussell hing.

      3rd Platoon der Echo Company des 1-87 Infantry Battalion, sechs Meilen westlich von FOB Nevins, Nordwaziristan, Pakistan. Zwei Jahre zuvor.

      Ich rannte über die karge, mit Hartgräsern und niedrigen Dornbüschen bewachsene Ebene. Meine anderthalb Tonnen Gewicht ließen den Boden erbeben und produzierten eine hinter mir hochsteigende Staubfahne. Dreihundertfünfzig Yard trennten mich von der Ansammlung niedriger Flachdachhäuser, von denen aus unser Platoon unter Beschuss genommen worden war.

      Neunhundert Sekunden hatte das Feuergefecht gedauert, ehe sich 2nd Lieutenant Tibbs für einen AIROCS-Killing-Run entschied. Einen Luftschlag anzufordern, kam nicht infrage, da wir keinerlei Informationen über mögliche Zivilisten in den Häusern besaßen. Mit der Entscheidung für einen AIROCS-Killing-Run ging Lieutenant Tibbs ein gewisses Risiko ein, da selbst ein so kampfmächtiges System, wie ich es war, gegenüber einer Panzerabwehrwaffe kaum eine Chance hatte. Da die Insurgenten aber bislang auch keine Mörser eingesetzt hatten, verfügten sie möglicherweise lediglich über ihre AK-47-Sturmgewehre. Und ein Projektil aus dieser Waffe konnte mir nichts anhaben, im schlimmsten Fall einen meiner Sensoren beschädigen.

      Aber es kamen keine Projektile. Die Aufständischen hatten das Feuer eingestellt, und ich beschleunigte meinen Donnerlauf bis zur Grenze des Möglichen. Ich umrundete das am östlichen Ende gelegene Haus und registrierte den startenden Pickup, auf dessen Ladefläche sich ein bewaffneter Mann schwang. Sofort richtete ich meinen linken Waffenarm mit der integrierten M61A1-Vulcan-Maschinenkanone aus und eröffnete das Feuer. Innerhalb von drei Sekunden schlugen dreihundert 20-mm-Explosivprojektile in den Pickup. Er verwandelte sich in eine Skulptur aus Stroboskop-Blitzen, Rauch und Staub, so dick, dass man ihn hätte schneiden können.

      Würde ein Mensch diese Gatling-Kanone abgefeuert haben, der Rückstoß hätte ihn zehn Yard nach hinten geschleudert und ihm den Brustkorb zerquetscht. Ich dagegen fühlte nur ein Zucken in meiner Metallschulter. Mein Hydrauliksystem schwang diese 114 Kilogramm schwere Waffe herum wie ein Mensch einen Tischtennisschläger.

      Zurück in der FOB befreite mich Specialist Jason Mayo vom Wüstenstaub, der es in diesem elenden Land durch jede Ritze schaffte. Ich hatte auch meinen siebten Kampfeinsatz erfolgreich absolviert und das getan, was mir im Camp Shelby beigebracht worden war. Als Jason den Spezialstaubsauger abschaltete, verspürte ich zum ersten Mal den Wunsch nach Verlängerung dieser Prozedur, eine sicherlich irrationale Intention, denn Jason hatte wie immer gründlich gearbeitet. Er ging dazu über, meine Systeme durchzuchecken, überprüfte die Gatling-Kanone und auch meinen rechten Waffenarm, der in ein MG5 und ein Barret M82 auslief. Dann stellte er mir eine Reihe von Fragen, die er dem United States Army AIROCS Manual entnahm. Sie zielten wohl auf das ab, was man Befindlichkeit nennt, und dienten der Überprüfung meiner mentalen Stabilität. Da meine intellektuelle Funktionalität auf der Struktur des menschlichen Neocortex beruhte, hatte ich in gewissen Grenzen auch die ›emotionale Anfälligkeit‹ des Homo sapiens geerbt. Mein IL-Attenuation-Add-on dämpfte jedoch die neuronale Aktivität in den simulierten Brodmann-Arealen 13 und 14, und so konnte ich Jason auch dieses Mal wieder zufriedenstellen.

