Die Krieger des alten Japan. Roland Habersetzer

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Die Krieger des alten Japan - Roland Habersetzer

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Ausnutzung der Ebbe näherten sich die Minamoto mit ihren Pferden soweit wie möglich den Schiffen. Bis zur Brust trieben sie die Kampfrosse ins Wasser. Yoshitsune kämpfte an vorderster Front. Als die Schlacht am heftigsten tobte, lenkte Noritsune, der als bester Bogenschütze der Taira galt, sein Schiff in Richtung Küste. Er hatte den jungen Anführer der Minamoto und seinen treuen Begleiter Benkei inmitten ihrer tapferen Krieger ausfindig gemacht und war ihnen sehr nahe gekommen. Unbeeindruckt vom Schlachtengetümmel spannte er seinen Bogen und zielte in aller Seelenruhe auf Yoshitsune. Der Samurai Sato Tsuginobu sah dies und schrie, um Yoshitsune zu warnen, aber es war zu spät. Kurzentschlossen warf er sich mit seinem Körper in die Flugbahn des Pfeils. Er starb auf der Stelle. Yoshitsune trauerte sehr um seinen Lebensretter, der bereits zu der Zeit, als er in der Provinz Mutsu weilte, zu seinen Getreuen gezählt hatte und den er in all den Jahren hoch zu schätzen gelernt hatte.

      Der Bogenschütze Nasu Munetaka schießt einen Fächer vom Mast eines Taira-Schiffes. Holzschnitt von Yôshû Chikanobu.

      Wenig später, während er in einen Schwertkampf verwickelt war, verlor Yo­shi­tsune seinen Bogen. Obwohl die Taira ihn mit Pfeilen beschossen und Haken nach ihm schleuderten, um ihn zu ihren Schiffen ziehen zu können, suchte er in aller Seelenruhe nach der verlorenen Waffe. Seine Offiziere flehten ihn an, die lebensgefährliche Suche aufzugeben. Doch Yoshitsune hörte nicht auf sie und fand den Bogen endlich im Wasser wieder. Später, nachdem er die Schlacht unversehrt überstanden hatte, erklärte er ihnen lachend den Grund für seine Hartnäckigkeit: »Ja, wäre dieser Bogen einer von der Sorte gewesen, wie ihn mein Onkel Tametomo37 benutzt, dann hätte ich ihn dem Feind bedenkenlos überlassen. Um so einen Bogen zu spannen, braucht man die Kraft von zwei oder drei Männern. Aber mein Bogen ist schwach und von geringer Reichweite. Ich hätte mich in den Augen des Feindes lächerlich gemacht, wenn ihnen eine so gewöhnliche Waffe in die Hände gefallen wäre!«

      Eine weitere Episode aus dieser Schlacht wurde bis in unsere Tage überliefert, die Geschichte der unglaublichen Tat des Nasu-no-Yoichi Munetaka. Die Taira hatten an einem am Bug eines ihrer Schlachtschiffe aufgestellten Mast einen roten Fächer angebracht. Dies war zum einen eine Provokation für die Bogenschützen der Minamoto und zum anderen ein geschickter Schachzug, durch den sie veranlaßt wurden, ihre Pfeile zu vergeuden. Tatsächlich hatten die Bogenschützen der Minamoto bald nichts anderes mehr im Auge als den in der Luft flatternden Fächer, auf den eine goldene Sonne gemalt war, und sie wetteiferten darum, ihn zu treffen. Aber der Fächer stellte alles andere als ein leichtes Ziel dar, und die Taira auf ihren Schiffen spotteten über das Ungeschick der Minamoto. Unter diesen befand sich jedoch der 18jährige Samurai Nasu Munetaka, der trotz seiner jungen Jahre ein Meister im Bogenschießen war. Er beschloß, sein Glück zu versuchen, während um ihn herum eine ganze Armee ebenso wütend wie vergeblich versuchte, den provokanten Fächer abzuschießen. Mit großer Sorgfalt legte er einen Pfeil an die Sehne, atmete ein, spannte den Bogen und schoß den Pfeil ab, während er zugleich einen Schrei, der aus seinem tiefsten Innern kam, ausstieß. Einen Augenblick darauf zerfetzte sein Pfeil den Fächer und die Bruchstücke fielen in die Wogen. Es gab großen Beifall für den Meisterschuß, selbst die gegnerischen Bogenschützen auf ihren Schiffen kamen nicht umhin, zu applaudieren. Die Nachkommen Munetakas erhielten das Recht, in ihrem Familienwappen, dem mon, einen Fächer, auf den eine Zielscheibe gezeichnet war, darzustellen.

      Als die Sonne sank, war die Schlacht entschieden. Die Flotte der Taira zog sich in den Schutz der weiter östlich gelegenen Shido-Bucht zurück. Die Minamoto verbanden ihre Wunden am Strand von Yashima und wuschen das Salz von ihren vom Meerwasser getränkten Rüstungen, damit diese nicht rosteten.

      Einige Tage später nahmen die Taira Kurs auf die Westspitze von Kyûshû, um ihre letzte Zuflucht, Kagoshima, zu erreichen. Damit entfernten sie sich noch weiter von Kyôto, der Hauptstadt, die sie dem Feind hatten überlassen müssen.