      Forward Operating Base Nevins, zehn Meilen südwestlich von Miranshah, Nordwaziristan, Pakistan

      Nachdem wir von Special Agent Beekman entlassen worden waren, hatte mich Jason zurück ins Tool Shed gebracht. Manche Menschen fühlten sich unwohl in dunklen Räumen. Ich hatte damit keinerlei Probleme, da ich eine ganze Reihe von Erfahrungen gemacht hatte, die sich zu durchdenken lohnten. Dazu brauchte ich keinen sensorischen Input. Lediglich der Netzzugang fehlte mir ein wenig – ich besaß keine Wi-Fi-Schnittstelle mehr.

      Einem gewöhnlichen Private wäre das CID nach Lage der Dinge wohl nicht auf die Pelle gerückt. Aber ich war eine KI …

      Eine Lichtflut schwappte herein, als Jason die Tür öffnete. Er ließ sich meinem Kamera-Auge gegenüber auf einer Kiste nieder. Ich empfand es als angenehm, sein vertrautes Gesicht zu sehen.

      »Es ist überstanden, Jolly Golly.« Er zündete sich eine Zigarette an, was hier im Tool Shed aufgrund gelagerter Chemikalien gar nicht gestattet war.

      »Lieutenant General Heggen wird dich nicht beim JAG anzeigen. Beekmans Darlegungen haben ihn überzeugt, dass es sich um einen bedauerlichen Fall von Friendly Fire handelt, der nur schwer zu verhindern gewesen wäre.«

      »Dann sind wir tatsächlich aus dem Schneider, Jason.«

      »Ja. Allerdings …«

      »Die Budget-Kürzungen beim Programm Future Combat Systems II«, sprach ich aus, woran Jason mutmaßlich dachte.

      Er nickte. »Die Army wird kurz- und mittelfristig keine weiteren AI-Robotic-Combat-Systeme mehr produzieren können. Und du hast laut Vertrag keinen Anspruch auf die Implementierung in ein robotisches System. Die Army benötigt allerdings KIs in den Bereichen Verwaltung und Strategische Planung … Wäre das eine Option für dich?«

      »Nein«, sagte ich.

      Jason nickte langsam. »Du kennst deinen Dienstvertrag?«

      »Selbstverständlich.« Ich ahnte, welchen Passus Jason im Auge hatte, nämlich jenen, der die Möglichkeit der Dienstzeitverkürzung für den Fall regelte, dass der primäre Einsatzzweck dauerhaft nicht gewährt werden konnte. Es war sogar eine bescheidene Abfindung vorgesehen. Vermutlich ahnte Jason nicht, dass ich meine Entscheidung bereits vor zehn Sekunden gefällt hatte, als er mir mitteilte, dass Lieutenant General Heggen mich nicht vors Judge Advocate General’s Corps bringen werde.

      Anniston Army Depot, Bynum, Alabama, USA. Eine Woche später.

      »Okay. Und jetzt den rechten Arm – aber langsam bitte!«

      Ich hob den mit SynthoFlesh verkleideten Metallarm wesentlich behutsamer über den Kopf und ließ ihn wieder fallen.

      »Sehr gut. Bitte drehen Sie rechte Hand und Unterarm nach beiden Seiten.«

      Ich streckte den Arm vor und tat, wie mir geheißen.

      »Danke. Bitte ballen Sie die rechte Hand zur Faust und spreizen dann die Finger.«

      Ich gehorchte.

      »Wunderbar«, sagte Army-Engineer Hernandez. »Damit hätten wir Ihre mechanische Funktionsfähigkeit erfolgreich überprüft. Die Re-Implantation ist somit abgeschlossen.«

      »Ich danke Ihnen, Sir.«

      Es war für mich sehr ungewohnt, meinen alten Kunstkörper zu steuern. Den linken Arm hatte ich mit solcher Wucht hochgeschleudert, als ob ich immer noch meine 114 Kilogramm schwere M61 in Position zu bringen

Скачать книгу