      Yoshitsune ließ den Taira keine Zeit, ihre Kräfte zu sammeln. Er wollte den endgültigen Sieg über den feindlichen Klan, und dies so schnell wie möglich. Die Schlacht von Yashima hatte ihm bedeutende Vorteile gebracht: Etliche Anführer der Taira waren zu ihm übergelaufen. Sie boten ihm an, seine Truppen mit ihren eigenen Schiffen zur Basis von Kagoshima zu bringen. Niemand bezweifelte mehr, daß dort die endgültige Entscheidung im Krieg zwischen den Taira und den Minamoto fallen würde.

      Am 25. April 1185 trafen die Flotten der Gegner in den tiefen Gewässern der Meerenge von Dan-no-Ura aufeinander, in der Inlandsee, auf Höhe der Inseln Honshû und Kyûshû. Als Taira Tomomori, der Anführer der Flotte, die in Hikoshima lag, erfuhr, daß die Schiffe der Minamoto sich näherten, ließ er seine eigenen Schiffe unverzüglich in See stechen, um Yoshitsune auf hoher See, dem Terrain, auf dem die Taira Meister waren, begegnen zu können. Doch gegen die 400 Schiffe der Taira zogen nicht weniger als 800 Schiffe der Minamoto, unter denen sich auch zahlreiche Seefahrzeuge abtrünniger Taira befanden. Die Gegner waren zum äußersten entschlossen. Im Morgengrauen begannen die Bogenschützen ihre Arbeit. Zunächst gewannen die Taira die Oberhand, denn sie waren geschickter darin, die Gezeiten und die Strömungen in dieser Meeresgegend zu ihren Gunsten zu nutzen. Um elf Uhr waren die Flotten einander sehr nahe gekommen, und die Bogenschützen der Taira konzentrierten sich, dem Rat Taira Kagekiyos folgend, auf das Schiff, welches das Wappen Yoshitsunes trug. Der riesenhafte Benkei verschoß von dort aus mit einem gewaltigen Bogen seine Pfeile. Fast wäre es den Taira gelungen, Yoshitsune gefangenzunehmen, doch er konnte sich auf ein anderes seiner Schiffe retten, während einer seiner Samurai, Noritsune, ihm den Rücken freihielt. Dieser schleuderte den ersten Taira-Krieger, der das Schiff enterte, ins Meer; zwei weitere packte er und riß sie mit sich in die Fluten, wo sie gemeinsam den Tod fanden.

      Mitten im heftigsten Gefecht wechselte der Taira Taguchi Shigeyoshi die Seiten. Er holte die rote Flagge der Taira ein und hißte das weiße Kriegsbanner der Minamoto. Kaum hatte er sich den Minamoto angeschlossen, verriet er Yoshitsune, an Bord welchen Schiffes sich der kindliche Kaiser Antoku befand. Der Angriff der Minamoto konzentrierte sich unverzüglich auf jenes Seefahrzeug. Den Bogenschützen wurde Befehl gegeben, vorrangig auf die Ruderer und die Steuermänner zu zielen.

      Taira Tomomori spürte, wie ihm die Kontrolle über die Schlacht entglitt. Er erklärte daraufhin der Witwe Kiyomoris, der Großmutter des kleinen Antoku, daß ihr nur noch der Selbstmord bliebe, damit sie nicht in die Hände des Feindes fiele. Daraufhin nahm die alte Kaiserin das Kind in ihre Arme und begab sich unmittelbar hinter ihre Krieger, die dicht an dicht als letzter Schutzwall am Bordrand standen. Als wäre es das selbstverständlichste von der Welt, ging sie zwischen ihnen hindurch und ließ sich ins Meer fallen. Mit sich nahm sie den jungen Kaiser, der das heilige Schwert Kusanagi38 an sich gepreßt hielt. Bevor die Minamoto begriffen hatten, was geschehen war, waren die beiden schon in den von Blut rotgefärbten Wogen versunken.

      Der Selbstmord der Kaiserin löste den größten kollektiven Selbstmord in der Geschichte der Samurai aus. Kenreimon-in, die Mutter des Kaisers Antoku, wollte ihrem Sohn hinterherspringen, aber es gelang, sie an den Haaren festzuhalten. Die Frau des Verräters Shigeyoshi wollte sich ebenfalls in die Fluten stürzen, doch ein Pfeil nagelte einen Ärmel ihres Kimonos an das Holz der Reling. Um sich befreien zu können, legte sie die Schatulle, die sich bei sich trug, zu Boden. Schließlich sprang sie, aber sie vergaß, die Schatulle mitzunehmen, welche den heiligen Spiegel in sich barg, ein anderes Element des kaiserlichen Schatzes, das somit in die Hände der Minamoto fiel. Nun aber gab es kein Halten mehr. Die Taira-Generäle Norimori, Tsunemori, Sukemori, Arimori und viele andere nahmen sich das Leben, indem sie sich an die Anker ihrer Schiffe banden und sich, auf diese Weise beschwert, in die Fluten fallen ließen. Tomomori, der Oberbefehlshaber der Flotte, tötete sich als letzter. Er warf sich zwei schwere Rüstungen über und stürzte sich ins Meer. Auch das Klanoberhaupt Taira Munemori sprang ins Wasser, aber er plante, schwimmend zu entkommen. Jedoch wurde er gemeinsam mit seinem Sohn Kiyomune gefangengenommen

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